Nix, Garth – Sabriel (Das alte Königreich 1)

Garth Nix ist Fantasy-Lesern sicherlich durch den Zyklus um „Der Siebte Turm“ bekannt, welcher in den letzten Jahren beim |Dino|-Verlag erschien und sich vor allem an ein jugendliches Publikum richtete, das die Fantasy gerade erst durch Harry Potter, die „Herr der Ringe“-Filme oder entsprechende Computerspiele für sich entdeckt hatte. Jugendliche Helden wurden berufen, um ein düsteres Geheimnis zu lösen und durch die Reise erwachsen zu werden. Auch in seiner neuesten Trilogie müssen sich junge Helden bewähren.

Eine große Bannmauer trennt das Alte Königreich, in dem Magie und Zauberei noch an der Tagesordnung sind, vom technisch viel fortschrittlicheren Ancelstierre. Soldaten bewachen die Grenze, über die immer wieder freie Magie ausbricht und Schaden anrichtet, und lassen nur wenige Grenzgänger durch. Zu ihnen gehört auch Terciel Abhorsen, ein Magier und Nekromant des Alten Königreiches, der als einer der wenigen Garanten für die Sicherheit beider Reiche gilt, da das magisch begabte Herrschergeschlecht des Alten Königreichs vor ein paar Generationen ausgestorben ist.

Seine Tochter Sabriel wächst in Ancelstierre auf. In einem Mädcheninternat hat sie für das Leben wichtige Dinge gelernt und mit ihren Freundinnen viel Spaß gehabt, aber auch ihre Wurzeln nicht vergessen. So zögert sie nicht lange, als sie eine düstere Botschaft erreicht. Ihr Vater Abhorsen ist verschwunden, und an den Grenzen gehen seltsame Dinge vor sich: Die Toten versuchen nach Ancelstierre vorzudringen – es ist fast so, als würde sie eine düstere Macht kontrollieren.

Sabriel weiß, was sie nun zu tun hat. Sie lässt die Schule und ihre Kindheit hinter sich und kehrt in das Alte Königreich zurück, um ihren Vater zu retten. Sehr schnell stellt sie fest, dass sie sich noch einiges an Wissen aneignen muss, um gegen den geheimnisvollen Feind bestehen zu können, denn bei einem Überfall mächtigerer Toter verliert sie fast ihr Leben.

Dank der magischen Katze Mogget, die ihrer Familie schon viele Jahrhunderte dient, erlangt sie die ihr noch fehlenden Kenntnisse. So gerüstet, bricht sie ihrerseits auf, um den Feind herauszufordern. Doch auf dem Weg zu ihrem Ziel muss sie erkennen, dass sie nicht allein ausersehen ist, um die dunkle Macht zu brechen.
Auch der geheimnisvolle Jüngling Touchstone, der für Jahrhunderte in die Gallionsfigur eines Totenschiffes gebannt war, scheint ein Schlüssel zur Lösung des Problems zu sein, denn er ist vom Blut der alten Könige …

Die ersten Kapitel von „Sabriel“ erwecken den Eindruck, es mit einem weiteren Harry-Potter-Klon zu tun zu haben. Denn die Geschichte beginnt in einem englischen Internat, dessen Schülerinnen durchaus mit Magie vertraut sind. Garth Nix macht keinen Hehl daraus, dass Ancelstierre England irgendwann im 20. Jahrhundert ist.

Allerdings verfliegt der erste Eindruck ziemlich schnell und „Sabriel“ entwickelt sich zu einem eigenständigen Werk, das einen sehr eigenständigen Kosmos mit ungewöhnlicher Magie und fantasievoller, düsterer Atmosphäre entwickelt, die stellenweise die Dichte klassischer „Gothic Novels“ erreicht. Auch die Vermischung von Moderne und Fantasy ist gut gelungen und wirkt an keiner Stelle des Romans aufgesetzt.

Mich hat beeindruckt, wie elegant Garth Nix mit einem zwiespältigen Thema wie Nekromantie, d. h. der Totenbeschwörung, umgeht und ihre guten wie auch schlechten Seiten aufzeigt. Magie ist kein schmückendes Beiwerk, sondern das Hauptthema des Buches und nicht immer leicht zu beherrschen, wie Sabriel immer wieder lernen muss. Als Heldin ist sie angenehm normal – immer wieder wird sie in überheblichen Momenten in ihre Schranken verwiesen, kann aber auch durch Erfolge und Siege wachsen.

Auch die Nebencharaktere haben es in sich – Mogget ist nicht unbedingt das, wofür man ihn zunächst halten mag, und die Beziehung zwischen Sabriel und Touchstone bleibt bis zum Ende angenehm kitschfrei.

„Sabriel“ ist nicht nur für Jugendliche spannende Unterhaltung. Garth Nix hat ein interessantes und atmosphärisch sehr ausgereiftes Universum mit komplexer und ausbaufähiger Magie erschaffen, in eine Handlung verpackt, die immer wieder mit neuen und vor allem nicht nur vordergründigen Überraschungen aufwartet. Also Fantasy, in die man ruhig einmal einen Blick werfen sollte, wenn man der Drachen, Elfen und Zwerge einmal überdrüssig ist.

Wem die gebundene Ausgabe von |Carlsen| übrigens zu teuer ist, der kann auch auf die im April 2005 erschienene Taschenbuchausgabe von |Lübbe| zurückgreifen, die in ihrer Aufmachung dem Hardcover in nichts nachsteht, wenngleich das Titelbild dieser Ausgabe viel stimmungsvoller wirkt.

_Christel Scheja_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [X-Zine]http://www.x-zine.de/ veröffentlicht.|