Royce Buckingham – Die glorreichen Sechs

Caspar gehört zu einer ganzen Schar Neffen und Nichten der Königin, sein Vater ist Botschafter in einer der wichtigsten Provinzen des Reiches. Deshalb rechnet der etwas eingebildete junge Mann bei seiner Titelverleihung mit einem recht bequemen und vornehmen Posten. Und wird unangenehm überrascht …

Königin Neveah hat nämlich leider keine Kinder. Deshalb wird sie in naher Zukunft gezwungen sein, auf den Thron zu verzichten. Gleichzeitig macht ihre Kinderlosigkeit die Thronfolge zu einer höchst komplizierten Angelegenheit. Neveahs Wunschkandidatin für ihre Nachfolge wäre die junge Kinsey, eine von Caspars vielen Cousinen. Das dumme ist nur, Caspar steht in der Thronfolge vor ihr … und damit im Weg!

Das junge Straßenmädchen Opal hat viel Mühe und Arbeit darauf verwendet, einen Posten im Palast zu ergattern. Doch dann ist sie aus Versehen zur falschen Zeit am falschen Ort. Und sie wird auch noch ertappt!

„Die glorreichen Sechs“ ist ein Buch, das eindeutig nicht so ganz ernst genommen werden will. Das verrät nicht nur der Titel, sondern auch gleich das erste Kapitel. Denn die glorreichen sechs sind doch recht schräge Figuren:

Da wäre ein etwas pingeliger und zimperlicher Barde, der nur dann zu einer Waffe greift, wenn es gar nicht anders geht, was verzeihlich ist, denn das Kämpfen ist ja nicht seine Hauptaufgabe. Außerdem gibt es einen Übersetzer mit einem ziemlich vorlauten Mundwerk und einer Vorliebe für derbe Witze, eine Pferdemeisterin und Bogenschützin, die sich nur ungern mit Menschen abgibt, einen riesigen wortkargen Krieger, eine strenge und etwas bärbeißige Buchhalterin und den Anführer, der allerdings nur im ersten Kapitel auftaucht.

Die Hauptpersonen allerdings sind Caspar, Neveah und Opal.

Am „normalsten“ ist noch Opal. Sie ist auf der Straße aufgewachsen, und will unbedingt ein besseres Leben. Dafür arbeitet sie zielstrebig, hartnäckig und wenn es sein muss auch ein wenig rücksichtslos.

Im Gegensatz zu Opal musste sich Caspar in seinem Leben bisher nicht besonders anstrengen. Das ändert sich bei seiner Titelverleihung. Aber obwohl Caspar verwöhnt und auch recht verweichlicht ist, ist er überraschend zäh. Und er ist ein anständiger Kerl, der immer versucht, ehrenhaft zu handeln.

Neveah dagegen hat überhaupt keine Prinzipien. Sie will einfach nur ein bequemes und luxuriöses Leben führen, und das möglichst auch noch nach ihrer Abdankung. Aber trotz der Maßnahmen,die sie ergreift, um dieses Ziel zu erreichen, ist sie kein typischer Bösewicht. Nichts, was sie tut, tut sie aus purer Bosheit oder Grausamkeit. Vor allem ihr ehrliches Bedauern darüber, dass sie keine eigenen Kinder hat, macht sie menschlich und fast sympathisch.

Mir hat die Charakterzeichnung gut gefallen. Alle Akteure sind interessant und vor allem glaubwürdig ausgefallen, egal wie schräg sie sein mögen.

Die Handlung erinnert ein wenig an eine Queste. Caspar muß einmal rund um den Kontinent, um seine Aufgabe zu erfüllen, was für den unerfahrenen jungen Burschen nur deshalb nicht völlig in die Hose geht, weil er erfahrene Begleiter hat. Aber trotz seiner Unerfahrenheit und der Fehler, die er zwangsläufig macht, hinterlässt er überall einen positiven Eindruck, vor allem deshalb, weil er vollkommen aufrichtig ist. Er wäre auch ein ziemlich schlechter Lügner.

Ein wenig überrascht hat mich der Personenschwund im Laufe der Reise. Einen davon konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen, auch Caspars Reaktion darauf erschien mir ungewöhnlich. Und der Fluch, der auf Notnagel lastete, wurde auf erstaunlich primitive Weise gelöst. Kein sehr haltbarer Fluch, wie mir scheint.
Das alles mag etwas ungereimt wirken, unterstreicht aber letztlich nur den schrägen Charakter der Geschichte. Dazu kommen noch Anspielungen wie die Tatsache, daß der Übersetzer Heath seinen adoptierten Drachen ausgerechnet Cliff nennt …

Unterm Strich kam bei all dem eine sehr unterhaltsame Reise heraus, jede Station ungewöhnlicher und einfallsreicher als die vorige. Ich habe mich stellenweise sehr amüsiert, und wenn ich auch das Wort Spannung im Zusammenhang mit dieser Geschichte nicht als Erstes nennen würde, hab ich doch mit den Figuren mitgefiebert. Es hat wirklich Spaß gemacht, das dieses Buch zu lesen.
Zeitweise hatte ich die Befürchtung, die Geschichte wäre auf der letzten Seite des Buches nicht zu Ende, da die im Klappentext erwähnte Rebellion ziemlich auf sich warten ließ. Tatsächlich ist es so, dass man das Buch durchaus fortsetzen könnte, wenn man wollte. Man kann es aber auch einfach so stehen lassen.

Royce Buckingham studierte Rechtswissenschaften und arbeitet als Staatsanwalt. Das Schreiben lief lange Zeit nebenher, neben Kurzgeschichten und Drehbüchern entstanden die Kinderbücher „The dead Boys“ und „Goblins! An Underearth Adventure“ sowie die Demonkeeper-Trilogie, deren erster Teil „Dämliche Dämonen“ zeitweise als Filmstoff zur Debatte stand, bisher aber nicht in den Kinos ankam. Außerdem stammt die Trilogie Mapper aus seiner Feder.

Broschiert 576 Seiten
Originaltitel: „Wretched Persons“
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3-734-10650-7

roycebuckingham.com
http://www.randomhouse.de/blanvalet/index.jsp

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