Stephen King – Holly (Lesung)

Die Handlung:

Privatermittlerin Holly Gibney steckt in einer Lebenskrise, da erhält sie einen Anruf: »Meine Tochter Bonnie ist vor drei Wochen verschwunden, und die Polizei unternimmt nichts.« Ihre Nachforschungen führen Holly zu einer weit zurückreichenden Liste ungelöster Vermisstenfälle. Alle spielen im Umfeld eines inzwischen emeritierten Ernährungswissenschaftlers mit dem Spitznamen »Mr. Meat«. Holly hat schon gegen grausame Gegner bestanden, aber hier begegnet sie dem schlimmsten aller Ungeheuer: dem Menschen in seinem Wahn. (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Moment … Holly? Holly Gibney? Kennen wir die nicht? Klar, kennen wir die! Und wer alle drei Romane aus Kings „Mr.-Mercedes“-Reihe verschlungen hat, der hat sogar ihre komplette Entwicklung miterleben können. Von der Schüchternen, über die Partnerin, bis hin zur toughen Privatermittlerin. Stephen King sagt selbst, dass sie eigentlich nur eine Randfigur hätte werden und bleiben sollen, aber dann habe sie sein Herz erobert. Und so lässt er die Eigendynamik weiterleben, ganz zur Freude aller Holly-Fans. Er hatte auch eigentlich noch gar keine Story für sie im Kopf, nur eine Szene: Holly erlebt die Beerdigung ihrer Mutter per Zoom-Call. Traurig, aber noch keine Geschichte. Und dann las er eine Schlagzeile in einer Zeitung und schon hatte er seine Antagonisten gefunden.

Als Private Eye ist Holly in dieser Geschichte gefragt, auch wenn sie zu Anfang gar nicht wirklich zusagen möchte. Ihr Partner hat Covid und ihre Mutter ist kürzlich verstorben, am Corona-Virus … beides nicht gerade die besten Voraussetzungen, um mit frischem Selbstvertrauen einen neuen Fall anzugehen. Aber, der flehentlichen Bitte von Penny Dahl kann sie sich nicht verschließen.

Also macht sie sich auf, deren Tochter Bonnie zu finden. Eine Spur führt zu zwei pensionierten Professoren. Nette Leute? Vorsicht! Das Böse kennt kein Alter, keinen Anfang und manchmal auch kein Ende. Haben die beiden buchstäblich Leichen im Keller?

Gruselig gehts auch direkt los, wenn wir (mir zu detailverliebt) miterleben (müssen) wie die beiden Senioren vor elf Jahren einen ahnungslosen Universitäts-Lehrer in ihren Keller verschleppen, in einen Käfig sperren und ihm rohe Leber zu essen geben. Bah! Und er sollte nicht das letzte Opfer bleiben. Beklemmend, eklig und da werden auch keine zwei Meinungen aufkommen, wer hier die Antagonisten sind. Aber … warum entführen die beiden diese Menschen und warum tun sie mit ihnen im Anschluss das an?

In der Gegenwart bekommt Holly dann den Anruf vom Klappentext und taucht immer weiter in die Dunkelheit der menschlichen Seele ab. Abgründe tun sich auf und es fällt dem Leser schwer, die Story zu pausieren, während Stephen King immer weiter erzählt und uns nicht nur hinter die Fassade der menschlichen Monster blicken lässt, sondern auch in ihren Folterkeller.

Das Hör-Erlebnis:

Im Original wird die Geschichte von Justine Lupe gelesen, die mit ihrer Stimmfarbe für mich und mein Kopfkino super zu Holly passt und mich auch überzeugen konnte, dass mir Holly grad ihre Geschichte selbst erzählt.

Bei uns wirds gemacht wie immer, was ich sehr schade finde. Nicht, dass David Nathan ein langweilender Sprecher ist, aber hier wäre eine Frau wesentlich passender gewesen.

Er liest die beschreibenden Szenen, von denen es hier jede Menge gibt, mit abwechselnden Sprechgeschwindigkeiten vor und macht so die jeweilige Szene lebendiger. Dabei könnte er allerdings wie gewohnt mehr Schauspiel vor dem Mikro zeigen, um noch mehr Immersion zu erzeugen und die Hörer noch mehr in die Story zu ziehen. Er deutet das Gefühlsleben der Charaktere an, geht aber dabei nicht komplett aus sich heraus. Und grad bei intensiven Szenen … „(…) irgendein Dreckskerl sie vergewaltigt und umgebracht hat“, da fehlte mir die Abscheu und der Hass. Da zieht er die Handbremse zu sehr an.

Die unterschiedlichen Charaktere, die in dieser Story auftauchen, klingen oft ähnlich, da David Nathan allen die gleiche Stimmfarbe gibt. Er wird dabei zwar auch mal grummeliger oder versucht, sanfter und weicher zu sprechen … aber im Grunde klingen alle Figuren gleich bei ihm.

Der Autor:

Stephen King, 1947 in Portland, Maine, geboren, ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Schon als Student veröffentlichte er Kurzgeschichten, sein erster Romanerfolg, „Carrie“, erlaubte ihm, sich nur noch dem Schreiben zu widmen. Seitdem hat er weltweit 400 Millionen Bücher in mehr als 40 Sprachen verkauft. Im November 2003 erhielt er den Sonderpreis der National Book Foundation für sein Lebenswerk. (Verlagsinfo)

Der Sprecher:

David Nathan, die deutsche Stimme von Christian Bale, Johnny Depp u. a., ist einer der gefragtesten Hörbuchsprecher. Mit seiner dunklen Stimme ist er der ideale Sprecher für die Romane von Stephen King. Er hat bereits zahlreiche Hörbücher des „Meisters” gelesen, wie zuletzt bei „Doctor Sleep“, „Mr. Mercedes“ und „Revival“. (Verlagsinfo)

Die MP3s:

Die 245 MP3s liegen in 192 Kbps und 44.1 kHz in Joint Stereo vor und haben eine Spielzeit von drei bis sechs Minuten. Die Dateinamen beginnen mit einer dreistelligen, aufsteigenden Nummer. Dann folgen der Nachname des Autors und der Titel der Lesung. Im ID3-Tag der Dateien finden wir den Titel des Romans, den Autorennamen und den des Sprechers. Das Cover des Hörbuchs hatte ich hier auch erwartet. Da ist leider wie gewohnt keins. Daher bleibt das Display des Abspielgeräts leer, wenn der King-Fan nicht selbst Cover einfügt.

Wenn die Verpackung auseinandergeklappt wird, finden wir weitere Infos zur Handlung, zum Autor und zum Sprecher. Fotos der beiden gibts hier diesmal nicht zu sehen.

Mein Fazit:

Stephen King erfreut seine Fans mit einem Soloauftritt von Holly und verstört die Hörer mithilfe von David Nathan gleichzeitig mit einem grausigen Blick auf ein scheinbar harmloses Rentnerpaar und ihren Folterkeller. Wer hier was gemacht hat, ist schnell klar … das Warum ist das, was uns interessiert.

Beklemmend, fesselnd und wie gewohnt ausführlich erzählt. Wer von dieser Story keine Albträume bekommt, hat keine Fantasie.

David Nathan liest zwar zügig, hinterließ bei mir aber auch häufig den Eindruck, dass er die Story nur vorliest und nicht selbst erlebt hat. Oftmals auf eine deutliche Aussprache und bessere Verständlichkeit bedacht, nimmt das zugleich einen Teil der Lebendigkeit einer Geschichte, die von echten Menschen erlebt und von einem echten Menschen nacherzählt wird. Zumindest sollte das der Eindruck sein, der beim Hörer entsteht. So macht eine Lesung halt am meisten Spaß. Dennoch hatte ich wie gewohnt eine spannende Zeit mit David Nathan, denn er liest ja schon immer so.

Und da weder er noch das, was Holly erlebt, langweilig sind, habe ich mich trotz der Mäkelei ordentlich gegruselt und gut unterhalten gefühlt.

Ungekürzte Lesung auf 3 MP3-CDs mit 245 Tracks
Spieldauer: 18:39 Std.
Sprecher: David Nathan
Originaltitel: Holly
Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kleinschmidt
1. Auflage, September 2023
ISBN-13: 9783837164923

www.penguin.de/Verlag/Random-House-Audio/

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