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Jules Verne – In 80 Tagen um die Welt (Europa-Originale 1)

_Besetzung_

Lord Fogg – Hans Daniel
Passepartout – Joachim Wolff
Detektiv Fix – Werner Cartano
Mr Stuart – Andreas von der Meden
Mr Sullivan – Peter Kirchberger
Mr Ralph – Wolfgang Kaven
Kellner – Christian Mey
Elefantenführer – K. Das Gupta
Aonda – Karin Lieneweg
Proctor – Fritz Piper
Schaffner/Indien – Volker Bogdan
Schaffner/Amerika – Johann Schramm
Sprecher – Lutz Mackensy

_Story_

Phileas Fogg ist Mitglied in einem berühmten Londoner Gentlemen-Club, dessen Mitglieder jeweils große Stücke auf sich halten. So auch Fogg, der mit seiner Behauptung, es sei möglich, in 80 Tagen um die Welt zu reisen, für Aufruhr sorgt. Die einen halten dies für schlichtweg nicht durchführbar, die anderen halten Fogg für einen Aufschneider, der als Außenseiter lediglich ins Gerede kommen will.

Um den Lord auf die Probe zu stellen, fordert man den Beweis – und das lässt sich Phileas nicht zweimal sagen. Gemeinsam mit seinem Angestellten Passepartout bricht er mit den verschiedensten Verkehrsmitteln auf und landet alsbald im gefährlichen Indien, wo er bereits schwere Prüfungen bestehen wird. Ihm gelingt es dabei, die einheimische Aonda vor dem Opfertod zu bewahren und behält sie als Gefährtin für die weitere Reise bei sich.

Stets dicht gefolgt vom unscheinbaren Detektiv Fix bahnt sich Fogg einen beschwerlichen Weg nach Amerika und ist kurz vor dem Ablegen in die britische Heimat immer noch innerhalb seines Zeitplans unterwegs. Doch dann verpasst er sein Anschlussschiff nach Liverpool und gerät nach all den Gefahren ein weiteres Mal in die Bredouille. Nur noch unkonventionelle Mittel können dem optimistischen Fogg und seinem Team nun weiterhelfen, die auf 20.000 britische Pfund dotierte Wette zu gewinnen.

_Meine Meinung_

Mit „In 80 Tagen um die Welt“ begann im letzten Jahr eine ganz besondere Serie aus dem Hause |Europa|. Das populäre Hörspiel-Label hat einige ausgewählte Geschichten aus der fernen Vergangenheit – wir sprechen hier über einen Zeitraum, der die gesamten Siebziger umfasst – erneut hervorgekramt und dabei ausschließlich vertonte Klassiker der Weltliteratur verwendet. Die dabei entstandene Sammlung hat es bislang auf 30 Folgen gebracht, und immer noch ist ein Ende der Neuveröffentlichungen der alten Originale nicht in Sicht. Gut so.

Und besser als mit diesem weltberühmten Stück aus der Feder von Jules Verne hätte man das Ganze auch nicht einleiten können, schließlich wird hier schon wiedergegeben, worum es prinzipiell in allen Episoden dieser Reihe geht. Ganz oberflächlich betrachtet sind es Dinge wie Spaß, Spannung, Emotionen und Dramaturgie, die bis hin zur Tragödie reicht. Von Tragik kann aber bei „In 80 Tagen um die Welt“ nicht die Rede sein, denn hierbei handelt es sich zweifelsohne um eine der humorvollsten, kurzweiligsten, aber inhaltlich auch bekanntesten Storys der gesamten Reihe. Bereits mehrfach verfilmt, zuletzt noch mit Martial-Arts-Ikone Jackie Chan, aber auch schon mit dem ehemaligen James Bond, Pierce Brosnan, hat sich der Plot in den letzten Jahren eigentlich in jeder Generation manifestiert, weshalb man auch große Erwartungen an das gleichnamige Hörspiel haben darf.

Diese werden dann auch größtenteils erfüllt, sieht man mal davon ab, dass es sich trotz der verhältnismäßig langen Spielzeit um eine recht knappe Adaption des umfassenderen Inhalts handelt. Schade ist nämlich, dass man auf lediglich zwei Stationen der 80-tägigen Reise Lord Foggs konzentrierter eingeht und somit auch vieles vernachlässigt, was in den Filmen bzw. in der literarischen Originalvorlage für das bunte Gesamtbild gesorgt hat. Der Spannung tut das zwar Gott sei Dank keinen Abbruch, aber erwähnt werden sollte es schon.

Andererseits musste man bei der Vorbereitung des Hörspiels ganz andere Gesichtspunkte berücksichtigen. Schließlich sollte das Ganze schon recht kompakt sein und auf einen Höhepunkt hinauslaufen, und dieser ist in beiden Fällen das Ende der Reise, bei dem das Einhalten der Frist bis zuletzt auf der Kippe steht. Darauf läuft die von Regisseurin Heikedine Körtling inszenierte Erzählung dann auch hinaus; die Momente vor dem Ende des 80. Tags, die Intrigen, die Fix bis zum Schluss spinnt, die Spannung innerhalb des Clubs – das sind die wesentlichen Fakten, die im Hörspiel bedient werden, und eben nicht die große Reise an sich. Dass dabei der Humor nicht selten im Vordergrund steht, ist der Fortentwicklung der Handlung zudem noch sehr zuträglich, was man vor allem dem glänzend agierenden Hauptdarsteller, gespielt von Hans Daniel, sowie dem stets unsicheren Passepartout, gesprochen von Joachim Wolff, zu verdanken hat. Sie alleine erfüllen das bereits zigfach abgehandelte Epos mit neuem Leben und sorgen dafür, dass der Auftakt dieser neuen Reihe alter Originale vollends geglückt ist. Auch nach genau 30 Jahren hat dieses Hörspiel noch keinen Staub angesetzt und bietet nach wie vor kurzweilige Unterhaltung für sämtliche Altersklassen.

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Lew Wallace – Ben Hur (Europa-Originale 3)

Die Besetzung:

Der Chronist – Joachim Rake
Drusus – Renè Genesis
Messala – Peter von Schultz
Centurio – Wilko Ley
Judah Ben Hur – Rudolf H. Herget
Tirzah – Herma Koehn
Rachel – Erna Nitter
Simonides – Horst Beck
Esther – Ingeborg – Kallweit
Arrius – Edgar Maschmann
Offizier – Konrad Halver
Tiberius – Kurt Blachy
Pilatus – Charles Regnier
Amrah – Katharina Brauren

Regie: Konrad Halver

Story

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Robert S. Sennett – Traumfabrik Hollywood. Wie Stars gemacht und Mythen geboren wurden

Werbung und Film scheinen seit jeher siamesische Zwillinge im Geiste der Übertreibung bzw. der Lüge zu sein. Autor Sennett belegt, wie diese Verbindung Anfang des 20. Jahrhunderts entstand, um in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg ein pseudo-reales Eigenleben zu entwickeln … – Das hochinteressante Thema wird weniger tiefschürfend als breit dargestellt. Trotzdem ein fesselndes Sachbuch, das zudem reich und kundig bebildert ist.
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Park, Robert – Fauler Zauber. Betrug und Irrtum in der Wissenschaft

„Voodoo Science“: Dieser wunderbare Begriff – im Deutschen nur unzulänglich mit „Fauler Zauber“ übersetzt – kennzeichnet ein Phänomen, das zwar so alt ist wie die menschliche Zivilisation selbst, aber erst in den letzten Jahrzehnten eine wahrhaft weltweite Dimension erreicht hat: Im Gewand der seriösen Wissenschaft erscheinen Scharlatane auf der Bildfläche und verheißen ihren Mitmenschen allerlei Wunder, die sie reich machen und ewig leben lassen werden. Doch hinter ihren aufregenden Versprechungen verbergen sich nur Dummheit, Selbsttäuschung oder gar Betrug. Sie täuschen nicht nur ihre Opfer mit oft traurigen Folgen, sondern fügen der Wissenschaft ernsten Schaden zu, indem sie ihren Ruf untergraben, ihr finanzielle Mittel und intellektuelle Kapazitäten entziehen und somit den echten Fortschritt verhindern. (Achtung: Ich warne gleich – Ihr Rezensent ist zwar dem Neuen gegenüber durchaus aufgeschlossen, reagiert aber trotzdem allergisch auf Maté-Tee & Sandelholz und zieht bei Grippe einen ordentlich Antibiotika-Stoß jedem Stussmorchel-Sud vor.)

Der Autor

Robert Park war bis 1981 ein Rädchen im Gefüge der Naturwissenschaften, die herauszufinden versuchen, wie die Welt tickt, in der wir leben. Obwohl er sich gut aufgehoben fühlte im Schoße der Forschung, war er kein weltfremder Reagenzglas-Schwenker, sondern durchaus vertraut mit der Realität außerhalb des Labors, die geprägt wurde von einem Werteverfall, der nicht nur das Ansehen der Wissenschaft, sondern sogar ihre Existenz bedrohte. Mittel wurden gekürzt, Forschung war „out“ und wurde besonders im Umfeld einer erstarkenden Umweltbewegung (gut) und eines anschwellenden „New Age“-Gewabers (ganz, ganz übel) geradezu verteufelt.

Statt sich in den Schmollwinkel zurückzuziehen, trat die Wissenschaft die Flucht nach vorn an – und das bedeutete schon 1981, die Medien und damit die Öffentlichkeit auf ihre Seite zu ziehen. So sah sich Professor Park schließlich in Washington, der Schaltzentrale der Macht in den USA, wo er dem neu gegründeten Büro für Öffentlichkeitsarbeit der „American Physical Society“ vorstand. Nur ein Jahr wollte er eigentlich bleiben – es wurden zwei Jahrzehnte daraus. Park gibt selbst offen zu, dass er, der sich bis dato mit der „Molekularstruktur kristalliner Oberflächen“ beschäftigt hatte, den aufregenden Alltag an der Publicityfront nicht mehr missen mochte. Zu wichtig ist ihm außerdem der Kampf gegen Voodoo Science, dem er sich inzwischen verschrieben hat.

Inhalt

In zehn Kapiteln öffnet Park sein Gruselkabinett des Pseudo-Wissens, das manchmal erheitert, noch öfter allerdings erschreckt, weil so mancher Mosaikstein, den der Leser fest ins Gefüge seines Weltbildes zementiert hat, ins Bröckeln gerät. In welchem Maße wir alle uns manipulieren lassen und Opfer von Voodoo Science werden, ohne uns dessen bewusst zu sein – das ist schon eine deprimierende Erfahrung!

„Wie Voodoo Science verpackt wird“ belegt die alte Weisheit, dass sich seit den Tagen der Marktschreier & Rosstäuscher eines nicht geändert hat: Die meisten Menschen glauben dem am liebsten, der ihnen etwas erzählt, das sie hören möchten und sich dabei möglichst kurz fasst. Komplexe Erklärungen und Erläuterungen sind aber nicht nur dem Pöbel, sondern auch viel beschäftigten Politikern, (scheinbar) kühlköpfigen Geschäftsleuten und vor allem den Medien ein Gräuel. Davon profitieren seit jeher Betrüger, denen es bis auf den heutigen Tag immer wieder gelingt, zahlende Anhänger der eierlegenden Wollmilchsau, des Perpetuum Mobiles oder der „kalten“ Kernfusion zu gewinnen.

In „Das Gen des Glaubens – Die Strategien der Wissenschaft zur Wahrheitsfindung“ macht Park die Schwierigkeiten deutlich, vor denen umgekehrt die Wissenschaft steht, wenn sie – konfrontiert mit angeblichen Wundern, die clevere Köpfe ohne Schlaumeier-Diplom kreiert haben – quasi mit einem auf den Rücken gebundenen Arm erläutern muss, wieso trotzdem nicht ist, was naturgesetzlich nicht sein kann. Nach wie vor funktioniert der Fortschritt primär so: „Wissenschaft ist der systematische Versuch, möglichst viel Wissen über die Welt zu sammeln und dieses Wissen durch überprüfbare Gesetze und Theorien umzusetzen.“ (S. 53) Das ist in der Regel ein mühsamer, langwieriger und vor allem langweiliger Weg, denn „1. Neue Gesetze und Ergebnisse müssen zur unabhängigen Überprüfung durch andere Wissenschaftler freigegeben werden“, und „2. Anerkannte Fakten und Theorien müssen aufgrund neuer, verlässlicher Einsichten korrigiert werden.“ (S. 54) So und nicht anders ist die Prozedur, doch sie ist unbeliebt in einer Gesellschaft, die über den Geldbeutel denkt bzw. lieber dem Herzen (oder dem Bauch) folgt als dem Hirn: „Der Glaube an etwas, das jeglicher Vernunft zuwiderläuft, wird als Standfestigkeit und Courage interpretiert, während Skepsis zumeist als Zynismus einer schwachen Persönlichkeit angesehen wird.“ (S. 51) Hinzu tritt das übliche Misstrauen gegen „die da oben“, die sich hinter schwer verständlichen Worten und weißen Kitteln verbergen und den einfachen und daher redlichen Mann um sein schwer verdientes Geld bringen wollen.

Wie besagter Mann (und natürlich auch die Frau) sich auf diese Weise erst recht übers Ohr hauen lässt, verdeutlicht Park im Kapitel „Placebos haben Nebenwirkungen, die Menschen zur ‚Naturmedizin‘ bringen“. Hier dürfte ihm die Aufmerksamkeit seiner Leser – Freunde wie Feinde – sicher sein, ist die Homöopathie doch eine regelrechte Industrie mit Milliardenumsätzen. Welche Mechanismen ausgefeilten Schwachsinns es möglich machen, den gesunden Menschenverstand davon zu überzeugen, dass ein Tropfen Schlangenöl in drei Millionen Litern „erinnerungsfähigen“ Wassers ein unfehlbares „Heilmittel“ erzeugen, stellt der Verfasser ebenso knapp wie drastisch vor.

Mit „Der virtuelle Astronaut lässt die Menschen von künstlichen Welten träumen“ wird sich Park ebenfalls keine Freunde schaffen. In den USA ist er in Raumfahrtkreisen schon lange gefürchtet und verhasst für seine (gut begründete, aber halt unromantische) These, dass der Mensch im Weltraum nichts verloren habe, da er dort rein gar nichts ausrichte, das hoch entwickelte Roboter und Sonden nicht sehr viel besser erledigen können.

„Wir brauchen endlich ein Gesetz gegen die Thermodynamik“ umschreibt ironisch den Zorn der Pseudo-Wissenschaftler und ihrer Anhänger angesichts der Tatsache, dass es manchmal eben doch Kontrollinstanzen und sogar Gesetze gibt, die Deppenfang und Sektierertum und die damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten ärgerlich einschränken.

„Perpetuum Mobile – Der Menschheitstraum von frei verfügbarer Energie“ wird auch im 21. Jahrhundert mit derselben Inbrunst geträumt wie im Mittelalter. Die Konzepte für eine sich selbst in Gang haltende Maschine mögen zwar moderner anmuten, doch die Negierung der Naturgesetze und der inbrünstige Glaube von Menschen, die es eigentlich besser wissen müssten, an das Unmögliche sind klassische Größen, auf die sich Voodoo Science stets verlassen kann.

„Der Strom der Angst – Verursachen Hochspannungsleitungen Krebs?“ – Eine Mode-Furcht der jüngsten Vergangenheit, geboren aus Irrtümern, entwickelt von Toren und am Leben gehalten von skrupellosen Möchtegern-Forschern zum Erhalt von Fördergeldern und Arbeitsplätzen – und von jenen unverbesserlichen Predigern, die davon überzeugt sind, dass aller technischer Fortschritt letztlich von Übel ist und den Tag förmlich herbeisehnen, an dem sich Mutter Erde gegen ihre unverfrorenen Mieter wendet.

In „Am Tag des Jüngsten Gerichts wird die Pseudowissenschaft angeklagt“ beschreibt Park die infame Verbindung zwischen Voodoo Science, ihren verblendeten Opfern und opportunistischen Anwälten, die besonders in den USA die Eigenheiten eines Rechtssystems, das zwölf geistig möglichst schlichten Bürgern ein verbindliches Urteil selbst in hochkomplexen Tatbeständen zubilligt, eiskalt ausnutzen, um profitable Klage gegen die Naturgesetze zu führen.

„Nur Pilze wachsen im Dunkeln – und geheimgehaltene Voodoo Science“ – und natürlich ihre vielleicht hartnäckigsten Jünger: die UFO-Gläubigen, deren Adel jene Zeitgenossen bilden, an denen wissbegierige Außerirdische geni(t)alische Experimente vornahmen. Am Beispiel des „Untertassen-Absturzes“ von Roswell 1947 zeigt Park die absurden Automatismen auf, die ein Geheimnis oder eine Verschwörung genau dort am besten gedeihen lassen, wo keinerlei handfeste Beweise existieren.

„Wie seltsam ist das Universum? Wie alter Aberglaube als Pseudowissenschaft wiedergeboren wird“ markiert Parks fast hilflosen Versuch, noch einmal sachlich zu erklären, wieso die Sterne nicht den geringsten Einfluss auf die Menschen nehmen und Astrologie reiner Humbug ist. Aber gegen Dummheit kämpfen selbst die Götter vergebens, lautet ein altes Sprichwort, und Park ist klug genug, diesen Faktor in seine Darstellung einzubeziehen.

Bücher wie dieses sind rar: kundig recherchiert, klug gegliedert, ebenso informativ wie unterhaltsam in Worte gegossen. Menschen wie Robert Park verdanken wir es, dass ein frischer Wind durch unsere Hirne weht, der so manche Spinnweben davonbläst. Natürlich werden dies nur jene zu schätzen wissen, die sich im Vollbesitz jenes zarten Pflänzchens wissen, das wir den gesunden Menschenverstand nennen. Park selbst weist resignierend darauf hin, dass er diejenigen Zeitgenossen, denen ein wenig Nachhilfe in Sachen Vernunft und Objektivität bitter Not täte, wohl nicht erreichen wird. Er erinnert an den Verschwörungs-Fetischisten Fox Mulder, in dessen Büro ein Poster mit der Aufschrift „I want to believe“ hängt. Es ist nicht ohne Grund im realen Leben ein unerhörter Verkaufsschlager geworden, denn es spricht ein Grundbedürfnis des Menschen an: In einer zunehmend konformen, globalisierten, kommerzialisierten Welt bietet Voodoo Science ein willkommenes Hintertürchen, der schnöden Realität zu entfliehen. Da gleichzeitig nicht nur die Schere zwischen Reich und Arm, sondern auch die zwischen Wissen und Ignoranz immer weiter klafft, gewinnen die Pseudo-Wissenschaften weitere Anhänger. Sie bieten einfache Lösungen für komplexe Fragen an, die immer weniger Menschen verstehen können – oder wollen. So beginnt der schlichte Glaube das Wissen, das man sich nun einmal erarbeiten muss, zu verdrängen – mit verhängnisvollen Folgen.

Dankbar muss man Park auch für seine offenen Worte zur Verteidigung der Wissenschaft sein. Heutzutage neigt man als Mitglied dieser scheinbar so elitären Kaste, der indes Menschen wie du und ich angehören, sehr oft dazu, sich selbst klein zu machen, sein Wissen zu verbergen und sich quasi dafür zu entschuldigen, von gewissen Dingen mehr zu verstehen als seine Zeitgenossen. Park stellt klar, dass dies der falsche Weg ist, der nur der Voodoo Science in die Hände spielt. Er findet damit die Zustimmung Ihres Rezensenten, der schon lange fest davon überzeugt ist, dass echte, unverfälschte und unheilbare Dummheit eigentlich selten ist, während Unwissenheit häufiger vorkommt, aber keine Schande ist – es sei denn, sie ginge einher mit der aus Faulheit geborenen Weigerung etwas zu lernen. (Das Talent, Geld zu scheffeln, gilt nach dieser Definition übrigens nicht zwangsläufig als Indiz für Intelligenz.) Park bietet diese Chance zum Lernen und zum Überdenken; in der Einleitung gibt er bekannt, dass er sich nicht in Expertendunst hüllen, sondern in klaren Worten die Dinge beim Namen nennen möchte. Er hält sich daran und zerstört damit womöglich manchen Traum – ein Preis, den man (trotz der nach Ansicht fachlich kundigerer Kritiker mäßigen, weil diverse Fachtermini falsch oder missverständlich wiedergebenden Übersetzung) gern zahlt, weil man den wahren Lumpen dieser Welt nach der Lektüre nicht mehr gar zu leicht auf den Leim kriecht!

Taschenbuch: 255 Seiten
ISBN-13: 978-3203810058
Europa

Andreas C. Knigge – Alles über Comics

Mit einer Mischung aus Rückblick und Comic-Biografie setzt „Alles über Comics“ ein: Autor Knigge erzählt unter dem Kapiteltitel „Vom heiteren Fridolin zum kleinen Arschloch. Reise durch ein Comic-Biotop“ von seinem persönlichen Werdegang im deutschen Comicland nach 1945, das von sekundärliterarischer Ignoranz einerseits und hysterischen Treibjagden auf „Schmutz & Schund“ andererseits geprägt wurde, bis sich einige wackere Pioniere daran machten, das Dunkel zu lichten, das über Vergangenheit und Gegenwart des geliebten und gehassten Mediums lastete.

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