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Schwindt, Peter – Justin Time – Zeitsprung

_Mit der Zeitmaschine in Dickens‘ London_

Justin ist vorwitziger Junge, den es nicht ruhig in seinem englischen Internat hält, seit seine Eltern bei einem Experiment mit einer Zeitmaschine verschwunden sind. Er reist ihrer Spur nach und stößt auf einen Krieg der Zeitagenten, in dem um die Vorherrschaft über die neue Technik gerungen wird: Denn wer die Macht hat, die Vergangenheit zu ändern, beherrscht automatisch die Gegenwart.

Doch auf welcher Seite stehen seine Eltern? Justin muss es herausfinden, bevor es – buchstäblich – zu spät ist. Er ahnt nicht, dass er selbst der Schlüssel zum Rätsel ist.

_Der Autor_

Peter Schwindt ist der deutsche Autor der „Justin Time“-Trilogie, in der auch die Bände [„Der Fall Montauk“, 820 „Das Portal“ sowie „Verrat in Florenz“ erschienen sind. Die Abenteuer des Helden Justin Time, der seine Eltern in den Zeiten sucht, sind für junge Leser ab zwölf Jahren geeignet.

Schwindt wurde 1964 in Bonn geboren. Nachdem er als Volontär und Redakteur für verschiedene Verlage gearbeitet hatte, betreute er zahlreiche Erwachsenen-Comics und arbeitete in der PC-Spielebranche. Seit 1997 ist Schwindt freiberuflich tätig und schreibt unter anderem als Hörspiel- und Drehbuchautor für Radio und Fernsehen. Witzig: Er gründete eine Bauchtanz-Agentur. Er lebt mit Frau (eine Bauchtänzerin?) und Tochter im Siegerland.

Die „Justin Time“-Romane sind seine ersten. Sie beruhen auf den drei Hörspielen, die Schwindt 2000 für den WDR schrieb. (Ich habe zum Teil auf Verlagsinfos zurückgegriffen.)

_Handlung_

Man schreibt zwar das Jahr 2384, aber in England, das noch nicht in der Nordseee versunken ist, gibt es immer noch die guten alten Internate. Und wieder einmal langweilt sich der aufgeweckte Justin in den Sommerferien fast zu Tode. Und da er es nicht geschafft hat, seine verschwundenen Eltern wiederzufinden, macht er sich immer noch Sorgen um sie.

Da bekommt er eine Mail geschickt von seinem Onkel Chester, der auch gleich das Schulgeld für die nächsten fünf Jahre zahlt. Wie nett von ihm! Da die Rektorin, Frau Zimmerli, Justin keinen Urlaub gibt, macht er sich heimlich selbst auf die Socken, reist über Bristol nach London und von dort zu Onkel Chester. Er platzt mitten in eine Pressekonferenz: Sein Onkel gibt gerade bekannt, dass seine Zeitreiseagentur Chrono Travel Incorporated vor zehn Minuten ihren ersten Kunden in die Vergangenheit geschickt hat (Reisen in die Zukunft sind unmöglich). Dass in diesem Moment die berühmte Zeitwaise auftaucht, hat natürlich einen verheerenden Effekt auf Chester Times Propaganda. Prompt wird Justin eingesperrt.

Ein ebenfalls eingesperrter Journalist lässt aber Justin wieder frei, so dass er gerade rechtzeitig kommt, um einer Katastrophe beizuwohnen: Die Agentur hat ihren Kunden verloren, irgendwo im Jahr 1831: auf der „HMS Beagle“, auf der sich kein Geringerer als Charles Darwin befindet. Chesters Assistent gelingt es, die Kontrollen zu reparieren, und so erklärt sich Justin bereit, den Zeitreisenden zurückzuholen. Dazu braucht er bloß zwei Transponder mitzunehmen, mit deren Hilfe er im Zeitraum-Kontinuum geortet werden kann. Den anderen legt er Herbert Hanfstäckl an, sobald er ihn gefunden hat. Los geht’s, ab durch das Wurmloch …

_Mein Eindruck_

Eine zweite Zeitreise führt Justin ins London des Jahres 1862, wo gerade die Weltausstellung stattfindet. Jemand ist offenbar dabei, diese Zeitlinie zu ändern, indem er Charles Babbages Urvater aller Computer, die „Differenzmaschine“, vervollständigt.

Gegen das, was Justin in London erlebt, ist seine Aktion auf der „HMS Beagle“ der reinste Kindergeburtstag. Von den Sklaventreibern, denen er in die Hände fällt, wird er fast totgeprügelt und fängt sich eine ausgewachsene Erkältung ein, die leicht zu einer tödlichen Lungenentzündung werden könnte. Zum Glück hat er ein paar Freunde, darunter ein ungleiches Geschwisterpaar. Davy ist jedoch ein Vatermörder, und nur Fanny wird mit Justin in die Zukunft reisen, um an seinen Abenteuern in „Der Fall Montauk“ teilzunehmen, weiterhin auf der Suche nach seinen Eltern.

Es gibt wohl nur wenige Kinderbücher, in denen dem jugendlichen Helden derart übel mitgespielt wird. Dafür ist das Buch aber auch superspannend bis zum Schluss und voller Überraschungen. Der kundige Leser fühlt sich in London sofort in die schummrige Welt von Dickens‘ „Oliver Twist“ versetzt. Das geht Justin nicht anders, obwohl er einen Zeitweg von 500 Jahren hinter sich hat. Prompt nennt er sich gegenüber der Polizei „David Copperfield“, was nicht sonderlich schlau ist, denn diesen Namen kennt um diese Zeit jedes Kind: eine Romanfigur von Dickens. (Weil Dickens auch in Zeitungen gedruckt wurde, wurden seine Storys nicht nur von den gebildeten Ständen gelesen, die sich teure Bücher leisten konnten.)

|Hommage an William Gibson|

Es gibt einen bekannten Science-Fiction-Roman von den Herren William Gibson und Bruce Sterling, die man mit Fug und Recht als Begründer (Gibson als Aktivist und Sterling als Ideologe der Bewegung) des Cyberpunks der achtziger Jahre bezeichnen darf. Sie schrieben mit [„Die Differenzmaschine“ 1339 einen Thriller, in dem Charles Babbages Computervorläufer eine bedeutende Rolle spielt. Und natürlich zanken sich etliche Machtkreise um diese vielversprechende Technik.

Natürlich kennt auch der Autor Schwindt diesen Roman und das titelgebende Gerät. Um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, er schriebe von Gibson & Sterling ab, hat er sich dadurch aus der Affäre gezogen, dass er eine Figur namens Willi(am) Gibson auftreten lässt (S. 157ff). Willi ist ein Stadtstreicher auf der Suche nach einer sicheren Bleibe. Leider verirrt er sich dabei in eine sehr obskure Ecke der neuen U-Bahn-Tunnel an der Euston Road. Was er dort unten sieht, versetzt ihm ein schweres Trauma. Er landet als Verrückter in der Irrenanstalt Bedlam. Und wer weiß, vielleicht würde auch Justin dort enden, wenn ihn nicht diverse Freunde retten würden.

|Zweifelsfall|

Auf Seite 43 ist die Rede von einem „Ostindien“, das sich auf die Inseln östlich von Mittelamerika, also auf die Karibik, erstreckt. Würde diesen Ausdruck Kolumbus um 1500 gebrauchen, wäre das kein Problem, aber diese geografische Angabe wird in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebraucht. Der Sprecher sollte es eigentlich inzwischen besser wissen – und der Autor wohl auch.

_Unterm Strich_

Mir hat „Zeitsprung“ gut gefallen: Es ist spannend, abwechslungsreich, überrascht immer wieder mit neuen Wendungen, hat ziemlich üble Schurken, einige geheimnisvolle Figuren (der berühmte Mister X), zwei berühmte Gelehrte (Darwin und Babbage), die nicht als Selbszweck auftauchen, sondern eine tragende Rolle für Justin spielen. Zu guter Letzt sind die zwei Episoden in einigermaßen realistisch anmutende Schauplätze eingebettet, wobei mich das Londoner Eastend mit seinen schrecklichen Arbeits-, Lebens- und Hygienezuständen (man denke an die Gefängnisepisode in „Der große Eisenbanhraub“ oder an Jack the Rippers bevorzugtes Jagdrevier Whitechapel) mehr überzeugt hat als alle anderen Schauplätze.

Mit dem „Amt für Zeitkontrolle“ und seinen Agenten konnte ich allerdings herzlich wenig anfangen. Miss Portitia Abaddon – welch ein behämmerter Name: direkt aus einem Groschenroman! Schwindt sollte die Finger von solchen Karikaturen lassen, denn er ist in der Lage, ernst zu nehmende historische Romane zu schreiben.

Wer die „Justin Time“-Bände komplett lesen will, sollte mit diesem Band „Zeitsprung“ anfangen. Denn in der Fortsetzung „Der Fall Montauk“ wird ständig darauf verwiesen und nur so ist erklärlich, wo Fanny, Justins Gefährtin, herkommt.

Peter Schwindt – Justin Time. Der Fall Montauk (Justin Time 2)

Lausige Logik – oder Magie?

Justin ist vorwitziger Junge, den es nicht ruhig in seinem englischen Internat hält, seit seine Eltern bei einem Experiment mit einer Zeitmaschine verschwunden sind. Er reist ihrer Spur nach und stößt auf einen Krieg der Zeitagenten, in dem um die Vorherrschaft über die neue Technik gerungen wird: Denn wer die Macht hat, die Vergangenheit zu ändern, beherrscht automatisch die Gegenwart. Doch auf welcher Seite stehen seine Eltern? Justin muss es herausfinden, bevor es – buchstäblich – zu spät ist. Er ahnt nicht, dass er selbst der Schlüssel zum Rätsel ist. (Verlagsinfo)
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Peter Schwindt – Justin Time – Zeitsprung (Justin Time 1) (Lesung)

Filmreif: fein abgestimmte Geräuschkulisse

England im Jahre 2385. Justin Time ist Vollwaise. Seine Eltern, Pioniere der Zeitreise-Technologie, sind bei einem Testlauf ihrer Maschinerie verschwunden. Nicht nur Justins Onkel hat jetzt die gefährlichen Experimente wieder aufgenommen – Justin findet sich in der Vergangenheit wieder, im Einsatz gegen das Böse, Seite an Seite zum Beispiel mit Charles Darwin …
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[NEWS] Peter Schwindt – Borderland

»Es gibt Mädchen, die spielen in einer ganz anderen Liga als man selbst, was ja auch okay ist. Man kann ganz gut aus der Ferne für jemanden schwärmen. Manchmal war das auch besser so. Irritierend wurde es erst, wenn man plötzlich wahrgenommen wurde.«
Vincent ist sechzehn Jahre alt und hat es alles andere als leicht: Seit dem Tod des Vaters lebt er mit seiner Mutter in einer schäbigen Sozialwohnung und kümmert sich eigentlich um alles. Dann bricht die Mutter zusammen und kommt ins Krankenhaus. Vincent muss also nur noch für sich selbst sorgen, was aber gar nicht so leicht ist. Er bekommt unverhofft Hilfe: Am Tag der Toten, dem Día de los muertos, lernt er am Grab seines Vaters Jane kennen. Durch sie begreift Vincent, dass zum Sound seines Lebens auch Freundschaft und Vertrauen gehören. Aber Jane verschwindet immer wieder … Wer ist dieses Mädchen eigentlich? (Verlagsinfo)


Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
Sauerländer

Schwindt, Peter – Justin Time – Zeitsprung

Die Eltern von Justin Time verschwanden vor einigen Jahren bei einem Zeitreiseexperiment spurlos, als Justin noch klein war. Als der Junge in den Sommerferien des Jahres 2385 im Internat die Einladung seines Onkels erhält, ihn zu besuchen, ist Justin sehr froh, denn bis dato hatte sein Onkel ihn nie eingeladen und die Ferien allein im Internat waren immer langweilig gewesen.

Doch bei seinem Onkel angekommen, stellt Justin fest, dass dieser ihn scheinbar gar nicht eingeladen hat. Im Gegenteil ist der Onkel damit beschäftigt, eine eigene Zeitreiseagentur aufzubauen. Gerade hat er den ersten Reisenden in die Vergangenheit geschickt, als alles schief zu gehen scheint. Der Reisende kommt in der falschen Zeit und am falschen Ort an, verursacht dort zudem noch einen verhängnisvollen Unfall, der Charles Darwin, den Entdecker der Evolutionstheorie, töten würde, bevor dieser seine Schriften veröffentlichen konnte.

Leider reicht die Energie nur dazu aus, eine leichtgewichtige und schmächtige Person in die Vergangenheit zu schicken, um den Fehler zu korrigieren. Da Justin als einziger diese Kriterien erfüllt, reist er zurück in die Zeit, um die Abweichung zu beheben …

Um es gleich vorweg zu nehmen: Das vorliegende Buch ist der größte Schwachsinn, der dem Rezensenten in den letzten Jahren unter die Augen gekommen ist (was bei meinem hohen jährlichen „Leseaufkommen“ wirklich etwas heißen will!).

Die Geschichte wimmelt vor Peinlichkeiten, Löchern und Unmöglichkeiten. Am Ende der Geschichte bedankt sich Autor Peter Schwindt bei allen Leuten, die sich durch die verschiedenen Manuskriptfassungen gekämpft hatten. Leider scheint niemand mit auch nur leidlicher Kompetenz unter den Lektoren gewesen zu sein und der Leser fragt sich händeringend, wie dem renommierten Loewe-Verlag ein dermaßen missratenes Machwerk unterkommen konnte.

Dabei hat der Verlag sich offensichtlich Mühe gegeben, hat dem Buch für die Presse noch ein kleines Extramäppchen beigefügt, in der, zwar wenig umfassend, aber doch leidlich kenntnisreich, über Zeitreisetheorien oder literarische bzw. filmische Vorlagen referiert wird.

Dies verschlimmert die unsägliche Tat der Veröffentlichung eines dermaßen unausgegorenen Werkes aber nur noch, kann man entschuldigend für den Verlag deshalb nicht anführen, man habe von der Zeitreisethematik nie irgendwelche Ahnung gehabt.

„Justin Time – Zeitsprung“ zeigt dagegen auf, dass oberflächlicher Konsum einiger Fernsehserien (der Autor ist Jahrgang 1964 und berichtet, durch „Star Trek“, „The Avengers“ und ähnliche Fernsehserien sozialisiert worden zu sein) nicht reicht, um sich auch nur ansatzweise kompetent zu zeigen bei einem dermaßen komplexen Thema, wie es Zeitparadoxa darstellen.

Der Verdruß beginnt schon mit der Ausgangslage von Justins erstem Zeitabenteuer. Dass der Autor hier eine fadenscheinige Begründung heranzieht, warum ausgerechnet der Junge reisen muss, mag man dem unbedarften Peter Schwindt noch nachsehen. Auch die blödsinnigen Namen der Protagonisten (heißt doch der Held und seine Familie ausgerechnet „Zeit“ mit Nachnamen, der Name selbst ist ein Wortspielchen zu „just in time“ und der Assistent hört auf den sinnreichen Namen Rupert Bontempi!) sind wohl eher Geschmackssache.

Absoluter und eindeutiger Unfug ist dagegen die Entsendung eines grenzdebilen Touristen in die Vergangenheit, ohne die Methode vorher ausreichend getestet zu haben und ohne Absicherungen gegen Manipulationen in der Zeitlinie getroffen zu haben. Zum Schreien dämlich wird es dann jedoch, als der trottelige Tourist Charles Darwin durch eine unbedachte Tat tötet. Dies wird auf völlig unerklärliche Weise in der Zukunft registriert, woraufhin man sofort korrigierend eingreifen kann. Wie soll dies funktionieren, Herr Schwindt? Wenn jemand in der Vergangenheit etwas Gravierendes verändert, würden alle Protagonisten mit dieser veränderten Vergangenheit aufwachsen, ohne diese Abweichung auch nur entfernt registrieren zu können! Genau dies schildert z. B. der SF-Autor R. A. Lafferty in seiner genialen Kurzgeschichte „Thus we frustrate Charlemagne“ (dt. „So frustrieren wir Karl den Großen“), in der mehrfach Änderungen der Zeitlinie vorgenommen werden, die Protagonisten aber immer wieder von Neuem der festen Überzeugung sind, sie seien die ersten, die diesen Versuch unternähmen.

In dem SF-TV-Film „Zeitreise in die Katastrophe“ bedient man sich deshalb eines Zeitabschirmfeldes, welches zumindest scheinbar einige Leute in einem zukünftigen Bunker sich an die ursprüngliche Vergangenheit erinnern lässt, so dass man bei Abweichungen in der Zeitlinie rekorrigierend in der Vergangenheit eingreifen kann. In diesem Film (der inhaltlich verdammt an das vorliegende Buch erinnert, jedoch eindeutig niveauvoller ausfällt!) ist es eine kriminelle Organisation in der Zukunft, die illegal Zeitreisen zu berühmten Katastrophenvorfällen anbietet und die durch ihr Einwirken die Zeitlinie schließlich irreparabel beschädigt.

Doch was hat sich der Autor Peter Schwindt in seiner dürftigen Hervorbringung zurechtgebastelt: Ein unerprobter, aber staatlich genehmigter Zeittourist der völlig unbedarften Art, der in der Vergangenheit wütet wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen, ohne dass die Änderungen sofort wirksam werden.

Welch merkwürdige surreale Zeittheorie mag im Kopf des Autors dabei herumspuken? Herr Schwindt, geben Sie es zu, Sie haben keine Ahnung! Denn der frühe Tod Charles Darwins würde alle Protagonisten mit dem Wissen aufwachsen lassen, dass ein anderer zu einem späteren Zeitpunkt die Evolutionstheorie begründet hat! Der Name Charles Darwin wäre einfach aus den Gechichtsbüchern getilgt gewesen, weil er nämlich nie drin war, und niemand würde sich mehr an ihn erinnern, vor allem nicht Ihr schlauer Protagonist und seine Helfer!

Auch über die Eigenschaft der Zeitmaschine, die Zeitreisenden nicht nur zeitlich, sondern offensichtlich auch örtlich zu versetzen (landen der Tourist und Justin doch irgendwo im Atlantik auf einem Expeditionsschiff, der Touri dabei sensationell viele Meter über dem Boden im Krähennest, einfach so!), verliert der Autor weder eine Silbe noch einen einzigen Gedanken.

Nebenbei führt der Autor zudem die Motivation der Protagonisten aus, sich an Zeitreisen zu beteiligen. Dabei ist dann Folgendes zu lesen (S. 54 unten): „Wenn er ehrlich war, konnte er verstehen, warum seine Eltern an diesem Projekt gearbeitet hatten. Die Welt des Jahres 2385 war alles andere als ein spannender Ort. Die Luft war sauber und roch nach Veilchen. Naturkatastrophen hatte die Wissenschaft seit der Erfindung des Terraforming einfach abgeschafft. Innerhalb weniger Minuten konnte man an jeden Ort der Welt reisen. Die Meere waren restlos erforscht, der Weltraum erobert. (sic!) Kurz: Es gab keine Überraschungen mehr, die die Menschen aus ihrer betulichen Ruhe reißen konnten …“

Wie, Herr Schwindt? Der Weltraum ist erobert? Vollständig? All die Milliarden und Abermilliarden Sonnensysteme, welche alleine in unserer Milchstraße zu finden sind, und zudem alle Abermilliarden von fremden Galaxien auch? Haben Sie überhaupt auch nur annähernd eine Vorstellung davon, wie groß das Universum wirklich ist (was natürlich kein Mensch je wirklich begreifen kann!)? Keine Überraschungen mehr? In welcher hohlen Luftblase seines Kopfes lebt der Autor eigentlich? Peinlicher geht es aber wirklich gar nicht mehr!!!

Abgesehen von diesen gravierenden, völlig irreparablen und katastrophalen formalen Fehlern überzeugt das Buch auch bezüglich der Charakterisierungen nicht. Die Figur des Justin Time ist so flach wie eine Briefmarke, nicht einmal sein Alter teilt der Autor dem Leser einigermaßen nachvollziehbar mit (man erfährt nur, er sei seit sieben Jahren im gymnasialen Internat; ist er damit in der siebten Klasse oder in der elften nach vier Jahren Grundschule?).

Auch sonst bleiben die Protagonisten und deren Umgebung blass.

Justin, obwohl als Sohn zweier berühmter Forscher und als Gymnasiast doch hoffentlich wenigstens durchschnittlich intelligent, entblödet sich zudem nicht, kaum bei Charles Darwin angekommen, mit diesem dessen berühmte Theorie zu diskutieren. Was wenn dieser die Evolutionstheorie noch gar nicht richtig entwickelt gehabt hätte zu dieser Zeit? Oder weiß Justin aus dem Kopf genau, wann dies der Fall war? Was wenn Justins Eingriff erst die berühmte Theorie erschaffen würde? Wer wäre dann deren wahrer Schöpfer gewesen? Wer hätte den genialen Gedanken dann wirklich zuerst gehabt?

Weder Justin noch sein Schöpfer verschwenden auch nur einen Gedanken daran. Kann man da von zumindest durchschnittlicher Intelligenz beim Protagonisten sprechen? Doch sicherlich nicht!

Der Auftakt einer neuen Serie soll das vorliegende Buch sein, doch leider ist nichts als grober Unfug daraus geworden, hanebüchener Quatsch.

Und dies, obwohl gerade der Loewe-Verlag in den letzten Jahren durch hervorragende Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Phantastik auf sich aufmerksam gemacht hat (z. B. zwei tolle Trilogien von Kai Meyer und Nancy Farmers hervorragenden SF-Roman „Das Skorpionenhaus“).

Wie konnte den Lektoren dort nur dieser Lapsus unterlaufen? Man wünscht dem Verlag den Mut, diesen Rohrkrepierer möglichst schnell wieder vom Markt zu nehmen und einzustampfen, die restlichen Folgen der Serie unter beschämtem Schweigen zu begraben, um sich damit nicht vollständig der Lächerlichkeit preiszugeben und sich auf Werke zu konzentrieren, die nicht komplett alogisch, an den Haaren herbeigezogen und unreflektiert sind, wie dies leider bei „Justin Time – Zeitsprung“ der Fall ist.

_Gunther Barnewald_ ©2004