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Gaspard, Jan / Lueg, Lars Peter – Stonehenge (Offenbarung 23, Folge 7)

_Allohol macht auch dich unsterblich!_

Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität: Die geheimnisvollsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden entschlüsselt. Die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätselt wird gelöst.

Ein kleiner Bronzekelch aus Trons Besitz führt den Hacker Georg Brand auf die Spur eines alten Druidenkults. Uraltes Wissen hütet dieser Zirkel, der Georg nach Südengland und zum Hügel von Salisbury führt, zu den Ruinen von Stonehenge. Hat Tron wirklich wirklich das Geheimnis des Zaubertranks der alten Kelten gelöst, der Unsterblichkeit verspricht?

Dies ist die bislang lustigste Episode des Serie – Georg Brand schaut einfach zu tief ins Whiskyglas …

_Der Autor_

Über Jan Gaspard ist nichts bekannt, und es scheint sich um ein Pseudonym zu handeln (siehe Webseite von |LPL records|). Jedenfalls zeichnet er nach Angaben des Booklets für „Idee, Konzeption, Recherche & Buch“ verantwortlich.

Für die praktische Umsetzung dieser Steilvorlage sorgte hinsichtlich Regie, Produktion & Dramaturgie Lars Peter Lueg, seines Zeichens Verlagsleiter von |LPL records|. Für den „heiligen Geist“ in Form von „Inspiration“ sorgte Koproduzent Marc Sieper. (Es dürfte auch eine Menge „Transpiration“ gegeben haben, wenn man Thomas A. Edison glauben darf.) Schnitt, Musik und Tontechnik lagen in den kompetenten Händen von Andy Matern.

Andy Matern wird von zwei Spezialisten unterstützt. Markus Wienstroer bearbeitete die Gitarren – das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.

|1. Staffel von „Offenbarung 23“:|
1) [„Wer erschoss Tupac?“ 1934
2) [„Tupacs Geheimnis“ 1948
3) [„Die ‚Titanic‘ darf nie ankommen“ 2012
4) [„Die Krebs-Macher“ 2015

Einschub: [„Offenbarung 23 – Machiavelli“ 2472

|2. Staffel:|
5) [„Das Handy-Komplott“ 2576
6) [„Der Fußball-Gott“ 2577
7) [„Stonehenge“ 2590
8) [„Macht!“ 2591

|3. Staffel:|
9) [„Gier!“ 3104
10) [„Die traurige Prinzessin“ 3113
11) [„Die Hindenburg“ 3131
12) [„Der Piratenschatz“ 3136

|4. Staffel:|
13) [Das Wissen der Menschheit 3885
14) Das Bernsteinzimmer
15) Durst!
16) Krauts und Rüben

Mehr Infos: http://www.offenbarung23.de und http://www.vertraue-niemandem.net

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

In der Riege der Sprecher finden sich etliche einschlägig vorbelastete Herrschaften, die man schon aus dem Hause |LPL records| kennt. Als da wären:

David Nathan spricht die Hauptfigur Georg Brand alias T-Rex und klingt wie Johnny Depp.
Marie Bierstedt spricht Tatjana Junk alias Nolo, die Freundin von „Tron“.
Detlef Bierstedt spricht den Reporter Kai Sickmann und klingt wie George Clooney am Telefon.
Dagmar Berghoff spricht eine Nachrichtensprecherin und klingt wie Dagmar Berghoff (logo!).
Dietmar Wunder spricht T-Rex’ besten Kumpel Kim Schmittke und klingt wie Cuba Gooding jr. bzw. Adam Sandler.
Arianne Borbach spricht Margo und klingt wie Catherine Zeta-Jones.
Till Hagen spricht Ian G. und klingt wie Jonathan Pryce in „Fluch der Karibik“.
Benjamin Völz spricht Boris F. alias „Tron“.
Tilo Schmitz spricht Herrn Brand senior und klingt wie Ving Rhames oder Michael Clarke Duncan.
Marianne Groß spricht die Kuratorin und klingt wie Angelica Huston oder Meryl Streep.
Lutz Mackensy spricht den Druidengroßmeister Saint-Clair und klingt wie Rowan Atkinson oder Christopher Lloyd.
Friedrich Schoenfelder spricht die „Stimme der Wahrheit“ und klingt wie David Niven, Peter Cushing oder Vincent Price.
Helmut Krauss ist der Erzähler und klingt verdächtig nach Marlon Brando oder Samuel L. Jackson.

_Vorgeschichte_

Der Berliner Informatikstudent Georg Brand, in Hackerkreisen als „T-Rex“ bekannt, ist auf eine Verbindung zwischen dem besten deutschen Hacker Boris F. alias „Tron“, und dem Rapper Tupac Shakur gestoßen. Alle möglichen Leute, die Geheimnisse aufdecken oder vertuschen wollen, interessieren sich auf einmal für T-Rex. Während Georg mit Trons ehemaliger Freundin Tatjana Junk alias Nolo anbandelt, meldet sich Tron quasi aus dem Jenseits: Er ist seit 1998 offiziell tot. Ist er das wirklich? Jedenfalls gibt Nolo Georg eine „Chiffre“ nach der anderen in die Hand. Chiffren sind eine Umschreibung für Hinweise auf die Geheimnisse, die Tron vor seinem Tod aufgedeckt hat – brisanter Stoff sozusagen. Diesmal geht es um Whisky – oder sowas Ähnliches.

_Handlung_

Bald ist Wintersonnenwende, und im Keller der Berliner Urania-Loge findet ein konspiratives Treffen statt. Der Großmeister des Zirkels kündigt einen Wissenden an, der herausfinden werde, wie man den Zaubertrank der Unsterblichkeit zubereitet. Von wem redet der Typ bloß?

Die Nachrichtensprecherin (Dagmar Berghoff) steht am Tag der Sommersonnenwende auf der Ebene von Salisbury. Im Zirkel der Steine von Stonehenge vollzieht die so genannte Druid Society ihr alljährliches Ritual. Sie erinnert an den Krieg im Bohnenfeld, der sich 1985 am Verbot des jährlich hier stattfindenden Stonehenge-Festivals entzündete und die Demonstranten – New-Age-Jünger und viele Aussteiger – gegen die Polizei kämpfen ließ. Aber was machen die Druiden da eigentlich, fragt die Reporterin.

November in Berlin. Georg Brand sitzt immer noch gefesselt im Keller der Urania-Loge von Berlin, vor ihm stehen im Fackelschein der Reporter Kai Sickmann und der Druidengroßmeister Saint-Clair. Man nimmt ihm die Handschellen ab. Er soll sich den Druiden anschließen. Saint-Clair hat eine Aufgabe für den Hacker, der in seinen Kreisen als T-Rex bekannt ist. Er zeigt ihm einen Bronzebecher mit Glockenform, der uralt sein muss.

Dieses Gefäß komme aus Avebury und wurde unweit von Stonehenge gefunden. Ein Bildmotiv zeigt, wie ein Riese einen Zwerg in einen Kessel tunkt. Steckt die keltische Legende dahinter, wonach der Gott Lugh seinen Wundarzt gebeten habe, die verwundeten Krieger zu heilen und dieser sie in einem Zauberkessel wiederherstellte? Aber was befand sich in dem Kessel – der Trank der Unsterblichkeit?

Mit diesem Rätsel der „durchgeknallten Komiker“ im Kopf besucht Georg seine Freundin Tatjana Junk, die als Nolo bis 1998 die Freundin Trons war. Er erhofft sich nicht viel, ist daher umso erstaunter, als sie ihm erzählt, dass Tron an einem eben solchen Becher besonders interessiert war und sich danach eine Whiskyflasche – wohl die erste in seinem Abstinenzlerleben – gekauft habe. Auf dem Boden des Tonbechers im Museum habe der Name einer Whiskydestille in Schottland gestanden: Talisker.

Georg muss sofort die Probe aufs Exempel machen und testet in der Bar Hudson, die 300 Whisky-Sorten vorrätig hat, den besagten Whisky. Völlig benebelt antwortet er auf die Fragen von Ian G, der ihn hier aufstöbert. Ja, dieser durchgeknallte Typ namens Saint-Clair habe ihm ein Rätsel aufgegeben. Na, und? Als Ian seinen Kumpel vor diesen Typen warnt, ist Georg schon eingepennt.

Er erwacht mit einem Kater, der sich gewaschen hat. Mitbewohner Schmittke bemuttert den Patienten, bis Georg kurz vor Mittag wieder ansprechbar ist. Unglaublich, dass er zu einem fiesen Trick gegenüber Ian fähig ist: Er hört dessen Handy ab (siehe Episode 5!). Ian telefoniert mit seinem „Bruder Tom“, der Georg bislang als „Mista Beat“ bekannt war, der Manager von Tupac. Als sich die Stimme von Tron einschaltet, wird das Gespräch abgewürgt. Echt blöd! Aber T-Rex fragt sich nun: Warum wollen diese Komiker nicht, dass ich nach Stonehenge fahre?

_Mein Eindruck_

Eigentlich ist die Lösung für den Zaubertrank der ollen Kelten wirklich „pillepalle“, wie Georg in Todesangst schreit. Und dass sein Auftraggeber, der Oberdruide Saint-Clair, nicht von selbst draufgekommen sein soll, nehme ich dem Typen keine Sekunde ab. Aber trotzdem hält er größte Stücke auf seinen „jungen Wissenden“, der die Nachfolge von Tron antreten soll. Dass der minderbemittelte Saint-Clair von einer Frau – dreimal darf man raten, wer – mächtig eins auf die Mütze bekommt, ist daher schon ziemlich verwunderlich.

Als ginge es mit dem Teufel zu, taucht auch in England wieder Ian G aus der Versenkung auf und tut unserem Helden T-Rex gar Übles an. Sogar auf einen Altarstein wird der Ärmste gebunden und selbstredend soll er irgendwelchen längst toten Göttern geopfert werden. Diese Szene greift derart tief in die Mottenkiste des Gruselfilms, dass es die Sau graust. Ich hoffe, der Autor hat sie selbst nicht ernst genommen, oder er bekommt zehn Jahre Ekelhaft in den Verliesen des Vatikan.

Immerhin nehme ich eine nette Erkenntnis mit nach Hause: Die Jungsteinzeitler waren auch bloß Menschen. Stonehenge war ja nicht bloß Observatorium, sondern auch Kalender. Den brauchten nicht bloß die Bauern, sondern auch die Heiratswilligen. Wer am Sonnwendtag ein Kind zeugte, konnte sicher sein, dass es im März – zehn Mondmonate später – zu einer Zeit geboren wurde, wenn es wieder genügend Nahrung gab und es wärmer wurde. Die Überlebenschancen waren also ungleich höher als für ein im Winter gezeugtes Kind.

Nicht nur wurde an Sonnwend gezeugt, sondern auch kräftig gebechert. Daher die Sache mit dem Whisky, den offenbar schon die Altvorderen zu schätzen wussten. Slainte!

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Es ist schon lustig, wenn man in einem Serienhörspiel all jene Schauspieler sprechen hört, die man sonst mit bildschirmfüllenden Actionkrachern oder großartigen Romanzen in Verbindung bringt: Wesley Snipes, Ving Rhames, Johnny Depp und George Clooney. Das hebt die Handlung, die ansonsten leicht etwas trivial hätte wirken können, doch gleich eine Stufe höher, verleiht ihr den Glanz von Hollywood.

Besonders David Nathan als T-Rex hat mir gefallen, denn man hört immer einen leichten ironischen Zungenschlag bei ihm heraus. Etwas Humor hatte die Hörspielserie bislang nämlich dringend nötig. Paranoia ist ja schön und gut, aber sie ist schwer die ganze Zeit zu ertragen. Besserte sich die Lage an der Humorfront schon in den Episoden 5 und 6, so explodiert nun geradezu eine Ironiebombe. T-Rex hat eine derart freches Mundwerk, dass ich mich vor Vergnügen kringelte. „Durchgeknallte Komiker“ ist ja noch harmlos gegen die anderen Dinger, die er loslässt. Diese Respektlosigkeit macht das ganze Mysteriengewäsch endlich erträglich.

_Geräusche und Musik_

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend.

Die Musik fungiert meist ein Pausenfüller: Fetzige Gitarren, für die Markus Wienstroer verantwortlich zeichnet, und schließlich etwas wie Elektro-Rock. Mir gefielen mehr die Gitarren. Zum Glück fehlt nun die Rapmusik, weil ich mit Rap nur wenig anfangen kann.

_Unterm Strich_

Bei dieser Episode hat der Autor wirklich zu tief ins Whiskyglas geschaut, aber genau deshalb ist sie die bislang lustigste der Serie. Der Bierernst der ersten Staffel hat einer bissigen, fast schon zynischen Ironie Platz gemacht, dass es ein Vergnügen ist, Georgs Respektlosigkeiten gegen die versammelten „Komiker“ anzuhören. Die völlig verkalkten Verschwörungstheorien à la „Da Vinci Code“ haben wir allmählich dicke, daher muss sich das jeweils gelüftete Geheimnis eigentlich umso mehr der aktuellen Realität zuwenden. Das geschah im „Handy-Komplott“ und in „Der Fußball-Gott“. „Stonehenge“ stellt einen Rückfall in das alte Mysteriengeraune dar. Aber es ist wie gesagt sehr gut zu ertragen, wenn man ein stabiles Zwerchfell sein Eigen nennt.

Das mit 76 Minuten ungewöhnlich lange Hörspiel ist von Lübbe und LPL Records gewohnt sorgfältig produziert worden und es gibt absolut nichts daran auszusetzen – wie schade. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der ansonsten höchst trivialen und unglaubwürdigen Handlung den Glamour des Abenteuers.

Cornwell, Bernard – Stonehenge

Bernard Cornwell kennt und schätzt man als Autor von historischen Romanen. Doch dass er sich so weit in die Vergangenheit vorwagt, so tief in die Geheimnisse der frühen Menschheitsgeschichte eintaucht, das kennt man auch von ihm nicht. Denn wie schon der Titel seines Romans „Stonehenge“ vermuten lässt, befasst er sich hier mit einem der beeindruckendsten Beispiele frühester Baukunst. Wie ist dieser Steinkreis entstanden? Und vor allem warum? Wirklich abschließende Antworten wird es auf diese brennenden Fragen wohl nie geben. Allerdings wird eines immer wahr bleiben: Der Anblick von Stonehenge beflügelt die Fantasie. Und wer sollte mehr davon profitieren als ein Schriftsteller?

So ist natürlich klar, dass in diesem Roman alle handelnden Figuren (inklusive der sie treibenden Motive) frei erfunden sind und Cornwell ein Spiel im Sinne „Was wäre, wenn …“ betreibt. Trotzdem hat er natürlich – wie immer – fleißig recherchiert, gerade was Theorien zu Stonehenges Sinn und Zweck und eventuelle Baumethoden angeht. Das ist nur logisch, schließlich braucht er dieses Wissen, um seine fiktive Stonehenge-Theorie aufzustellen.

_Im Zentrum der Geschichte_ stehen drei Brüder: Lengar soll sich als brutaler und diktatorischer Kriegsherr herausstellen, der seinen Vater tötet, um Stammesführer zu werden und der fortan ständig Raubzüge in die umliegende Gegend unternimmt und mit Vorliebe den Erzfeind, die Siedlung Cathallo, überfällt. Saban hingegen gerät nach seinem Vater – ein realistischer, zupackender Mann, der eigentlich nichts anderes will als sein Leben in Frieden zu leben. Am liebsten natürlich mit einer schönen Frau an seiner Seite und einem ganzen Haufen Kinder. Und zu guter Letzt wäre da noch Camaban, der als Kind aus dem Stamm verstoßen wurde, weil er missgestaltet war. Doch so leicht gibt Camaban nicht auf: Er versteckt sich im alten Tempel und diese frühe Zwiesprache mit den Göttern legt den Grundstein für seine steile Karriere als Zauberer. Er geht bei der bekanntesten Zauberin der Gegend in die Lehre, die ihm seinen Klumpfuß richtet (halbwegs). Er reist, um auch die letzten Geheimnisse der Welt zu ergründen und es ist seine Vision, auf der Stonehenge fußt.

Dabei muss diese Vision – wie die Hängenden Steine selbst – von Grandeur geprägt sein. Tatsächlich liegt ihr eine durchaus genau beobachtete astronomische Theorie zugrunde. So hat Camaban durch genaue Himmelsbeobachtung herausgefunden, dass Mond- und Sonnenjahr nicht gleichlang sind. Was sie aber sein sollten, denn Sonne (Slaol) und Mond (Lahanna) sind die wichtigsten Götter der damaligen Menschen. Es geht die Legende, dass Lahanna eigentlich mit Slaol vermählt werden sollte. Doch sie widersetzte sich und darin liegen Krankheit und Tod begründet. Aus seinen Beobachtungen schließt Camaban nun, dass Slaol sich immer weiter von der Erde wegbewegt. Könnte man ihn aber mit einem riesigen, beeindruckenden Tempel zurücklocken – ihn also in seine ursprüngliche Bahn zurückbringen, so kämen Lahanna und Slaol wieder zusammen. Die Welt würde wieder ins Gleichgewicht gelangen und es würde weder Winter noch Tod geben. Eine durchaus detallierte Theorie, die Camaban durch Charisma durchsetzen und mit Sabans Hilfe in die Tat umsetzen kann.

_Es ist interessant_, dass Cornwell sich nicht auf ein zyklisches Zeitverständnis einlässt. Für seine Charaktere sind die ewig wiederkehrenden Dichotomien von Leben und Tod, Werden und Vergehen, Sommer und Winter offensichtlich keine gottgegebenen Regeln. Oder vielleicht ist es auch Camabans fortschreitender Wahnsinn (und Größenwahn), der ihn dazu treibt, diese grundlegenden Gesetze der Welt anzuzweifeln. Faszinierend ist dabei vor allem Cornwells Beschreibung des Gottesglaubens. Denn die Götter sind überall – in Sonne und Mond, im Fluss, im Wald und im Himmel. Alles, was von der Norm abweicht, kann ein Omen sein: Ein aufsteigender Vogel kann Gutes bedeuten, eine Wolke, die sich vor die Sonne schiebt dagegen Unheil verkünden. Um dieses Omen zu interpretieren, gibt es natürlich Priester – oder wie in Camabans Fall Zauberer. Wenn sie glaubwürdig vermitteln können, dass sie in direktem Kontakt mit den Göttern stehen, so winkt ihnen absolute Macht.

Dabei begeht Cornwell nie den Fehler, diese Götter wirklich manifest werden zu lassen. Es sind letztlich eben doch nur Sonne, Mond, Fluss und Wald. Doch die Art, wie Cornwells Charaktere die sie umgebende Natur interpretieren und sie als lebendig und eben auch göttlich auffassen – das ist dem Autor wunderbar und überzeugend gelungen.

Trotzdem wird man mit den Figuren und ihren Motiven nicht so recht warm. Vielleicht liegt es wirklich einfach daran, dass 2500 v. Chr. so enorm lange her ist, dass uns mit den damaligen Lebenswelten wenig verbindet. So ist es zwar beeindruckend zu sehen, wie frühe Menschen aus reinem Glauben ein die Zeit überdauerndes Bauwerk erschaffen, dass uns noch heute fasziniert. Und doch steht dem wirklichen Zauber immer auch die modernde, abgeklärte Draufsicht entgehen, die fragen will: „Ehrlich? Ihr glaubt wirklich, die Sonne ihre Bahn verändern wird, weil ihr Steine aufeinanderschichtet?“

_“Stonehenge“ funktioniert daher_ wunderbar als abstrakte „Was wäre, wenn …“-Studie, aber es funktioniert nicht so gut als Roman, da die Figuren ihre Distanz zum Leser nie ganz aufgeben. Man schaut eben fasziniert wie in einem Museum auf diese Relikte einer lange vergangenen Zeit, aber wirkliches Verständnis, ein echtes Einfühlen, ist fast unmöglich. Somit ist „Stonehenge“ kein ganz großer Wurf, doch für alle, die sich mit der Entstehung der Hängenden Steine beschäftigen wollen, ohne ein Sachbuch zu lesen, gibt es trotzdem eine Leseempfehlung.

|Taschenbuch: 672 Seiten
Originaltitel: Stonehenge
ISBN-13: 978-3499253645|
[www.rowohlt.de]http://www.rowohlt.de

_Bernard Cornwell auf |Buchwurm.info|:_
[„Stonehenge“ 113
[„Die Galgenfrist“ 277
[„Der Bogenschütze“ (Auf der Suche nach dem Heiligen Gral 1) 3606
[„Der Wanderer“ (Auf der Suche nach dem Heiligen Gral 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3617
[„Der Erzfeind“ (Auf der Suche nach dem Heiligen Gral 3) 3619
[„Das Zeichen des Sieges“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6223
[„Das brennende Land“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6656

|Sharpe|:
01 [„Sharpes Feuerprobe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5208
02 [„Sharpes Sieg“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5829
03 [„Sharpes Festung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7099
04 [„Sharpes Trafalgar“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7111

Cornwell, Bernard – Stonehenge

Einen Roman über die Entstehung von Stonehenge konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen. Geben die „aufgehängten Steine“, so eine mögliche Übersetzung des Namens Stonehenge, doch seit jeher Rätsel auf. Bis heute konnte nur die Frage nach dem Wann? zufrieden stellend gelöst werden, jedoch die Antworten auf das Wie?, Wer? und vor allem Warum? bestehen aus Spekulationen, Vermutungen und purem Rätselraten. Optimale Voraussetzungen für einen umfangreichen historischen Roman rund um das berühmteste Bauwerk dieser Art, dessen sich der britische Autor Bernard Cornwell – u.a. durch seine Arthur-Trilogie bekannt geworden – leidenschaftlich annimmt.

Wahrheit und Fiktion – was was ist, erklärt der ehemalige BBC-Reporter in einem ausführlichen Nachwort selbst, das auch die wissenschaftlichen Ergebnisse in Bezug auf vorgeschichtliche Steinkreis-Anlagen – die in der Zeit von 4000 bis 1500 v.Chr. in ganz Nordwesteuropa entstanden sind – und im Besonderen auf Stonehenge zusammenfasst. Sehr informativ und gut erklärt! Darum werde ich mir einen Vergleich auch sparen, nur so viel sei erwähnt, dass der Autor die geschichtlichen Fakten für ein glaubwürdiges, mitreißendes Spektakel geschickt verwendet und den Leser gekonnt glauben macht: Genau so und nicht anders ist es passiert!

Aber was ist nun passiert?

Fremdländisches Gold zerstört die Idylle von Ratharryn und bringt die Gottheiten zum Wüten. Aufgefunden in einem nicht mehr benutzten Tempel, weiß niemand, woher es stammt und warum es aufgetaucht ist. Und die Fremdländischen wollen es zurück, denn es sind göttliche Schätze, deren Verlust nur Unglück bringen kann. Zwietracht bringt es auch nach Ratharryn, denn des Clanführers ältester Sohn Lengar will es zum Krieg gegen den Nachbarn Cathello verwenden. Doch sein Vater entscheidet, dass es nun zum Stamm gehört, und um die Götter zufrieden zu stellen, muss der Tempel neu erbaut werden.

Lengar kehrt mit den Fremden in ihr Land zurück, womit sein jüngster Bruder Saban nun der zukünftige Clanführer ist, denn der mittlere Bruder Camaban ist verkrüppelt und damit aus dem Stamm ausgestoßen. Doch Camaban schafft es, bei der mächtigen Zauberin Sannas von Cathello in die Lehre zu gehen. Er geht ebenfalls zu den Fremden, mit dem Plan, Slaol, dem Sonnengott, den größten, beeindruckendsten Tempel aller Zeiten zu bauen, denn als Ausgestoßener hat er in eben jenem verfallenen Tempel gelebt, als das Gold kam und Slaol hat schon immer zu ihm gesprochen. Und er will einen Steintempel, genau wie Cathello, nur mächtiger und größer.

Nachdem Saban die Mannbarkeitsprüfung überstanden und Derrewyn aus Cathello geheiratet hat, kehrt Lengar mit einem Vernichtungsfeldzug zurück, tötet seinen Vater, schickt Saban in die Sklaverei zu den Fremden nach Saramennyn und erhebt sich selbst zum neuen Clanführer.

In Saramennyn angekommen, wird Saban wieder frei und lernt die Gebräuche der Fremden kennen. Jedes Jahr zur Mitsommerwende wird eine Sonnenbraut dem Sonnengott durch Verbrennen geopfert, jedoch ist diese Sonnenbraut für einen Monat vorher eine Göttin. Als Aurenna, die neue Sonnenbraut, vom Gott verschont bleibt, wird sie seine neue Frau, allerdings bleibt sie immer in Kontakt mit dem Gott.

Camaban erwählt Saban zum Baumeister und die Suche nach den richtigen Steinen beginnt ca. 135 Meilen von seiner Heimat entfernt. Sie finden nicht nur die Steine, sondern einen fertigen Tempel, den der verrückt gewordene Hohepriester der Fremden auf einem Berganhang gebaut hatte. Saban muss jetzt noch eine Lösung für den unmöglich erscheinenden Transport finden, doch Camaban lässt ihm keine Ruhe und so baut Saban Schiffe, die stark genug sind, um die mannshohen Steine fortbewegen zu können. Der Transport der Steine und der neue Aufbau erstreckt sich über viele Jahre und als der neue Tempel steht, ist er enttäuschend klein und unscheinbar. Ein neuer Tempel soll gebaut werden, diesmal der richtige, denn hinzu kommt, dass der Tempel nun noch mehr Bedeutung hat: Er soll den Sonnengott und die Mondgöttin zusammenführen und damit den Tod, den Winter und alles Leid aus der Welt vertreiben …

Mit jeder Seite von „Stonehenge“ bricht eine Informationswelle über den Leser herein, die einerseits ein wenig erdrückend erscheint, andererseits so detailliert und fesselnd ist, dass ich zumindest nichts überlesen konnte und wollte. Die Story wird nie langweilig, da immer wieder Drehungen und Windungen den roten Faden zu einer Schleifenlinie werden lassen und neue Charaktere einen völlig anderen Wind hineinbringen. Die Charaktere sind überhaupt großartig, allein Camaban fasziniert durch seine herausfallende Entwicklung und den heranwachsenden Wahnsinn, der in der damaligen Zeit sicherlich bei Priestern und Zauberern vorherrschte und somit das Volk in Schach hielt.

Jeder von ihnen besticht durch Lebendigkeit, Kraft und eine ureigene, perfekt ausgearbeitete Persönlichkeit, die zusammengebracht ein Feuerwerk höchsten Lesegenusses auslösen. Lengar, der eiskalte Krieger, Saban, der ruhige, kluge Baumeister, Camaban, der sich selbst als die Verkörperung des Sonnengottes sieht, Derrewyn, die hasserfüllte, gnadenlose Zauberin und schließlich auch Aurenna, die, durch Camaban angesteckt, selbst dem Wahn anheimfällt und glaubt, die Mondgöttin zu sein – sie alle verfolgen ihre eigenen Ziele, haben ihre eigenen Wünsche und doch verbindet sie der Bau des Tempels. Freiwillig oder unfreiwillig, sie beugen sich den Göttern.

Ebenfalls ein wichtiger Beitrag zu diesem Meisterwerk sind die Beschreibung der Gedanken von Camaban, die geistige Entstehung des Tempels und das stetige Wachsen seiner Bedeutung. Beeindruckend schildert Cornwell, wie das Leben seiner Protagonisten voll und ganz auf den Glauben ausgerichtet ist, wie alles mit den Göttern zusammenhängt und welche Abhängigkeit sich daraus ergibt.

Es ist natürlich sehr wahrscheinlich, dass Stonehenge zur Himmelsbeobachtung genutzt wurde, aber auch Rituale wie Beerdigungen, Hochzeiten, Opferungen etc. werden dort stattgefunden haben, doch warum dieses große, beschwerliche, fast übermenschliche Unterfangen? In vielen Urvölkern gibt es die Legende, dass die Sonne und der Mond vor Beginn der Zeit Liebende waren und sich im Streit getrennt haben – vielleicht wurde Stonehenge ja wirklich erbaut, um beide wieder zueinander zu führen?

Auf jeden Fall ist „Stonehenge“ ein Buch, das allemal lesenswert ist, für mich eines der besten historischen Werke, die ich bis jetzt in der Hand hatte.

Homepage des Autors: http://www.bernardcornwell.net

Mehr zu dem Thema:
http://www.england-seiten.de/specials/stonehenge
http://www.stonehenge.brain-jogging.com