Walter Jon Williams – Hardware. Cyberpunk-Roman

Ganz schön bunte Action!

„Leben Sie in der Todeszone? Wir garantieren Ihnen einen Bonus!“ So lautet einer der makabren Werbesprüche der Wirtschaftsunternehmen, die, angesiedelt in einer Orbitalwelt in der Erdumlaufbahn, eine brutale, alles bestimmende Macht darstellen, nur etwa 50 Jahre in der Zukunft des Jahres 1986, also schon 2036.

Der Autor

Walter Jon Williams (* 15. Oktober 1953 in Minnesota) gehörte Anfang der 80er Jahre zu den Hauptvertretern des Cyberpunk. „Hardwired“ (1986, dt. als „Hardware“ bei Heyne) brachte ihm frühen Ruhm ein: eine Art Neuromancer für Trucker und Cowboys. Leider ist dessen Plot, obwohl ein Videospiel danach kreiert wurde, wenig wahrscheinlich. „Die Stimme des Wirbelwinds“ spielt zwar im gleichen Cyberpunk-Universum, ist aber stilistisch ausgereifter.

Privateers and Gentlemen(als Jon Williams)

The Privateer, Dell 1981, ISBN 0-440-16811-2
The Yankee, Dell 1981, ISBN 0-440-19779-1
The Raider, Dell 1981, ISBN 0-440-17357-4
The Macedonian, Dell 1984, ISBN 0-440-15411-1
Cat Island, Dell 1984, ISBN 0-440-11109-9

Hardwired

Hardwired, Tor 1986, ISBN 0-312-93303-7
Hardware, Heyne 1988, Übersetzer Peter Robert, ISBN 3-453-02787-6
Voice of the Whirlwind, Tor 1987, ISBN 0-312-93013-5
Die Stimme des Wirbelwinds, Heyne 1989, Übersetzer Michael Nagula, ISBN 3-453-03444-9

Drake Magistral

The Crown Jewels, Tor 1987, ISBN 0-812-55798-0
Die Kronjuwelen, Heyne 1994, Übersetzer Peter Robert, ISBN 3-453-07778-4
House of Shards, Tor 1988, ISBN 0-812-55783-2
Das Haus der Scherben, Heyne 1994, Übersetzer Peter Robert, ISBN 3-453-07779-2
Rock of Ages, Tor 1995, ISBN 0-312-85963-5

Metropolitan

Metropolitan, HarperPrism 1995, ISBN 0-06-105212-4
Plasma City, Heyne 2002, Übersetzer Jürgen Langowski, ISBN 3-453-19668-6
City on Fire, HarperPrism 1997, ISBN 0-06-105213-2

Dread Empire’s Fall

The Praxis, Earthlight 2002, ISBN 0-7434-6111-8
Der Fall des Imperiums, Heyne 2010, Übersetzer Jürgen Langowski, ISBN 3-453-52645-7
The Sundering, Earthlight 2003, ISBN 0-7434-6125-8
Sternendämmerung, Heyne 2010, Übersetzer Jürgen Langowski, ISBN 3-453-52657-0
Conventions of War, Simon & Schuster UK 2005, 0-7432-5677-8
Die letzte Galaxis, Heyne 2010, Übersetzer Jürgen Langowski, ISBN 3-453-52656-2
The Accidental War, HarperVoyager 2018, ISBN 978-0-06-246702-7

Star Wars: Das Erbe der Jedi-Ritter / The New Jedi Order

14 Destiny’s Way, Del Rey / Ballantine 2002, ISBN 0-345-42850-1
Wege des Schicksals, Blanvalet 2006, Übersetzerin Regina Winter, ISBN 3-442-24398-X

Dagmar Shaw

This Is Not a Game, Orbit 2008, ISBN 978-1-84149-657-3
Off, DuMont 2009, Übersetzer Armin Gontermann, ISBN 3-832-18103-2
Deep State, Orbit 2011, ISBN 978-1-84149-833-1
The Fourth Wall, Orbit (US), ISBN 978-0-316-13339-5

Quillifer

Quillifer, Saga Press 2017, ISBN 978-1-4814-8997-3
Quillifer the Knight, Saga Press / Gallery 2019, ISBN 978-1-4814-9001-6

Einzelromane

Ambassador of Progress, Tor 1984, ISBN 0-812-55789-1
Knight Moves, Tor 1985, ISBN 0-812-55794-8
Angel Station, Tor 1989, ISBN 0-312-93187-5
Elegy for Angels and Dogs, Tor 1990, ISBN 0-812-50275-2
Eine Elegie für Engel und Hunde, Heyne 1993, Übersetzerin Rosemarie Hundertmarck, ISBN 3-453-06609-X
Engelstation, Heyne 1992, Übersetzer Peter Robert, ISBN 3-453-05392-3
Days of Atonement, Tor 1991, ISBN 0-312-85118-9
Tage der Sühne, Heyne 1996, Übersetzerin Brigitte Gruss, ISBN 3-453-09434-4
Aristoi, Tor 1992, ISBN 0-312-85172-3
Aristoi, Heyne 1996, Übersetzer Jakob Leutner, ISBN 3-453-08590-6
The Rift, HarperPrism 1999, ISBN 0-06-105294-9
Implied Spaces, Night Shade Books 2008, ISBN 978-1-59780-125-6

Storysammlungen

Facets, Tor 1990, ISBN 0-312-85019-0
Frankenstein and Other Foreign Devils, NESFA Press 1998, ISBN 1-886778-03-5
The Green Leopard Plague and Other Stories, Night Shade Books 2010, ISBN 978-1-59780-177-5

Handlung

Der Kampf gegen die Multis und ihre Mafiamethoden bestimmt das Leben der Protagonisten im Jahr 2036. Cowboy ist ein ehemaliger Jet-Pilot, das heißt, sein Gehirn ist „aufgerüstet“, damit er sich die Kontakte zu den Maschinen- und Waffencomputern direkt in die Schläfe einstöpseln kann, um zu fliegen und zu feuern, ohne einen Finger zu rühren. Nun fährt Cowboy auf dieselbe Weise Trucks mit heißer Ware quer durch die Kleinstaaten der zerfallenen USA. Und die Killer der Orbitalmultis sind ebenso hinter ihm her wie die Polizei der Staaten, die er mit seinem gepanzerten Superfahrzeug durchquert.

Sarah ist eine Berufskillerin mit einer tödlichen Metallschlange – dem „Wiesel“ – in der Kehle, die sie zum gefährlichsten Menschen der Welt macht***. In die Enge getrieben, tun sich Cowboy und Sarah zusammen. Es machen noch ein paar alte Jet-Piloten mit, um den arroganten Multis im Orbit den Kampf anzusagen, und mag er noch so aussichtslos sein.

Sarahs Geschichte: „Sarah setzt das Wiesel ein“ (Sarah Runs the Weasel, 1986)

Die ehemaligen Orbitalwelten und die Mondkolonie haben die Erde erobert; sie warfen einfach mit Asteroiden auf die irdischen Städte. Und als sich die Erde ergeben hatte, warfen sie noch mehr Steine – wegen eines „dummen Kommunikationsfehlers“. Dass es den Ruinen der Städte ebenso mies geht wie ihren Bewohnern, dürfte klar sein.

Sarah ist ein Waisenkind, das seine Mutter in Atlanta verloren hat. Wie ihr Bruder Daud schlägt sie sich als Diebin und Prostituierte durch, doch sie hat einen Vorteil: ein kybernetisches Implantat in ihrem Mund, das Wiesel, kann das Opfer töten. Weil ihr das Implantat ebenso viele Schmerzen bereitet wie die Prostitution, nimmt sie, wie ihr Bruder, regelmäßig Drogen auf Endorphin-Basis. Die sind nicht billig und der beste Stoff wird in den Orbitalwelten hergestellt, wegen der fehlenden Schwerkraft.

Sarah lässt sich auf eine Empfehlung hin von dem undurchsichtigen Orbitalmann Cunningham anwerben, um einen extrem lukrativen Job zu erledigen. Er verspricht ihr eine Drogenmenge, deren Profit sie und Daud in die Umlaufbahn zu den sauberen Orbitalstationen katapultieren könnte. Als willigt sie ein. Eine Körper-Designerin namens Firebud hat Sarahs Körper optisch aufgemöbelt. Nun macht sie sich an die Arbeit.

Die Aufgabe klingt zunächst ganz einfach. Sie soll ein edles Wesen, das ihr Auftraggeber nur „die Prinzessin“ nennt, dazu bringen, sich in sie zu verlieben. Die Prinzessin mag es nämlich ein wenig rauer und schmutziger. Der Haken dabei: Die Prinzessin war früher mal ein Mann, und ihn anzubaggern sieht doch ziemlich nach Prostitution aus. Aber was tut man nicht alles für einen allerletzten Coup, der einem Freiheit und Unabhängigkeit verspricht?

Mein Eindruck

Dies ist eine eindrucksvolle Geschichte, die durch ihre Ideen wie auch durch ihre ausgefeilte Ausführung überzeugt. Obwohl sich der Hintergrund an die Cyberpunk-Formel „Low life & high tech“ hält, entfaltet sich ein ganzes Panorama eine Kultur. Es ist ein Szenario der Zukunft, in dem sich die Mächtigen sich eines Bauern im Spiel bedienen, um einen lästigen Konkurrenten auszuschalten. Insofern ist dies eine übliche Kriminalgeschichte, wäre da nicht Sarahs ungewöhnliches Mordwerkzeug: das „Wiesel“ ist eine kybernetische Schlange.

Hat der Mohr erst einmal seine Schuldigkeit getan, wird er zu einem lästigen Zeugen, den es ebenfalls auszuschalten gilt. Cunningham versucht Sarah einen Hinweis zu geben, aber sie ist zu sehr auf Drogen, um Angst zu bekommen. Als sie dann mit Daud in einem Raum ist, schlägt der Gegner zu – und trifft den Falschen. Zum Glück muss man kein Cyberpunk-Experte sein, um die Story zu verstehen. Auch die Sache mit dem Implantat ist heute keine Zukunftsmusik mehr.

Mein Eindruck von „Hardware“

Mit dem Kniff, alles im Präsens zu erzählen, will der Autor den Leser ganz nahe ans actiongeladene Geschehen heranführen – um den Roman und die Action überhaupt genießen zu können, sollte man sich schon „führen“ lassen. Sonst kann es passieren, dass einem dies alles zu bunt wird.

Walter Jon Williams gehörte Mitte/Ende der 80er Jahre zu den Hauptvertretern des Cyberpunk, das heißt in dessen Spätphase. „Hardwired“ (1986, dt. als „Hardware“ bei Heyne) brachte ihm frühen Ruhm ein: eine Art „Neuromancer“ für Trucker und Cowboys. Leider ist dessen Plot, obwohl ein Videospiel danach kreiert wurde, wenig wahrscheinlich. „Die Stimme des Wirbelwinds“ spielt zwar im gleichen Cyberpunk-Universum, ist aber stilistisch ausgereifter.

Tipp

Wer von soviel Hardware genug hat, der lese die wesentlich witzigere Persiflage „Software“ von Rudy Rucker sowie deren Fortsetzungen „Wetware“ (dt. bei Heyne), „Freeware“ und „Realware“.

Taschenbuch: 448 Seiten
Originaltitel: Hardwired, 1986,
Aus dem Englischen von Peter Robert.
ISBN-13: 9783453027879

www.heyne.de

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