Arleston, Christophe (Autor) / Tarquin, Didier (Zeichner) – Gnome von Troy 1: Derbe Späße

Die Geschichten aus Troy sind eine längst anerkannte Größe im Comic-Bereich. Vor allem die Heldenabenteuer von Lanfeust haben inzwischen Kultstatus eingenommen und gehören zu den meist geschätzten Werken aus der erlesenen Feder von Christophe Arleston. Doch auch die gefeierten Helden haben einmal klein angefangen: Als anno 2001 die Geschichten um die „Gnome von Troy“ veröffentlicht wurden, war von märchenhaften Sagen noch gar nicht die Rede. Stattdessen baute das Konzept auf außergewöhnlichem Humor, kauzigen Figuren und sprachlich nicht immer ganz jugendfreien Unsinn. Doch die Gnome setzten sich nicht durch und wurden alsbald gegen die wesentlich bekannteren Geschichten eingetauscht. Elf Jahre später widmet sich der |Splitter|-Verlag erneut jenen kleinen Frechdachsen, packt das Ganze in ein neues Artwork und gibt ihnen eine neue Chance – doch haben die „Gnome von Troy“ diese auch verdient?

„Gnome von Troy“

_Band 1: „Derbe Späße“_
Band 2: „Drecksgören“
Band 3: „Furchtlos“
Band 4: – noch unbetitelt –

_Inhalt:_

Die Bewohner von Troy harmonieren prächtig miteinander, weil jedem einzelnen eine besondere Fähigkeit gegeben wurde, mit der er oder sie ihren jeweiligen Beitrag zum Gemeinschaftsleben leisten kann. Doch jene spezielle Gabe entwickelt sich erst im Laufe der Jugend, weswegen sich vor allem die Kinder darauf vorbereiten, dass ihre Eigenschaft eines Tages erwacht und ausgelebt werden kann. Bis dahin vertreiben sich die kleinen Gnome jedoch ihre Zeit damit, sich gegenseitig Streiche zu spielen, ihre Freunde zu ärgern, die eigenartigen Tiere von Troy zu quälen und einen Bandenkrieg zwischen dem Unterdorf und dem Oberdorf auszutragen. Als Cixi ihre Fähigkeit entdeckt hat, ändert sich jedoch einiges: Lanfeust ist hin- und hergerissen, ob er nun weiter seine Zeit damit verbringen soll, sich mit ihr zu prügeln, oder ob er doch lieber ihrer Schwester C’ian nachstellen soll, deren Gedanken wesentlicher liebevoller sind …

_Persönlicher Eindruck:_

Schaut man einmal auf die illustrierte Biografie von Meisterautor Christophe Arleston, will man gar nicht glauben, dass der talentierte Fantasy-Schreiber sich seinerzeit überhaupt mit vergleichsweise albernen Serien wie „Gnome von Troy“ herumgeschlagen hat. Zu gegensätzlich ist das, was in der Reihe mit dem bissigen Humor geboten wird, und das, was seine jüngeren, wesentlich anspruchsvolleren Werke wie „Morea“ oder „Die Schiffbrüchigen von Ythaq“ auszeichnet. Und auch im Bezug auf die phantasiwevollen Welten, die der französische Autor in seinen übrigen Werken erschaffen hat, wirkt „Gnome von Troy“ erst einmal banal und einfältig, fast schon kindlich – wäre da nicht dieser bisssige Unteron, mit dem einerseits die Dialoge, andererseits aber auch die Zeichnungen unterlegt sind. Und genau dieser Aspekt beschreibt dann auch diesen eigenwilligen, aber letztendlich doch beständigen Charme, der von den Figuren und dem richtig schön ausgemalten Setting ausgehen.

Das Debüt „Derbe Späße“ ist eine Episodensammlung, in der einzelne kurze Einblicke in das Geschehen von Troy gegeben werden, steht jedoch in kaum einem Zusammenhang zu dem, was man sonst aus dieser Fabelwelt aufgetischt bekommt. Einzelne Charaktere sind bekannt, verschiedene Eigenschaften ebenfalls – doch Vergleichsmöglichkeiten zu den übrigen Troy-Sagen entfallen schon in dem Moment, als man die Gnome dabei beobachtet, wie sie ein Tier scheren oder sich mit ihren wilden Raufereien beschäftigen.

Das Schwierige an der Sache ist schließlich, dass die eigentlichen Inhalte eher einer Kindergeschichte entsprechen, ihr oftmals harscher Ton jedoch eher ein älteres Publikum anspricht. Und hier sucht man dann nach stimmigen Übereinkünften, nach Mitteln, mit denen man das kontrastreiche Programm so aufnehmen kann, wie es eigentlich erdacht ist, ohne dabei eines der beiden gebotenen Extreme zu sehr in den Fokus zu nehmen. Doch dies gelingt mit wachsender Seitenzahl immer weniger, weil grundsätzlich nicht viel passiert und die einzelnen Episoden nicht immer direkt miteinander verknüpft sind.

Man erfährt von den wilden Spielchen der Gnome, von ihren teils anrüchigen Gedanken, vonfeindlichen Gesinnungen gegen die eigentlichen Freunde und natürlich von Lanfeust und den beiden Mädchen, die ein sehr spezielles Verhältnis zueinander haben. Doch unterm Strich ist dies noch reichlich wenig, um den Leser zu fesseln und die „Gnome von Troy“ lieben zu lernen. Also muss es der Humor richten, und der ist nicht nur vereinzelt rabenschwarz, sondern meistens bitterböse – und hier werden die Geschmäcker dann auch auseinandergehen, da Arleston es gerne mal übertreibt und wiederholt auf die gegensätzliche Wirkung der kindlichen Figuren und deren derbem Vokabular baut. Das ist zwar über weite Strecken unterhaltsam, aber manchmal wünscht man sich einfach etwas mehr inhaltlichen Input, der den Leser nicht nur aufgrund mancher witzigen Begebenheit bei der Stange hält.

Für einen Auftaktband mag das zwar alles in Ordnung sein, gerade weil sich der Autor genügend Zeit nimmt, die Charaktere vorzustellen und ihre Eigenheiten aufzugreifen. Aber es wird einiges mehr passieren müssen, um „Gnome von Troy“ ähnlich zu etablieren wie all die anderen Geschichten um das Fabelland Troy. Auf Dauer wird sich die bis dato gegebene Form nämlich nur schwer durchsetzen können!

|55 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3868694192|
http://www.splitter-verlag.de

Schreibe einen Kommentar