Robert Kirkman, S. Phillips – Marvel Zombies (MAX 17)

_Story_

Vor einiger Zeit entdeckten Reed Richards und sein Team der Fantastischen Vier in den Weiten des Multiversums ein Parallel-Universum, welches von einem abscheulichen Virus befallen war. Auf der entfernten Erde hat sich längst die gesamte Bevölkerung in fleischeslustige Zombies verwandelt, darunter auch die komplette Riege der Superhelden und Schurken, deren Hunger kaum mehr stillbar ist.

Während die Fantastischen Vier mit Magnetos Hilfe zurück ins heimische Universum fliehen konnten, muss der Herr des Magnetismus in der fernen Ödnis zurückbleiben und sich dem Heer der Zombies stellen. Doch gegen die Übermacht der grauenvoll entstellten Helden, die inzwischen die gesamte Menschheit ausgerottet haben und auch weiterhin begierig nach neuen Speisen Ausschau halten, scheint auch der einst so mächtige Magneto chancenlos.

_Persönlicher Eindruck_

Die Geschichte der hier vorliegenden Mini-Serie geht auf die Story der beiden Heftmagazine 12 & 13 aus der Reihe „Die Ultimativen Fantastischen Vier“ zurück, in denen die entsetzliche Reise von Richards und seinen Gefolgsleuten sowie die spektakuläre Rückkehr zur Erde erzählt wird. Seither hat sich jedoch niemand mehr mit dem Schicksal der Zombies auf dem verseuchten Planeten des Paralleluniversums beschäftigt, was die |Marvel|-Bosse dazu veranlasste, den aktuell anhaltenden Zombie-Boom zu nutzen und gemeinsam mit Altmeister Robert Kirkman eine Fortführung der Story zu kreieren. Und der Verantwortliche für die bereits legendäre Zombie-Reihe „The Walking Dead“ hat es sich im Zuge dessen auch nicht nehmen lassen, dieses Angebot für eine wahrhaftige Splatter-Orgie auszunutzen. In „Marvel Zombies“ präsentiert er die gesamte Superhelden-Prominenz in gänzlich entstellter Form und darüber hinaus auch mit vollständig neuen, eher unvorteilhaften Charaktereigenschaften, die das bisherige Bild komplett auf den Kopf stellen.

Captain America hat sich mit seinem eigenen Schild die Schädeldecke abgesägt, Daredevil verwahrt in einem geheimen Labor Menschenfleisch als Nachschub für schlechtere Zeiten, der Hulk bedient sich an seinem Unverdauten, um seinen ständigen Hunger zu stillen, und lediglich Spider-Man steht als weinerliches Etwas außen vor und bereut es, seinen Trieben nicht widerstanden zu haben, als er seine Frau und seine Tante verschlang. Verkehrte Welt im |Marvel|-Kosmos! Während der Inhalt jedoch eher gewöhnlich ist und sich bei so ziemlich allen Klischees des Splatter-Genres bedient, ist die Darstellung der Charaktere eine echte Wucht.

Kirkman und sein zeichnender Kollege Sean Philips verzerren sämtliche bis dato bekannten Bildnisse der berüchtigten Helden, entstellen ihr Angesicht teilweise sogar derart krass, dass man das Original kaum mehr wiedererkennen kann. Aber auch ihr allgemeines Handeln im Rahmen dieser Mini-Serie gleicht einem durchweg revolutionären Akt; die Heldenschar schreckt vor nichts und niemandem zurück, hat in der Vergangenheit die gesamte Menschheit ausgelöscht und bedient sich nun am verbliebenem Ersatzteillager von einstigen Freunden, um die unmenschlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Alleine diese verquere Darstellung ist schon Grund genug, sich zumindest mal einen kurzen Eindruck von diesem außergewöhnlichen Sammelband zu verschaffen, der auch ohne inhaltliche Meilensteine sicherlich eines Tages unter die Kategorie Klassiker fallen wird.

Dies hat man aber zweifelsohne Robert Kirkman zu verdanken, der sich hier alle Freiheiten herausnimmt, jegliche Konventionen überschreitet und das Idealbild unserer geliebten Comic-Idole zumindest für die Dauer dieses hier zusammengefassten Fünfteilers in Form eines aggressivsten Gewaltausbruchs durchbricht. Dementsprechend wäre eine gewisse Altersfreigabe für „Marvel Zombies“ auch sicherlich angebracht, denn sobald die Action in dieser Ausgabe voranschreitet, geschieht dies auf mächtig brutale Weise und nimmt der Story jegliche Jugendfreundlichkeit.

Dennoch: Der Autor hat hier ein kleines, relativ mutiges Meisterwerk geschaffen, das einerseits zwar makaber und pietätlos sein mag, andererseits jedoch dank der radikalen Inhalte und der ausnahmslos ergreifenden Atmosphäre zur Befriedigung eines jeden Genre-Fans beitragen sollte. Vorsicht ist lediglich für diejenigen geboten, die ihre |Marvel|-Comics durch die bewährte rosarote Brille begutachten, da ein solch krasser Einschnitt für diese Zielgruppe wohl tatsächlich der wahre Horror sein sollte – was Kirkman und Phillips in der extremen Außenwirkung ihres Comics allerdings weiter bestätigen sollte!

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