McMullen, Sean – Seelen in der großen Maschine (Greatwinter 1)

_Handlung_

Fast 2000 Jahre sind nach dem nukleare Winter vergangen, und in Australien hat sich inzwischen wieder fast normales Leben breitgemacht. Das Einzige, was das Leben wie in der Zeit vor dem nuklearen Umsturz verhindert, sind Satelliten im Weltraum, die sämtliche elektronischen Geräte überladen und somit unmöglich machen. Auch der mysteriöse |Ruf|, der ums Land zieht und Menschen in ihr Verderben treibt, macht das Leben schwer. Deswegen kommt die Hoheliber Zarvora, Oberste Bibliothekarin der Stadt Rochester, die vom |Ruf| verschont bleibt, auf die Idee, einen Computer zu bauen, der von Menschenkraft angetrieben wird, um die Bedrohung eines weiteren großen Winters zu verhindern.

_Schreibstil_

Auf jeden Fall positiv ist die Tatsache, dass die Welt nach dem nuklearen Winter nicht großartig beschrieben wird, so dass sich jeder ein postnukleares Australien vorstellen darf, wie er will. Dass allerdings auch Personen und Umgebungen kaum beschrieben werden, kann man zunächst negativ auffassen, würde allerdings im Gesamtbild des Buches unpassend wirken, denn vom Schreibstil her bewegt sich die Story geradlinig voran, ohne irgendwo länger zu verweilen.

Leider ist das aber auch einer der ersten Kritikpunkte. Egal ob wichtiges Ereignis, Spannungshöhepunkt oder langwierige Reisebeschreibung, das Erzähltempo ist immer gleichbleibend, was dem Ganzen den Eindruck eines nüchternen Berichtes verleiht. Generell wird nicht viel von Spannung gehalten; so gibt es in den ganzen 600 Seiten grade einmal vier für die Protagonisten lebensbedrohliche Situationen, die allerdings auch innerhalb einer Seite abgehandelt werden.

Den größten Kritikpunkt stellen allerdings die Charaktere selbst dar, die geradezu erschreckend planlos wirken. Jeder der Protagonisten oder Nebenfiguren verändert seinen Charakter in der Story plötzlich und kaum nachvollziehbar. Aus einer edlen und leicht verrückten Herrscherin wird ein gackerndes Schulmädchen, eine Nebenfigur wird ohne Nennung eines Motivs zum Verräter, und auch innerhalb kurzer Gespräche wechseln die Personen ihre Eigenschaften, um Sätze zu äußern, die überhaupt nicht zu ihnen passen. Besonders seltsam muten Handlungen an, die überhaupt nicht der Situation entsprechen. Da wird in wichtigen Gesprächen mit dem Spazierstock balanciert, schwer Verwundete erhalten einen Honigkeks und Torwächter beginnen ein sinnloses Streitgespräch wie in einem Terry-Pratchett-Roman.

Genauso wie die Charaktere lässt auch die Story einen roten Faden vermissen. Geht es am Anfang noch um den Aufbau des menschlichen Computers, auch Kalkulator genannt, beginnt nach dessen Aufbau ein Krieg um mehr Gebiete, kurz darauf erfährt der Leser, dass man den großen Winter verhindern möchte, und wieder kurze Zeit später beginnt einer der Protagonisten einen weiteren Krieg, dessen Ziel innerhalb der ersten Seiten erfüllt ist, aber um des Krieges willen einfach mal weitergeführt wird. Erst gegen Ende wird uns wieder ins Gedächtnis gerufen, dass der große Winter naht, also wird er innerhalb von zehn Seiten verhindert.

Generell tauchen Probleme nur auf, um innerhalb kürzester Zeit beseitigt zu werden, was den Eindruck einer schnell und lieblos ausgedachten Story vermittelt. Auch Jahrtausende alte Probleme, wie die oben erwähnte Schwierigkeiten, elektronische Gerätschaften zu bauen, werden, sobald sie nicht mehr der Story dienen, einfach beseitigt, als ob sie nie ein wirklicher Störfaktor gewesen wären.

Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, hat sich der Autor in den Kopf gesetzt, Soap-Elemente einzustreuen. Die gehen allerdings zu keiner einzigen Sekunde über das klassische Rein-raus-Spiel hinaus, und so hat jeder Charakter alle zehn oder zwanzig Seiten mal mit jemandem geschlafen, woran sich auch irgendwie niemand stört, und anschließend nimmt die zusammenhanglose Handlung wieder ihren Lauf.

_Fazit_

Im Klappentext als Großmeister der australischen Fantastik angekündigt, lässt Sean McMullen in mir einzig und allein den Wunsch aufkommen, nie wieder Fantasy aus Australien zu lesen. Sollte dieser lieblos zusammengezimmerte Roman das Beste sein, was Australien zu bieten hat, muss alles andere einfach grauenhaft sein. Gute Ideen und Vorstellungsfreiheit sind leider das Einzige, was man hier positiv herausnehmen könnte. Leider werden die Ideen entweder in kurzer Zeit wieder unwichtig oder werden schlecht aufgelöst, und die mangelnden Beschreibungen könnte man auch als Faulheit des Autors interpretieren, da einfach kein Umstand mehr als eine Zeile Erklärung bekommt. Die Story ist sehr wechselhaft und verläuft ohne roten Faden, geschweige denn Spannungsbogen, die Protagonisten tun ständig irgend etwas, das ihrem Charakter nicht treu bleibt, und auch sprachlich wird uns hier nichts geboten, das dieses Buch attraktiv machen würde.

Letztendlich wirkt es so, als wolle Sean McMullen seine Idee der von Menschen angetriebenen Computer und Satelliten im Weltraum nach der nuklearen Apokalypse einfach nur niederschreiben, und dem Ganzen, damit es jemand liest, noch eine Alibistory verpassen. Sobald er alles dazu gesagt hat, lässt er seine Idee wieder verschwinden und widmet sich einer neuen. Ich könnte noch zehn weitere Seiten dazu ins Detail gehen, belasse es aber bei der Meinung, dass ein Buch, das weder einen guten Schreibstil noch gute Handlung oder Personen hat, besser gemieden werden sollte.

http://www.hobbitpresse.de/

Schreibe einen Kommentar