Meyer, Kai (Autor) / Krehl, Yann (Skript) / Schlüter, Ralf (Zeichnungen) – Wolkenvolk, Das – Seide und Schwert, Buch 1: Wisperwind

Als Autor historisch angehauchter phantastischer Romane ist Kai Meyer im vergangenen Jahrzehnt nahezu unsterblich geworden. Sein eigenwilliger Stil, seine ausgefallenen Ideen und sein ausgeprägter Hang zu kleinen Extremen zeichnen seine Arbeit in mehr als 40 Werken aus und machen ihn zu einem der wertvollsten modernen Phantastik-Autoren weltweit.

Eine seiner Sternstunden erlebte Meyer mit der Geschichte um „Das Wolkenvolk“. Der Bestseller spiegelte Meyers Vorliebe für das asiatische Wuxia-Kino wider und dabei in erster Linie sein Faible für Streifen wie „A Chinese Ghost Story“ und neuere Geschichten wie „Hero“. Kurz nach dem Release der Hörspiel-Fassungen der Trilogie ist das atemberaubende Werk nun auch für den Comic-Markt adaptiert worden. In drei Doppelepisoden führt Yann Krehl, der für das illustrierte Skript verantwortlich zeichnet, die Leser noch einmal zurück ins Reich der Mitte und somit ins Land der Drachen.

_Inhalt_

Der junge Niccolo lebt mit seiner Schweineherde über den Wolken und hat dort das Erbe seines kürzlich verstorbenen, in den Wolken geächteten Vaters angetreten. Doch das Leben im Himmel ist bedroht; die Ätherpumpen, die das Gerüst der Wolkenlandschaft stabil halten, werden nicht mehr versorgt, da die Drachen auf der Erde keinen Atem mehr zur Versorgung der Maschinen spenden. Der Herzog ist gezwungen, sehr schnell zu handeln, und entsendet daher eine Delegation zu seinem alten Freund Cesare Spini.

Doch in Spinis Heim angekommen, treffen die Ausgesandten nun dessen rebellischen Sohn Niccolo an, der sich nach reiflicher Überlegung dazu durchringt, dem Wolkenvolk zu helfen. Im Auftrag des Herzogs reist er auf die Erde und begibt sich nach China, wo dem Vernehmen nach die Drachen verehrt werden. Doch sein Trip gestaltet sich von Beginn an schwierig. Die wenigen vertrauenserweckenden Personen, denen Niccolo begegnet, wollen von Drachen nichts wissen. Und auch die wilde Nugua, die einst mit den Drachen lebte, ist nicht sofort bereit, ihr Wissen mit dem himmlischen Neuankömmling zu teilen …

_Persönlicher Eindruck_

Comic-Adaptionen populärer Bestseller sind gerade im phantastischen Bereich schon immer eine ziemlich schwierige Sache gewesen, man denke nur an die einzelnen „Drachenlanze“-Umsetzungen oder die ziemlich festgefahrenen „Midkemia“-Interpretationen. Die künstlerische Gabe, die Atmosphäre des Originals zu übernehmen, aber dennoch Freiräume für die individuelle Phantasie zu lassen, indem man die Bilder etwas reizarmer gestaltet, ist nur den wenigsten Comic-Zeichnern vergönnt, die sich im Fantasy-Sektor austoben dürfen. Aber auch die Epik, den Detailreichtum und die Vielschichtigkeit, die nun mal einen phantastischen Roman auszeichnen, in geschnittener Fassung aufzubereiten, ohne dabei wichtige Inhalte außen vor zu lassen, gehört zu den anspruchsvollen Aufgaben, denen beileibe nicht jeder (renommierte) Comic-Künstler gewachsen ist. Eine gesunde Skepsis war also auch beim Debüt zu „Das Wolkenvolk“ angebracht.

Doch das vorsichtige Herantasten an den inhaltlichen Gewaltakt zahlt sich schon nach wenigen Panels aus: Yann Krehl ist es wirklich wunderbar gelungen, die prägnanten Punkte der Story in den Fokus zu rücken und auch entsprechend auszuschmücken. Zwar unternimmt er hier und dort ein paar größere Gedankensprünge und lässt manchen unangekündigten Szenenwechsel ziemlich rapide durchgehen, jedoch hat man zum Ende des immerhin knapp 70 Seiten starken Erstlings tatsächlich das Gefühl, schon mit vielen Infos zur Hauptgeschichte versorgt zu sein, aber trotzdem noch an deren Anfang zu stehen. Die Detailverliebtheit der Romangeschichte wurde eins-zu-eins übernommen, gelegentlich auch sehr stark auf die Zeichnungen umgelegt, aber auch für das Charakterdesign übertragen. Gerade von Niccolo bekommt man zum Auftakt schon ein sehr klares Bild, während sich Nugua und später auch Feiquing langsam ins Setting einfügen, allerdings noch einen leicht mystischen Touch bewahren – doch auch dies gehört zum Konzept der Handlung, die vor Geheimnissen nur so wimmelt und dementsprechend schon zu Beginn mit einem gewaltigen Spannungsbogen aufwartet.

Derweil hat Ralf Schlüter sich zeichnerisch völlig in die Story fallen lassen und ein wahrhaft brillantes Illustrationswerk abgeliefert. Das Ziel, der in Asien angesiedelten Erzählung einen europäischen Stempel aufzudrücken, ohne dabei deren außergewöhnliche Atmosphäre anzukratzen, wurde bedingungslos erreicht. Ferner sind die Zeichnungen nicht mit Inhalten überwuchert, sondern bleiben basisch und fokussiert, was sich im Rahmen der komplexer werdenden Story auch langfristig auszahlen sollte. Und schließlich sollte Fantasy ja auch dazu anregen, zwischen den Zeilen zu lesen und gedanklich selber Bilder zu erschaffen, die über das Gesehene hinausgehen. Die nötigen Freiräume hat Schlüter dem Publikum jedenfalls überlassen.

Bliebt also fürs Erste festzuhalten, dass „Wisperwind“, der erste von zwei Teilen des ersten Buches „Seide und Schwert“, eine fantastische Comic-Adaption ist, welche die Magie des Originals aufnimmt und neu interpretiert. Glückwunsch dem Viergespann Krehl, Schlüter, Gotta und Schulz, das es bereits jetzt geschafft hat, jegliche Skepsis, den Transfer der Story betreffend, wegzuwischen.

|66 Farbseiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-939823-99-5|
http://www.splitter-verlag.de
http://www.kai-meyer.com

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