Andrzej Sapkowski – Der Schwalbenturm (Geralt-Saga 4)

Die Geralt-Saga:

Vorgeschichte: _1_ [Der letzte Wunsch
Vorgeschichte: _2_ [Das Schwert der Vorsehung

_Roman 1_: [Das Erbe der Elfen
_Roman 2_: [Die Zeit der Verachtung
_Roman 3_: [Feuertaufe
Roman 4: Der Schwalbenturm

»Was ist mit dem Mädchen? Ihr dürft nicht zulassen, dass sie den Turm betritt! Hörst du? Lasst nicht zu, dass sie den Schwalbenturm betritt …«

Hexer Geralt und seine Gefährten sind bei der Suche nach Ciri, der verschwundenen Prinzessin von Cintra, bisher erfolglos geblieben. Jetzt will die rivische Königin sie als Partisanenkämpfer in dem blutigen Krieg gegen Nilfgaard verpflichten. Doch sie setzen sich ab, um ihre unterbrochene Reise zu den Druiden wieder aufzunehmen. Bei einem Überfall gerät Geralts Wolfsmedaillon, das Insignium seines Hexertums, in fremde Hände… Ciri, die so hartnäckig Gesuchte, ist von dem gelehrten Einsiedler Vysogota aufgenommen worden. Ihr ganzes Sinnen und Trachten richtet sich jetzt auf den legendären Schwalbenturm, denn dies muss der Ort sein, von dem in der alten Prophezeiung die Rede ist. Allerdings ist der Schwalbenturm nur noch eine Ruine … (Verlagsinfo)


Der Autor

Andrzej Sapkowski (* 21. Juni 1948 in Łódź, Polen) ist ein polnischer Schriftsteller. Seine Bücher greifen – zumeist parodistisch – Motive slawischer Legenden, Märchen und Mythologien auf. Internationale Bekanntheit erlangte er vorwiegend durch seine Fantasy-Romane über den Hexer Geralt, der zum Protagonisten in mehreren Computerspielen, Filmen, TV-Serien und Comics geworden ist. (Wikipedia.de)

Die Narrenturm-Trilogie

Narrenturm, dtv, München 2005, ISBN 978-3-423-24489-3, Narrenturm, 2002.
Gottesstreiter, dtv, München 2006, ISBN 978-3-423-24571-5, Boży bojownicy, 2004.
Lux perpetua, dtv, München 2007, ISBN 978-3-423-24636-1, Lux perpetua, 2006.

Dieser dreiteilige Zyklus ist im Schlesien und Böhmen des 15. Jahrhunderts angesiedelt. Geschildert wird die Irrfahrt des Medicus Reinmar von Bielau, der auf der Flucht vor der Inquisition und dem gehörnten Ehemann seiner Geliebten durch Schlesien irrt. In dieser Reihe mischt Sapkowski Fantasymotive in erster Linie mit der blutigen Geschichte der Hussitenkriege. Nebenbei wird aber auch auf andere Ereignisse des frühen 14. Jahrhunderts in Osteuropa angespielt und es tauchen historische Figuren auf, etwa der Ritter Zawisza Czarny. Der erste Band Narrenturm war in Polen ein Bestseller und verkaufte sich auch in Deutschland hervorragend (in einer Übersetzung von Barbara Samborska).

Hexer-Geralt-Zyklus

Kurzgeschichten

Wiedźmin, 1990.
Das Schwert der Vorsehung, dtv, München 2008, ISBN 978-3-423-21069-0, Miecz przeznaczenia, 1992.
Der letzte Wunsch, dtv, München 2007, ISBN 978-3-423-20993-9, Ostatnie życzenie, 1993.

Etwas endet, etwas beginnt. dtv, München 2012, ISBN 978-3-423-21353-0, Coś się kończy, coś się zaczyna, 2000 (Ist eine Sammlung von acht teilweise älteren Erzählungen. Zwei dieser Geschichten haben Bezug zum Hexer-Geralt-Zyklus: Droga, z której się nie wraca (deutsch Der Weg, von dem niemand zurückkehrt) spielt viele Jahre vor der weiteren Handlung und erzählt von Geralts Eltern, die Kurzgeschichte Coś się kończy, coś się zaczyna (deutsch Etwas endet, etwas beginnt) berichtet abweichend vom Handlungsverlauf der Hexer-Geralt-Saga über die Hochzeit von Geralt und Yennefer.)

Die Saga

Das Erbe der Elfen, dtv, München 2008, ISBN 978-3-423-24700-9, Krew Elfów, 1994.
Die Zeit der Verachtung, dtv, München 2009, ISBN 978-3-423-24726-9, Czas pogardy, 1995.
Feuertaufe, dtv, München 2009, ISBN 978-3-423-24755-9, Chrzest ognia, 1996.
Der Schwalbenturm, dtv, München 2010, ISBN 978-3-423-24786-3, Wieża Jaskółki, 1997.
Die Dame vom See, dtv, München 2011, ISBN 978-3-423-24817-4, Pani jeziora, 1999.

Einzelroman

Zeit des Sturms, dtv, München 2015, ISBN 978-3-423-26057-2, Sezon burz, 2013.

Mein Eindruck

Der vierte Band der Geralt-Saga setzt die in „Das Erbe der Elfen“ begonnene Geschichte um Ciri, die verschwundene Prinzessin des Elfenreichs Cintra, fort. Mit diesem vorletzten Band der Saga, die mit „Die Dame vom See“ im März 2011 abgeschlossen werden wird, bereitet Andrzej Sapkowski die Bühne für das große Finale vor.

Leider kommt „Der Schwalbenturm“ selbst dabei etwas zu kurz, einige Kniffe Sapkowskis wie eine wild zwischen verschiedenen Personen und Zeitebenen springende Erzählweise können hier leider auch nicht helfen, sondern verschlimmern eher noch den Eindruck einer ausgeuferten und nur sehr langsam vorankommenden Handlung ohne klar erkennbaren Fokus.

Geralt selbst kommt dieses Mal besonders kurz, sehr viel Raum nimmt Ciris Geschichte ein, die zu Beginn des Romans das blutige Ende ihrer kurzen Liaison als Falka mit den „Ratten“ (der Name ihrer Bande) in einer Rückblende beschreibt. Dieses wird exquisit blutig und selbst für Sapkowski recht brutal dargestellt, was für „Schwalbenturm“ geradezu programmatisch ist.

Sapkowski flechtet kleine, tragische Geschichten von nicht einmal als Nebencharakteren, eher als Randfiguren zu bezeichnenden Personen wie Hotsporn ein, die auch sehr schnell wieder verschwinden, tendenziell werden sie getötet. Diese kleinen Episoden wirken arg verloren in den vielen Handlungssträngen, die so gar nicht vorankommen wollen. Geralt weiß immer noch nicht, wo Ciri ist, der Leser weiß es schon lange.

Es sind diese Nebenfiguren, die diesen Roman bestreiten, ohne je wirklich Farbe oder Charakter zu gewinnen. Yennefer wird erst gegen Ende erwähnt, baut eine Überleitung zum Abschlussband, Geralt selbst kommt nicht zum Zug und nicht voran. Einige Episoden, zum Beispiel beim König von Redanien und seiner Gemahlin Suleyka, besitzen Charme und sind sehr unterhaltsam, allerdings zeigt sich so auch, wo Sapkowski glänzen kann und wo er Defizite aufweist.

Wie bereits in seinen Romanen um Reinmar von Bielau, verzettelt er sich auf Kosten der Rahmenhandlung im Detail. Viele Leser liebten seine kurzen Geschichten um Geralt, der Wunsch nach einem ganzen Roman um den Hexer wurde laut und „Das Erbe der Elfen“ lieferte genau das. Der Ausbau zu einem großen Buchzyklus hingegen ist Sapkowski nicht so gut gelungen, er selbst scheint gelangweilt von den Notwendigkeiten eines solchen, er will lieber – im positiven Sinne – spielen. Und genau das ist der Widerstreit in diesem Roman und seine Schwäche: Er muss die Bühne für das Finale vorbereiten, dabei möchte Sapkowski doch viel lieber kreativ sein und spielen. Diese Verspieltheit äußert sich leider in der äußerst verwirrenden Erzählweise. Ich habe nichts gegen komplexe Handlungsstränge und Zeitsprünge von einer Person zur anderen, bei George R. R. Martins „Lied von Eis und Feuer“ machen sie sogar den Reiz aus. Hier jedoch sorgen sie nur für Verwirrung und das Gefühl, auf der Stelle zu treten. Keinerlei Spannung wird so erzeugt.

Das ist bedauerlich, denn sprachlich und intellektuell bewegt sich Sapkowski wie üblich auf sehr hohem Niveau, die hervorragende Übersetzung durch Erik Simon ist wie gewohnt von höchster Qualität.
Insgesamt ist „Der Schwalbenturm“ aber leider unter dem Durchschnitt der Geralt-Saga. Für mich war der Roman ein eher unwürdiger Mittelband, der dennoch große Hoffnungen auf das Finale erweckt. Wenn Geralt, Yennefer, Ciri und ihr ganzer Anhang aufeinandertreffen, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit viel furioser zugehen als in diesem Band, der die Handlung nur unwesentlich voranbringt und mit einem Cliffhanger endet.

Taschenbuch: 543 Seiten
ISBN-13: 978-3423247863|
Originaltitel: |Wieza Jaskolki|
Aus dem Polnischen von Erik Simon.
ISBN-13: 9783423247863

Weitere Titel des Autors bei |Buchwurm.info|:

[„Narrenturm“
[„Gottesstreiter“
[„Lux perpetua“