Dirk Ahner- Hui Buh – Das Schlossgespenst

Einmal Fledermausturmkammer lüften, bitte!

Es ist wieder da, Hui Buh, das Schlossgespenst. Rotzfrech war es, verfressen, versoffen, tollpatschig, politisch höchst unkorrekt und Wortspiele durch die Gegend feuernd, dass man vor Lachen von seinem Hörersessel geplumpst ist. Gesprochen wurde jener ätherische Tunichtgut dereinst von Hans Clarin, der leider mittlerweile von uns gegangen ist.

2004 hat man Hui Buhs vermoderte Holztruhe dann endlich wieder entstaubt, die alten Hörspiele in Silber gepresst und der hungrigen Hörermeute kredenzt, die sich bis dato erbittertste Auktionsschlachten auf dem Kassettenflohmarkt zu liefern hatte, um in den Genuss der vergriffenen Kleinode zu gelangen.

2006 dann hat sich die Comedy-Mafia auf Hui Buhs rostige Rasselkette gestürzt, hat sie ihrem Padre Bully Herbig um den Hals geschlungen, damit sein digitalisiertes Abbild damit vor der Kamera herumhampeln kann; sehr zum Gram vieler alteingesessener Hui-Buh-Anhänger, wenn mir als Rezensent diese Bemerkung erlaubt wäre.

Aber ehe ich lamentierend zum Kino-/Buchboykott aufrufe, gibt es doch ein paar Worte zu sagen zu „Hui-Buh das Schlossgespenst“, denn im Buch liest sich sein rundum restaurierter Auftritt gar nicht mal so unputzig, wenn mir als altem Fan solch frevelhafte Bemerkung nicht verübelt wird.

Vor über vier Jahrhunderten …

… an einem Freitag dem 13. wurde der fröhliche Ritter Balduin zum Schlossgespenst Hui Buh verwünscht, so steht es für alle Zeit in der Fledermausturmkammertür eingebrannt, in der das Schlossgespenst fortan haust. Nun, hier, im Prolog des Filmes/Buches, erfahren wir auch warum: Ritter Balduin ist nämlich ein Schummler. Mit seinem üblichen Gespür für Unglückseliges sucht er sich zum Kartenspiel ausgerechnet Ritter Adolar aus, den fiesesten aller Fiesritter, und als ob das nicht genug wäre, lässt er sich beim Schummeln auch noch erwischen. Tja, ein ausgesprochener Fluch tut sein Übriges, um den fidelen Balduin zum geisterhaften Kettenrassler zu zerschmoren.

Dann, vierhundert Jahre später, Hui Buh hat sich in seinem verstaubten Schloss Burgeck häuslichst eingelebt, erscheint plötzlich ein geschniegelter Bursche vor der Tür und behauptet, Julius der 111. zu sein, rechtmäßiger Erbe von Schloss Burgeck. Hui Buh ist erbost und legt sich gleich zu Beginn mit dem jungen König an, der nicht im Traum daran denkt, sich diese Stänkereien gefallen zu lassen.

Jedenfalls bricht eine Kolonne von Bediensteten herein, um dem Staub und dem Schmutz den Garaus zumachen; vor allem weil König Julius zu heiraten beabsichtigt, ist besondere Sorgfalt vonnöten. Hui Buh beäugt jene Ent-Gemütlichung seines Heimes mit höchstem Unmut, aber als auch noch seine geliebte Spinnwebsammlung dran glauben muss, ist jeder Friedensschluss mit Julius in weite Ferne gerückt.

Geduldig wartet der Geist, bis die Auserwählte von Julius anrückt, Gräfin Leonora zu Etepetete, und stürzt den armen König bei diesem feierlichen Ball in peinlichste Peinlichkeit. Aus Rache verschmurgelt der dann Hui Buhs Spuklizenz, ohne zu wissen, dass der Pechgeist diese unbedingt braucht, wenn er nicht in der gefürchteten Seelensuppe landen möchte. Hui Buh kann dem nur entgehen, wenn er die Spukprüfung in der Geisterstadt besteht, aber dummerweise ist er so gut wie unbeschrieben, was geisterhaftes Fachwissen angeht.

Ein Knotenpunkt vollkommenen Desasters sozusagen, und deswegen entschließen sich Hui Buh und Julius zähneknirschend zu gemeinsamem Vorgehen: Hui Buhs Geisterlizenz soll mit vereinten Kräften in der Prüfung herbeigeschummelt und Julius´ verpatzte Verlobung wieder entpatzt werden. Ob Letzteres eine so tolle Idee ist, bleibt allerdings fraglich, denn die Auserwählte des frischgebackenen Königs verfolgt perfide Absichten; und da wären ja noch die Hitzewallungen, die Julius überfallen, wenn ihm deren hübsche Zofe Konstanzia über den Weg läuft … Konstanzias Sohnemann Tommy schmuggelt sich derweilen ohnehin zwischen die beiden Pechvögel und schlingert mit ihnen durch vergnüglich-abenteuerlichen Unsinn, deren Höhepunkt definitiv ein Besuch in der gruselig-komischen Geisterstadt ist.

Ehrenrettung der Comedy-Mafia.

Mal ehrlich, die Comedy-Mafia um Bully Herbig, Rick Kavanian und Co. hat wirklich überall ihre Finger im Spiel und verdrängt jede Konkurrenz vom Markt. Das mag in vielen Fällen ja wirklich klappen, aber warum zum Teufel Clever und Smart von Erkan und Stefan synchronisiert werden mussten, weiß wohl nur Don Bully selbst. Dementsprechend war ich fürchterlich auf Kriegsfuß mit der Idee, dass sich dieser unrechtmäßige Rasselkettenrassler an Hans Clarins Erbe vergehen wollte.

Aber: Das macht er ja eigentlich gar nicht. Stattdessen wurde hier eine frische neue Geschichte aus alten Zutaten gestrickt, die Fledermausturmkammer hat ihren Auftritt, das Buch „Spuken leicht gemacht, für jedes Gespenst“ und der Kastellan – im Film gespielt von Hans Clarin himself; Schaudern für Nostalgiker garantiert! Sogar Servatio Sebaldus, bekannt als spielverderbender Hardcore-Beamter in Serie, darf hier als Major a.D. durch die Geisterbehörde poltern und nach einem unrechtmäßig eingedrungenen Lebenden fahnden, der einem gewissen Gespenst beim Bestehen der Spukprüfung helfen soll …

Michael Herbig verpasst den gespenstischen Dialogen dabei seinen höchst eigenen Bully-Anstrich und auch König Julius wurde Christoph Maria Herbst auf den Leib geschrieben: Trockener, leicht hochnäsiger Humor, mit schlagfertigen Sprüchen, direkt aus der Hüfte gefeuert. Stromberg mit Königswams, könnte man sagen.

Punktabzug: Wo sind die herrlichen Wortspiele? Die Hui-Buh-Hörspiele zeichneten sich vor allem durch die grandiose Sprache aus, eine Kunstsprache, so angestaubt wie Schloss Burgeck selbst und strotzend vor vergnüglichen Wortneuschöpfungen. Es ist einfach ein Genuss mit anzuhören, wie Hui Buh den „vermaledeiten Drahteselkutschern“ hinterherkräht, dass er ihnen die „Zehenquetscherreifen verbiegen“ würde, weil sie ihm die „Treter plattgewalzt“ haben. Bullys „Stoffwechselatmer“ und „Toilettenbenutzer“ sind zwar auch ganz nette Gespensterflüche, aber der ursprüngliche, Zeter und Mordio greinenden Lamentiergeist, der mit Ingrimm schillerndste Fluchkreationen gegen verhasste Kanaillen zu schleudern wusste, würde ihn in Grund und Boden krakeelen.

Punktabzug Nummer zwei: Die Armada an Comedy-Standards. Da haben wir die Bank, die hochschnellt und den Gegner in die Familienjuwelen trifft, wir haben Rülps- und Furz-Witze, Matronen, die angesichts solcher Entgleisungen in Ohnmacht fallen, und Monokel, die vor Entrüstung in Gläser plumpsen … Eigentlich fehlen nur noch die Bananenschale und die Torte im Gesicht. Aber sei’s drum, immerhin ist das ja auch ein „Buch zum Film“ und die Kids werden im Kino bestimmt ihren Spaß haben, wenn es Rülpser zu hören gibt, vor allem weil Mamma da nicht schimpfen darf. Eine Schmach für die Comedymafia ist’s trotzdem, hat man sich doch in einem Bullyparade-Sketch gegenseitig des Verbrechens bezichtigt, alte Witze an „7 Tage 7 Köpfe“ zu verhökern. Tja, wer im Glashaus sitzt, sollte eben nicht mit Rülpswitzen um sich werfen.

Zustimmung trotz Denkmalschutz.

Ja, die Story ist vorhersehbar und stellenweise etwas plumphumorig, aber man darf eben auch die Zielgruppe nicht aus den Augen lassen. Selbst wenn man stellenweise schimpfen möchte, „Hui Buh – Das Schlossgespenst“ ist spürbar mit Liebe entstanden und hat den Elementen der Serie ein paar zusätzliche hinzugefügt. Gräfin zu Etepetete etwa erstarkt hier zu einem durchtriebenen, gut aussehenden Vamp von höchster Berechnung, während sie in Folge 1 der Hörspielserie nur eine Randfigur war, die Hui Buh vergraulen sollte, um seinem Kumpel Julius die Heirat mit dieser „hässlichen, warzennasigen Gräfin“ zu ersparen. Die Geisterstadt ist ebenfalls eine nette Idee und auch sonst ist das Buch ein locker-flockiger Spaß, den man durchaus mit dem Etikett „für die ganze Familie“ versehen kann. Zwar wird der alteingesessene Hui-Buh-Fan schon das eine oder andere Mal mit den Zähnen knirschen, aber das hat auch dem „zähneklappernden Totengräber“ nicht geschadet.

Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Auflage: Juli 2006
www.schneiderbuch.de