Christopher Hinz – Ash Ock (Paratwa 02)


Mittelmäßiger Mittelband: Es steht unentschieden

Vor 56 Jahren ist ein Paratwa aufgetaucht, ein mörderisches Wesen aus der Vergangenheit, das man aus der Stasis geholt hat. Es besteht aus zwei identischen, geklonten Killern, die in unmittelbarem geistigen Kontakt miteinander stehen. Sie sind unüberwindlich – jedenfalls für Menschen. Sie können nur durch andere Paratwa eliminiert werden.

Paratwa sind gentechnisch konstruierte Killerwesen aus der Zeit der nuklearen und ökologischen Apokalypse zu Ende des 21. Jahrhunderts. Die tödlichsten von ihnen waren die Ash Ock, die herrschende Kaste der Paratwa. Einige von ihnen sollen im Exil im tiefen Weltraum überlebt haben. Mit Bangen sehen die Menschen in den Raumhabitaten ihrer Rückkehr entgegen. Ein erstes Blutbad signalisiert ihre Ankunft. Und als ein Virus die Datenbanken des menschlichen Wissens unwiederbringlich vernichtet. Stehen die Zeichen auf Sturm. Nun ist die Stunde des „Löwen von Alexander“ gekommen. (Verlagsinfo zu Band 2)

Der Autor

Christopher E. Hinz (* 10. März 1951 in Reading) ist ein britischer Schriftsteller. Er ist am besten für seine Science-Fiction-Trilogie Paratwa bekannt. 1988 wurde sein Roman „Liege-Killer“ mit dem Compton Crook Award als bester Debütroman ausgezeichnet. (Quelle: Wikipedia.de)

Der PARATWA-Zyklus

Prequel: Binary Storm (2016)
• Killer aus dem Eis. Heyne 1997, ISBN 3-453-11902-9 (Liege-Killer. 1987).
• Ash Ock. Heyne 1997, ISBN 3-453-11903-7 (Ash Ock. 1989).
• Paratwa. Heyne 1997, ISBN 3-453-11904-5 (The Paratwa. 1991).

Hinz kehrte von Comic-Books zu SF-Romanen mit den Titeln „Spartan X“ (2012), „Refraction“ (2020) und „Starship Alchemon“ (2019) zurück.

Handlung

Vor 56 Jahren hätte der Killer-Paratwa Reemul fast di Menschheit ausgelöscht, die in den schwebenden Habitaten den Endkrieg anno 2099 überlebt hatte. Nur ein zweiter Paratwa konnte Reemul Paroli bieten: Nick und Gillian. Damals war Jerem erst zwölf Jahre alt, aber er spielte eine entscheidende Rolle im finalen Showdown Gillians mit Reemul. Heute wird Jerem als „Löwe von Alexander“ bezeichnet, ist ein offiziell anerkannter Pirat, ein „Costeau“, und sitzt als ihr Oberhaupt im Verwaltungsrat der Vereinten Kolonien.

Dieser Rat wird von mehreren großen Institutionen beherrscht. Da ist die nahezu allmächtige Öko-Tech unter Doyle Blumhaven, die unter anderem jede Art von Technologie kontrolliert, insbesondere auch jene, die auf der verwüsteten Erde zurückgelassen wurde. Da ist La Gloria de la Ciencia, ihr technologischer Gegenspieler unter Führung von Ines Hernandez, und da ist das Bankennetzwerk ICN und die Abgesandten von Militär, Sicherheitsdienst und Polizei. Alexanders Anträge, Gillian und Nick aus ihrer Stasiskapsel zu holen, werden immer wieder abgeschmettert – auch jetzt, obwohl es dazu einen konkreten Anlass gäbe.

Ein Massaker

Auf der Station Honshu hat es am Shuttle-Terminal der Hauptstadt Yamaguchi ein Massaker gegeben. Zwei – ausgerechnet zwei – Angreifer attackierten die Passagiere, die ihre Shuttles zu anderen Kolonien nehmen wollten. Der eine Mann hatte vibrierende Dolche, der andere einen Turbostrahler. Sie nannten sich Brüder vom Orden der Birke, dessen Ideologie der Abwehr von Paratwa gilt. Weil aber die Rückkehr von Paratwas, die zum nächsten Stern unterwegs waren, derzeit erwartet wird, lässt sich das Massaker als Warnung einstufen. Alle außer Alexander und Ines Hernandez von der Ciencia scheinen den Vorfall nicht ganz ernstzunehmen, und das macht Alexander wütend.

Susan Quint

Rätin Ines Hernandez hat eine Großnichte namens Susan Quint, die mitten in das Honshu-Massaker geraten ist. Die ehrgeizige Susan ist sehr auf ihre gesellschaftliche Stellung und ihren beruflichen Aufstieg bedacht und will sich keinen Fehler erlauben. Denn das wäre natürlich der Anfang vom Ende. Sie verschweigt der Polizei also, dass sie überhaupt dort gewesen sei. Und dass der Dolchmann sie möglicherweise erkannt hat, darf niemand unter keinen Umständen erfahren.

Sie ahnt daher nichts Böses, als zwei Kriminalbeamte vom Sicherheitsdienst der Öko-Tech an ihrer Tür auf Station Irrya klingeln, um ihr Fragen zu stellen. Sie behaupten, sie, Susan, sei beim Massaker von Yamaguchi anwesend gewesen. Das bringt Susan ins Schwitzen, aber als der eine in ihr Badezimmer eindringt und der anderen einen Wanzenspürer einsetzt, wird sie misstrauisch. Die beiden packen sie, und das ist ein Fehler. Sie rammt dem einen das Knie in die Eier und versetzt dem anderen einen Faustschlag ins Gesicht, dann verduftet sie – barfuß und im Bademantel.

Der Löwe

Susan flüchtet zunächst zu ihrer Großtante, und Ines Hernandez wiederum wendet sich an den Löwen von Alexander. Er pflegt seinen Öko-Garten, der glücklicherweise mit allen Antiabhörmaßnahmen ausgestattet ist, die es derzeit im 24. Jahrhundert gibt. Der Löwe sichert Susan Unterschlupf zu, denn Ines ist, nach mehreren Überprüfungen, sicher, dass etwas von den wirr erzählten Ereignissen wirklich stattgefunden haben muss. Dazu gehört das Honshu-Massaker, aber auch der Tod von zwei Beamten des Öko-Tech-Sicherheitsdienstes. Ines muss allerdings bald feststellen, dass Susan aus dem Krankenhaus geflohen ist.

Datenkrebs

Doch Ines hat noch jemanden im Schlepptau: Adam Lu Sang ist einer der fünfzehn Programmierer, die unbeschränkten Zugang zu den Archiven der Öko-Tech hat. Er berichtet, dass immer mehr Datenarchive und Programm unter einer Art Krebs leiden, der sie von innen heraus aushöhlt. Wertvolles Wissen der Prä-Apokalyptiker geht ständig verloren – in zehn Jahren werden es 95 Prozent sein! Der Datenlöscher muss von dritter Seite in das System eingeführt worden sein. Merkwürdig, dass Blumhaven, der Vorsitzende der Öko-Tech, dies nicht schon längst entdeckt hat.

Wiedergeburt

Dem Löwen ist klar, dass Adams Besuch wie auch sein Bericht ein eklatanter Bruch des Treueids an die Öko-Tech darstellen. Na, wenn schon. Viel wichtiger ist, was Adam als Lösung dieses Problems vorschlägt: Die Freisetzung von Nick, dem Programmierer, aus der Stasiskapsel, in der er seit 56 Jahren zusammen mit Gillian steckt. Beim Namen „Gillian“ wird der Löwe hellwach. Adam will Nick, der Löwe jedoch Gillian, einen ehemaligen Ash Ock, der zum Paratwajäger wurde. Zusammen könnten die beiden Männer genau die richtigen Leute sein, um den anstehenden Bedrohungen Paroli zu bieten.

Showdown

Nick entdeckt, dass der Datenlöscher von einem zweiten, viel älteren Programm namens „Freivogel“, beschützt wird. Zusammen mit Gillian durchforsten sie die Verbindungen, die zwischen den Opfern der Paratwa-Massaker bestehen, und stoßen auf eine Datenmanipulation: Alle Opfer hatten zuvor die Venus Corp., eine Tochter der CPG, besucht. Gillian stößt auf den Chef der Venus Corp.: es ist ein Paratwa. Doch er hat nicht nur einen telepathischen Zwilling, sondern zwei…

Susans Entdeckung

Susan hat sich an einen Priester der Reformierten Kirche erinnert, der ihr einst half, als sie durch den Tod ihrer Eltern zur Vollwaise geworden war. Nachdem sie ihm ihre irrsinnige Geschichte erzählt hat, erklärt Lester Mon Dama sie nicht für verrückt, wie Großtante Ines es tat, sondern hilft Susan, von der Kolonie herunter und hinab auf die Erde zu gelangen. Die Ökokriege sind schon fast 250 Jahre vorüber, doch die Region um den Ontariosee ist immer noch verseucht, besonders das Wasser.

Hier lebt Susan in einem Kloster, und nachdem Lester zu den Kolonien zurückgekehrt ist, nimmt sich der Abt des Klosters Susans an. Dies ist ein sehr anstrengender Mensch, findet Susan, denn er unterzieht sie ständig Prüfungen. Doch diese Test helfen ihr, ihre wahre Natur zu entdecken: Sie ist mehr als nur ein Mensch. Wie kann das sein, wundert sie sich. Und entdeckt, dass auch er etwas Besonderes ist, gerade eine Legende: ein Ash Ock aus grauer Vorzeit…

Mein Eindruck

Dieser Mittelband der Paratwa-Trilogie leidet unter den typischen Hindernissen seiner Stellung. Am Anfang muss der Schluss des Auftaktbandes sowie seiner Ergebnisse wieder rekapituliert werden, was schon mal hundert Seiten in Anspruch nimmt. Eine neue Figur wird mit der vielschichtigen Susan Quint eingeführt, die es am Schluss mit einem Ash Ock zu tun bekommt.

Mehrere Massaker der Paratwa-Drillinge, die sich als „Orden der Birke“ tarnen, bringen die Handlung voran und liefern dem Löwen sowie seine beiden Assistenten Nick und Gillian wertvolle Hinweise, aber sie ahnen nicht, was die Ash Ocks hinter diesen Paratwas wirklich vorhaben. Es ist wirklich spannend mitzuverfolgen, wie Gillian herausfindet, dass die vorgeblichen Paratwa-Zwillinge in Wahrheit noch einen Drilling als Komplizen haben. Aber auch er kommt der lange vorbereiteten Biokriegattacke der Ash Ock Sappho nicht auf die Spur. Dafür gibt es einen actionreichen Showdown mit einem der Paratwas.

Alle Welt wartet – ab etwa Seite 200 – auf die Rückkehr der ersten Paratwas, die mit den Siedlerschiffen zum Alpha Centauri hinausgeflogen sind. Der erste, der zurückkehrt, ist der Ash-Ock-Untertan Meridian. Dessen Vorgeschichte liefert dieser Mittelband ebenfalls mit; das ist eine Menge Fracht, die der Mittelband transportiert. Dafür ist er aber über 100 Seiten kürzer als Auftakt- und Abschlussband.

Es werden mehrere lose Enden geknüpft, die man auch als die Einführung von Jokern ansehen könnte. Mit Susan Quint erscheint in einer interessanten Reise der Selbstentdeckung ein hoffnungsvolles neues Talent auf der Bühne. Dass der Priester, der ihr zur Selbsterkenntnis verhilft, ein Ash Ock ist, muss nichts Schlimmes bedeuten; es kann auch eine neue Hoffnung darstellen.

Die Übersetzung

Der Übersetzer hat einen guten Job gemacht, doch auch war nicht gegen die Tücken der Fipptehler und Dreckfuhler gefeit.

S. 153: „Beschäftigungen, die einen … qualifizierte[n].“ Das N fehlt.

S. 210: „Ich habe ein[e] Schwäche für…“: Das E fehlt.

S. 220: „sie schluchzte, allmählich ruhiger werden[d].“ Das D fehlt.

S. 260: „Die harten Bälle knappten gegen die gepolsterten Wände.“ Es ist plausibel, wenn sie dagegen „knallten“ als „knappten“ (was auch immer das sein mag).

S. 311: „Irgendwann im Laufe der Nacht hatte [d]er die Decke fortgestoßen.“ Das D ist überflüssig.

S. 395: „die CPC“: Gemeint ist die Tarnfirma CPG.

Unterm Strich

Die Ash Ock, die Monarchen der Paratwas, enthüllen Schritt für Schritt ihren Masterplan: Die biologische Vernichtung der Kolonien und die Errichtung eines Königreichs auf der alten, regenerierten Erde. Dier Plan ist plausibel und nachvollziehbar, besonders wenn man die Rückkehr weiterer Paratwas von den Siedlerschiffen berücksichtigt. Am Schluss dieses Mittelbandes steht es allerdings erst 1 zu 1 für die Ash Ock, denn ihrer Gegner erringen einen Teilsieg. Es bleibt also spannend.

Nun werden die Karten neu gemischt. Ein neues Gleichgewicht ist herbeigeführt worden, neue Spieler tauchen auf dem globalen Spielfeld auf. Im Abschlussband muss der Krieg mit den Ash Ock und Paratwas endgültig entschieden werden. Es ist keineswegs sicher, dass es danach noch eine Menschheit geben wird.

Taschenbuch: 429 Seiten
O-Titel: Ash Ock, 1995
Aus dem US-Englischen von Walter Brumm.
ISBN 9783453119031

www.heyne.de

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