Jason Dark / Oliver Döring – John Sinclair – Die Comedy (Hörspiel)

Der Sohn des Lichts in der Dimensionsschleuder

(Achtung: Bitte nicht zu ernst nehmen!) Die Menschheit steht ahnungslos am Abgrund. Asmodina, die Tochter des Teufels, hat die Apokalypse heraufbeschworen. John Sinclair, der Sohn des Lichts, versucht, sich ihr in den Weg zu stellen – und tappt damit in die schrecklich-teuflische Höllen-Falle des grausamen Horror-Entsetzens. Es beginnt ein wahnwitziges Abenteuer mit … [bitte hier die Lieblingsgegner eintragen], unzähligen In- und Outsider-Gags sowie einem der spektakulärsten Endgegner aller Zeiten. (abgewandelte und stark gekürzte Verlagsinfo)

Die Comedy-Version dieses Sinclair-Abenteuers wird zähneknirschend empfohlen von Autor Jason Dark, und Regisseur Oliver Döring hat laut Presseinfo verboten, seinen Namen mit diesem lustigen Machwerk in Zusammenhang zu bringen. Nur für Hörer mit robusten Lachmuskeln!

Der Autor und seine Reihe

Der unter dem Pseudonym „Jason Dark“ arbeitende deutsche Autor Helmut Rellergerd ist der Schöpfer des Geisterjägers John Sinclair. Am 13. Juli 1973 eröffnete der Roman „Die Nacht des Hexers“ die neue Romanheft-Gruselserie „Gespenster-Krimi“ aus dem Hause |Bastei|. Inzwischen sind über 1700 John-Sinclair-Romane erschienen, die Gesamtauflage der Serie beträgt laut Verlag über 250 Millionen Exemplare.

1999 veröffentlichte Oliver Döring das erste John-Sinclair-Hörspiel, und der Autor war davon begeistert: „Sprecher, Special Effects – wirklich Kino im Ohr“. Bis heute sind von den 36 Hörspielen rund 1,5 Millionen Stück über den Ladentisch gegangen, so dass sich 2002 Oliver Döring ermutigt fühlte, eine Sonder-Edition zu produzieren. Sie trägt den Titel „Der Anfang“. Nach Verlagsangaben war dies das erste Hörspiel, das es jemals in die Top 100 der deutschen Media-Control-Longplayer-Charts geschafft hat: „bis Platz 36“, sagt Döring.

Die Sprecher / Die Inszenierung

Wie schon erwähnt, ist bei dieser Produktion die Crème de la crème der deutschen Synchronsprecher versammelt.

Erzähler: Joachim Kerzel (dt. Stimme von Jack Nicholson, Harvey Keitel, Dennis Hopper, Anthony Hopkins …)
John Sinclair, Scotland Yard: Frank Glaubrecht (Pierce Brosnan, Kevin Kostner, Al Pacino)
Jane Collins, Scotland Yard: Franziska Pigulla (Gillian „Scully“ Anderson)
Bill Conolly: Detlef Bierstedt (George Clooney, Robert „Freddy Krueger“ Englund)
Suko: Martin May
Sir James Powell: Karlheinz Tafel
Glenda Perkins: Ilya Welter
Vampirin: Claudia Urbschat-Mingues (Angelina Jolie, Maria Bello)
Vampirinnenopfer: Charles Rettinghaus (Robert Downey jr., Jean-Claude van Damme)
Sarah McDonald: Marie Bierstedt (Kirsten Dunst, Kate Beckinsale und Natalie Portman)
Jason Dark: Helmut Rellergerd
Und noch viele andere bekannte Hollywood-Stimmen.

Die Macher

Buch und Regie: Oliver Döring
Regieassistenz: Patrick Simon
Hörspielmusik: Christian Hagitte, Simon Bertling, Florian Göbels
Tontechnik: Arne Denneler
Schnittassistenz: Jennifer Kessler
Produktion: Alex Stelkens (WortArt)
Original Paintings (auch im Booklet): Vicente Ballestar (Cover)

Handlung (Versuch einer Zusammenfassung)

Wieder einmal sinnen die Ausgeburten der Hölle auf ihre Rache an der nichts ahnenden Welt und warten nur noch auf Satans Rückkehr. Doch der Prinz des Lichts alias John Sinclair alias Geisterjäger etc. pp. stellt sich ihnen entgegen, als … sein Wecker klingelt. Er zeigt 3:40 Uhr (der Wecker). Der Chef ruft an und meldet: Ein Werwolf wütet in einem Pornokino. Sofort ist Sinclair hellwach und weckt SIE: Jane Collins, Privatdetektivin.

Vor dem Pornokino. Sinclair und sein Assistent Suko dringen ein, um die Bestie in die Enge zu treiben und mit einer Silberkugel zu erledigen. Da geschieht das Unfassbare. Der Werwolf schnappt sich die Pistole und gibt sich selbst die Kugel! Etwas stimmt hier nicht. Doch Sinclair hat keine Zeit, darüber nachzugrübeln, denn der Chef meldet: Eine Vampirbraut geht in London um. Als Sinclair und Suko am Tatort eintreffen, pfählt sich die Blutsaugerin selbst. Etwas stimmt hier nicht. Ebenso wenig beim Zombie, der den Hyde Park unsicher macht: Er sägt sich selbst entzwei. Etwas usw. Sinclair soll sofort zum Chef.

Der Chef soll auf ihn feuern, befiehlt Sinclair. Sir James tut es schweren Herzens, doch da wirft sich ein Ghoul in die Schussbahn und fängt das Geschoss auf! Etwas usw., aber was? Keine Zeit nachzudenken. Der Ghoul, weil untot, springt aus dem Fenster und versucht zu entkommen, Sinclair und Suko hinterher. Sie verfolgen ihn bis in die U-Bahn, doch da erwischt ein Mast Sinclairs aus dem Fenster gestreckten Kopf und setzt ihn außer Gefecht.

Der Sohn des Lichts hat eine besondere Art der Gehirnerschütterung erlitten. Er hat Amnesie und antwortet irrelevantes Zeug. Das ist nicht lustig! (Oder etwa doch?) Unterdessen ruft eine gewisse Sarah McDonald beim Chef an und schildert, welche seltsamen Träume sie im Haus ihrer Eltern erlebe. Sie will Sinclair vor einem Anschlag warnen, der ihm gilt. Der Chef beginnt zu sabbern, als sie ihm die schlüpfrigen Details berichtet …

Unterdessen in einer Gruft. Die teuflische Teufelstochter Asmodina hat einen Ghoul dazu gezwungen, ihr etwas ganz Spezielles zu basteln: eine Dimensionsschleuder! Um diese gegen den Erzfeind einsetzen zu können, muss sie Sinclair an einen geeigneten Ort locken. Als Lockvogel soll seine geliebte Jane Collins dienen. Diese lässt sie kurzerhand entführen und gefesselt auf die Schienen der Eisenbahn legen. Na, wenn Sinclair jetzt nicht kommt, um seinen Angebetete vor dem nahenden Zug zu retten, ist ihm nicht mehr zu helfen. Alles klappt wie am Schnürchen …

Sinclair landet in einer anderen Zeit. Wird er jemals zurückfinden, um Jane vor dem sicheren Tod auf den Schienen bewahren zu können?

Mein Eindruck

Um diese Comedy würdigen zu können, sollte man zwei Dinge berücksichtigen. Erstens gibt es schon fast vierzig Hörspielausgaben der Kultserie inklusive zwei oder drei Sonderausgaben. Zweitens gibt es eine große Anhängerschaft, bei der die Macher dieser Comedy auf großes Verständnis, wenn nicht sogar Begeisterung hoffen dürfen.

Zu diesen Machern gehören neben den zwei wichtigsten Sprechern Frank Glaubrecht (Sinclair) und Joachim Kerzel (Erzähler, der aber auch gerne Sinclair sein würde) vor allem die Sound-Designer und der Regisseur Oliver Döring. Die Sound-Designer, deren Arbeit ich im nächsten Abschnitt würdige, geben ihr Bestes. Das heißt bei einer Comedy, dass sie alles aufbieten, was ihnen zu Gebote steht, und das ist eine ganze Wagenladung voll mit Soundeffekten.

Die hanebüchene Story, die man an keiner Stelle ernst nehmen kann und sollte, wartet immerhin mit einer verblüffenden Zeitschleife auf. Auf einmal landet Sinclair in den 1980er Jahren. Das merkt der Hörer sofort an dem merkwürdig „flachen“ Sound und der überkandidelten Musik: eine dramatisch dröhnende Kirchenorgel. Bloß weg hier!

Doch Sinclair landet diesmal in der Zukunft – genauer gesagt: in Folge 23. Das Dumme daran ist natürlich, dass es in Folge 23 bereits einen John Sinclair gibt und infolgedessen zwei Sinclairs in Gefahr geraten, einander zu begegnen. Was dann geschehen würde, ist unvorstellbar, aber nur Glenda merkt etwas davon. Sie wenigstens freut sich darüber, dass ihr einer der beiden Sinclairs die Kleider vom Leibe reißt …

In einer der nächsten Szenen tritt eine Frau mit vier Beinen auf. Mit vier Beinen?! An dieser Stelle tritt der SEHER auf und bemerkt trocken, dass die „Korrekturarbeiten“ noch nicht beendet seien. Man sieht also, dass sich sogar der Autor selbst auf die Schippe nimmt und sich die Fiktion als solche selbst entlarvt. Eine Comedy darf das, denn sie braucht die Fiktion nicht ernst zu nehmen.

Selbstredend wird durch diverse Vorfälle die Vergangenheit wiederhergestellt, so dass Sinclair wieder seine Jane retten könnte. Wenn er wollte. Aber aufgrund der erfahrenen Dinge zögert er. Es wird brenzlig. Zum Glück schreitet jetzt Glenda hilfreich ein und befreit Jane von den Fesseln. Diese findet Glenda jedoch völlig fehl am Platze, wollte sie sich doch von John retten lassen. Ein Zickenkrieg sondergleichen hebt an.

Das Finale sieht den Auftritt von Asmodina und von Gott – Karel Gott. Mehr darf darüber nicht verraten werden. Aber es sei an den Showdown in „Ghostbusters“ erinnert.

Die Sprecher / Die Inszenierung

Die Macher der „Geisterjäger“-Hörspiele suchen ihren Vorteil im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb der Hörbuchproduktionen offensichtlich darin, dass sie dem Zuhörer nicht nur spannende Gruselunterhaltung bieten, sondern ihm dabei auch noch das Gefühl geben, in einem Film voller Hollywoodstars zu sitzen. Allerdings darf sich niemand auf vergangenen Lorbeeren ausruhen: bloßes Namedropping zieht nicht, und So-tun-als-ob ebenfalls nicht.

Die Sprecher, die vom Starruhm der synchronisierten Vorbilder zehren, müssen selbst ebenfalls ihre erworbenen Sprechfähigkeiten in die Waagschale werfen. Zum Glück machen Pigulla, Kerzel, Glaubrecht und Co. dies in hervorragender und glaubwürdiger Weise. Statt gewisse Anfänger zu engagieren, die mangels Erfahrung bei den zahlreichen emotionalen Szenen unter- oder übertreiben könnten, beruht der Erfolg dieser Hörspielreihe ganz wesentlich darauf, dass hier zumeist langjährige Profis mit schlafwandlerischer Sicherheit ihre Sätze vorzutragen wissen.

In der Comedy dürfen jedoch alle die Sau raus lassen und brüllen, was das Zeug hält. Da klingeln dem Hörer besonders im erwähnten Zickenkrieg die Ohren! Köstlich finde ich immer Geisterstimmen – mit ein wenig Hall und schwammigem Sound lässt sich da schon einiges machen und so kaschieren, dass die Geister meist ziemlichen Blödsinn reden. Dazu gehört auch ein weiblicher Engel, der Sinclair ausgerechnet in der Herrentoilette seine Aufwartung macht, als sich der Geisterjäger gerade erleichtert …

Einen gelungenen Einfall finde ich auch, die Gedanken der Figuren hörbar zu machen, indem man sie einfach mit Hall unterlegt. Diese Gedanken stehen in der Regel in krassem, ironischem Gegensatz zu den Worten, die die Figur dann äußert. Ein kleiner Seitenhieb auf Schein und Sein, innen und außen, Wahrheit und Kunst. Das darf sich die Komödie durchaus erlauben und dabei auch noch herrlich politisch unkorrekt sein. Eine Witwe beispielsweise bekommt den Zorn der Geisterjäger am eigenen Leib zu spüren. Dito ein völlig unschuldiger Hund, der in die Wäscherutsche geworfen wird.

Geräusche

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem realistischen Spielfilm erwarten würde, allerdings vielfach übertrieben! Meine Güte, was wird hier nicht alles gesabbert, gekeucht, geschrien, geprügelt, geballert. Man hört das Blut spritzen, eine Tür schier endlos knarren, Sinclairs Urin (endlos!) plätschern, Geister (endlos!) schreien und viele herrliche Dinge mehr, die keinesfalls ernst genommen werden wollen. Manche Töne und Geräusche wird man niemals nicht in einer Sinclair-Folge zu hören bekommen, so etwa den Ausblendton, wenn Asmodina, die Tochter des Teufels, äußerst unanständige Flüche von sich gibt. Man kommt sich vor wie in einer Folge von MTV aus den Achtzigern.

Musik

Die Musik gibt ziemlich genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und leitet in den kurzen Pausen bzw. Übergängen gleich zur nächsten Szene über. Die Musik ist von einem Orchester eingespielt, und so entsteht der Eindruck, die Begleitmusik zu einem alten Hollywood- oder British-Horror-Film zu hören. In der Comedy wird alles ein wenig dicker aufgetragen, aber die Dialoge und Geräusche stehen stets im Vordergrund. Nur an einer Stelle, in der 80er-Jahre-Episode, wird die Kirchenorgel so dominant, dass sie den satirischen Seitenhieb auf jene überholte Ästhetik stützt.

Unterm Strich

Nun, wer eine Comedy-Show über einen Geisterjäger ernst nimmt, ist selbst schuld. Anhänger des Sohns des Lichts dürfen sich diebisch über Insider-Gags freuen. Outsider dürfen sich über die subversive Eigenart der Komödie freuen, die sich auch über die Fiktion des Geisterjägers und seiner Geschichte(n) an sich lustig machen darf. Die Zeitschleife in der irrsinnigen Story ist recht einfach nachzuvollziehen und sollte keine Probleme bereiten (es sei denn, man hat generell Probleme mit Geistern). Nur das Finale war doch recht offensichtlich von den „Ghostbustern“ abgekupfert, auch wenn es nach London verlegt wurde und statt eines Dämonen aus einer anderen Dimension Gott himself auftritt, d. h. Karel Gott.

Die Comedy darf in keiner Sammlung eines Sinclair-Hörspiel-Fans fehlen, so viel ist klar, ganz besonders dann nicht, wenn der Fan über eine gehörige Portion Humor verfügt. Und Humor ist bekanntlich, wenn man über sich und seine Idole lachen kann.

|55:44 Minuten auf 1 CD|
http://www.luebbe.de/luebbe-audio

_|Geisterjäger John Sinclair| auf |Buchwurm.info|:_

[„Der Anfang“ 1818 (Die Nacht des Hexers: SE01)
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[„Im Nachtclub der Vampire“ 2078 (Folge 1)
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[„Achterbahn ins Jenseits“ 2155 (Folge 3)
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