Eric Van Lustbader – The Kobalt Dossier / Die Kobalt-Akte (Evan Ryder 02)

Showdown in den Karpaten

Als die Kinder ihrer verstorbenen Schwester entführt werden und jemand ihren Schwager ermordet, ahnt Evan Ryder, dass die Jagd auf sie eröffnet ist. Hinter all diesen Vorfällen scheint Omega zu stecken, eine ultrareligiöse Organisation, die vor nichts zurückschreckt, um die westliche Welt zu destabilisieren. Da ihre Abteilung beim amerikanischen Geheimdienst geschlossen wurde, muss Evan Ryder sich auf einen Verbündeten einlassen: Ben Butler, ihren früheren Vorgesetzten, mit dem sie eine bewegte Vergangenheit teilt. Die Suche nach den Kindern führt die beiden von Washington über Moskau, Istanbul und Köln bis zu einer alten Kirche tief in den Karpaten und stellt alles in Frage, was Evan Ryder über sich selbst und ihre Familie zu wissen meint. (deutsche Verlagsinfo)

Der Autor

Eric Van Lustbader, geboren 1946, ist der Autor zahlreicher Fernost-Thriller und Fantasyromane. Er lebt auf Long Island bei New York City und ist mit der SF- und Fantasylektorin Victoria Schochet verheiratet. Sein erster Roman „Sunset Warrior“ (1977) lässt sich als Science Fiction bezeichnen, doch gleich danach begann Lustbader, zur Fantasy umzuschwenken.

1980 begann Lustbader mit großem Erfolg seine Martial-Arts & Spionage-Thriller in Fernost anzusiedeln, zunächst mit Nicholas Linnear als Hauptfigur, später mit Detective Lieutenant Lew Croaker: The Ninja; The Miko; White Ninja; The Kaisho usw. Zur China-Maroc-Sequenz gehören: Jian und Shan; selbständige Werke sind: Black Heart; French Kiss; Angel Eyes und Black Blade. Manche dieser Geschichten umfassen auch das Auftreten von Zauberkraft, was ihnen einen angemessenen Schuss Mystik beimengt.

Die Kundala-Trilogie ist Fantasy: „Der Ring der Drachen“, „Das Tor der Tränen“ und „Der dunkle Orden“. Da diese Fantasy ebenfalls in einem orientalisch anmutenden Fantasyreich angesiedelt ist, kehrt der Autor zu seinen Wurzeln zurück, allerdings viel weiser und trickreicher. Kürzlich hat er noch einmal eine Wendung vollziehen und schreibt nun die Thriller seines verstorbenen Kollegen Robert Ludlum fort, so etwa „Die Bourne-Verschwörung“. 2007 erschien der Mystery-Thriller „Testamentum“ in der Art von Dan Browns „The Da Vinci Code“. Danach veröffentlichte Lustbader Fortsetzungen von Robert Ludlums BOURNE-Serie.

Evan Ryder Serie

1) The Nemesis Manifesto
2) The Kobalt Dossier
3) The Omega Rules
4) The Quantum Solution

Handlung

Evan Ryder, Mitarbeiterin einer BlackOps-Abteilung des US-Verteidigungsministeriums, soll nach zwei Monaten Urlaub nach Washington, D.C., zurückkehren, um sich mit ihrem Chef Benjamin Bishop zu treffen. Zusammen haben sie nicht allzu langer Zeit einen russischen Verräter in den eigenen Reihen entlarvt und umgedreht: den Verteidigungsminister Brady Thompson selbst. Nun sind die Tage des Herumstreunens in Sumatra und auf Bali vorüber, wie ihr scheint. Dass sie ihre Schwester Bobbi vor gut drei Jahren verloren hat, geht ihr immer noch nahe. Schlimmer noch: Bobbi soll laut einem russischen Dossier eine Agentin der Russen – genauer: des SVR – gewesen sein. Absolut unfassbar!

Washington, D.C.

Benjamin Button hat vor dreieinhalb Jahren seine Frau Lila verloren. Anscheinend wurde sie von einem Geländewagen überfahren. Interessanterweise wurde wenige Wochen später Evan Ryders Schwester Bobbi Fisher ebenfalls Opfer eines unnatürlichen Todes. Das machte ihren Mann Peter zum Witwer und ihre Kinder Wendy und Michael zu Halbwaisen. Nun lebt Ben allein mit seiner Tochter Zoe und versucht, jeden Tag mit ihr auszukosten. Sie ist erst acht, geht aber rasch auf 16 zu, und wehe, Daddy ist nicht auf Zack! Heute hat er beispielsweise Oreo-Kekse vergessen, deshalb eilen sie nun rasch zum nächsten Kaufhaus.

Abgesägt

Doch in der Keksabteilung erspäht Ben zwei sehr offiziell aussehende Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. Er entschuldigt sich bei Zoe, die sich in die Obhut dieser Männer begeben muss, denn der Minister selbst begrüßt Ben: der stiernackige Ryan Aristides. Ab sofort sei seine, Bens, Abteilung aufgelöst. Doch jedes Ende sei auch ein Anfang, tröstet Aristides. Ein schwacher Trost, findet Ben. Wenigstens bekommt er einen goldenen Handschlag. Der Grund für dieses abrupte Ende: Der Präsident (POTUS) hat sich offenbar in die neue Flaggenträgerin der ultrakonservativen Bewegung (Nemesis) verliebt. Irgendwie sonderbar, findet Ben und wartet auf Evans Rückkehr.

Entführt

Die Nachricht von Ben, dass jemand Wendy und Michael, Evans geliebte Nichte und Neffen, entführt habe und dass deren Vater Peter Fisher, ihr Schwager, spurlos verschwunden sei, veranlasst Evan dazu, den nächsten Flieger nach Washington, D.C. zu besteigen.

Schon im Flieger aus Singapur nach Washington, D.C. hat Evan so ein unangenehmes kribbeln verspürt, als ob jemand sie beobachte. Das Gefühl setzt sich am Gepäckband fort, doch gleich darauf erspäht sie Ben, der draußen auf sie wartet, um sie in die Stadt zu fahren. Da sie ihren eigenen Wagen auf einem Billigparkplatz in der Nähe geparkt hat, lässt sie sich dorthin kutschieren. Sie öffnet ihren Wagen, während Ben in der Nähe wartet. Doch dann richtet sich unvermittelt eine Pistole mit Schalldämpfer auf ihren Kopf. Sie hat keine Möglichkeit der Gegenwehr, und von Ben ist nichts zu sehen.

Der Mann, der sie garantiert bis hierher verfolgt hat, übernimmt das Kommando. Er prophezeit ihr einen schmerzhaften und vor allem langen Tod. Evan fährt mit ihrem viertürigen Dodge Charger los, nachdem der Typ hinten eingestiegen ist. Sie lauert auf ihre Gelegenheit. Der Typ, der von „ihnen“ geschickt worden ist, hat Bens Wagen, der ihnen folgt, zum Glück nicht bemerkt. Er drängt zu höherer Geschwindigkeit, was Evan nur recht ist.

Vor einer Ampel bringt sie den Wagen ins Schleudern, so dass die Seite des Entführers gegen den Ampelmasten kracht. Die Glassplitter des Seitenfensters töten den Mann auf der Stelle, doch erst nach einem letzten Schuss, der Evans Kopf streift. Allerdings ist auch Evan derart traumatisiert, dass sie das Bewusstsein verliert. Glücklicherweise passierte der „Unfall“ direkt vor Ben Bishops Augen. Er hält und springt aus seinem Wagen. Evans Wagen brennt bereits, als er lossprintet. Mit einem Messer muss er ihren Sicherheitsgurt durchschneiden, bevor er sie aus dem Sitz zerren kann. Jeden Augenblick kann sich das Benzin im Tank entzünden und explodieren…

Unterdessen in Moskau

Bobbi Fisher trägt seit vier Jahren den Decknamen „Kobalt“. Sie ist in der Hierarchie des SVR-Geheimdienstes aufgestiegen und hat sich das Vertrauen ihres Führungsoffiziers erworben. Dieser schickt sie nun auf eine heikle Mission, die sie zunächst nach Istanbul führen soll. Noch auf dem Rollfeld erzwingt sich ein „Kollege“ Zutritt zu ihrem Privatflugzeug und besteht darauf, sie zu begleiten. Anton Zherov bekommt als erstes einen Faustschlag ins Gesicht, als er sich Freiheiten herausnimmt.

Istanbul

Istanbul hat sich seit ihrem letzten Besuch beträchtlich verändert. Hier trifft sich Kobalt mit Ermi, einem Kontaktmann, der ihr eine Kontaktadresse in einem Basar in der Altstadt zusteckt. Der Laden im Basar gehört dem Messerschmied Ali Khan. Der Mann, den Bobbi im Laden vorfindet, kennt zwar die Parole, verhält sich aber nicht wie ihr alter Bekannter. Und er scheint unter Drogen zu stehen. Sie setzt ihn außer Gefecht und übergibt ihn Anton, bevor sie Ali Khan im Hinterzimmer sucht. Sie findet seine Leiche vor, doch die ist dermaßen bestialisch zugerichtet, dass es ihr den Atem verschlägt. Unterdessen macht Anton eine Entdeckung: Der Hochstapler trägt das Tattoo eines russischen Gefängnishäftling. Es besagt, dass er bereits einmal getötet hat.

Bosporus

Sie suchen den Kaufmann Ermi in seinem Landhaus auf einer Insel im Bosporus, doch leider ist er abwesend. Bobbi ahnt das Schlimmste, doch bevor sie die Leiche sucht, durchsucht sie Ermis Unterlagen. In einem Geheimfach findet sie den Beweis, dass ihr eigener Vorgesetzter Gelder außer Landes geschafft und die eigenen Leute ans Messer geliefert hat. Nun hat sie ihn in der Hand, denkt sie.

Sie finden Ermis Leiche auf seiner Yacht, die unweit des Hauses vertäut ist. Doch wie können sie sich unbemerkt absetzen, ohne weiteren Killern in die Arme zu laufen, fragt sich Bobbi. Sie lädt Anton zu einer Schwimmpartie ein, und er nimmt an, da er eh keine Wahl hat.

Mein Eindruck

Niemand ist, was er oder sie scheint. Selbst die Titelheldin muss entdecken, dass sie nur das Adoptivkind von russischen Eltern ist. Sie wurde betreut von ihren Zwischeneltern, die sie nirgendwo anders als im trauten Bergisch Gladbach findet. Der Arzt Konstantin und seine Frau heilen in ihrer Privatklinik Menschen mit genetischen Defiziten. Doch sie hatten mal eine Assistentin, die mehr als nur Heilung wollte, sie wollte Umwandlung. Ihre genetischen Experimente gingen Konstantin zu weit, doch bevor er sie fortschicken konnte, war sie bereits untergetaucht. Sie sei wieder in den Karpaten aufgetaucht, berichtet, um in einem alten Schloss ihre Experimente fortzusetzen.

Evan ahnt, dass diese Ana möglicherweise eine weitere Halbschwester wie die verschwundene Bobbi sein könnte. Und dass sie die von Evan sehr vermissten Kinder Michael und Wendy Fisher entführt haben könnte, um irgendwelche schrecklichen Experimente an ihnen auszuführen. Nimmt das Grauen denn gar kein Ende, fragt sie sich. Ben ist ihr nur eine geringe Hilfe, denn sie ahnt noch nicht, dass er sie liebt. Zum Überlegen bleibt auch wenig Zeit, denn immer wieder sind Killer einer amerikanischen Geheimorganisation namens Omega hinter ihr her, wenn nicht sogar der FSB oder SVR.

Auch Bobbi, die als „Kobalt“ geführt wird, ahnt nicht, dass sie die gleiche Informantin wie Evan hat und ihr vertraut: Ludmila Shokova. Während Evan ihr wichtige Informationen verdankt, muss Bobbis Vertrauen erst noch gewonnen werden, und das erweist sich als gar nicht so einfach. Erst als Ludmila ihr die Gräber ihrer, Bobbis, wahrer Eltern in Rumänien gezeigt hat, ist Bobbi einigermaßen von Ludmilas Vertrauenswürdigkeit überzeugt.

Bobbi weiß jetzt, sie ist nur ein weiteres Kuckuckskind, das irgendwelche Regierungsstellen in die USA eingeschleust haben, um bei Evan Ryders Familie aufzuwachsen – um dann Jahre später als „echte“ Amerikanerin zurückgeholt zu werden. Aber Bobbi hat etwas vom Geheimnis geahnt und ist freiwillig via Kopenhagen nach Russland zurückgekommen. Und wer weiß, wie viele Kuckuckskinder es noch gibt.

Zunächst einmal muss sie zurück nach Moskau, um dort gewisse Leute zur Rede zu stellen. Das bekommt ihrem Begleiter Anton Zherov allerdings gar nicht: Die Chauffeurin Kata erweist sich als Attentäterin. Anton bricht vor Bobbis Augen an akuter Bleivergiftung zusammen. Doch Kata erweist sich als einen Tick zu unterlegen, und als Ergebnis tritt fortan Bobbi als Kata Hermakova auf. Ja, Verwirrung ist nicht nur die Wirkung dieses Bäumchen-wechsel-dich-Spiels, sondern auch Sinn und Zweck einer Tätigkeit als Geheimagentin.

Textschwächen

S. 17: „Upon arrival at Dulled”: Dieser Airport ist aber nach dem US-Außenminister Dulles benannt.

S. 71: “spider, which has been crouched at the corner of its web…”: Statt “crouched” muss es “crouching” heißen, um dem Satz einen Sinn zu verleihen.

S. 135: “that Dima le[a]nt Kobalt one of our planes…”: Das A ist überflüssig.

S. 157: “tourists as far as away as Tallinn”: zwei “as” reichen völlig.

S. 187: “She took a deep cleansing breath [and] let it out.” Das Wort “and” fehlt.

S. 203: “an ISP address“: gemeint ist eine IP-Adresse. Lustbader hat nach 20 Jahren immer noch nicht gelernt, zwischen ISP und IP zu unterscheiden.

S. 225: Sachfehler. „Mikhail Lermontov was a poet and novelist of the mid-seventeenth century, Russia’s leading Romanticist.” Wer die Romantik kennt, weiß jedoch, dass sie Anfang des NEUNZEHNTEN Jahrhunderts stattfand, nicht im SIEBZEHNTEN.

S. 273: „I take Mikey’s hand in mind”: Es muss nicht “mind“, sondern “mine“ heißen.

S. 300: „Whatever is was…“: Korrekt sollte es „whatever it was…“ heißen.

S. 303: „Dima, who had studiously avoiding looking down…”: Statt “avoiding” sollte es korrekt “avoided” heißen.

Unterm Strich

Ich habe diesen zweiten Evan-Ryder-thriller in nur wenigen Tagen gelesen und mir gleich de nächsten (siehe oben) besorgt; der vierte ist kürzlich erschienen und dürfte diese Serie abschließen. Lustbader hat es nicht mehrnötig, sich mit Trilogien abzugeben, sondern darf gleich vier Romane pro Zyklus schreiben. Der vorliegende Band führt die Titelfigur in die Vergangenheit ihrer Familie und benötigt dafür etliche Seiten, die eine verminderte Spannung aufweisen. Das ist kein Durchhänger, erfordert vom Leser aber Geduld.

Das Peter-Pan-Thema wird durch Michael und Wendy eingeführt. Sie werden ins Nimmerland entführt, doch Peter Pan ist diesmal kein Junge, sondern eine Frau namens Ana. Sie erlebt keine Abenteuer mit dem Geschwisterpaar, sondern will an ihnen genetische Experimente vornehmen. Erfolgt die Veränderung der Fortpflanzungsorgane mit dem Ziel der Geschlechtsumwandlung? Das darf hier nicht verraten werden. Aber Ana betrachtet sich als göttliche Anführerin eines religiösen Kult namens Omega, der ihr – wie so vielen anderen – zur Weltherrschaft verhelfen soll.

Der Showdown in den Karpaten, in denen sich Anas Festung wie Graf Draculas Burg erhebt, ist packend inszeniert, besonders nachdem es Hel, Anas „überarbeitete“ Kriegerversion, gelungen ist, Evan zu betäuben. Evan bekommt einen Vorgeschmack dessen, was ihrer Nichte und ihrem Neffen droht… Der Epilog weist auf das voraus, was als nächstes ansteht: der Kampf gegen Omega in den USA.

Gebunden: 340 Seiten.
O-Titel: The Kobalt Dossier, 2021
ISBN-13: 9781250751218
Dt. Ausgabe: Die Kobalt-Akte, Juni 2023
Taschenbuch ‏ : ‎ 543 Seiten
ISBN-10 ‏ : ‎ 3548066747
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3548066745

Tor Forge

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