Holly Seddon – Close your Eyes

Inhalt

Die Zwillinge Robin und Sarah standen sich eigentlich nie sehr nah. Sie waren sich nicht einmal besonders ähnlich. Trotzdem liebten sie einander innig. Doch eine grausame Schicksalswendung zwang die Geschwister dazu, getrennte Wege zu gehen. Jetzt, mit Anfang 30, leidet Robin an Panikattacken und kann nicht einmal das Haus verlassen. Sarah hingegen führt das Leben ihrer Träume. Doch das alles droht zu zerbrechen, als sich Sarah dem denkbar schlimmsten aller Vorwürfe stellen muss. Um ihr Leben wiederzubekommen, muss sie tief in ihrer Vergangenheit graben. Und dafür braucht sie Robin dringender denn je. (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Der eindringliche Schreibstil entfacht von der ersten Seite an eine regelrechte Sogwirkung. Das Innenleben der Zwillingsschwestern wird messerscharf inspiziert und analysiert.

Die Autorin beweist dabei sehr viel Raffinesse: Die Schwestern sind wie Tag und Nacht, sie nehmen ihre Eltern beziehungsweise die gleichen Erfahrungen unterschiedlich wahr und reagieren dementsprechend. Robin ist rebellisch, Sarah hingegen stets bemüht brav sein. In vier sich abwechselnden Blickwinkeln, Robins, Sarahs – jeweils in der Vergangenheit sowie in der Gegenwart, erfahren die Leser was warum wozu führt.

Die Kindheit und die Jugendzeit der Zwillinge in den 1990er Jahren ist schmerzhaft bizarr: ihre Eltern machen eine extreme Entwicklung durch, die einen verheerenden Dominoeffekt auslöst.

Die Kapitel in der Vergangenheit sind deutlich länger als die in der Gegenwart, weshalb „Close your eyes“ für mich eher ein Familiendrama ist, als ein psychologischer Thriller. Die Tragik, die der Familie widerfährt, könnte auch von Shakespeare stammen: fatale Leidenschaft, dunkle Geheimnisse und unverzeihliche Schuld. Das Unvermögen der Eltern Verantwortung zu übernehmen, geschweige denn ehrlich oder gar mutig zu sein, schafft eine Vielzahl verflochtener Probleme, Probleme ohne Lösung – vor allem für ihre Kinder…

Durch die vier Perspektiven ist die Spannung durchweg hoch, denn mit jedem Kapitel wird dem Gesamtbild ein weiteres Puzzlestück hinzugefügt, gleichzeitig werden neue Fragen aufgeworfen. Die Handlung entfaltet sich langsam, die Autorin zeichnet ein detailliertes Psychogramm der Charaktere und kostet die Folgen ihrer Begegnungen in aller Ruhe aus. Es gibt viele erschütternde Ereignisse sowie bittere Erkenntnisse, Sarkasmus und Ironie verleihen jedoch hier und da etwas „Leichtigkeit“.

Die Autorin

Holly Seddon wuchs im Südwesten Englands auf und lebt mittlerweile mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Amsterdam. Sie arbeitete fünfzehn Jahre lang in verschiedenen Nachrichtenredaktionen. Als freie Journalistin schreibt sie für Magazine, Tageszeitungen und Onlinemedien. (Verlagsinfo)

Fazit:

Holly Seddon ist mit „Close your Eyes“ ein tiefschürfender Roman mit grandioser Dramaturgie gelungen. Die Spannungselemente sind immer da, aber erst zum Ende hin gibt es thrillerwürdigen Nervenkitzel. Die Auflösung ist für meinen Geschmack allerdings etwas seicht geraten. Wer auf ein atemberaubendes Finale hofft, könnte enttäuscht werden – hier ist der Weg das Ziel. Alle Schwierigkeiten liegen schnell offen vor und rollen dann wie ein Schneeball, der stets an Größe gewinnt, langsam bergab. Der Schluss ist rund und realistisch, passend zum Familiendrama.

Klappenbroschur: 480 Seiten
Originaltitel: Don’t Close Your Eyes
Aus dem Englischen von Jens Plassmann
ISBN-13: 978-3-453-43910-8

www.randomhose.de

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