J. R. R. Tolkien – Beren und Lúthien. Hrsg. von Christopher Tolkien

Liebes- und Heldenepos aus der Altvorderenzeit

Die schönste und ergreifendste Geschichte Tolkiens, in der er der Liebe zu seiner Ehefrau Edith ein Denkmal setzte, erscheint weltweit erstmals vollständig aus Anlass seine 125. Geburtstags.

Ein dramatisches Schicksal überschattet die Liebe von Beren und Lúthien. Sie gehört den unsterblichen Elben an, während er ein Sterblicher ist. In seiner tiefen Abneigung gegen alle Menschen zwingt ihr Vater, ein großer Elbenfürst, Beren eine unlösbare Aufgabe auf: Bevor dieser Lúthien heiraten darf, muss er von Melkors Krone einen Silmaril rauben.
Unerschrocken macht sich Beren auf den Weg, den Silmaril für seine Liebe zu gewinnen. Da setzt Melkor, auch Morgoth genannt, die fürchterlichsten Kreaturen – skrupellose Orks und schlaue Wölfe – gegen Beren ein. Aber die Liebe zwischen Lúthien und Beren reicht buchstäblich über den Tod hinaus. (bearbeitete Verlagsinfo)

Auf Hobbitpresse.de gibt es einen Link zu einer Leseprobe.

Der Autor

John Ronald Reuel Tolkien wurde am 3. Januar 1892 in Bloemfontein (Südafrika) geboren und wuchs in England auf. Von 1925 an war er Professor für englische Philologie in Oxford und erwarb sich schon bald großes Ansehen als einer der angesehensten Philologen weit über die Grenzen Englands hinaus. Seine besondere Vorliebe galt den alten nordischen Sprachen. Seine weltbekannten Bücher »Der Hobbit«, »Der Herr der Ringe«, »Das Silmarillion« haben die Fantasyliteratur entscheidend geprägt und wurden in über 40 Sprachen übersetzt. Millionen von Lesern werden seither von den Ereignissen in Mittelerde in Atem gehalten. J. R. R. Tolkien starb 1973 in Bournemouth. (Amazon.de)

Der Herausgeber

Christopher Tolkien, geboren am 21. November 1924, hat sich nach dem Tod seines Vaters ganz der Herausgabe der bis dahin unveröffentlichten Werke gewidmet. Er lebt mit seiner Frau Baillie in Frankreich.

Der Illustrator

Alan Lee, geboren am 20. August 1947 in Middlesex (England), ist mit seinen Illustrationen von Mittelerde den Tolkien-Fans rund um den Erdball bekannt. Für seine Entwürfe zur Verfilmung von „Der Herr der Ringe“ erhielt er 2004 einen Oscar.

Handlung der „Verschollenen Geschichte von Tinúviel“

Beren, der Sohn von König Egnor aus Hisilome (Hithlum), ist ein Elb (!) auf Abenteuerfahrt. Er umschleicht die nördlich gelegenen Domänen des Bösen, die der Vala Melko unterworfen hat und wo sich seine Festung Angamandi befindet. Melko hat drei Silmarilli geraubt, die den Noldoli, die derentwegen das Segensreich Valinor verließen, heilig sind.

Doch Beren steht nicht der Sinn nach Edelsteinen, sondern stößt im Wald von Neldoreth im verbotenen Reich Artanor (Doriath) auf eine bezaubernde Tänzerin: Er wird später erfahren, dass es sich um Lúthien handelt, die Tochter des Elbenkönigs Tintuwel (Thingol) und der Maia Gwendeling (Melian). Folglich ist Lúthien eine zaubermächtige Elbin – und als er um ihre Hand bittet, muss er erkennen, dass sie für einen dahergelaufenen Jäger eine höchst verbotene Frucht ist.

In der Annahme, dass er Beren eine unmöglich zu erfüllende Aufgabe stellt, fordert der König von Lúthiens Freier einen der Silmaril in Melkos Eisenkrone, dann soll die Elbin ihm gehören. Verbittert muss Beren von dannen gehen, doch rasch nähert er sich Angamandi, Melkos Reich. Die Orks schnappen ihn und zerren ihn vor ihren Herrn. Beren kann ausgezeichnet schmeicheln und überredet den Fürsten der Finsternis so, dass er ihn als Jäger einstellt, statt ihn auf der Stelle zu Wargfutter zu verarbeiten. Doch es gibt einen Haken: Sein künftiger Boss wird nicht Melko sein, sondern Tevildo, der fiese, verschlagene Fürst der Katzen. Der verbannt Beren in die Küche.

Durch ihre Mutter erfährt Lúthien von Berens betrüblichem Schicksal, doch alle ihre Gesuche führen nur dazu, dass der König sie in ein Baumhaus verbannt und die Leitern entfernen lässt. Doch Liebe findet immer einen Weg: Als erstes lässt sie ihr Haar so lange wachsen, dass es die ganze Hütte ausfüllt. Sie schneidet die Haarpracht und spinnt daraus ein zauberisches Garn für einen schattenhaften Umhang, in den sie Magie des Schlafes und der Täuschung webt. Nun muss sie nur noch von diesem verdammten Baum runterkommen…

Mein Eindruck

Dieser alte Prosatext von ca. 1916/18 ist im ganzen Buch immer noch am lesbarsten, actionreichsten und somit am unterhaltsamsten. All die Anmerkungen in Fußnoten, die in der Erstausgabe der „Verschollenen Geschichten“ bei diesem Text standen, hat Christopher Tolkien nun aufgedröselt und in eine leicht verständliche Einleitung gepackt, die selbst Einsteiger verstehen können.

Auf dieser Einleitung und diesem ersten Text basiert der Rest des Buches. Dieser Kern, den man nicht vergessen darf bzw. kann, wird von nun an immer weiter ausgebaut, bis die Geschichte endlich bei Elrond und dem Dritten Zeitalter von Mittelerde angelangt.

Auszüge aus „Quenta Noldorinwa“ und „Quenta Silmarillion“

In verschiedenen Auszügen aus dem „Silmarillion“, die entweder gereimt oder als Prosaskizze abgefasst wurden (ca. 1928-1930), erzählt das Buch die Vorgeschichte des „Lieds von Tinúviel“. Dadurch werden die Liebesgeschichte und die Heldentaten des nunmehr ungleichen Liebespaares nicht nur beträchtlich verändert, sondern auch in den größeren Zusammenhang des schier endlosen Kampfes der Noldor gegen Melkor und um die Silmaril eingefügt.

Beren, so ist nun zu erfahren, ist der Sohn Barahirs, dem Sohn Beorns, des Anführers der Ersten Menschen. (!) Sie kamen aus dem Ost nach Beleriand und es war der Noldor-Elb Finrod Felagund, der sie in den Westen führte, damit sie in Hithlum siedeln konnten. Zusammen belagerten die Noldor, Dunkelelben und Menschen Angband, bis es Melkor gelang, in der Schlacht des Jähen Feuers (Dagor Bragollach) auszubrechen, die Verbündeten zu töten und zu vertreiben. Beor wurde getötet, doch Barahir und sein Sohn Beren halfen Finrod Felagund zu entkommen. Der Elbenfürst bedankte sich mit seinem Ring, der weitervererbt wurde, bis er zu Aragorn gelangte. Und er schwor Barahir und dessen Kindern Beistand.

Finrod brach auf, um sein eigenes Königreich Nargothrond zu erbauen. Durch den Verrat eines gewissen Gorlim (siehe dazu S. 269ff) entdeckten Melkors Orks das Versteck von Barahirs Outlaw-Bande. Barahir wurde erschlagen, doch Beren war durch Zufall auf der Jagd, entkam den Häschern und stellte Barahirs Elbenring sicher. Auf seiner Flucht gelangte er über das Schattengebirge nach Doriath, wo er Lúthien begegnete.

Der Rest ähnelt dem „Lied von Tinúviel“, aber mit einem entscheidenden Unterschied: Dadurch, dass die Elbin Lúthien einen Sterblichen liebt und für ihn kämpft, ändert sich ihr Schicksal – nach dem Tod Berens und ihrer eigenen Wanderung ins Jenseits, stellt der Totenwächter Mandos sie vor die Wahl: Will sie bei Beren verweilen, muss sie die Bürde des Todes der Sterblichen auf sich nehmen.

Das neue Element, das Tolkien zehn Jahre nach der Urfassung von 1918 einführte, ist ein alter Bekannter: Sauron. Von Tevildo ist keine Rede mehr, denn nun bekommen es erst Barahir & Co., später Beren und Lúthien mit dem Jäger Thû zu tun, der als „Herr der (Wer-) Wölfe“ auf einer Insel im Strom Sirion vorgestellt wird. Da Thû ein Maia (wie Gandalf quasi ein Erzengel) ist, gebietet er über die Macht, die elbische Magie Finrod Felagunds zu brechen. In der Stunde höchster Not erscheinen Huan und Lúthien, um Thûs Macht zu brechen und die Festung zu zerstören. Im Verlauf dieses Machtwettstreits stirbt Finrod, doch Beren wird als letzter Überlebender in Sicherheit gebracht. Saurons Herrschaft ist zu Ende.

Handlung des Vers-Epos „The Lay of Leithian“

Lúthien irrt an den Rändern des „umzäunten Landes“ Doriath auf der Suche nach Beren umher, einsam und ihres geliebten Bruders beraubt. Da stößt sie auf eine edle Jagdgesellschaft, die den ganzen langen Weg aus Nargothrond gekommen ist, um die Wölfe Melkors zur Strecke zu bringen. Deshalb haben sich die Noldorfürsten Celegorm und Curufin mit den besten und stärksten Jagdhunden umgeben, die sie züchten konnten. Unter diesen Hunden ist Huan der größte, stärkste und, wie sich bald erweisen soll, klügste, denn er kommt schnurstracks aus Valinor.

Vorgeblich jagen die Noldorfürsten die Wölfe des Herrschers Thû von der Zauberinsel, aber stattdessen nehmen sie Lúthien mit in ihr Reich, nicht ohne gewisse lüsterne Hintergedanken. In ihrer Kemenate unter der Erde (denn seit der Schlacht des plötzlichen Feuers liegen alle Königreiche UNTER der Erde) kommt sich die schöne Elbin wie eingekerkert vor, und sie hat nur Huan als Gesellschaft – oder als Wächter? Huan erfährt von den schändlichen Absichten der Söhne Féanors hinsichtlich Lúthiens und beschließt nicht nur, erstmals zu sprechen, sondern sie auch von hier fortzubringen.

Auf ihrer Flucht nach Doriath passieren zwei folgenreiche Dinge: Sie begegnet Beren, der froh ist, sie wiederzusehen. Und die inzwischen verbannten Noldorfürsten Celegorm und Curufin holen sie ein, um sie diesmal zu ihren anderen Brüdern im Osten zu verschleppen. Doch Huan und Beren vereiteln diesen Plan. Nur auf Lúthiens Gnadengesuch hin dürfen die beiden Noldor von dannen ziehen. Beren aber hat nun Curufins legendäres Zwergenmesser, das selbst Stahl schneiden kann. Er wird es bald brauchen.

Beren ist entschlossen, Thingols Bitte zu erfüllen und einen der Silmaril zu rauben. Weil er dabei Lúthien in Gefahr brächte, will er sie loswerden. Doch Huan vereitelt auch diesen Plan und bringt Beren nicht nur seine Elbenbraut, sondern von der zerstörten Insel der Werwölfe eine Wolfshaut und das Fell einer Riesenfledermaus. In dieser Verkleidung begeben sich Beren und Lúthien vor die Tore Angbands, wo der Riesenwolf Carcharoth wacht. Lúthien betört nicht nur ihn, sondern auch Melkors selbst, der durch ihren magischen Gesang in tiefen Schlaf fällt.

Die Gunst des Augenblicks nutzend kriecht Beren hervor, der von Lúthien geweckt worden ist, schneidet mit der Zwergenklinge einen der Silmaril aus Melkors eiserner Krone. Beim zweiten Stein zerbricht die Klinge mit lauten Klirren, was alle im Thronsaal aus ihrem Schlummer zu reißen droht. Die beiden Räuber nehmen Reißaus, doch sie kommen nur bis zu Carcharoth, der ebenfalls erwacht ist: In dessen Rachen verliert Beren die Hand, die den Edelstein hält, und diesen selbst… (Hier bricht das Epos ab.)

Fortsetzungen

Weitere Auszüge aus verschiedenen Texten, die alle einmal zur Veröffentlichung vorgesehen waren, schildern das weitere Schicksal Berens, Lúthiens, des Silmarils und ihrer Kinder bis hin zu Earendil und Elrond. Es geht dabei um die Folgen des Eids, den die sieben Söhne Féanors auf die Silmaril geleistet hatten: Dass kein anderer diese Steine besitzen oder verwahren solle.

Um Berens Silmaril zu erlangen, verübten die Noldor daher zwei weitere Sippenmorde, erst in Doriath, dann unter den Flüchtlingen an den Mündungen des Sirion. Nur Earendil gelang es (in einer der Fassungen), den Silmaril zu bewahren und in die Kreise jenseits Ardas zu bringen – nachdem er von den Göttern Erlösung vom Fluch erlangt hat.

Dass es nie zu einer endgültigen Fassung der Ältesten Geschichten kam, verdankte Tolkien zahlreichen Missgeschicken, dem Unverständnis seines Verlags und endlosen Ablenkungen. Zu denen zählte auch ein Roman mit dem Titel „Der Herr der Ringe“, der zunächst als Fortsetzung des „Hobbits“ von 1937 gedacht war, sich aber im Verlauf von zwölf Jahren zu einem riesigen Epos von über 1200 Seiten Umfang (inklusive der Anhänge) auswuchs.

Mein Eindruck

Texte unterschiedlichster Qualität werden hier miteinander zu mehreren halbwegs stringenten Erzählsträngen verknüpft, so dass der Leser erstmals seit dem „Silmarillion“ von 1977 die vollständige Fülle der zentralen Geschichte um Beren und Lúthien erfassen kann. (Denn auch in der „History of Middle-Earth“ stehen die Texte nur unvermittelt nebeneinander.)

Das Nauglamir und der Fluch

In dieser Form erst wird klar, wie eng die Handlungen des Liebespaars mit den Silmaril und dem Schicksal der Königreiche der Elben verbunden ist. Kaum ist der Silmaril in Nargothrond, taucht der Drache Glaurung auf, der zu Túrin Túrambars Verderben wird (siehe „Die Kinder Húrins“). In der „Verschollenen Geschichte“ „Das Nauglafring“ bzw. „Das Nauglamir“ wird der fluchbeladene Weg des letzten Silmarils vom zerstörten Nargothrond zum Elbenkönigreich Doriath beschrieben, das ebenfalls von Noldor und Zwergen zerstört wird.

Deshalb ist der Leser einigermaßen erstaunt zu lesen, dass Beren und Lúthien keineswegs das Zeitliche gesegnet haben, sondern im schönen grünen Land Ossiriand herrschen. Beide sind nun sterblich. Als die Zwerge nach ihrer Plünderung Doriaths das Nauglamir Ossiriand durchqueren wollen, um in die Blauen Berge zu gelangen, überfallen Berens Bogenschätze den Trupp an einer Furt. Im Kampf besiegt Beren den Zwergenkönig und nimmt ihm das Geschmeide ab, in das der Silmaril eingearbeitet ist.

Brüche

Der Eid der Söhne Féanors erwacht erneut und führt zum dritten Sippenmord. So ist aus der einfachen Liebesgeschichte ein verzweigtes Geflecht von Geschichten geworden, das nun endlich in kompakter Form vorliegt. Der Herausgeber kittet die Brüche weder, noch verbirgt er diese Brüche. Literaturwissenschaftler können daher leicht nachvollziehen, aus welcher Quelle welcher Text stammt. Sie sind wohl die Einzigen, die diese Transparenz zu schätzen wissen.

Begleittexte

Der Grund, warum der Leser ohne Vorkenntnisse auch dieses Buch aus den Händen Christopher Tolkien (mittlerweile 92 Jahre alt) ohne Sorge in die Hand nehmen kann, sind die zahlreichen einleitenden Texte. Sie machen den Einsteiger mit Tolkiens Schöpfung bekannt (wenn auch nicht vertraut), indem hier Auszüge aus dem „Silmarillion“ (1977) und viele weitere hilfreiche Einleitungen den Weg zum Verständnis der zentralen, titelgebenden Geschichte ebnen. Sie sind unter dem Titel „Anmerkungen zu den Ältesten Tagen“ (d.h. aus dem Ersten Zeitalter Mittelerdes) zusammengefasst.

Am Schluss stehen ein Verzeichnis der Namen und ein Glossar, was auch nützlich ist für jene, die glauben, Tolkiens Schöpfung in- und auswendig zu kennen. Doch aufgrund der großen Zahl von Revisionen (selbst die älteste erhaltene Version von „Lúthien“ ist nicht die allererste) haben sich viele Namen geändert, und es kann selbst Tolkienexperten der eine oder andere Irrtum unterlaufen. Die Namen in den uralten Fassungen der „Verschollenen Geschichten“ unterscheiden sich noch erheblich von denen im „Silmarillion“, das rund 60 Jahre später erschien.

Es war als Christopher Tolkiens Aufgabe, aus vielen Schichten und Versionen der Titelgeschichte eine halbwegs endgültige, in sich stimmige Fassung zu erstellen. Da sich die „Verschollenen Geschichten“ (Band 1 + 2 seiner „History of Middle-Earth“, 1983/84) bereits einer früheren Bearbeitung erfreuen, bewegt er sich diesbezüglich auf sicherem Boden.

Was das Leithian-Lied anbelangt, so ist es meines Wissens hier erstmals auf Deutsch abgedruckt.

Die Übersetzungen

Jeder konstante Leser der deutschen Tolkien-Ausgaben dürfte sicherlich „Die Geschichte von Tinúviel“ wiedererkennen, da sie im Band 2 der „Verschollenen Geschichten“ abgedruckt ist. Diese Übersetzung stammt von Hans J. Schütz. Die einleitenden Auszüge aus dem „Silmarillion“ übersetzte Wolfgang Krege, der auch den „Hobbit“ und „Herrn der Ringe“ ins Deutsche übertrug.

Das „Leithian-Lied“ sowie die Ein- und Überleitungen zu den Gedichten übersetzte Hans-Ulrich Möhring, die weiteren Texte und das Verzeichnis der Namen stammen jedoch von Helmut W. Pesch, der für seine Grammatik des Elbischen bekannt ist. Insgesamt sind also nicht weniger als vier Übersetzer an diesem Werk beteiligt gewesen.

Ich habe einige ausgewählte Fehler aufgelistet, auf die ich gestoßen bin.

S. 211: „das Licht der Si[l]maril…“ Das L fehlt.

S. 244: „Dies[e] Furt mussten die Zwerge überqueren…“ Das E fehlt.

S. 257: „Ale Earendel diese Dinge erfuhr…“ Statt „Ale“ sollte es „Als“ heißen.

Die Illustrationen von Alan Lee

Neun Vierfarbtafeln auf Hochglanzpapier und der farbige Umschlag stammen vom OSCAR-prämierten Künstler Alan Lee. Sie sind eine wahre Augenweide, und es wäre toll, wenn man sie als Poster oder wenigstens als Postkarte kaufen könnte. Hinzu kommen in jedem Kapitel die zahlreichen, schwarzweiß ausgeführten Vignette-Zeichnungen, die in ihrer Fragilität und Dreidimensionalität so typisch für Alan Lees Zeichenstil sind. Zusammen werten diese Kunstwerke diesen Band ganz erheblich auf, denn sie wurden exklusiv dafür geschaffen (als wären in Wahrheit sie die modernen Silmaril).

Unterm Strich

Obwohl aufgrund der umfangreichen Ein- und Überleitungen sowie der zwei Anhänge mit Namen und Glossar dieses Buch keine Vorkenntnisse erfordert, erweist sich die eingehendere Lektüre als hürdenreich: Der Leser sollte zumindest mit dem „Silmarillion“ vertraut sein, denn es gibt keine Landkarte. Dieses Manko erweist sich bei der GPS-mäßigen Nachverfolgung der verschlungenen Pfade von Beren und Lúthien sowie des Silmarils – ganz gleich, in welcher Fassung – als Hürde, wenn man den Überblick behalten will.

Ich könnte mir als Abhilfe gut eine online gestellte, interaktive Karte von Beleriand vorstellen, wie sie ja auch schon in anderen fiktionalen Universen erstellt wurde, etwa für den „Herrn der Ringe“ (siehe die Special Editions). Solche interaktiven Karten kennt auch jeder Gamer. Titelvorschlag: „Catch that Silmaril!“

Die ganzseitigen, vierfarbigen Illustrationen von OSCAR-Preisträger Alan Lee sind der große Pluspunkt dieser Edition. Zu bewundern war sein Werk bereits bei den illustrierten Ausgaben des „Herrn der Ringe“ und des „Hobbit“. (Tatsächlich weisen der Plot von „Beren und Lúthien“ und von „Der Hobbit“ mehrere Parallelen auf, wenn man mal kurz darüber nachdenkt: In beiden muss ein Held bzw. Meisterdieb einer Inkarnation des Bösen ein wertvolles Juwel stibitzen.) Viele Kapitel weisen zudem schwarzweiße Bleistiftzeichnungen als Vignetten auf, mal am Kapitelanfang, mal an dessen Ende. So wird aus dem Buch zudem ein Gesamtkunstwerk.

Die Gemälde usw. belegen, dass dieses Heldenepos voller Action ist, aber auch voller Poesie. Hier wird der elegische Untergang von Schönheit und Heldentum der Altvorderenzeit besungen, in der sogar der Tod durch Liebe überwunden werden konnte. Am Schluss steht, wie schon im allerersten Einfall Tolkiens, wieder der Silmaril, der uns noch heute heimleuchtet: der Morgen- bzw. Abendstern. Auf diese Weise erklärt Tolkiens Mythos unsere erlebte Welt. Er vergisst sich aber auch selbst nicht: Da Beren und Lúthien nirgendwo begraben sind, tauchen ihre Namen nicht zu Unrecht auf den Grabsteinen von JRR Tolkien und seiner Frau Edith auf…

Wer indes mit der deutschen Sprache auf Kriegsfuß steht und beim Anblick von Paarreimen vom kalten Grausen gepackt wird, sollte die Finger von solch edlen Poesiejuwelen lassen. Die paar Druckfehler werden die restlichen Leser, die mit Zeilensprüngen auf vertrautem Fuß stehen, nicht besonders stören.

Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Info: Beren and Lúthien, 2017
Aus dem Englischen von Hans-Ulrich Möhring, Helmut W. Pesch, Wolfgang Krege und Hans J. Schütz
www.klett-cotta.de

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