James Blish – Der Tag nach dem Jüngsten Gericht (Devil’s Day 2)

Gekürzter Horror: Nach dem Weltuntergang die Hölle auf Erden

Ein italienischer Schwarzmagier beschwört auf Wunsch eines amerikanischen Waffenfabrikanten 48 Dämonen der Hölle – Armageddon bricht aus. Gott stirbt, Satan herrscht über die Erde, die Festung Dis entsteht im Death Valley. Doch in den nahen Rocky Mountains hat das Strategische Bomberkommando die Bombardements in seinen Bunkern überstanden und sinnt auf Vergeltung. Ob das wohl gutgeht?

Hinweis

Nach dem Tag des Jüngsten Gerichts“ (The Day After Judgment, 1972) ist die zweite Hälfte des Doppelromans „The Devil’s Day“. Die erste Hälfte besteht aus dem Heyne-Roman „Der Hexenmeister“ (Black Easter, 1968).

Der Autor

James Blish (1921-1975), ein SF-Fan der ersten Stunde, veröffentlichte seine erste SF-Story 1940. Als Doktor der Mikrobiologie arbeitete er ab 1942 an Unis, in der US Army und in einem Pharmakonzern. In den fünfziger Jahren trat er mit den ersten Erzählungen seines vierbändigen Zyklus „Cities in Flight“ hervor.

Die vier Romane von „Cities in Flight“ stellen eine Zukunftsgeschichte der Menschheit im All dar, eine imposante Space Opera. Der Autor entwirft Aufstieg und Niedergang des irdischen Sternenreiches, wobei sein Schwerpunkt auf der Geschichte der Nomadenstädte der Okies liegt. Diese fliegenden Okie-Städte durchstreifen auf der Suche nach Handelspartnern oder kolonisierbaren Planeten das Weltall.

Die Erfindung des Spindizzy-Antriebs hat die Überwindung der Schwerkraft und den überlichtschnellen Raumflug mit sich gebracht. Da Masse und Form für den raumflug bedeutungslos geworden sind, brechen ganze Städte samt Granitsockel und umgebendem Spindizzy-Kraftfeld, das vor Strahlung schützt und die Atmosphäre hält, in den Weltraum auf.

Die Tetralogie beginnt im Jahr 2018 mit dem Bau einer Brücke auf dem Jupiter. Das geheimnis der Schwerkraft soll enträtselt werden. Dabei wird der Weg zum späteren Spindizzy-Antrieb geebnet (They Shall Have Stars, 1956). In „A Life for the Stars“ (1962) werden die Erlebnisse des Jugendlichen Crispin de Ford geschildert, der mit der amerikanischen Stadt Scranton ins All fliegt und später auf New York City umsteigt.

Die Okie-Stadt New York City ist Schauplatz des dritten Teils und Kernstücks der Tetralogie, „Earthman, Come Home“ (1955). Die Stadt und ihr junger Bürgermeister John Amalfi müssen sich mit anderen Nomadenstädten herumschlagen und schließlich den Zusammenbruch der Okie-Kultur und Erdzivilisation miterleben. New York City verlässt die Galaxis, um in der Großen Magellanschen Wolke die Neue Erde zu gründen. Dies ist Gegenstand der vorliegenden Erzählung.

In „The Triumph of Time“ (1958) droht das Ende des Universums. New York City fliegt zum Mittelpunkt des Universums, und Amalfi macht aus dem Weltende einen neuen Anfang, indem er sich selbst explodieren lässt und die Schöpfung erneut auslöst. Ende und Anfang und wieder Ende – dies entspricht Oswald Spenglers zyklischer Geschichtsauffassung.

1959 errang er mit dem Roman „A Case of Conscience“ (dt. als “Der Gewissensfall” bei Heyne) den Hugo Award. Ein Priester trifft auf einer fremden Welt auf Eingeborene, denen das Konzept der ursüpnde völlig fremd ist. Ebenso metaphysisch orientiert ist die von Blish als Trilogie angesehene Romansequenz „After Such Knowledge“ (Nach der Zeile von T.S. Eliot: „After such knowledge, what forgiveness?“).

1) “Doctor Mirabilis” (1964) ist ein historischer Roman über Roger Bacon (1214-1292);
2) „Black Easter“ (1968) und
3) „The Day After Judgment“ (1971);
4) Sie endet mit “A Case of Conscience“.

Er betrachtete „Black Easter“ und „The Day After Judgment“ als einen zusammenhängenden Roman und so wurden sie auch 1980 und 1990 veröffentlicht: als „The Devil’s Day“. Ich habe mir dieses Buch besorgt und die obige Reihenfolge im Nachwort des Autors gefunden.

Die fundamentale Frage dieser Trilogie lautet: „Ist der Wunsch nach weltlichem Wissen, geschweige denn dessen Erwerb und Einsatz, ein Missbrauch des Verstandes und womöglich sogar aktiv böse?“

Handlung

Der amerikanische Waffenproduzent Baines wünscht, Theron Ware, einen Schwarzmagier höchsten Ansehen, zu prüfen und reist mit seinem Assi Jack Ginsberg nach Positano, wo sich Wares Palazzo über der ligurischen Steilküste erhebt. Schon bald zeigt sich, dass Ware ein Mann ist, der alle Erwartungen zu übertreffen weiß – für einen angemessenen Preis, versteht sich. Einen Konkurrenten ausschalten? Nichts leichter als das. Am Ostersonntag Armageddon entfesseln und 48 Dämonen der Hölle loslassen? Null problemo! Als Vorsichtsmaßnahme werden diesmal allerdings die Weißen Magier auf dem Monte Albano vorgewarnt, die einen Monsignore zu Ware entsenden.

Armageddon

Leider gerät Armageddon ein ganz klein wenig außer Kontrolle. Die Bomben fallen, die Seuchen wüten, die Dämonen vernichten. Ein Oberdämonen verkündet den Beobachtern, die von ihrem Kreidekreis geschützt werden: „Gott ist tot.“ Schluck. Baphomet alias Put Satanachias kündigt an, er werde sich schon bald sie kümmern. Würg. Jack Ginsberg vertreibt sich wärten des bangen Wartens auf die Rückkehr des Mittelmeers und die Ankunft Satans die Zeit mit einem Sukkubus, einer sehr hübschen, sehr unkeuschen Sexdämonin.

Eine neue Stadt

Tief unter den Rocky Mountains haben die Bunker des Strategischen Bomberkommandos (SAC) die Bombardements überstanden, sogar der Computer läuft noch. General McKnight ist jetzt wahrscheinlich das Oberhaupt der Vereinigten Staaten – oder von dem, was davon noch übrig ist. Er schickt auf Anraten seiner zwei Berater ein Aufklärungsflugzeug los.

Es entdeckt im Death Valley eine riesige Festung mit 15 km Durchmesser. In ihrer Mitte gähnt ein Abgrund, in den sich ein Fluss ergießt: der Styx. „Dies ist die untere Hölle, genau wie in Dantes INFERNO“, meint der tschechische Berater, „und somit entspricht die Obere Hölle der Erdoberfläche.“ Natürlich protestiert der andere Berater, aber der Computer gibt dem Tschechen Recht: Es ist die Festung Dis und die Typen da auf den Zinnen sind Dämonen. McKnight beschließt, sie feurig zu begrüßen…

Reisewege

Baphomet ist nicht erschienen. Der Waffenfabrikant Baines macht sich mit Jack Ginsberg auf den Weg in die Schweiz, denn Radio Zürich sendet noch. So haben sie von der Festung Dis erfahren, nun wollen sie das SAC per Flugzeug erreichen. Es gelingt ihnen sogar. Dem Magier Ware steht dieser Weg nicht offen, denn Baines hat ihn nicht eingeladen. Ware grübelt vielmehr, ob es sein könnte, dass Baphomet gelogen hat und Gott noch lebt. Wenn ja, dann müsste er, Ware, seine Kraft in die Waagschale werfen, um gegen die Festung Dis zu kämpfen. Die Beschwörung eines Dämons klappt und liefert ensprechende Hinweise. Angetan mit Hexensalbe und Besenstiel düst er gegen Amerika los…

Pater Domenico hat sich mit den weißen Magiern auf dem Monte Albano beraten. Der Telepath Uccello hat die Existenz der unteren Hölle im Westen Amerikas bestätigt. Wenn aber Gott nicht tot ist, wie das Ausbleiben Baphomets und Satans nahelegt, dann müsste demnächst der Antichrist auftauchen, falls er nicht schon irgendwo existiert. Der Pater macht sich nach Venedig auf, wohin sich nach dem Untergang Roms die überlebenden Kardinäle begeben haben. Dort wird er Zeuge der Wahl des neuen Papstes: Es ist Juvenember der 69 – oder genauer gesagt, der Dämon Agares. Domenico erschauert: Der Antichrist ist gekommen, die Barbarei beginnt.

Nun bleibt ihm nur eine Wahl: Er muss Satan in der Festung Dis entgegentreten. Doch diese liegt bekanntlich mehrere tausend Kilometer entfernt, und er verfügt über kein Transportmittel, noch will er weiße Magie bemühen. Domenico kann sich nur an die Hoffnung klammern, dass es einigen heiligen einst gelang, allein mit ihrem inbrünstigen Glauben und ihrem Vertrauen in Gott weite Entfernungen zu überwinden: durch Levitation.

Die Schlacht nach Armageddon

Im Death Valley entfesselt unterdessen General McKnight mit Baines’ Hilfe die Entscheidungsschlacht gegen die Stadt Dis – vergeblich, denn die Helfer der Hölle haben ungeahnte Waffen, so etwa das Haupt der Medusa. Als die Schreie verklungen sind, erscheint Baphomet, Satans Stellvertreter, auf den Bildschirmen der Zentrale und lädt Baines ein, zu ihm und zu Baines’ „Vater in der Tiefe“ zu kommen. Es kann sich nur um Satan handeln. Um Gesellschaft zu haben, nimmt Baines Jack Ginsberg mit, der sich gerade mit einem Mädchen vergnügt.

In die Hölle

So kommt es, dass sich auf der Ebene vor den Toren von Dis vier Männer einfinden: Baines, Ginsberg, Pater Domenico und der Magier Ware. Eine dunkle Magie hält sie in der radioaktiven Hölle am Leben, und die Tore der Festung öffnen sich für sie. Sie machen sich auf ihr letztes Stündlein gefasst. Doch Luzifer, der gefallene Engel, der nunmehr über die Erde herrscht, hält eine Überraschung für sie bereit…

Mein Eindruck

Schon in „Ein Gewissensfall“ beschäftigte sich der Autor mit den religiösen Aspekten der Welterkundung und –deutung. In „Black Easter“ ließ er dann einen „Hexenmeister“ (so der deutsche Titel) auftreten, der dann in „Der Tag nach dem Jüngsten Gericht“ (siehe die Trilogiebeschreibung oben) einen erneuten Auftritt hat: Theron Ware. Weltuntergang und Dämonologie – passt dies zusammen?

Der Autor nimmt den von dem Waffenfabrikanten Baines ausgelösten Atomkrieg und Weltuntergang lediglich als Aufhänger für Fragen nach der Schuld des Menschen, dem Tod Gottes und dem, was danach übrigbleibt. In einer seltenen Kombination stellt er den unter seinen amerikanischen Landsleuten so oft zu beobachtenden Weltuntergangsglauben – man braucht nur mal mit einem Zeugen Jehovas über Armageddon zu sprechen – in den modernen Kontext des amerikanischen Atomwaffenarsenals.

Schwarze Satire

Das Ergebnis ist mehr als eine bittere schwarze Satire, denn eine Satire bietet am Schluss keinen Ausweg an, dieses Buch aber schon. In jedem Fall aber liegt einem Satireautor an einer Besserung der mit den Stilmitteln der Satire bloßgestellten Zustände. Der Autor hat ein moralisches Anliegen, und dieses gründet auf seinen Erfahrungen mit dem Vietnamkrieg, welcher im Text mehrfach im Zusammenhang mit General McKnight erwähnt wird. Baines, der „Lord of War“ des Romans, muss mitansehen, wie seine eigenen Waffenentwicklungen gegen ein Ziel eingesetzt werden, das immun dagegen ist. Folglich treffen die Waffen nicht den Feind, sondern die eigenen Truppen – ein klassischer Fall von Selbstvernichtung durch Dummheit.

Kategorien der Existenz

Warum aber ist der Gegner unverwundbar, sollte sich Baines fragen. Er, der ungläubige Denker und homo oeconomicus, glaubt nicht an Hirngespinste wie Dämonen, Engel, Höllenstädte sowie Gorgonen. Warumm sollte er auch? Diese Dinge aus einem alten Glaubenssystem haben in seiner Welt angeblich nichts zu suchen. Zwei Kategorien der Existenz treffen aufeinander. Kein Wunder also, dass Laserstrahlen nichts gegen imaginäre Städte ausrichten.

Der Leser sollte sich nicht über Blishs detailliertes und ständig belegtes Wissen über Dämonen und die Hierarchie der Höllenfürsten wundern. Diese Details dienen nur zur Illustration, dass die Armeen der Finsternis genauso aufgebaut sind wie jedes reguläre Militär der Welt. (Die als Quellen angegebenen Grimorien / grimoires könnten ebenso gut erfunden sein – Blish versichert in „Devil’s Day“, dass diese Manuskripte wirklich existieren.) Doch die moralische Haltung gegenüber Satan, Dämonen und Hexen ist keineswegs ein Ding der Einbildung, wie das Zitat aus dem berüchtigten deutschen Werk „Hexenhammer“ (17. Jahrhundert) belegt.

Amoralisch

Baines, der Rüstungsfabrikant, glaubt weder an Gott noch an den Teufel, sondern nur ans Geld. Da er keine moralische Instanz besitzt, ist es ihm völlig schnuppe, ob er beim Einsatz seiner Waffen die Welt vernichtet. Er trägt den Teufel bereits in sich selbst. Dumm wär’s nur, wenn bei Armageddon kein Dollar mehr herausspringen würde. Hier kritisiert Blish die enorme Rüstungsproduktion seiner Heimat, die kaum unterscheidet, ob die Waffen an Freund oder Feind verscherbelt werden, oder kontrolliert, wo die Waffen letzten Endes landen. Das war schon in Vietnam zu beobachten, wo sich offenbar viele Zwischenhändler eine goldene Nase verdienten, indem sie amerikanische Waffenladungen abzweigten und meistbietend auf dem Schwarzmarkt verhökerten.

Der Horror von Utopia

Am Schluss stehen vier Männer vor den Toren der Unterwelt und werden hinuntergeleitet. Baines, der amoralische Denker und Krämer, Jack Ginsberg, der Liebesuchende, Pater Domenico, der gläubig hoffende Gottesverfechter, und schließlich Theron Ware, der ebenso amoralische Schwarzmagier. Auf ihrem Weg zu Satan gehen sie durch eine Unterwelt, die bevölkert ist mit den schönsten Menschen, die sie je gesehen haben. Es ist das reinste Utopia. Doch leider sehen diese Menschen alle gleich schön, gleich wohlgenährt und gleich modisch gekleidet aus. Ein Grauen und ein namenloser Ekel beschleicht die vier Wanderer, als sie Utopia durchschreiten.

Die lieben Kollegen

An einer Stelle sagt Baines, der in Science-Fiction-Literatur beschlagen ist, dass ihn schon öfters Unglauben beschlich, als er die Schilderungen der SF-Autoren las, die Utopia darstellten. Ironischerweise lieferten ihm (andere?) SF-Autoren auch die Ideen zu seinen einfallsreichsten Waffen. Der Autor lässt also die gewöhnlichen, nur auf Unterhaltung bedachten Kollegen in dieser Hinsicht ganz schlecht aussehen.

Aber es treten auch tatsächlich Kollegen in der Geschichte auf! Es sind welche unter den weißen Magiern, die Pater Domenico auf dem Monte Albano konsultiert. Einer ist Magister Vance – unschwer als Jack Vance zu erkennen. Ein anderer ist Magister Atheling- damit meint Blish sich selbst, denn er benutzte das Pseudonym William Atheling jr. Alle Magistri haben eines gemeinsam: Sie sind ratlos und völlig machtlos angesichts der globalen Zerstörung und der allzu phantastischen Art ihrer Herbeiführung. Wenn es um Magie geht, ist die Science Fiction also verloren.

Die Übersetzung

In solch alten Übersetzungen wimmelt es nur so vor Druckfehlern. Das kann auf die alten Textformen zurückzuführen sein, denn die Übersetzungen wurde in der Regel vor 1980 angefertigt und die Übersetzer arbeitete nicht sonderlich sorgfältig – es gab keine Computer mit Rechtschreibprüfung. So wird auf Seite 407 aus einer „Annahme“ flugs eine „Ausnahme“…

Dennoch unterlaufen Schnitzer auch im sachlichen Bereich. So wird auf Seite 338 nicht Scott Joplin, sondern Janis Joplin mit dem Ragtime in Verbindung gebracht. Janis jedoch hatte nur was für den Blues übrig, nicht für Klaviermusik.

Auf Seite 448 wird der Planet Jupiter von einem Observatorium in Arizona entdeckt – dabei wusste doch schon Galileo Galilei die Monde des Riesenplaneten ganz genau zu beschreiben, mit fatalen Folgen, wie man weiß. Ein gewisser Mr. Tombaugh entdeckte also von Arizona aus einen ganz anderen Planeten, und ich tippe auf den Neptun.

Ich habe diese Ausgabe mit der Originalversion in „The Devil’s Day“ verglichen und bin sofort auf erhebliche Diskrepanzen gestoßen. Das Original ist rund 150 Seiten lang, die Übersetzung nur rund hundert Seiten – wo ist der Rest geblieben? Er wurde einfach gestrichen, ist die ernüchternde Erkenntnis. So steht am Schluss etwa ein mehrseitiges Gedicht Satans, das in einer altertümlichen Diktion verfasst ist; in der Übersetzung bleibt davon gerade mal eine Seite und ein paar Zeilen.

Unterm Strich

In dieser Welt funktioniert schwarze Magie – an diesen Gedanken muss sich der SF-Leser erst einmal gewöhnen. Andererseits wird schnell klar, dass Magie auch nur eine weitere angewandte Wissenschaft ist, die ihren eigenen Gesetzen gehorcht. Nur dass diesmal Dämonen und anderes Gelichter beschworen werden. Das Armageddon und die Herrschaft der Hölle verändern jedoch zum Leidwesen von Magier Ware jedoch alle Gesetze, und seine Macht scheint gebrochen. Er muss sich an eine völlig veränderte Welt gewöhnen. Dieser konzeptionelle Durchbruch ist in Blishs Erzählungen häufig zu finden.

Auch dieser Roman stellt an einer Stelle die Frage (eher beiläufig) die Kernfrage: „Ist der Wunsch nach weltlichem Wissen, umso mehr dessen Erwerb und Anwendung, ein Missbrauch des Verstandes und womöglich sogar aktiv böse?“ Damit will der Autor keineswegs der Bibel und dem Papst das Wort reden, sondern einfach die Frage stellen, ab welchem Punkt man von einer bösartigen, menschenfeindlichen Anwendung weltlichen Wissens sprechen kann. Muss man in der Rüstungsproduktion lange danach suchen? Wahrscheinlich nicht.

Der Roman entstand 1971 unter dem Eindruck des andauernden Vietnamkrieges, in dem die USA Milliarden für Rüstung und Waffeneinsatz ausgaben. Und mit dieser schwarzen Satire ruft der Autor seinen Lesern ins Bewusstsein, was passieren könnte, wenn die gleichen Betonköpfe wie im Vietnamkrieg den Dritten Weltkrieg anfangen würden.

Metaphysik

Aber es ist auch eine metaphysische Erzählung. Die Herrschaft der Hölle auf Erden hat begonnen, der Antichrist tritt hervor und wird bejubelt, Luzifer ruft seinen Sohn, Baines, zu sich. Doch was schon dem Magier und dem Pater aufgefallen ist: Die alten magischen und religiösen Gesetze scheinen noch zu gelten. Wie kann dies aber sein, wenn Gott, wie Baphomet behauptete, tot ist? Der Autor hält die größte Überraschung für seine Helden und Leser bereit, wenn wir Luzifer begegnen. Und deshalb gibt es am Schluss einen Funken Hoffnung. Am Schluss fällt ein „VORHANG“. Offenbar haben wir es mit einer Art „Morality Play“ zu tun, wie sie im Mittelalter verbreitet waren.

Schade, dass es bis heute keine Gesamtausgabe der oben genannten Trilogie gibt, noch nicht einmal eine Ausgabe der beiden Romane „Der Hexenmeister / Black Easter“ und „Der Tag nach dem Jüngsten Gericht“. Für Metaphysik ist offenbar kein Platz mehr. Der Heyne-Verlag hat bislang offenbar nur gekürzte Fassungen der Originaltexte veröffentlicht. Es wird Zeit für die Vollversion.

Taschenbuch: 124 Seiten
Info: The Day after Judgment, 1971
Aus dem US-Englischen von Birgit Reß-Bohusch
www.heyne.de

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