Karin Smirnoff – Verderben. Ein MILLENNIUM-Thriller (Band 7)

Spannende Weiterführung in neuen Bahnen

Mikael Blomkvist reist von Stockholm in den hohen Norden zur Hochzeit seiner Tochter. Im Zug erfährt er von Entwicklungen, die den Enthüllungsjournalisten neugierig machen: Abseits des medialen Rampenlichts tobt dort oben ein Kampf internationaler Firmen um natürliche Ressourcen und Billigstrom. Zur selben Zeit begibt sich Lisbeth Salander nach Nordschweden, um ihre Nichte kennenzulernen. Die junge Svala hat sich geschworen, ihre verschwundene Mutter, eine Sami, zu finden und sich endlich gegen ihren Stiefvater zu wehren. Denn wie ihre Tante ist Svala furchtloser und genialer, als sie aussieht. Nach Jahren treffen Salander und Blomkvist wieder aufeinander und befinden sich bald im Auge eines Sturms. (Verlagsinfo)


Die Autorin

Karin Smirnoff wurde 1964 in Umeå geboren, zog aber als Kind mit ihren Eltern nach Stockholm und lebte einige Zeit in Södertälje, Tullinge, Huddinge und verschiedenen Vororten, bevor sie in den 1980er-Jahren nach Västerbotten zog. Smirnoff absolvierte Anfang der 1990er Jahre eine Ausbildung zur Fotografin bei Kulturama und ergänzte diese mit Kursen in Schnitttechnik. Von 1994 bis 1995 studierte sie Skandinavistik an der Universität Umeå. Zwischen 2003 und 2005 arbeitete sie als Köchin in Hammenhög; von 2003 bis 2012 war sie außerdem als Journalistin tätig.

Zwischen 2017 und 2019 begann sie ein Studium der Literaturwissenschaft an der Universität Lund und debütierte 2018 mit dem Roman Jag for ner till bror („Der Bruder“). Er wurde für den August-Preis 2018 nominiert und ist das erste Buch einer Romantrilogie. Das Buch wurde außerdem von der schwedischen Buchhändlervereinigung (BMF) zum besten Roman des Jahres 2018 gekürt. (Wikipedia.de) Diese Fachkenntnisse sowie ihr Können in Karate und Krav Maga hat sie in ihren Roman überzeugend eingebracht.

Werke

2018: Jag for ner till bror, Stockholm: Polaris. ISBN 9789177950981
Mein Bruder. Übersetzung: Ursel Allenstein. Hanser Berlin, Berlin 2021. ISBN 978-3-446-26942-2
2019: Vi for upp med mor, Stockholm: Polaris. ISBN 9789177951407
2020: Sen for jag hem, Stockholm: Polaris. ISBN 9789177952022
2021: Sockerormen, Stockholm: Polaris
Wunderkind. Übersetzung: Ursel Allenstein. Hanser Berlin, Berlin 2023. ISBN 978-3-446-27585-0

Die MILLENNIUM-Reihe

1) Verblendung
2) Verdammnis
3) Vergebung

4) Verschwörung
5) Verfolgung
6) Vernichtung

7) Verderben (2 weitere Romane dieser 3. Trilogie sollen folgen)

Handlung

Svala Niedermann hat es mit ihrem Stiefvater Peter Sandberg nicht gut getroffen. Seit ihre Mutter Märta, eine Sami, ebenso verschwunden ist wie ihre Großmutter, muss sie für Peter in seiner Pizzeria rackern und die Touristen abzocken. Denn die dreizehnjährige Svala ist nicht nur riesengroß (wie ihr Vater, Lisbeth Salanders Halbbruder), sondern hat auch eine besondere Begabung für Zahlen. Für die Gäste tut sie so, als könnte sie das Zahlenschloss des Tresors, der in der Pizzeria steht, nur mit größter Mühe knacken. Dabei hat sie die Zahlenkombination schon beim ersten Versuch herausgefunden. Seit Peter entdeckt hat, dass es wegen ihrer Analgesie sinnlos ist zu versuchen, Svala Schmerzen zuzufügen, lässt er sie in Ruhe – nicht ohne Hintergedanken. (Svalas Vater Ronald Niedermann war ebenfalls schmerzunempfindlich.)

Mikael

Mikael Blomkvist kommt auf der 900 Kilometer langen Zugreise nach Norrland mit einem älteren Herrn ins Gespräch, der sich am Ende der Fahrt als ehemaliger Profiler der Säpo, des schwedischen Inlandsgeheimdienstes, zu erkennen gibt. Vor zwei Jahren sei seine Tochter Malin verschwunden, erzählt er, nun habe man menschliche Überreste gefunden, und er soll beim DNS-Abgleich durch eine Speichelprobe helfen. Überhaupt scheinen in Norrland viele Menschen zu verschwinden, merkt er noch an. Spurlos, und das lässt einen an der hiesigen Polizei zweifeln. (Kein Wunder, denn Polizeichef ist Hans Faste, den Lisbeth und Mikael noch einem gemeinsamen Fall in Stockholm kennen.)

Gasskas

Aber in Norrland sind auch viele großartige Dinge im Entstehen, entnimmt Mikael nicht nur der Tageszeitung, sondern auch den Worten seines Beinahe-Schwiegersohns Henry Salo, dem Leiter der Verwaltung von Gasskas. Das Rathaus sieht für Micke aus wie eine Kirche und die Schwimmhalle scheint ebenfalls brandneu zu sein. Jedenfalls schwimmt Gasskas nicht nur in Wasser, sondern auch in Geld. Weil es hier angeblich so viel billigen Strom gibt, strömen die internationalen Konzerne herbei. Den Anfang machte Facebook 2011 mit einem Serverpark, den Zuckerbergs Unternehmen in Luleå an der Ostsee errichtete. Henry Salo ist stolz darauf, die „Umwelt-Nazis“ bald loszuwerden und Europas größten Windpark einzurichten: 1100 Windräder. Wie er das dafür nötige Land kaufen und entwickeln will, bleibt vorerst sein Geheimnis.

Svala

Zu den „Freunden“ von Savalas Stiefvater gehören die Biker des Motor Clubs Svavelsjö, mit denen der Leser bereits in Band 2 der MILLENNIUM-Reihe unerfreuliche Bekanntschaft geschlossen hat. Die Kriminellen sollten damals auf Niedermanns Geheiß Lisbeth Salander töten und haben es verbockt. Nun hat Peter Sandberg offenbar die Biker engagiert, um Villen auszuräumen und die Beute zu verhökern. Svalas Rolle ist die der Safeknackerin.

Angeleitet von zwei Bikern, die sie der Einfachheit halber E und F nennt und in ihr geheimes Notizbuch einträgt, steigt sie problemlos in ein leerstehendes Haus ein und knackt den Safe. Er ist leer. Das ist ungünstig, findet sie. Als sie ein Geräusch hört, versteckt sie sich im Kleiderschrank. Jemand öffnet den Safe und verschwindet. Sie entdeckt darin einen Umschlag, auf dem ihr Name steht: SVALA HIRAK. Darin befindet sich ein Schlüssel, den sie in ihrem Körper versteckt.

Zurück zum Auto, doch sie belauscht E und F, wie sie planen, sie als lästige Zeugin umzulegen. Auf ihrer Flucht gelingt es ihr, einen der beiden zu töten und sich bei einer Waldbewohnerin, die sie kennt, zu verstecken. Marianne will jedenfalls nicht dem Windpark weichen. Jetzt braucht Svala einen guten Plan, um Peter und den Motorbikern zu entkommen. Und jemanden, der ihre Schusswunde verbindet…

Mikael

Henry Salo ist der Stiefvater von Pernillas Sohn, des neunjährigen Lukas, dem ihre ganze Liebe gilt. Das kann Micke sehen. Doch heute Nacht streiten sich Pernilla und Henry, weiß der Geier warum. Aber Henry verhalte sich in letzter Zeit wie unter Verfolgungswahn und vernachlässige seine Familie, beschwert sich Pernilla bei Micke. Sie wäscht ihm so richtig den Kopf. Und Lukas würde lieber mit seinem Opa, also Mikael, Angeln gehen, denn er lehnt seinen Stiefvater ab.

Micke geht mit Henry in die Sauna und muss sich anhören, wie der ihn ein südschwedisches Weichei nennt. Zu seiner Beschämung erleidet Micke einen Nervenzusammenbruch mitsamt Weinkrampf. Das ist ihm noch nie passiert. Doch in Henry findet er unerwartet viel Verständnis. Der Verwaltungsleiter von Gasskas kann kein so schlechter Mensch sein, wie ihn Pernilla zeichnet. Wie man sich täuschen kann.

Lisbeth

Lisbeth Salander ist seit einem Jahr Teilhaberin von Milton Security und in die Vorgänge und Aufträge der Firma eingebunden. Ihr Mitteilhaber, der frühere Alleininhaber, ist froh, dass er die beste Hackerin Schwedens in seiner Firma hat, auch wenn die anderen Mitarbeiter sie für einen ziemlich schrägen Vogel halten. Nach Kickboxen und Krav Maga hat sie angefangen, auch Karate zu erlernen und täglich zu üben. Sie ist eine Waffe auf zwei Beinen – mit einem Laptop.

Aber jetzt hat sie echt ein Problem: Laut Jugendamt Gasskas soll sie sich für mindestens zwei Tage um ihre Nichte Svala Hirak kümmern. Dabei war der einzige Mensch, um den sie sich je wirklich gekümmert hat, ihr Vormund Holger Palmgren. Das heißt: ihr erster Vormund. Vor Nils Bjurman, den ein so trauriges Schicksal ereilte. Wie auch immer: Lisbeth ist nach Gasskas geflogen, hat sich im ersten „Hotel am Platz“ – es ist das einzige – einquartiert, hat in der Bar/Disco eine Frau namens Jessica aufgerissen – und sitzt nun im Jugendamt mit den Beamten. Svalas Akte kennt sie schon, doch erstaunlicherweise kennt Svala auch ihre. Für ein 13-jähriges Gör ist Svala ganz schön aufgeweckt – und sehr verschlossen.

Widerstand ist zwecklos: Sie muss sich Savalas annehmen. Zusammen putzen und säubern sie das Haus von Svalas verstorbener Großmutter und lassen Pizzas liefern – zum Hintereingang. Denn am Haupteingang treiben sich furchteinflößende Gestalten herum: Auf ihren Kutten steht „Svavelsjö MC“, und die kennt Lisbeth zur Genüge. Sie warnt Svala vor diesen skrupellösen Typen, die jeden für hundert Mäuse umlegen würden. Was die von Svala wollen, bleibt indes unklar, denn über ihre Mutter Märta redet Svala nicht. Es könnte mit dem geheimnisvollen Schlüssel für ein Gepäckschließfach zu tun haben.

Also bestellt Lisbeth einen Mietwagen zu einem unverschämten Preis und fährt dorthin, wohin sich Svala wünscht: ins finnische Rovaniemi. Sie landen in einem Luxus-Resort mit 70 Ferienwohnungen, die sich damit brüsten, dass hier der Weihnachtsmann wohne. Lisbeth findet den Ort ekelhaft. Aber Svala hat dem real existierenden Weihnachtsmann jedes Jahr Briefe mit ihren Gedichten geschickt. Sie ahnt nicht, dass der diesjährige Weihnachtsmann, ein Südschwede, ihre Gedichte geklaut und ins Finnische hat übersetzen lassen: In einem halben Jahr soll das Buch auf den Markt kommen. Svala steckt ihm unbemerkt ein kleines Päckchen zu. Was mag bloß darin sein, fragt er sich. (Wir werden es erst ganz am Schluss erfahren.)

Entführt

Der Angriff kommt unvermittelt und im günstigsten Augenblick: Pernilla und Henry haben einander das Ja-Wort gegeben, im Anschluss findet in einem Gasthaus die Hochzeitsfeier statt, alle, sogar Micke, haben ihr Sprüchlein aufgesagt und sind dann zum gemütlichen Teil übergegangen. Da fliegt die Tür auf und ein Mann in Kämpfermontur und mit einem Maschinegewehr in der Hand spaziert herein, als gehöre ihm der Laden. Panik breitet sich aus, als ein paar Kugeln verschießt. Er geht schnurstracks auf das Brautpaar zu, doch er will offenbar nicht Pernilla, sondern Lukas, ihren Sohn. Eine Polizistin, die sich ihm tapfer, entgegenstellt, schlägt er nieder. Niemand rührt einen Finger, als er Lukas mit sich schleift und hinaus zu einem Transporter geht. Dort warten schon seine zwei Kumpane.

Erst als Lukas „Opa!“ ruft, kommt Bewegung in Mikael. Er läuft dem Jungen, seinem Enkel hinterher, doch draußen auf der Straße wird er niedergeschossen. Die Entführer entkommen unbehelligt…

Mein Eindruck

Ich habe diesen Thriller an nur einem Tag verschlungen. Die Autorin packt die wichtigsten Figuren der Vorgängerbände zusammen in eine völlig neue Geschichte, die über einen völlig neuen Lokalhintergrund verfügt: das Norrland, wo bislang Sami und Lappen von ihren Rentieren gelebt haben. Mikael Blomkvist, Lisbeth Salander, Sonny Nieminen von Svavelsjö MC – sie alle begegnen einander, um neue Bad Guys zu bekämpfen.

Frauen spielen eine eminent wichtige Rolle, und zwar nicht nur weil Lisbeths Blickwinkel dies verlangt, sondern auch weil sie Querverbindungen herstellen, die man niemals erwartet hätte. Wie konnte beispielsweise eine Sami wie Märta Hirak jemals an einen Tunichtgut wie den deutschen Ex-Boxer Ronald Niedermann geraten? Von ihm bekam sie ihre Tochter Svala, das einzig Gute, was aus dieser Verbindung hervorgegangen ist. Nun ergibt sich die unerwartete Kombination, dass ausgerechnet ihre Tante Lisbeth Salander Svalas Vater Niedermann auf dem Gewissen hat. Das weiß der Leser ebenso wie Lisbeth, aber die hält mit solchen heiklen Infos lieber hinterm Berg. Nachdem sich Lisbeth und Svala zusammengerauft haben, werden sie Kameradinnen im Kampf – gegen wen eigentlich, fragt sich der Leser.

Branco

Der stinkreiche Marcus Branco, ein in Brasilien geborener Schwede mit einer körperlichen Missbildung, will das Land um Gasskas nicht nur aufkaufen, um darauf einen Windpark zu errichten. Dies ist nur der Anfang für die Weltherrschaft, wie es scheint. Er hat auch einen Euthansasieplan, der Hitlers Beseitigungsprogramme wie Ringelpietz aussehen lässt. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten, die jetzt in Stockholm regieren, spielen ihm in die Hand (und fressen vermutlich aus selbiger) und verhökern ihm die Schürfrechte im Land der Sami, ohne die Lokalverwaltung zu fragen. Er will Wasserstoff produzieren und in alten Minen bunkern: der Brennstoff der Zukunft. Dass Wasserstoff auch leichtentzündlich ist und die Minen alle in die Luft fliegen können, schert ihn einen Dreck. Es ist nur konsequent, dass er sich an den Schwächsten vergreift, an minderjährigen Mädchen: Er nennt sie „Puppen“.

Das Land der Sami ist das wertvollste Element, das Branco und seine „Ritter der Tafelrunde“ (plus eine Frau) für ihre Pläne brauchen. Henry Salo soll ihnen dazu verhelfen. Als er sich sträubt, wird sein Sohn entführt. Das macht seine Frau Pernilla äußerst wütend auf ihn. Nun sitzt er in der Klemme. Aus der hilft ihm der Ermittlung Lisbeth Salanders und Mikael Blomkvists – und eine lange vergessene familiäre Verbindung.

Svala

Mit Svala Hirak ist der Autorin eine überzeugende Figur gelungen, die sehr an die junge Lisbeth erinnert: Sie hat nicht nur Asperger-hafte Züge, sondern auch eine mathematische Begabung. Einen Rubik-Würfel schafft sie in Sekunden. Aber sie lernt von Lisbeth nicht nur Karate, sondern auch, wie man mit einer Pistole umgeht und einen Gegner wie Peter Sandberg austrickst. Jedenfalls wird es mit ihr niemals langweilig, sondern spannend und witzig. Im Action-Finale spielt Svala neben Lisbeth die zweite Hauptrolle. Hoffentlich lesen wir noch viele weitere Abenteuer von ihr.

Textschwächen

S. 131: „klingt vielleicht nach [d]einem idiotischen Plan“: OK, nur dass da kein DU ist, das diesen Plan haben könnte.

S. 188: Verweis auf ein Buch von Stieg Larrson und Mikael Ekman, das sich kritisch mit den Schwedendemokraten auseinandersetzt – vor Jahrzehnten!

S. 428: „„Danke, Henry, dass du Lukas gefunden hast!“, faucht Salo.“ Warum sollte sich Henry selber anfauchen, fragt sich der Leser verwundert. Nein, statt „Salo“ sollte es sinnvollerweise „Pernilla“ heißen.

S. 441: „Sie haben hoch intrikate Versuche registriert, in ihre Systeme vorzudringen.“ „Intrikat“ ist eine Eins-zu-eins-Übersetzung wie aus dem Englischen. Gemeint ist lediglich, dass diese Eindringversuche in die IT-Systeme kompliziert und ausgetüftelt sind. (Kein Wunder, es steckt die wohlbekannte „Hacker Republic“ dahinter.)

Unterm Strich

Dieser neue MILLENNIUM-Thriller befindet sich völlig auf der Höhe unserer Zeit und ist als indirekter Kommentar sehr zufriedenstellend. Nicht in irgendeinem internationalen Szenario, sondern dort, wo jetzt in Europa die Musik spielt. Kaum ein Monat vergeht, in dem nicht irgendein Minenkonzern neue Entdeckungen von Rohstoffen in Norrland verkündet: seltene Erden, Phosphat und so weiter. Dies ist sehr begehrtes Land, und den Strom gibt es dort offenbar billig wie kaum irgendwo sonst.

Doch ein zusätzlicher Windpark für noch mehr Strom würde den Sami die Lebensgrundlage entziehen und ihre uralte Kultur zum Verschwinden bringen. Der Energiekonzern vor Ort in Gaskass heißt nicht ohne Grund KGB. Micke denkt süffisant: „KGB und Säpo – ein vielversprechende Kombination“, zumindest, wenn man an einen Artikel in MILLENNIUM denkt. Das Enthüllungsmagazin hat sich zeitgemäß angepasst: Das gibt es jetzt nur noch digital.

Action & Grusel

Mit den Konzernen kommen die Gangster, und mit den Gangstern kommen ihre Schergen, die Knochenbrecher, Erpresser und Assassinen. Und gegen diese Bad Guys kämpfen Svala, Lisbeth und Mikael, jeweils nach eigenem Können. Die Polizei macht keine gute Figur und tappt den Ereignissen hinterher. Gruselige Szenen gehören zum Repertoire eines Thrillers, und die norrländische Landschaft hält unerwartetes Grauen bereit. Ich hätte nie gedacht, dass majestätische Seeadler so furchteinflößend sein können. Außerdem gibt es dort oben einsam gelegene alte Militärbunker, die auf den amtlichen Landkarten nicht eingezeichnet sind – ideale Verstecke für Gangster, die nicht entdeckt werden wollen.

Spannung, Drama, Ironie

Wie gesagt, habe ich den Roman an nur einem Tag gelesen. Die Spannung wird mit den verschiedenen menschlichen Dramen fein austariert und durch etliche Gaben Ironie erträglich gemacht. Die Autorin spart nicht mit Häme für Mikaels charakterliche Mängel: ein mieser Vater, ein Liebhaber ohne Dauerhaftigkeit und vieles mehr, aber ein erstklassiger Journalist. Millennium-Fans werden es lieben. Die Autorin greift auch auf Nieten wie Hans Faste zurück, verweist auf Stieg Larsson und Mikael Ekman (S. 188) und erwähnt schon mal eine gewisse Noomi Rapace. Dieses Namedropping spricht ebenfalls die Fans an, vor denen sich die Autorin offekundig verbeugt.

Für Nichtschweden

Die Autorin fordert den nichtschwedischen Leser heraus. Der sollte wissen, wer „Prinz Daniel“ ist, nämlich der Mann von Kronprinzessin Victoria. Er sollte auch wissen, was „Snus“ ist, nämlich Kautabak („Snus besteht im Wesentlichen aus Tabak, Wasser, Salz und Aromen. Tabak enthält von Natur aus Nikotin. Gibt es seit 1822.“ Wikipedia.de) . Und viele weitere nationale Namen und Gegebenheiten. Mein Tipp: Am besten Google und Wikipedia immer griffbereit behalten. Macht Lisbeth Salander ja auch.

Gebunden: 463 Seiten.
O-Titel: Havsörnens Skrik (Der Schrei des Seeadlers), 2022
Aus dem Schwedischen von Leena Flegler.
ISBN-13: 9783453274327

www.heyne.de

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