Matthias Edvardsson – Der unschuldige Mörder

Als Zackarias Levin aufgrund des allgemeinen Zeitungssterbens seinen Job als Journalist verliert und seine Freundin ihm in der gleichen Woche den Laufpass gibt, zieht er kurzerhand wieder bei seiner Mutter ein. Um an Geld zu kommen, beschließt er, einen Roman zu schreiben. Und zwar über einen unschuldigen Mörder. Denn 12 Jahre zuvor war er als Student in einem Seminar zum Literarischen Schreiben bei der faszinierenden Li Karpe eingeschrieben. Dort hat er auch seine Freunde Adrian, Betty und Fredrik kennengelernt.

Zwischen den vier Studierenden entspinnt sich eine Freundschaft, die Freundschaft und Liebe zwischen den einzelnen Personen zerfließen lässt. Alle vier eint die Faszination für ihre Dozentin Li Karpe, welche die vier bekannt macht mit dem bekannten Schriftsteller Leo Stark. Die vier sind geschmeichelt, dass der große Schriftsteller sich für die interessiert, doch müssen sie bald erkennen, dass Leo Stark auch eine zweite Seite hat. Eine zerrissene, verzweifelte und aggressive. Innerhalb weniger Monate geraten die Freunde in einen Sog, dem sie nicht entkommen können – bis Leo Stark eines Tages spurlos verschwindet und Adrian Mollberg acht Jahre für den Mord an Leo Stark muss, obwohl niemals die Leiche gefunden wird.

Zack aber hält seinen Freund für unschuldig und möchte deswegen den Roman „Der unschuldige Mörder“ verfassen. Dazu trifft er seine alten Freunde wieder und wühlt in lang vergessenen Erinnerungen. Doch bald holt die Vergangenheit die vier Freunde ein…

Vergangenheitsbewältigung

Das Buch ist in stetem Wechsel geschrieben: Mal entführt uns der Autor Matthias Edvardsson in die Vergangenheit ins Jahr 1996, wo wir die vier Literaturstudenten, ihre Dozentin und den charismatischen Autor Leo Stark kennenlernen. Und dann wiederum springt Edvardsson in die Gegenwart ins Jahr 2008, in dem Zack versucht, das Verschwinden Leo Starks zu ergründen und einen Roman darüber zu schreiben.

Sukzessive nähern wir uns von beiden Seiten der Aufklärung des Falles. Zunächst nimmt sich der Autor aber viel Zeit, uns seine Protagonisten vorzustellen, und alle haben es in sich. Alle Charaktere haben Ecken und Kanten und sind zum Teil sehr unergründlich. Darüber hinaus verwaschen die Grenzen zwischen Freundschaft und Liebe, sodass man mitunter gar nicht genau weiß, wer eigentlich etwas von wem möchte und wer mit wem zusammen ist. Das macht das Beziehungsgeflecht unglaublich spannend.

Auch Leo Stark nähern wir uns langsam an, ohne seinen Charakter und sein Verhalten aber ergründen zu können. Nur eins ist klar: Sympathisch ist er nicht, und er schreibt auch nicht aus der Freude am Schreiben.

In der Gegenwart trifft Zack seine Freunde von einst und spricht mit ihnen über das damals Erlebte. Die Freunde haben sich aber verändert und blicken zum Teil ganz anders auf das damalige Geschehen. Aus der Gegenwart lernen wir die Charaktere daher nochmal von einer ganz anderen Seite kennen. Aus den ambitionierten Studierenden von damals sind teils gescheiterte Existenzen geworden, die sich nicht mehr auf die Straße trauen und die an die Zeit 1996 gar nicht erinnert werden möchten.

Fragen über Fragen

Nur in kleinen Schritten lässt uns der Autor näher treten. Und fast an jedem Kapitelende erwartet uns ein kleiner Cliffhanger, der uns über das kommende Kapitel aus der anderen Zeit hinweg trägt. Und so liest sich das Buch praktisch im Vorbeigehen, denn man kann es kaum aus der Hand legen. Unbedingt möchte man wissen, was damals vorgefallen ist, wohin Leo Stark verschwunden ist, ob es tatsächlich einen Mord gegeben hat und wer denn schlussendlich der Mörder ist.

Die Geschichte, die Matthias Edvardson spinnt, ist unglaublich interessant und spannend aufgebaut. Durch die ständigen Perspektivwechsel kommt niemals Langeweile auf, und Stück für Stück kann man sich beim Lesen das Gesamtbild zusammenbauen.

Die Auflösung ist schlüssig und überzeugt, auch wenn sie nicht mehr allzu überraschend kommt. Nichtsdestotrotz schafft der Autor es, den Leser von Anfang bis Ende in den Bann zu ziehen.

Mord ohne Leiche

Das vorliegende Buch erzählt die Geschichte von einem Mord, zu dem es keine Leiche gibt, für den aber ein junger Mann verurteilt wurde. 12 Jahre später macht sich ein Freund von damals daran, den Mord aufzuklären und literarisch aufzuarbeiten. Der Plot ist spannend und nimmt auch immer mehr Fahrt auf.

Mir haben insbesondere die Charaktere gefallen, die zwar nicht alle nachvollziehbar agiert haben, aber doch alle für sich genommen interessant waren und die man gerne näher kennenlernen wollte.

Ich habe das Buch an nur anderthalb Tagen verschlungen, weil ich es kaum aus der Hand legen konnte. Hier gibt es eigentlich nichts zu bemängeln, auch wenn die Aufklärung vielleicht keinen großen Aha-Moment mehr bieten kann. Aber das trübt den Gesamteindruck keineswegs!

Paperback: 464 Seiten
ISBN-13: 978-3809026846
Limes Verlag

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