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Follett, Ken – Schlüssel zu Rebecca, Der

Afrikafeldzug, 1942:
Nicht nur an der Wüstenfront wird gekämpft, auch hinter den Linien geht der Kampf der Spione weiter. Kaum in Kairo angekommen, begeht der deutsche Spion Alex Wolff einen Fehler und muss einen britischen Soldaten töten. Major William Vandam vom britischen Geheimdienst nimmt zuerst erfolglos seine Spur auf. Wolff dagegen ist sehr erfolgreich: Dank seiner verführerischen Komplizin, der populären Tänzerin Sonja el-Aram, kann er von einem Adjutanten des britischen Oberbefehlshabers Auchinleck regelmäßig geheimste Informationen ausspionieren. Als halber Araber kennt Wolff zudem Bräuche und Sitten der Ägypter und hat hervorragende Kontakte zur Unterwelt Kairos.

Vandam hat mittlerweile allerdings auch schon vieles über Wolff in Erfahrung gebracht und setzt eine frisch rekrutierte Agentin auf ihn an. Die erotische Elene Fontana ist Halbjüdin und möchte nach Israel auswandern – durch ihre Arbeit für den Geheimdienst möchte sie die begehrte Ausreisegenehmigung erhalten. Bald taucht Wolff wieder bei dem Kaufmann Aristopoulos auf – und beißt an. Da er noch eine Gespielin für seine exquisiten Liebespiele mit Sonja sucht, ist die schöne Elene für ihn unwiderstehlich.

Aber nicht nur für ihn. Auch der eher brave Major Vandam hat sich in sie verliebt. Es wird für ihn immer unerträglicher, Elene in der Nähe dieses gefährlichen Mannes zu wissen. Nicht nur um ihr Leben fürchtet er, der Gedanke, dass Wolff Sex mit ihr haben könnte, bereitet ihm schlaflose Nächte.

Die Zeit drängt: Rommel steht nur noch 25 km vor Kairo, bereits einmal haben Wolff’s Informationen die Schlacht zu seinen Gunsten entschieden. Vandam muss handeln. Leider schlägt die Verhaftung Wolffs wiederholt fehl, Elene und Vandam’s Sohn Billy geraten in Lebensgefahr, als Wolff mit ihnen als Geiseln aus Kairo flieht…

Ein sehr spannender Mix aus Agenten- und Detektivgeschichte mit einem ordentlichen Schuss Erotik! In der Tat ist der ausführlich beschriebene Dreier in diesem Buch die wildeste Sexszene, die ich bisher von Follett gelesen habe.

Gewohnt fundierte Sachkenntnis des Spionagegeschäfts beweist Follett bei dem namensgebenden Codebuch: Der Roman „Rebecca“ dient zusammen mit einem Codeschlüssel Wolff zur sicheren Nachrichtenübermittlung. Desweiteren wurde das Verhältnis der ägyptischen Bevölkerung zu Deutschen und Briten differenziert geschildert. Besonders gelungen sind die Charakterisierungen der Hauptpersonen, Vandam und Wolff. Letzterer ist halb Deutscher, halb Araber, taucht gerne mal in einer Moslemverkleidung unter und wird oft von dem schlitzohrigen Abdullah bei seinen schmutzigen Geschäften unterstützt. Ich fand sowohl den intelligenten Wolff als auch seinen smarten Gegner Vandam ausgesprochen sympathisch. Die Frauenfiguren sind ein bisschen nuttig geraten, wobei Sonja eindeutig ein Äquivalent der berüchtigten Mata Hari ist. In Elene erkennt man Charakterzüge späterer weiblicher Hauptfiguren Follett’s, wie auch der Duellcharakter zwischen den beiden Agenten starke Ähnlichkeiten zu Follet’s „Leopardin“ aufweist.

Die Szenerie ist perfekt recherchiert und in Szene gesetzt, sogar historische Persönlichkeiten wie Rommel und Kesselring wurden in die Handlung integriert. Wolff spielt Rommel Informationen zu, dieser siegt. Bei der Entscheidungsschlacht bei El Alamein kann er leider nicht mehr auf dessen Dienste zurückgreifen…

Weniger gelungen ist der „Auftritt“ von Anwar El-Sadat, dem späteren Staatsoberhaupt Ägyptens: Geradezu zwanghaft scheint Follett in seine Romane solche nur kurz und ohne näheren Zusammenhang zur Handlung stehenden Figuren einbauen zu müssen. Wie in „Mitternachtsfalken“ der König von Dänemark, ist auch Sadat für den Handlungsverlauf absolut verzichtbar!

Ein schlimmer Bruch folgt im letzten Drittel des Buches: Ein sehr gut recherchiertes und stimmiges Szenario mit interessanten Charakteren und viel Erotik wird nun mit dem Vorschlaghammer zerstört!

Ich konnte es kaum glauben, auf einmal mutiert Wolff zum perversen Lüstling, der mit Elene einiges anstellt, damit nicht genug, er entführt auch noch Vandam’s Sohn, um mit ihm und Elene als Geiseln seine Flucht abzusichern. Nicht nur bei gegebener Lage zu diesem Zeitpunkt idiotisch, müssen zahlreiche Charaktere sich nun wegen der Notwendigkeit, die Handlung nicht zu gefährden, dämlich anstellen, damit Wolff fliehen und die Geschichte sich weiter entwickeln kann.

Das Happy End macht aus der sich ehemals von ihren Liebhabern haushaltenden Elene eine respektable Mrs. Vandam, die sowohl Sohn Billy als auch Mr. Vandam ausgesprochen glücklich macht. Sehr schön, aber auch sehr schnulzig. Nach erwähntem Bruch lebt das Buch von der Spannung, die durch die tödliche Gefahr, in der Elene und Billy schweben, entsteht. Leider wird das Buch hier auch trivialer als mancher Groschenroman, Follett konnte es wie so oft in seinen Büchern nicht lassen, maßlos zu übertreiben und indirekt Vandam alleine den Sieg bei El Alamein zuzuschreiben. Besonders verärgert war ich über die bestürzende Verwandlung des sehr interessanten Charakters Wolff hin zu einem hirnlosen Nazi mit perversen Gelüsten, war er doch vorher sehr differenziert geschildert worden.

Wer einen Spionagethriller light vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs mit einer wahrlich heißen und erotischen Dreiecksgeschichte sucht, wird „Rebecca“ trotz des verkorksten letzten Drittels lieben. Schade, ohne diese Mängel hätte es auf einer Stufe mit den vergleichbaren Romanen „Die Nadel“, „Die Leopardin“ und „Mitternachtsfalken“ gestanden.

Homepage des Autors: http://www.ken-follett.com

Ken Follett – Das zweite Gedächtnis. Thriller

Ken Follett ist als Autor spannender Agententhriller bekannt geworden. „Das zweite Gedächtnis“ stammt aus demselben Genre und bedient sich recht freizügig bei Robert Ludlum’s Klassiker „The Bourne Identity“: Wie Jason Bourne kennt auch der Raketenforscher Dr. Lucas nicht einmal mehr seinen eigenen Namen, als er im Jahre 1958 kurz vor dem geplanten Start des ersten amerikanischen Satelliten in einer Bahnhofstoilette aufwacht und von einem Penner als „Luke“ angesprochen wird… Er leidet unter einer totalen Amnesie.

Bald bemerkt er jedoch, dass er nicht ist, was er zu sein scheint: Er ist nicht alkoholkrank, er wird offensichtlich von mehreren Männern beschattet und… bemerkt recht schnell, dass er sich zwar nicht an seine Freunde, Bekannten oder seine eigene Identität erinnern kann, aber dafür in Mathematik, Physik und vor allem auf dem Gebiet des Raketenbaus eine echte Kapazität zu sein scheint. Luke schaltet nach und nach seine Verfolger aus, und bringt immer mehr Licht in das Dunkel seiner Vergangenheit… Zu seinem Entsetzen stellt er fest, dass er von seinem Freund Anthony, der für die CIA arbeitet, gejagt wird – ist er gar ein kommunistischer Spion?

Bei seiner Jugendliebe Billie und seinem alten Freund Bern findet er Unterstützung – doch warum jagt Anthony ihn, was für ein Spiel treibt Lukes Frau Elspeth? Luke findet heraus, wer er ist, und was er in der jüngsten Vergangenheit getan hat – und verliebt sich nebenher erneut in Billie. Warum auch immer Anthony Luke jagt – er ist sich sicher, es hat mit dem Start der Jupiter-C-Rakete und des Satelliten „Explorer“ zu tun…

Mein Eindruck

Gleich zu Beginn hatte ich ein Déjà-vu – der Agent oder hier eben hochkarätige Wissenschaftler, der einsam und alleine erwacht und ganz auf sich selbst gestellt ist, das kennt man, wie oben erwähnt, schon – entweder aus dem Kino, „The Bourne Identity“ wurde mit Matt Damon und Franka Potente kürzlich zum zweiten Mal verfilmt, oder aus dem Originalbuch von Robert Ludlum. Follett führt den Part, wie sich Luke langsam erinnert, ähnlich aus, aber handelt ihn zügiger ab, um eigene Wege zu gehen. An dieser Stelle schwand langsam der ständig in meinem Hinterkopf herumspukende Plagiatsgedanke dahin… Es war durchaus spannend zu lesen, warum Luke das alles eigentlich angetan wurde.

Leider kommt Follett nicht an Ludlum heran – auch die Follett-typische Lovestory und ein diesmal überzogenes Beziehungsgewirr der vier Freunde von Luke untereinander geben der Story nicht mehr Würze: Im Gegenteil, Anthonys Motive enttäuschten mich nicht nur, so simpel und konstruiert waren sie, hier hat Follett auch die Gelegenheit verspielt, seiner Story einen über das Triviale hinausgehenden Reiz zu geben.

Wie bei Follett kaum anders zu erwarten, ist das Buch sehr flüssig und angenehm zu lesen, die Aufmachung des Hardcovers weiß auch zu gefallen. Zu der Übersetzung nur ein Wort: Perfekt. Sie liest sich, als ob es die Originalfassung wäre. Nebenbei wird dem Leser zu Beginn eines jeden Kapitels ein wenig die Raketentechnik der 50-er Jahre angenehm und leicht verdaulich näher gebracht. Gelegentliche Rückblenden in die Jugendjahre Lukes und seiner Freunde verleiten den Leser zum Spekulieren und sorgen für Abwechslung.

Dennoch ist „Das zweite Gedächtnis“ nicht das geworden, was es hätte sein können: Der Konflikt zwischen Lukes Frau Elspeth und seiner alten Flamme Billie, die er nach der Amnesie ihr vorzieht, vor allem aber die Verschwörung hinter der Amnesie – all das wird meist nur oberflächlich angerissen und nicht genügend ausgeführt, um dem Thriller etwas mehr eigenen Charakter zu geben.

Unterm Strich

Spannend ist das Buch, ebenso unterhaltsam. Leider enttäuscht der Schluss mit einer einfallslosen und konstruierten Auflösung der vielen Zusammenhänge. Ebenso Lukes Freunde: Die Ex-Geliebte ist zufällig Expertin auf dem Gebiet der totalen Amnesie, Anthony arbeitet beim CIA, Elspeth und Bern… Ich will ja nicht alles verraten. Ein sehr künstliches und nicht sehr überzeugendes soziales Umfeld.

Es bleibt der Eindruck, Follett habe hier die „light“-Version von Ludlums Original-Coke „The Bourne Identity“ abgeliefert. So empfand ich „Das Zweite Gedächtnis“, welches im Original den treffenderen und klangvolleren Titel „Code to Zero“ hat, zwar als spannendes und durchaus unterhaltsames, aber stark vereinfachtes Plagiat von Ludlums anspruchsvollerer Vorlage.

Ken Follett’s Homepage: http://www.ken-follett.com/

Taschenbuch: 448 Seiten
O-Titel: Code to Zero
ISBN-13: 978-3785720592

www.luebbe.de

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