Schlagwort-Archive: Lübbe

Andrea Camilleri – Das Lächeln der Signorina. Commissario Montalbano lässt sich blenden


Blaue Bohnen und der Engel der Liebe: Montalbano unter Dieben

Eine Serie von Diebstählen sorgt für Aufregung im sizilianischen Vigàta. Als Commissario Montalbano im Rahmen der Ermittlungen Bekanntschaft mit der jungen Angelica Cosulich macht, fühlt er sich schlagartig in seine Jugend zurückversetzt: Mit ihrem wallenden Blondhaar erinnert ihn die schöne Angelica an die Heldin selben Vornamens aus Ariosts Epos „Der rasende Roland“, die ihm seinerzeit die Träume versüßt hat. Doch hinter dem betörenden Lächeln der Signorina verbirgt sich ein gefährliches Geheimnis… (Verlagsinfo)

Der Autor

Andrea Camilleri ist kein Autor, sondern eine Institution: das Gewissen Italiens. Der 1925 in dem sizilianischen Küstenstädtchen Porto Empedocle geborene, aber in Rom lebende Camilleri ist Autor von Kriminalromanen und -erzählungen, Essayist, Drehbuchautor und Regisseur. Er hat dem italienischen Krimi die Tore geöffnet.

Andrea Camilleri – Das Lächeln der Signorina. Commissario Montalbano lässt sich blenden weiterlesen

Andreas Eschbach – Todesengel


„Es mangelt an Zivilcourage!“

Doch woran liegt das? An den immer schneller mit immer gleichgültigerer Gewalt vorgehenden Tätern?

Mit Sicherheit spielt das eine entscheidende Rolle. Die Brutalität in den „zivilisierten“ Ländern hat unvorstellbare Ausmaße angenommen und liefert den Tätern mehr Anonymität, als sie sich durch Gesichtsmasken erzeugen könnten. Das Weggucken der Menschen. Man könnte ja der nächste sein, dessen Gesicht auf dem Asphalt zertreten wird. Andreas Eschbach – Todesengel weiterlesen

[NEWS] REBECCA GABLÉ – Das Haupt der Welt

Neues von Rebecca Gablé bei Lübbe: „Das Haupt der Welt“.

Brandenburg 929: Beim blutigen Sturm durch das deutsche Heer unter König Heinrich I. wird der slawische Fürstensohn Tugomir gefangen genommen. Er und seine Schwester werden nach Magdeburg verschleppt, und bald schon macht sich Tugomir einen Namen als Heiler. Er rettet Heinrichs Sohn Otto das Leben und wird dessen Leibarzt und Lehrer seiner Söhne. Doch noch immer ist er Geisel und Gefangener zwischen zwei Welten. Als sich nach Ottos Krönung die Widersacher formieren, um den König zu stürzen, wendet er sich mit einer ungewöhnlichen Bitte an Tugomir, den Mann, der Freund und Feind zugleich ist …
(Verlagsinfo)

Gebundene Ausgabe, 864 Seiten

Der Verlag bietet unter dieser Adresse eine Leseprobe an.

[NEWS] JEAN-CHRISTOPHE GRANGÉ – Die Wahrheit des Blutes

Neues von Jean-Christophe Grangé bei Lübbe: „Die Wahrheit des Blutes“.

Olivier Passan, Polizeikommissar und Einzelgänger, steht kurz davor, einen raffinierten Serienkiller zu stellen, der es auf schwangere Frauen abgesehen hat. Zugleich versucht er zu begreifen, warum die Ehe mit seiner japanischen Frau Naoko offenbar gescheitert ist. Als in ihrem gemeinsamen Haus bedrohliche Dinge geschehen, vermutet Passan zunächst einen Racheakt des Killers. Doch dann stellt sich heraus, dass die Anschläge mit der geheimnisvollen Vergangenheit Naokos zu tun haben.
(Verlagsinfo)

Taschenbuch, 432 Seiten
Originaltitel: Kaiken

Dan Brown – Inferno

Robert Langdon, der Symbolforscher aus Harvard, wird in Florenz mit Geheimnissen, Rätseln und einer Verschwörung konfrontiert, die ihre Wurzeln in einem der berühmtesten und dunkelsten Meisterwerke der Literatur haben: Dantes „Göttlicher Komödie“. Und je intensiver Langdon die immer gefährlicher werdende Spur verfolgt, umso deutlicher zeichnet sich die bedrohliche Erkenntnis ab, was Dantes Werk für die Gegenwart und Zukunft bereithält. (Bearbeitete Verlagsinfo)

Der Autor

Dan Brown, geboren 1964, war genau wie Stephen King zuerst Englischlehrer, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. „Als Sohn eines mehrfach ausgezeichneten Mathematikprofessors und einer bekannten Kirchenmusikerin wuchs er in einem Umfeld auf, in dem Wissenschaft und Religion keine Gegensätze darstellen“, meint die Verlagsinformation. Diese Kombination ist es auch, die den weltweiten Erfolg des Autors begründet.

Inzwischen hat Brown von seinen Büchern mehrere Dutzend Millionen Exemplare verkauft. „Brown ist verheiratet und lebt mit seiner Frau, einer Kunsthistorikerin, in New Hampshire.“ Na, das klingt doch direkt nach einer Ko-AUTORIN! Als Produzent der beiden Verfilmungen der Robert-Langdon-Abenteuer „Sakrileg“ und „Illuminati“ verdient Brown auch an der Filmauswertung mit.
Dan Brown – Inferno weiterlesen

[NEWS] DAN BROWN: Inferno

Megaseller Dan Brown meldet sich bei Lübbe mit einem „Inferno“ zurück:

Mein Geschenk ist die Zukunft. Mein Geschenk ist die Erlösung. Mein Geschenk ist – Inferno.

Robert Langdon ist zurück – und der Held aus Dan Browns Weltbestsellern ILLUMINATI, SAKRILEG und DAS VERLORENE SYMBOL hat sein wohl größtes Abenteuer zu bestehen. Dante Alighieris »Inferno«, Teil seiner »Göttlichen Komödie«, gehört zu den geheimnisvollsten Schriften der Weltliteratur. Ein Text, der vielen Lesern noch heute Rätsel aufgibt. Um dieses Mysterium weiß auch Robert Langdon, der Symbolforscher aus Harvard. Doch niemals hätte er geahnt, was in diesem siebenhundert Jahre alten Text schlummert. Gemeinsam mit der Ärztin Sienna Brooks macht sich Robert Langdon daran, das geheimnisvolle »Inferno« zu entschlüsseln. Aber schon bald muss er feststellen, dass die junge Frau ebenso viele Rätsel birgt wie Dantes Meisterwerk. Und erst auf seiner Jagd durch halb Europa, verfolgt von finsteren Mächten und skrupellosen Gegnern, wird ihm klar: Dantes Werk ist keine Fiktion. Es ist eine Prophezeiung. Eine Prophezeiung, die uns alle betrifft. Die alles verändern kann. Die Leben bringt. Oder den Tod.

Dan Brown, Sohn eines Mathematikprofessors und einer Musikerin, arbeitete als Englischlehrer, bevor er mit dem Roman „Illuminati“ weltweit für Aufsehen sorgte. Mit seinen Romanen, die durch ihre Mischung aus Action, Wissenschaft und Geschichte bestechen, beherrscht er seither die internationalen Bestsellerlisten. Im Jahr 2004 wurden seine beiden Titel „Sakrileg“ und „Illuminati“ die Jahresbestseller in der Kategorie Hardcover und Taschenbuch! Mit seinem in 35 Ländern erschienenen und mit Tom Hanks in der Hauptrolle verfilmten Buch „Sakrileg“ wurde er zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller der letzten Jahrzehnte. Dan Brown ist verheiratet und lebt mit seiner Frau, einer Kunsthistorikerin, in Neuengland.
(Verlagsinfos)

Originaltitel: Inferno
Übersetzung: Axel Merz, Rainer Schumacher
Hardcover, 685 Seiten
ISBN: 978-3-7857-2480-4

Der Verlag bietet unter dieser Adresse eine Leseprobe an.

Janice Hardy – Krieg der Heiler (The Healing Wars 3)

Endkampf um die Freiheit: spannende Jugendfantasy

Die Schifterin Nya und ihr Freunde fliehen vor dem Herzog von Baseer und kehren in ihre Heimatstadt Geveg zurück. Dort haben sich die Einheimischen wie auch die Baseeri-Adeligen gegen den Herzog erhoben. Um sie vor dem anstehenden Angriff der herzoglichen Armee zu warnen, begeben sich Nya und Co. in die geteilte Stadt. Doch was können sie schon gegen eine Armee von Unsterblichen ausrichten, fragt sich Nya bang.

Die Autorin

Janice Hardy wurde in Pennsylvania geboren und wuchs in Florida auf. Sie machte ihren Collegeabschluss in Grafikdesign und arbeitete als Gestalterin für verschiedene Zeitschriften. Während dieser Zeit absolvierte sie einen Kurs als Rettungstaucherin. Dabei lernte sie ihren Mann kennen. Heute leben die beiden im amerikanischen Bundesstaat Georgia.

Janice Hardy – Krieg der Heiler (The Healing Wars 3) weiterlesen

Andreas Eschbach – Herr aller Dinge

Der Kurd-Laßwitz-Preisträger 2012!

Andreas Eschbach, einer der geistreichsten deutschen Schriftsteller unserer Tage, knöpft sich auch diesmal weltverändernde Potenziale vor. Herr aller Dinge transportiert eine vielschichtige Geschichte, deren erzählerisches Hauptaugenmerk auf die Beziehung zweier höchst unterschiedlicher Menschen gerichtet ist – quasi der erste Liebesroman aus Eschbachs Feder, könnte man behaupten. Handeln tut er allerdings vor allem von den Entwicklungen, die Hiroshi Kato, eine der beiden Hauptpersonen, antreiben und schließlich zu bahnbrechenden Erkenntnissen führen – und Eschbach entwickelt die Geschichte so geschickt, dass sich Hiroshi einer unermesslichen Verantwortung stellen muss und damit – liebe Leserinnen, hört kurz weg – die tragische Beziehung zu Charlotte Malroux auch so endet, wie sie sich entwickelte.

Charlotte Malroux ist die Tochter des französischen Botschafters, zum Beispiel in Tokio, wo sie die Bekanntschaft eines Jungen aus der Nachbarschaft, des Sohnes einer Hausangestellten sogar, macht und aus dieser Bekanntschaft für den Jungen, Hiroshi Kato, etwas erwächst, was ihn sein Leben lang mit der Sicherheit einer Idee begleitet und leitet, denn es führt ihm den Sinn und Unsinn der menschlichen Würde am Maßstab der Güterverteilung mehr als einmal deutlichst vor Augen, ein Charakteristikum unserer Gesellschaft, das er ausschalten will. Widersprüchlich ist er sich des Schicksals seiner Begegnung mit Charlotte und der Bedeutung derselben in tiefster Sicherheit bewusst, so dass sich für ihn grundsätzlich nicht die Frage nach einer anderen Frau stellt, vor allem, nachdem er sie an einer amerikanischen Universität wieder trifft und sich ihre kindliche Beziehung mit derselben Selbstverständlichkeit fortsetzt, die sie auch schon in Japan auszeichnete.

Sowohl Hiroshi als auch Charlotte verfügen über außergewöhnliche Fähigkeiten, die bei Hiroshi weltlicher, intellektueller Natur zu sein scheinen, doch möglicherweise auf Charlottes Gabe zurück zu führen sind: Charlotte hat Zugang zu historischen Erinnerungen, sie sieht die Bilder und die stärksten Gefühle der Menschen, die irgendeinen beliebigen Gegenstand berührten. Dabei werden diese Bilder deutlicher und stärker, je länger ein Gegenstand im Besitz eines Menschen war. Die Verbindung zwischen dieser Gabe und Hiroshis Begabung im technisch-mathematischen Bereich wird in einer frühen Szene des Romans deutlich, als die beiden Kinder auf einem Ausflug ein Artefakt entdecken, ein Messer, das eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Charlotte ausübt. Sie riskiert mehr als nur Ärger, als sie unbedingt versucht, das Messer zu berühren, um seine Geschichte zu erfahren. Unter den intensiven und schmerzhaften Eindrücken verliert sie das Gleichgewicht und Hiroshi fängt sie auf – und erlebt einen kurzen Kontakt über Charlotte mit dem Wesen des Messers. Dieser Zufall könnte von zentraler Bedeutung für die Ausprägung seiner unwahrscheinlichen Begabung sein.

Während sich nun auf der einen Seite alles um Hiroshis großes Ziel dreht, jedem Menschen zu jeder Zeit alles zu ermöglichen, ist die Beziehung der beiden Dreh- und Angelpunkt der weiteren Geschichte. Charlotte durchlebt emotionale Irrwege, bis sie an einer Expedition teilnimmt, durch die die Wende eingeleitet wird. Ab diesem Zeitpunkt fokussiert sich die Handlung immer mehr auf die Auswirkungen, die Hiroshi in der Entdeckung der perfekten Nanomaschinen erlebt, erkennt und befürchtet. Hier nimmt der Roman zwar deutlich sichtbar Charakteristika eines Science-Fiction-Thrillers an, und Eschbach scheut nicht einmal die Entfaltung des großartigen, umfassenden Erkenntnisbildes, ein Gefühl, das dem bewanderten SF-Leser als „Sense of Wonder“ geläufig ist. Trotzdem bleibt die Triebfeder die Beziehung zwischen den Protagonisten, aufgelockert durch eine auf Eifersucht basierende Intrige, die man sich getrost wegdenken kann. Dem gegenüber entwirft Eschbach ein grausames Bild von einer Menschheit, die vom Vernichtungswillen getrieben den Sprung in die Zukunft schafft. Mit dieser Erkenntnis der Möglichkeiten und im Science-Fiction-Sinn auch der eigenen Geschichte trifft Hiroshi seine Entscheidungen und sucht einen anderen Weg.

Die bedingungslose Zuneigung Hiroshis zu Charlotte und seine immerwährende Sicherheit, sie beide gehörten zusammen, führt tragischerweise dazu, dass er sich immer mehr von ihr distanziert. Hier kommen nämlich die Wirtschaftsmächte, Geheimdienste und Regierungen ins Spiel, die bei derlei gefährlichen Entdeckungen stets mit von der Partie sind. Logischerweise muss sich Hiroshi gegen eine einzelne Macht entscheiden, eine Tatsache, die sich schon lange durch die Literatur zieht und der sich auch Eschbach nicht verschließt. Also wird er als Gefahr eingestuft und verfolgt und muss Charlotte durch seine Abwesenheit schützen.

Man könnte denken, Hiroshi hätte seine Kenntnisse und Fähigkeiten auch einsetzen können, um unterzutauchen, doch sehen wir hier zwei Aspekte, die sich aus der Geschichte ergeben und das nicht zulassen. Charlotte erkrankte an einem Tumor, was Hiroshi natürlich kurz vor dem Showdown zu ihr lockte, um sie zu heilen – und damit die Verfolger auf den Plan ruft. Und Eschbach wählte Hiroshi als Japaner zum Protagonisten, um einen Menschen zu haben, der traditionell fähig ist, auch den letzten und endgültigen Schritt zu gehen und eine Weiche für die Zukunft der Menschheit zu stellen. Diese letzten Szenen des Romans kumulieren noch einmal alle Action und Gefühle, die sich mal auf- und abschwellend durch die Geschichte ziehen. Eschbach trifft den Nerv seiner Leser und schafft einen abschließenden Höhepunkt von ungeheurer Kraft. Der Kreis schließt sich in Gestalt eines Messers, das Charlotte als Erinnerungsstück von Hiroshi erhält. Und das eine Anleitung enthalten mag, sollte die Menschheit je für Hiroshis Erkenntnisse reif sein.

Viele Kritiker gelangen zu dem Schluss, dass Eschbach zwar außergewöhnliche Ideen umsetzt und tolle Romane schreibt, aber gleichzeitig eine unüberwindbar erscheinende Schwäche in dem Ende seiner Geschichten liegt, das den Leser oft verwirrt oder unbefriedigt zurücklässt. Mit „Herr aller Dinge“ widerlegt Eschbach diese Theorie, zwar nicht zum ersten Mal, aber in höchster Deutlichkeit und Selbstverständlichkeit, so dass man das Buch zuklappt – und erst einmal nichts sagt.

Gebunden, 687 Seiten
ORIGINALAUSGABE
ISBN: 978-3-7857-2429-3
Leseprobe
http://www.luebbe.de

Ausgezeichnet wurde der Roman mit dem Kurd-Laßwitz-Preis 2012
Die Jury des Deutschen Science Fiction Preises verlieh dem Roman den Zweiten Platz, knapp hinter Karsten Kruschels „Galdäa – Der ungeschlagene Krieg“.

Der Autor vergibt: (5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (2 Stimmen, Durchschnitt: 4,50 von 5)


 

Eva Völler – Zeitenzauber – Die magische Gondel

Venedig 2009. Die 17 Jahre junge Anna_ verbringt mit ihren Eltern die Sommerferien in Venedig. Ihr Vater, ein bekannter Archäologe, hat beruflich in der Stadt der schwarzen Gondeln zu tun. Nachdem Anna schon viel Kultur „ertragen“ musste, ist sie froh, dass ihre Eltern viel unterwegs sind und sie ihre Tage frei von Verpflichtungen gestalten kann.

Bei einem Stadtbummel fällt Anna eine rote Gondel ins Auge, sie stutzt kurz, schließlich sind in Venedig alle Gondeln schwarz. Da am nächsten Tag jedoch eine historische Bootsparade stattfindet, misst sie der Gondel nicht allzu viel Bedeutung bei. Merkwürdig ist allerdings, dass sie ein leichtes Kribbeln im Nacken spürt, eine Warnung vor Gefahr!

Am nächsten Tag besucht Anna mit ihren Eltern die historische Bootsparade. Durch ein Gedränge, hervorgerufen durch einen gutaussehenden Jungen, wird Anna ins Wasser gestoßen. Prustend taucht sie aus dem verschmutzen Wasser auf und wird von einem alten einäugigen Gondoliere ausgerechnet in die merkwürdige rote Gondel gezogen. Anna will gerade wieder auf den Bootssteg klettern, als die Luft um sie zu flirren beginnt. Plötzlich wird die Welt dunkel um Anna und sie verliert das Bewusstsein.

Anna erwacht völlig nackt und muss mit Erschrecken feststellen, dass sie im Venedig des 15. Jahrhunderts gelandet ist!

_Kritik_

Eva Völler hat mit „Zeitenzauber – Die magische Gondel“ ihren ersten Jugendroman im Genre „Fantasy“ geschrieben. Eingebettet in eine wunderbare Kulisse erzählt die Autorin die Abenteuer die Anna erlebt.

Klar und flüssig erzählt Eva Völler die fesselnde Geschichte, rückblickend auf die Ereignisse, aus der Perspektive ihrer jungen Protagonistin Anna. Der Schreibstil ist auf die Zielgruppe junger Leser ausgerichtet. Verständlich und mit einer guten Portion Humor fesselt die Autorin ihre Leser spielend. Begriffe und Schauplätze, die nicht jedem geläufig sind, wie beispielsweise die Namen einiger Museen oder die mittelalterlichen Zeitangaben wie „Terz“ werden in der Fußzeile erklärt. So ist der unterhaltsame Roman auch für jüngere Leser leicht verständlich. Humorvoll löst die Autorin auch das Problem mit den neumodischen Begriffen im Jahre 1499, ihre Darsteller aus der Zukunft unterliegen einer Sprach-„Sperre“, die zum Beispiel aus der Toilette einen Abtritt oder aus einem iPod schnell einen Spiegel werden lässt.

Der Großteil der Geschichte spielt sich im Venedig des Jahres 1499 ab, dank einer guten Recherche, schafft es die Autorin den Lesern diese Zeit in der Renaissance bildgewaltig nahezubringen. Authentisch und detailliert werden die Gebäude und die Stadt beschrieben und so fällt es leicht, mit den Figuren in die Geschichte einzutauchen.

Auch die Spannung lässt keine Wünsche offen, mit den Ereignissen steigt auch der Spannungsbogen stetig an und schnell ist der Leser von den abwechslungsreichen Abenteuern gefesselt. Nach einem spannenden Showdown läuft die Geschichte langsam aus. Dabei bleiben letztendlich jedoch einige Fragen offen, was auf weitere Fortsetzungen hoffen lässt. Auch die abschließenden Ereignisse lassen auf den Beginn einer Reihe hoffen.

Eva Völler hat ihre liebenswerten Darsteller sehr sympathisch und authentisch konzipiert. Äußere Erkennungsmerkmale sind hervorgehoben und so fällt es leicht, sich die Figuren bildlich vorzustellen. Auch das Verhalten passt zu dem jeweiligen Alter und auch zu den Zeiten, aus denen die verschiedenen Figuren kommen.

Am besten lernt der Leser Anna kennen, da die Geschichte aus ihrer Sicht erzählt wird, werden ihre Charaktereigenschaften und Gefühle glaubwürdig übermittelt und der Leser hat die Chance, sich in die junge Protagonistin hineinzuversetzen. Altersgemäß tritt Anna auf und beweist zudem eine Menge Mut.

Leider wirken die weiteren Figuren recht eindimensional und blass. Auch wenn diese Figuren trotzdem für einige Überraschungen im Handlungsverlauf sorgen, wirken diese unvollständig. Einige Fragen bleiben daher ungeklärt oder verlaufen im Nichts. Viele Hintergründe dieser Charaktere werden nur kurz angerissen und diese werden lediglich von der Handlung vorangetrieben. Hier bleibt zu hoffen, dass die Autorin einen Mehrteiler geplant hat und sich auch die weiteren Figuren entwickeln können.

Das Cover fällt besonders ins Auge, auf dunkelblauem Hintergrund sind ein voller Mond, eine rote Gondel und Anna zu sehen. In diese Illustrationen ist der Titel eingebettet. Stimmig zum Inhalt ist dieses Cover wunderschön anzusehen.

_Autorin_

Eva Völler hat sich schon als Kind gern Geschichten ausgedacht. Trotzdem hat sie zuerst als Richterin und später als Rechtsanwältin ihre Brötchen verdient, bevor sie Juristerei und Robe schließlich endgültig an den Nagel hängte. „Vom Bücherschreiben kriegt man auf Dauer einfach bessere Laune als von Rechtsstreitigkeiten. Und man kann jedes Mal selbst bestimmen, wie es am Ende ausgeht.“ Die Autorin lebt mit ihren Kindern am Rande der Rhön in Hessen.

_Fazit_

„Zeitenzauber – Die magische Gondel“ ist ein zauberhafter und magischer Jugendroman. Eva Völler hat hier, trotz der bekannten Idee, etwas ganz Eigenes geschaffen. Hier überzeugt nicht nur der charmante Sprachstil, auch die zarte Romanze und besonders die wunderbare Kulisse überzeugen absolut. Da fällt es leicht, kleinere Schwächen zu vergeben.

Junge und jung gebliebene Leser werden viel Freude an „Zeitenzauber – Die magische Gondel“ haben, besonders Liebhaber von Zeitreiseromanen wie zum Beispiel Kerstin Giers „Edelstein“-Trilogie ist das Buch wärmstens zu empfehlen.

Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
ISBN-13: 978-3833900266
www.luebbe.de
www.evavoeller.de

Mike Resnick – Wilson Cole 5: Flaggschiff

Die „Wilson Cole“-Romane bringen endlich, muss man sagen, Mike Resnicks Romane in den deutschen Sprachraum. Als einer der beliebtesten und erfolgreichsten amerikanischen Science-Fiction-Schriftsteller wurde er mit Auszeichnungen überhäuft, sodass es erstaunt, wie wenig davon über den großen Teich geschwappt ist. Allein seine Kurzgeschichten erhielten vor allen lebenden wie toten SF-Autoren die meisten Preise.

„Wilson Cole“ ist eine fünfteilige Geschichte um ein Raumschiff, seine Besatzung und ihren Captain, ebenso wie es eine Geschichte ist um Missbrauch von Staatsgewalt, Ethik, blinden militärischen Gehorsam und bedingungslose Freundschaft. „Flaggschiff“ ist der bezeichnende Titel des finalen Bandes und kündet von spannenden Auseinandersetzungen …

Der unbequem gewordene Held der Republik Wilson Cole kommt als zweiter Offizier an Bord der Theodore Roosevelt. Nachdem sein dortiger Captain die sinnlose Vernichtung eines ganzen bevölkerten Planeten befiehlt, übernimmt Cole das Kommando und setzt den Captain in Haft, bis ein offizielles Kriegsgericht sich dem fehlgeleiteten Druck der Öffentlichkeit beugt und Cole verurteilen will. Die Mannschaft der Teddy R befreit ihn und sie flüchten an die Innere Grenze, einen weitgehend gesetzlosen und unabhängigen Bereich der Galaxis.

Hier versuchen sie sich als Piraten, was sich nicht mit ihrer Moral vereinen lässt. Also wird die Teddy R ein Söldnerschiff und erfüllt militärische Aufträge, wobei Cole Wert auf Menschlichkeit legt und dadurch immer neue Schiffe in seine wachsende Flotte eingliedern kann. Das Hauptquartier wird die elf Kilometer große Station Singapur.

Als die Raumflotte verstärkt beginnt, Planeten der Inneren Grenze zu überfallen und die Bewohner zwangszurekrutieren, beginnt unter Coles Führung ein Partisanenkampf gegen jedes eindringende Raumschiff der Flotte. Der Gegenschlag lässt nicht lange auf sich warten: Durch unglückliche Umstände gelingt es der Flotte, Coles Ersten Offiziers Forrice habhaft zu werden. Sie foltert ihn vor laufender Kamera brutal zu Tode und bricht damit die letzten Reste der einstigen Loyalität, die Cole noch banden – ja, sie entfacht den unbändigen Rachedurst und Hass in ihm, der ihn dazu treibt, der Republik offiziell den Krieg zu erklären …

Wilson Cole und seine Verbündeten attackieren die Schiffe der Raumflotte, wo immer sie sich in die Innere Grenze wagen. Doch gleichzeitig lecken sie ihre Wunden, denn die große Schlacht um Station Singapur hat zu derben Verlusten bei den Rebellen geführt. Einen weiteren Angriff dieser Art kann Cole nicht stoppen, und so sucht er konzentriert nach Möglichkeiten, dem Gegner zuvor zu kommen und gleichzeitig die Station aus der Gefahrenzone zu bringen – indem er sie von allen rebellischen Streitkräften entblößt.

Seine Mitstreiter zweifeln bisweilen stark an ihren Möglichkeiten, und erst, als ein Verbündeter ihnen ein mächtiges, modernes Schlachtschiff der Republik zuführt, reift in Cole der verwegene Plan, der die Schlacht entscheiden soll. Bis es soweit ist, führen seine Mitstreiter vernichtende Angriffe auf lange verlassene Planeten der Republik aus, die den republikanischen Medien als aus Unfähigkeit der Raumflotte geborene Vernichtungsschläge der Teroni dargestellt werden und so sehr schnell zu Ängsten in der Bevölkerung führen, die schließlich in Missgunst der Regierung und der Raumflotte gegenüber umschlagen. Die Stimmung in der öffentlichen Meinung wird immer sympathischer für Cole und sein Vorhaben, das Übel an der Wurzel zu packen. Dabei will er sich als Gefangenen auf die Zentralwelt der Republik bringen lassen – natürlich mit Hilfe des erbeuteten Schiffes, das unzweifelhaft unbehelligt dorthin gelangen können sollte.

Das letzte Problem auf diesem Weg sind fehlende Legitimierungscodes. Als Cole ein Offizier der Raumflotte in die Hände fällt, greift er zu allen Mitteln, um ihm die Daten zu entlocken, und schreckt dabei zum Wohle der Allgemeinheit selbst vor nachdrücklichen Verhörmethoden nicht zurück, was bei einigen Besatzungsmitgliedern zur Befehlsverweigerung führt und ihn mächtig auf die Palme bringt.

Letztendlich ist er nicht der Einzige, der die Zentralwelt der Republik an ihrem Nerv angreift, und obwohl er selbst durch den neuen Feind am Leben bedroht wird, hilft ihm dieser Druck bei der Erfüllung seines Vorhabens …

Zwischen den Fronten oder: Die Ethik der cole’schen Rebellion

Wie nicht anders zu erwarten breitet sich vor uns eine spannende, actiongeladene und zwiespältige Geschichte aus, die die besten Attribute der Space Opera in sich vereint, ohne dabei den abgehobenen psychedelischen und übersphärischen Ambitionen der modernen Genreschriftsteller zu folgen. Nein, sie bleibt durch und durch menschlich und bodenständig, die einzigen zu verzeichnenden Höhenflüge sind in der genialen Planungs- und Rhetorikgewandtheit Wilson Coles zu finden, der wie immer seine Mitstreiter und den Leser mit Winkelzügen, Ideen und logischer Überzeugungskraft überrascht.

Betrachtet man sich die finale Charakterentwicklung, wird deutlich erkennbar, dass Resnick bei allen Protagonisten eine beherrschende Menschlichkeit herausstreicht und sie der Unmoral der Raumflotte respektive der republikanischen Regierung entgegensetzt. Die Sympathien sind also klar verteilt, und die Probleme, die sich in der Republik auftun, finden sich durchaus auch in unseren Gesellschaften wieder, sodass Resnick trotz der wenigen, zielgerichtet herausgepickten Aspekte seiner Kritik, eine große kritische Betrachtung unserer Vorgehensweisen und Billigungsmoral liefert.

Die in diesem letzten Roman herausgekehrte Kritik ist die Frage nach der Billigung von „nachdrücklichen Verhörmethoden“, wie sie zu allen Zeiten in der Geschichte unserer Erde Anwendung fanden und zu unserem Schrecken noch immer finden, legalisiert man sie doch über die Totschlagargumentation, mit ihrer Hilfe schlimme Verbrechen verhindern zu können (so geschehen bei Bombendrohungen, wo man die Position der Bomben rechtzeitig heraus fand). Die Folter, denn um nichts anderes handelt es sich – auch wenn strikt behauptet wird, beispielsweise das sogenannte „water boarding“ sei keine Folter, da man dem Verhörten keinerlei bleibende Schäden zufüge – , als terrorpräventive Maßnahme zu legalisieren ist natürlich eine gefährliche Diskussion, und an dieser Diskussion beteiligt sich Resnick konsequent im vorliegenden Roman. Eine ethische Lösung für das Problem kann er nicht aufzeigen, aber es zeugt von Mut und Kritikfähigkeit, wenn man seinen charismatischsten Protagonisten mit diesem Problem konfrontiert. Hut ab.

Dieser Streitpunkt nimmt nur einen kleinen Raum in der Geschichte ein, denn trotz allem schreibt Resnick einen grandios unterhaltenden Roman, wie er schneller oder flüssiger kaum vorstellbar ist. Gegen die modernen Totschläger von backsteindicken, langatmigen und abschweifenden Romanen nehmen sich die „Cole“-Romane richtig bescheiden aus, doch gerade darin liegt ein Teil der Faszination: Wie es Resnick schafft, auf diesem geringen Umfang ein so komplexes Bild zu entwerfen und gleichzeitig diese spannende Geschichte zu erzählen, lässt nur staunen. Mit wenigen Strichen und treffenden Dialogen skizziert er das Gefühl, hautnah dem Geschehen beizuwohnen. An Coles Erfolg besteht natürlich nie ein Zweifel, gerade auch weil er, der geistige Überflieger, sich mit Experten aller Bereiche umgibt und so ein quasi unschlagbares Team anführt. Trotzdem hat man nie den Eindruck, von einer Superheldgeschichte vorgeführt zu werden, sondern sieht hier das Mittel zum Zweck.

Während also die „Cole“-Geschichte in erwartungsübertreffender Qualität ihr Finale bestreitet, bleibt die Frage zurück, welchen Bereich Resnicks überbordenden Universums die deutsche Verlagsgemeinde als Nächstes in Angriff nimmt, um dieser besten Unterhaltung gerecht zu werden.

Taschenbuch: 368 Seiten
ISBN-13: 978-3404233502
Originaltitel:
Starship: Flagship
Deutsch von Thomas Schichtel

Der Autor vergibt: (5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)

Indriðason (Indridason), Arnaldur – Frevelopfer

_Handlung:_

Als der unscheinbare Telefontechniker Runolfur tot in seiner Wohnung gefunden wird, ist sein gesamtes Umfeld fassungslos. Der Mittdreißiger, der einst aus der Provinz nach Reykjavik übergesiedelt war, genoss einen tadellosen Ruf und wurde von Kunden und Kollegen als freundlich und zuvorkommend beschrieben. Wer hatte also eine Berechtigung, dem Mann in seinem eigenen Haus die Kehle durchzusäbeln?

Kommissarin Elinborg, die in Erlendurs Abwesenheit die Regentschaft über das Morddezernat übernommen hat, greift den Fall auf und ermittelt zunächst in der direkten Umgebung, dann aber auch rasch in Runolfurs Vergangenheit. Was hatte der Mann zu verbergen? Warum war er bis zum Anschlag mit der Modedroge Rohypnol vollgepumpt, der man nachsagt, sie würde bei Vergewaltigungen eingesetzt? Und in welchem Zusammenhang stehen seine Person und die jüngsten Vergewaltigungsfälle in der Innenstadt. Elinborg tappt im Dunkeln und erfährt auch in der verschlossenen Provinz, der Runolfur entstammt, kaum Brauchbares. Doch es sind ausgerechnet die absurdesten Hinweise, die den Fall voranbringen und eine Spur zum Mörder eröffnen. Doch während Elinborg sich vor ihrer Familie vor dem gesteigerten Arbeitseinsatz rechtfertigen muss und die vermeintlich falschen Täter ins Kreuzfeuer geraten, nehmen die Ermittlungen Züge an, die selbst für die härter gesottene Kommissarin schwer zu begreifen sind …

_Persönlicher Eindruck:_

Ein Erlendur-Krimi ohne den eigentlichen Hauptdarsteller? Nahezu undenkbar! Aber auf jeden Fall einen Versuch wert, hat sich Arnaldur Indridason gedacht, und den störrischen Hauptermittler in seinem neuen Island-Krimi abgesehen von ein paar Erinnerungsrufen völlig außen vor gelassen. Und noch mehr: Erlendur ist irgendwo an der Ostküste und ohne jegliches Lebenszeichen verschollen und erweckt selbst in seiner Abwesenheit Mysterien, wie man sie in dieser packenden Form wohl nur vom beliebten Bestseller-Schreiber kennt.

Doch welche Rolle kommt Elinborg nun zu, die bislang eher im Hintergrund agierte, und über die man immer nur in groben Zügen lesen durfte, in welchen Lebensumständen sie sich befindet? Nun, einerseits übernimmt sie selbstredend den Part der polizeilichen Ermittlerin, und das voller Cleverness und Intelligenz, aber auch gefühlvoller und menschlicher als ihr verreister Kollege. Während der offenkundige Misanthrop sich verstärkt isoliert und nichts an sich heranlässt, versucht Elinborg zunehmend, sich in die Motive der möglichen Tätet hineinzudenken, ihr Handeln auch auf der emotionalen Ebene zu begreifen und auch für die Teilgeständnisse der Beteiligten Verständnis aufzubringen. Und gerade das ist eine ganz neue Seite in den Indridason-Krimis, die in „Frevelopfer“ allerdings auch sehr befriedigend ausgeschmückt wird. Elinborg entpuppt sich nämlich als eine prima Hauptdarstellerin, als ein sehr nahbarer Mensch und zuletzt auch als ein sehr großes Fass neuer Ideen, die in diesem Fall auch in den privaten Bereich der Ermittlerin hineinreichen und somit auch neben dem eigentlichen Fall eine Menge Potenzial offenbaren.

Die Ermittlungsarbeiten selber sind mal wieder sehr lebendig geschrieben, wobei sich Indridason in erster Linie wieder auf die dominanten Dialoge verlässt. Der Autor nutzt seine Fähigkeit als Erzähler nur selten und lässt viel lieber seine Akteure sprechen. „Frevelopfer“ mag vielleicht sogar sein dialogreichstes Werk bis dato sein, was einerseits zwar auf Kosten der Action geht, andererseits aber auch insofern gut gelöst ist, dass die Vorstellungskraft ständig geweckt wird. Die grausamen Ereignisse in Runolfurs Wohnung machen hier den Anfang, die Geschichten über Vergewaltigungen und die Beschreibung der Tathergänge schließlich den Schlusspunkt – und immer wieder geht Indridason sehr stark in die Tiefe, ohne dabei den Kern der Handlung aus den Augen zu verlieren – ein perfektes Szenario für einen Kriminalroman, wie sich alsbald herausstellen soll.

An Spannung hapert es dementsprechend auch nicht, obschon der Autor hin und wieder sehr eigenwillige Wege wählt und seine Leserschaft bewusst und spürbar auf die falsche Fährte lockt. Der Fall scheint bereits mehrfach aufgeklärt, was angesichts der geringen Seitenzahl jedoch unrealistisch scheint, so dass gerade die überraschenden Wendungen in „Frevelopfer“ zu großen Teilen durchschaubar sind. Dies wirkt sich aber keinesfalls negativ aus, da man den Faden auch aus diesem Grund nicht verliert und der Zugang zur Story nie abhandenkommt. Ferner ist die Auflösung sehr emotional und rechtfertig jeden unsensiblen Sprung in der Handlung problemlos – und lässt den Leser konstatieren, dass der isländische Starschreiber mal wieder alles richtig gemacht hat: Die Wahl der Akteure, das Szenario, der enorm brisante Realitätsbezug und zuletzt die Geschichte selber. So wie in „Frevelopfer“ kann man sich Arnaldur Indridason nur wünschen!

|Gebundene Ausgabe: 380 Seiten
Originaltitel: Myrká
ISBN-13: 978-3-7857-2393-7|
[www.luebbe.de]http://www.luebbe.de

_Arnaldur Indridason bei |Buchwurm.info|:_
[„Nordermoor“ 402
[„Engelsstimme“ (Hörbuch) 721
[„Todeshauch“ 856
[„Menschensöhne“ (Hörbuch) 1217
[„Tödliche Intrige“ 1468
[„Kältezone“ (Hörbuch) 2258
[„Kältezone“ 2274
[„Todeshauch“ (Hörbuch) 2463
[„Engelsstimme“ 2505
[„Gletschergrab“ (Hörbuch) 3068
[„Frostnacht“ 3989
[„Kältezone“ (Hörspiel) 4128
[„Todesrosen“ 5046
[„Todesrosen“ (Hörbuch) 5107
[„Codex Regius“ 5554
[„Frevelopfer“ 6208

Andreas Eschbach – Ein König für Deutschland

Das ist Timing! Ende September 2009 stehen in Deutschland die Bundestagswahlen an, und auf den einschlägigen Seiten wurde Andreas Eschbachs neuer Roman für den 15. September angekündigt. Ein Roman, der mit eschbachtypischem Charisma ein heikles Thema, das aktueller nicht sein könnte, packt und die Dinge beim Namen nennt: Computer wurden zur Datenmanipulation erfunden! Also öffnen Wahlcomputer der Wahlmanipulation unschuldig grinsend alle Tore!

Andreas Eschbach, auf dessen Homepage man nicht nur Informationen zu seinen Veröffentlichungen und Lesereisen findet, sondern auch viel interessanten und schön aufbereiteten Stoff zum Leben und zur Arbeit eines Schriftstellers, verblüfft immer wieder mit seinen Romanen, die ein ihm wichtiges Thema umfassend behandeln und dabei in ihrer Qualität als Unterhaltungsmedium stets allen Ansprüchen gerecht werden. Wen interessiert schon eine wissenschaftliche Abhandlung über die Möglichkeiten, über Wahlcomputer den Ausgang einer Wahl zu manipulieren? Um wie viel spannender ist dagegen ein Roman zu diesem Thema, noch dazu von einem erzählerischen Genie wie Eschbach!

In seinem Roman »Eine Billion Dollar« nutzte er die Seitenzahlen, um die Größenordnung dieser Summe deutlich zu machen. »Ein König für Deutschland« heute ist ein Roman, dessen Stichhaltigkeit der Autor mit ausführlichen Fußnoten und Quellenangaben belegt. Wen also nur die erzählte Geschichte interessiert, den stören keine hemmenden Fakten – doch jeder hat die Möglichkeit, die als Tatsachen dargestellten Unstimmigkeiten bei Wahlen und andere Hintergründe nachzulesen und zu überprüfen.

Der Roman

Der Deutsche Simon König, ehrbarer Gymnasialprofessor und Historiker, erlebte auf einer Amerikareise einen Fehltritt mit einer Amerikanerin, wodurch seine Ehe in die Brüche ging. Das Ergebnis der Verbindung ist der Sohn Vincent Merrit, Programmierass und Schöpfer einer Software samt Benutzerhandbuch zur Manipulation von Wahlcomputern. Durch Konflikte mit mafiaähnlichen Gruppierungen und politischen Lobbyisten ist Vincent gezwungen, sein Programm zu verstecken: Er sendet es dem Vater nach Deutschland, der in der Folge in Kontakt mit dem Chaos Computer Club tritt und zur Offenbarung der Manipulierbarkeit von Wahlcomputern eben dieses Programm nutzt, um sich zum König wählen zu lassen. Der Reiz der plötzlichen Möglichkeiten ist auch auf diesen bodenständigen und intelligenten Simon König sehr groß …

Kritik

Vincent Merrit wird als Programmierer dargestellt, wie ihn sich Eschbach als ehemaliger Softwareentwickler vorstellt: bleich, hager, selbstbewusst, Pizza essend und Cola trinkend, ohne dauerhafte Beziehung außer zu seinen Rechnern. Und davon hat er eine ganze Menge, richtet in seinem Haus einen Server- und Arbeitsraum mit zig Rechnern ein und lebt kaum in der »realen« Welt. Er erfüllt also einige der gängigen Klischees über seine Zunft, allerdings auf überwiegend positive Art. Denn er bewegt sich ebenso wie im Netz auch im »real life« souverän – sieht man von seinen Reibungspunkten mit dem Gesetz ab. Ein perfekter Macher. »Ein Präsidentenmacher«.

Simon König ist der Inbegriff der Bodenständigkeit. Lehrer mit idealistischen Vorstellungen, aber von der Realität gefangen und eigentlich zufrieden mit seinem Leben – abgesehen von dem Desaster seiner Ehe durch den Seitensprung in Amerika. Über Diskussionen mit seinem Freund und Kollegen Bernd erfährt man seine Ideen zur Verbesserung der Bildung und Gesamtsituation in Deutschland, außerdem erfährt er durch ein zufällig entdecktes Spiel, wie langfristig eine Besserung der Verhältnisse bewirkt werden kann (dabei ist nicht klar, ob diese Deutung auf Eschbachs Ideengut zurückzuführen ist oder das Spiel tatsächlich zu diesen Ergebnissen führt). König ist also der perfekte Weltverbesserer.

Im Chaos Computer Club findet sich eine Organisation zur Durchführung aller möglichen Manipulationsmaßnahmen jeglicher Größenordnung, um auf Missstände – gerade im Bereich Sicherheit – aufmerksam zu machen. Diese Verbündeten stehen für die Durchführbarkeit des Planes, computergestützte Wahlen zu sabotieren – die perfekten Revolutionäre.

Der Mafiaabkömmling Zantini ist als Zauberer ein Profi der Täuschung und Manipulation. Ihm die Rolle des finanziellen Nutznießers zu geben, schließt endlich den Kreis der perfekten »Mitarbeiter« an diesem Projekt. Trotz der Schwierigkeiten, die Eschbach der Manipulation zugesteht, traut man den Trick diesem gewieften Zauberer durchaus zu. Und anhand seiner Charakterisierung ist auch nachvollziehbar, wie er moralisch angelegt ist, um mit Wahlbetrug zu Reichtum kommen zu wollen.

Die kaum erkennbaren Hintergrundorganisationen, die eigentlichen Auftraggeber und direkten Interessenten am Programm werden entweder durch Parteiabgeordnete oder klischeebehaftete »Agenten« mit Kurzhaarschnitt und Namen wie Smith und Miller dargestellt. Sie symbolisieren das Interesse oder auch den Einfluss von Lobbyisten, Parteien und staatlichen Organisationen an einem sicher vorhersagbaren Wahlergebnis.

Insgesamt also eine Topbesetzung, in der man jedem Darsteller seine Handlungen abkauft: technisch einwandfrei entwickelte Charaktere mit dem Vorteil, dass man ihnen ihre Perfektion während der Geschichte nicht ansieht. Es ist wie in einem Film, in dem man nicht einen Sean Bean über schneebedeckte Gipfel wandern sieht, sondern voller Sorge auf die lederbehandschuhte Hand blickt und denkt: Boromir, gib den Ring zurück!

Fazit

Der Roman gleicht in Stil und Aufbau sowie in der Sprache keinem anderen aus Eschbachs Fabrik und zeugt damit erneut von den Fähigkeiten des Autors, sich nicht zu wiederholen und jeden Roman auf andere, neue und immer wieder spannende Art zu verfassen. Und wenn man das Buch zuklappt, hinterlässt es abgesehen von dem Gefühl, grandios unterhalten worden zu sein, den Wunsch und die Hoffnung, niemals zu Abstimmungen oder gar Wahlen an Computern gezwungen zu sein, und ein endgültiges Einsehen bei den Verantwortlichen, diesen unzweckmäßigen Einsatz von Computern zu unterbinden.

491 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-7857-2374-6

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Stephen Lawhead – Scarlet – Herr der Wälder (Rabenkönig 2)

Die Rabenkönig-Trilogie:

Hood – König der Raben
Scarlet – Herr der Wälder
Tuck (Januar 2009, US-Ausgabe)

Stephen Lawhead (* 1950) setzt seine historisch fundiert recherchierte Fassung der Legenden um Robin Hood auf interessante Weise mit einem erzählerischen Kniff fort:

Der titelgebende Will Scarlet, Vertrauter des Rabenkönigs Rhi Bran y Hud, sitzt im Gefängnis und wartet auf seine Hinrichtung. Nur der Verrat am Rabenkönig und seinen Gefährten könnte ihn vor Abt Hugos Zorn retten. Scarlet diktiert Bruder Odo seine Geschichte, und beide werden allmählich Freunde, denn Scarlet denkt gar nicht daran, Hugo oder den Sheriff mit Informationen zu versorgen. Er schildert Odo, wie sein Thane Aelred entmachtet und er zum Geächteten wurde, wie er sich dem Rabenkönig anschloss und schließlich gefangen gesetzt wurde.

Erst nach dieser Rückschau setzt die weiterführende Handlung des zweiten Bandes ein:

Rhi Brans Männer haben einen an den Papst adressierten Brief erbeutet, dessen Inhalt sie vorerst nicht richtig deuten können. Dieser ist jedoch brisant und grenzt an Hochverrat: Einige der Barone von König Wilhelm Rufus kochen lieber ihr eigenes Süppchen als treu zu ihrem Lehnsherrn zu stehen. Auch die Familie de Braose ist in das Komplott verwickelt, und Bran sieht die lang erwartete Gelegenheit gekommen, sein Erbland Elfael zurückzugewinnen und die Gnade und Gerechtigkeit des Königs zu erlangen.


Meine Eindrücke

Da dies der zweite Band einer Trilogie ist, kann man erahnen, dass Rhi Bran/Robin und der König differierende Auffassungen von ‚Gerechtigkeit‘ haben. Historisch wurde Wilhelm Rufus von dem verirrten Pfeil eines Untergebenen niedergestreckt; nach dem Ende des zweiten Bandes bin ich mir sehr sicher, dass es sich in dieser Trilogie nicht um ein Versehen handeln wird. Aber in „Scarlet“ wird der König überleben; die Eskalation des Kampfes zwischen dem König, dem Sheriff und Robin Hood wird erst im abschließenden Band „Tuck“ stattfinden.

Der erste Teil des Buches behandelt das Leben William Scatlockes, der sich selbst Scarlet nennt – aufgrund seines Namens, nicht wegen einer besonderen Vorliebe für die Farbe. Er wird nie in scharlachroter Montur auftreten, wie dies in diversen Filmfassungen der Fall ist. Diese Romanpassage langweilte mich ein wenig, denn so nett und interessant Scarlets Geschichte auch sein mag, die Erzählung vom brutal durch die Normannen enteigneten Waliser, der daraufhin zum Geächteten wird und in die Wälder flüchtet, wurde im ersten Band bereits erzählt. Robin und Scarlet sind beide erstklassige Bogenschützen, auch sonst sind sie sich sehr ähnlich, sowohl in ihrer Geschichte als auch in ihrem Charakter.

Erst als die Sprache auf den Brief kommt, läuft „Scarlet“ zur Höchstform auf. Mit Sir Guy de Gysburne und Richard de Granville, dem Sheriff, treten notorisch berühmt-berüchtigte Figuren der Legenden um Robin Hood auf. Auffallend ist, dass Granville zwar Sheriff, aber nicht der Sheriff von Nottingham ist. Hier möchte ich daran erinnern, dass Lawhead die Handlung in das walisische Grenzgebiet verlegt hat. Im Gegensatz zu anderen Fassungen sind der Sheriff und Sir Guy auch nicht ein Herz und eine Seele oder Herr und Untergebener. Sir Guy und seine Ritter dienen dem ehrgeizigen Abt Hugo, nachdem sie von Robin überfallen und ausgeraubt wurden, ihren Baron enttäuschten und Guys Karriere in dessen Diensten beendet war. Er ist dem Sheriff nicht direkt unterstellt, obwohl dieser sehr oft nach Gysburne ruft.

Ziemlich zurückgenommen hat Lawhead den Groll, den Gysburne gegen Robin hegt. Er dient jetzt dazu, zwei verschiedene Arten von Grausamkeit und Unrecht zu zeigen, unter denen die Waliser zu leiden haben: So töten die jungen Ritter Guys nach einer frustrierend erfolglosen Jagd ein paar Tiere aus der Herde eines walisischen Hirten. Er lässt sie gewähren und schlägt den ihn um Gerechtigkeit anflehenden Hirten nieder. Er hat keine besondere Beziehung zu den Bewohnern oder dem Land, in dem er jetzt dient und lebt. Sie sind ihm völlig egal. Die Grausamkeit des Sheriffs ist anderer Natur: Er kennt die Regeln der Macht und setzt das Gesetz mit erbarmungsloser Härte durch. Bewusste Abschreckung durch Terror und ein Hang zum Sadismus zeichnen ihn aus, der dem gedankenlos brutalen Guy fehlt. Sir Guy kennt Ritterehre; er nimmt es den Sheriff übel, wenn er Wort bricht und Gefangene trotzdem hängen will, obwohl er ihnen zuvor Versprechungen gemacht hat.

Der weitere Verlauf ist geradezu klassisch: Der Sheriff jagt Robin, doch er erwischt ihn nicht. Robin versucht einmal sogar, den betrunkenen Sheriff zu entführen, und schleppt ihn wie einen nassen Sack über der Schulter mit sich. Verkleidet unter den Männern des Sheriffs, schlägt er ihnen so manches Schnippchen, und es kommt sogar zu einem Bogenschießen mit Sir Guy, obwohl es kein direkter Wettbewerb zwischen den beiden sein wird. Besonders interessant wird die Geschichte, als Robin sich in die Dienste des Königs stellt: Sein Erbland Elfael gegen die Aufdeckung einer Verschwörung gegen Wilhelm Rufus. Dieser ist leider, wie bereits erwähnt, kein edler Richard Löwenherz. So entledigt sich Robin zwar der Familie de Braose, sein Land erhält er dennoch nicht zurück:

|“Nach einer angemessenen Zeit des Nachdenkens ist der König zu dem Schluss gekommen, dass es nicht im besten Interesse der Krone ist, Elfael zu diesem Zeitpunkt wieder unter walisische Herrschaft zu stellen.“ „Und was wird aus uns?“, schrie Bran, der nun sichtlich wütend wurde. „Das ist unser Land – unsere Heimat! Man hat uns Gerechtigkeit versprochen!“

„Gerechtigkeit“, erwiderte der in Seide gewandete Bischof kühl, „habt ihr auch bekommen. Euer König hat ein Urteil gefällt. Sein Wort ist Gesetz.“
(…)

Gysburne war der Einzige, der diese Katastrophe amüsant fand – er und ein paar der nicht ganz so klugen Soldaten bei ihm.| (S. 444/446)

Ich hoffe etwas klüger zu sein als die Soldaten Gysburnes, aber als Leser finde auch ich die Situation köstlich. Erst jetzt wird Robin Hood vom lästigen Räuber zum ernsthaften Problem, eine Eskalation und das Aufeinanderprallen von Sheriff, Gysburne und Robin unvermeidlich. Und auch mit dem König und Abt Hugo wird noch abgerechnet. Viel Stoff also für den abschließenden Band, der wieder von einer anderen Person – dem aufgrund der Ernährung im Wald nicht mehr ganz so dicken Mönch Tuck – erzählt werden wird.

Fazit

Erwähnenswert ist auch das neue Erscheinungsbild der Trilogie: „Scarlet“ verwendet dasselbe moderne und hübsch anzusehende Titelbild wie die amerikanische Fassung. Auch wenn mir dieser Stil persönlich besser gefällt als der des ersten deutschen Bandes „Der König der Raben“, ist es dennoch ärgerlich, dass das Erscheinungsbild der Trilogie verändert wurde. „Der König der Raben“ ist jetzt im neuen Einband unter dem leicht veränderten Titel „Hood – König der Raben“ erhältlich.

Bei der wie üblich lobenswerten Übersetzung von Rainer Schumacher fielen mir einige Schludrigkeiten bei der Namensgebung auf: Baron Neumarché heißt jetzt Baron Neufmarché (im ersten Band Neumarché), das englische William und das deutsche Wilhelm werden wahllos miteinander gemischt und vermischt für ein- und dieselbe Person, und aus Guy von Gysburne wird manchmal auch Guy de Gysburne. Die verschiedenen Stadien der Verballhornung von Rhi Bran y Hud über Rhi Bran Hud zu Riban Hud und schließlich Robin Hood sensibilisieren für die Namensgebung, und es mag gut möglich sein, dass im Original Gysburne von normannischen Adeligen als „de Gysburne“ und von den Walisern als „von Gysburne“ bezeichnet wird, allerdings konnte ich diese mögliche Unterscheidung im Text der deutschen Übersetzung nicht nachvollziehen und die Verwendung erschien mir wie bei William/Wilhelm sehr willkürlich.

Auch wenn mir der Charakter Will Scarlet wie ein schwächeres Abziehbild Robin Hoods erscheint, kompensieren die späteren Auftritte des Sheriffs und die Handlung um den politisch brisanten Brief für diese gewisse Redundanz zum ersten Band. Es wird nicht mehr so viel Hintergrund über die Lage im Land dargelegt, nur wenige, spärlich kurze Passagen werden noch aus der Sicht der normannischen Adeligen erzählt. Das habe ich ein wenig vermisst, dafür gibt es jetzt mehr äußere Handlung – es wird erfrischend viel gekämpft, intrigiert und getrickst.

Zu meiner großen Freude scheint der Abschlussband aufgrund des Cliffhangers, in dem Abt Hugo Sir Guy de Gysburne gezielt auf die Jagd nach Robin schickt, noch mehr davon zu bieten. Stephen Lawhead, obwohl – wie seit Anfang 2007 bekannt ist – an Krebs erkrankt, geht es nach eigenen Angaben wieder besser, und die Ankündigung im Nachwort der deutschen Übersetzung (der abschließende Band könne aufgrund gesundheitlicher Probleme eine Weile auf sich warten lassen) ist somit überholt. „Tuck“ erscheint im US-Original am 10. Februar 2009; über den Erscheinungstermin der Übersetzung ist noch nichts bekannt.

Gebunden: 461 Seiten
Originaltitel: Scarlet
Ins Deutsche übertragen von Rainer Schumacher
ISBN-13: 978-3-7857-2341-8

http://www.stephenlawhead.com
http://www.luebbe.de

_Mehr von Stephen Lawhead auf |Buchwurm.info|:_

[Hood – König der Raben
[„Der Sohn des Kreuzfahrers“
[„Der Gast des Kalifen“
[„Die Tochter des Pilgers“
[„Taliesin“
[„Empyrion – Die Suche“
[„Empyrion – Die Belagerung “
[„Der Sohn der grünen Insel“

Meyer, Kai – Dschinnland (Die Sturmkönige 1)

Kai Meyers Romane grenzen sich auf angenehme Weise von der klassischen Fantasyliteratur ab. Anstatt auf Elfen, Zwerge und Orks zurückzugreifen und den immer gleichen Kampf Gut gegen Böse lediglich leicht abzuwandeln, setzt der deutsche Autor auf reale oder zumindest in der Realität verwurzelte Sagen, Mythen und Schauplätze und verknüpft sie behutsam mit wenigen, dann aber umso effektiveren fantastischen Elementen.

Nach seinem „Merle“-Zyklus in einem abenteuerlichen Venedig, den „Wellenläufern“ vor dem Hintergrund einer bunten Piratenwelt und der „Wolkenvolk“-Trilogie in einem fremden und zugleich magischen China spielt Kay Meyers neuester Dreiteiler „Die Sturmkönige“ im Orient. Im Zentrum steht Bagdad. Fern des Bildes einer bombardierten und von Terroranschlägen gezeichneten Stadt, wie man die irakische Metropole fast täglich in den Medien zu sehen bekommt, lässt sie Meyer im Glanz vergangener Tage aufleben. So ist es kein Zufall, dass die Welt an die Märchen aus Tausendundeiner Nacht erinnert. „Dschinnland“ hat der deutsche Vielschreiber den Auftaktsband seiner Trilogie betitelt, und eben dort hindurch müssen seine Hauptfiguren, um in die legendäre Stadt und das Zentrum der Welt zu gelangen. Eine Reise, die so manches Abenteuer bereithält.

_Inhalt_

Die Handlung beginnt in Sarmakand, und dort ohne große Vorgeschichte, sondern mitten in einem nächtlichen Rennen auf fliegenden Teppichen – quer durch die engen Gassen und gut bewachten Regierungsgebäude. Tarik al-Jamal ist ein Meister seines Fachs und beherrscht die Kunst des Teppichfliegens wie kein zweiter. Wenn er Geld braucht, meldet er sich kurzerhand bei einem der verbotenen Rennen an. Die Gefahr ist groß, das Preisgeld für den Sieger daher mehr als üppig. Es geht hart zur Sache, die Konkurrenten bedrängen sich gegenseitig und provozieren den Kontrollverlust des anderen, um ein Absturz über den Dächern der Stadt zu erzwingen. Ins Ziel kommen nur wenige. Wer mit samt Teppich in die Tiefe stürzt, hat Glück, wenn ihn nur die Bettler finden und den Besitzer um den kostbaren Teppich bringen. Wer Pech hat, wird von den Soldaten geschnappt und binnen weniger Tage hingerichtet, denn auf die Benutzung fliegender Teppiche steht die Todesstrafe. Gut für Tarik, das er noch nie verloren hat und bisher immer als Sieger aus den Rennen gehen konnte – zumindest bis zur besagten Nacht.

Tarik hat für seine knapp dreißig Jahre ein ereignisreiches Leben hinter sich. Als Schmuggler machte er sich einen Namen, weil er die gefährliche Route zwischen Samarkand und Bagdad etliche Male zurückgelegt hatte – mitten durchs gefürchtete Dschinnland, eine Einöde, in der die Dschinne das Sagen haben. Und die machen kurzen Prozess mit jedem Menschen, der ihr Territorium durchquert. Es war ein Fehler, auf seinem letzten Flug durch die Wüste seine große Liebe Maryam mitzunehmen – sie musste sterben, weil Tarik sie nicht beschützen konnte. Er verließ nach diesem Vorfall nie wieder Samarkand und plagte sich mit Gewissensbissen. Noch einmal würde er solch einen Fehler nicht begehen.

Doch wie es das Schicksal so will, kollidiert Tarik in jener Nacht während des Teppichrennens auf einer Mauer mit dem Mädchen Sabatea und stürzt zu Boden. Sofort sammeln sich zwielichtige Gestalten um sie. Tarik will schon wieder abheben, um das Rennen doch noch zu gewinnen, besinnt sich dann aber eines Besseren und opfert den Sieg, um das Mädchen vor den Straßenräubern zu verteidigen. Sabatea erweist ihre Dankbarkeit auf äußerst frivole Weise – aber sie hat noch mehr im Sinn, als sich ihrer Lust hinzugeben. Denn sie will nach Bagdad und braucht dafür einen einen tapferen Begleiter. Was für ein Zufall, dass sie ausgerechnet mit dem besten Teppichflieger der Stadt zusammengestoßen ist. Doch Tarik lässt sich trotz ihrer weiblichen Reize nicht überreden und lehnt ihr Angebot ab. Den Tod einer Begleiterin im mörderischen Dschinnland will er kein zweites Mal verantworten.

Sabatea hat allerdings ein weiteres Ass im Ärmel. Sie wendet sich an Junis, Tariks jüngeren Bruder, der immer in dessen Schatten gestanden hat und nun beweisen will, dass er eine Reise nach Bagdad auf sich nehmen kann. Als Tarik von dem Aufbruch der beiden erfährt, ist er hin- und hergerissen. Letztendlich entscheidet er sich dazu, Junis und Sabatea zu folgen. So weiß er sich zumindest in ihrer Nähe und muss später nicht vorwerfen, gleichgültig zu Hause geblieben zu sein. Für die zwei ungleichen Brüder und ihre Gefährtin Sabatea beginnt eine Reise voller Gefahren in einem Land, das sich im Aufbruch befindet. Denn den Blick gerichtet auf ihre eigenen Städte, wo sie sich mit genügen Sorgen und Nöten herumplagen müssen, haben die Menschen die Dschinne aus den Augen verloren. Ein Umstand, den sich die Bewohner der Einöde zwischen Bagdad und Samarkand zunutze machen.

_Bewertung_

Die Dreiecksbeziehung zwischen Tarik, Junis und Sabatea steht im Vordergrund der Erzählung. Alle drei haben unterschiedliche Motive, eine Reise durch das Dschinnland zu wagen. Bei allen Unterschieden müssen sie aber zusammenarbeiten, wenn sie den beschwerlichen Weg meistern wollen. Ein Unterfangen, das genügend Konfliktpotenzial bereit hält. Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind es, mit denen Kai Meyer seinen Spannungsbogen zieht. Er schafft damit ein solides Grundgerüst, das den Charakteren wesentlich mehr Tiefe verleiht, als wenn der Ansporn ihres Handelns, wie leider im Fantasygenre eher die Regel als die Ausnahme, außerhalb der Personen liegt und über Prophezeiungen oder Visionen an sie herangetragen wird.

Ganz klischeefrei kommt Dschinnland aber nicht daher. Der Leser muss sich damit begnügen, dass Sabatea mit ihren weiblichen Reizen und ihrer geheimnisvollen Art genauso die typischen Rollenmuster bedient wie der große, aber innerlich zerrissene Held Tarik und sein kleiner, gerne aufbegehrender Bruder Junis. Und was die weiblichen Reize schon vermuten lassen: Die „Sturmkönige“-Trilogie richtet sich an ein erwachsenes Lesepublikum. Obwohl ein Großteil der Handlung durchaus jugendbuchkonform ist, schlägt Meyer stellenweise im Stil um. Vor allem eine Sexszene gleich zu Beginn hat es in sich. Das romantische, hübsch aufgemachte Cover des Buches, das „Die Sturmkönige“ ohne Weiteres im Buchhandel einen Platz im All-Age- oder Junge-Leser-Bereich verschafft, sollte darüber nicht hinwegtäuschen.

Verziert wird die in sich plausible Charakterzeichnung des Romans durch eine fantastische Welt. Fliegende Teppiche, Dschinne, weite Wüsten, hängende Städte und groteske Götzen sind die Bausteine, aus denen sich auch die Märchen aus Tausendundeiner Nacht zusammensetzen. Kai Meyer spart nicht damit, auf die bekannten Versatzstücke zurückzugreifen, bewahrt sich jedoch davor, sie nur hier und da als Schmuckstücke zu gebrauchen. Vielmehr verfremdet er das Setting und fügt angenehme Details hinzu, die der Handlung förderlich sind. Teppichrennen ist keine Freizeitbeschäftigung, sondern ein illegales Geschäft, das mit Blut bezahlt wird. Die Dschinne sind ebenso wenig harmlose Wesen und entschlüpfen keinen magischen Flaschen, wenn man nur lang genug an ihnen reibt. Wünsche erfüllen sie schon gar nicht. Stattdessen beschreibt sie Meyer als hagere, knochige Wesen mit dämonoiden Zügen, die für den Kampf geboren und den Menschen in Stärke und Ausdauer weit überlegen sind. So hat man Dschinne fürwahr noch nie erlebt. Doch so grausam sie auch sein mögen, nicht alles im Dschinnland ist den drei Helden feindlich gesonnen.

_Fazit_

„Dschinnland“ bildet den Auftakt der „Sturmkönige“-Trilogie. Was es mit den titelgebenden Sturmkönigen auf sich hat, erfährt der Leser erst im späteren Teil des ersten Bandes und soll hier noch nicht enthüllt werden. Nur so viel: Was mit einem zwar gefährlichen, aber noch verhältnismäßig harmlosen Teppichrennen beginnt, steigert sich im Verlauf der Handlung zu einem Abenteuer, das an den Grundfesten der Welt rüttelt. Zwar fällt der Mittelteil hie und da etwas lang aus, am Ende entschädigt Kay Meyer aber mit einem Cliffhanger, der es in sich hat und das Warten auf den zweiten Teil fast unerträglich macht. Ein spannender Roman, der aber nicht ganz an frühere Bände von Meyer heranreicht. Was nicht ist, kann aber ja noch werden.

|428 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-7857-2336-4|
http://www.sturmkoenige.de
http://www.kai-meyer.com
http://www.luebbe.de

Dübell, Richard – Tochter des Bischofs, Die

[„Der Tuchhändler“ 2750
[„Der Jahrtausendkaiser“ 3003
[„Eine Messe für die Medici“ 3288
[„Die schwarzen Wasser von San Marco“ 3323
[„Das Spiel des Alchimisten“ 3380

Wir befinden uns im Aquitanien des 12. Jahrhunderts. Raymond le Railleur ist ein Vagant, ein Sänger. Und leider mag er auch gerne spöttische Versduelle zum Besten geben, die ihm nicht so gut bekommen. Aufgrund seines letzten, sehr unglücklich verlaufenen Auftrittes befindet er sich nun auf den Weg nach Poitiers, um den mächtigen Bischof Jean Bellesmains aufzusuchen.

Er erhofft sich von ihm die Chance, zu spielen und eine Empfehlung für den Hof des jungen König Henri Plantagenet zu bekommen, um seinem Beruf weiter nachgehen zu können. Doch der Bischof hat von seinem Ruf und auch von seiner letzten Pleite bereits gehört, und um dessen Empfehlung zu bekommen, muss Raymond einen Auftrag erfüllen. Der Assistent des Bischofs, Firmin, ist verschwunden; sollte Raymond ihn zurückbringen, wäre seine Zukunft gerettet. Widerwillig nimmt der Sänger den Auftrag an.

Glücklicherweise folgt der zweite Arbeitgeber auf der Stelle. Der ehrgeizige Ritter Robert Ambitien möchte, dass Raymond für ihn ein Fest ausrichtet, bei dem auch der Bischof eingeladen werden soll. Dankbar, einen Grund zu haben, um in der Gegend zu bleiben und Firmins Spur aufzunehmen, begibt sich Raymond auf Roberts Anwesen und verliebt sich prompt in dessen Frau Suzanne, die nicht nur wunderschön ist, sondern auch über ein scharfes Zünglein – vor allem gegenüber dem Klerus – verfügt.

Raymond, als Sänger natürlich verpflichtet, die Hausherrin anzubeten, schwankt nun zwischen zwei Aufträgen und seinen stetig wachsenden Gefühlen. Zu allem Übel findet er heraus, dass Firmin nicht nur verschwunden, sondern sogar ein Mörder ist. Als er selbst als Mörder gesucht wird, wird eines ganz deutlich: Dieser Auftrag hat es mächtig in sich, und seine Liebesgefühle sind nicht gerade förderlich für seine Situation …

„Die Tochter des Bischofs“ ist nun der fünfte Roman von Richard Dübell, den ich genießen durfte. Zwar stand mir diesmal nicht der Kaufmann Peter Bernward zur Seite, aber Raymond le Railleur ist mir auch ein wenig ans Herz gewachsen. Insgesamt ist der Roman meiner Meinung nach nicht so gelungen wie die Bernward-Romane, aber eine Lektüre wert ist er allemal – unterhaltsam, spannend, flüssig lesbar. Der Plot steuert gradlinig auf den Höhepunkt zu, nur eine Überraschung erwartet den Leser, und das natürlich am Ende der Erzählung.

Sprachlich fasziniert der Autor immer wieder mit pointierten Sätzen, zielgerichteten Beschreibungen und gut gesetzten Metaphern und Vergleichen. Das unterhält und verleitet zum Weiterlesen. Oft habe ich einen Satz ein zweites Mal gelesen – nicht, weil ich den Sinn nicht verstanden hätte, sondern weil der Satz einfach schön und harmonisch klingt. Das weiß zu gefallen!

Die Dialoge sind zum einen sehr spritzig, weil Raymond einen sehr sarkastischen, aber treffenden Humor besitzt, der ihm natürlich bei den Spottversen sehr zugute kommt. Zum anderen dienen die Dialoge aber natürlich auch dem Voranschreiten der Handlung, und auch hier beweist der Autor sein handwerkliches Geschick.

Nur die Charaktere sind mir etwas zu blass geraten. Ich kann noch nicht mal sagen, dass mir etwas an ihnen direkt fehlen würde, aber ich konnte mich bei weitem nicht so intensiv in sie hineinversetzen wie bei den anderen Romanen des Autors. Der bereits erwähnte Humor von Raymond ist die einzige Ausnahme, ansonsten verlaufen sich mir die Figuren doch zu sehr ins Klischee: der mächtige, grollende Bischof, der geifernde Pastor, die wunderschöne und kluge Rittersfrau, die natürlich nicht von ihrem Mann geliebt wird, sondern von dem Held der Geschichte. Ja, klar, Liebe gehört dazu, aber irgendwie hat man das in dieser Form doch schon allzu oft gelesen.

Raymonds Spurensuche kann der Leser gut folgen, durch dessen Gedanken auch gut mitziehen. Das Buch ist zwar in der dritten Erzählperspektive geschrieben, aber eindeutig aus Sicht des Sängers; es gibt auch keinen Moment, der den Leser von Raymonds Seite weichen lässt, dadurch wirkt alles fortlaufend und geradeaus geführt. So entdecken der Sänger und der Leser Stück für Stück das Geheimnis des verschwunden Mönches, und dadurch kommt entsprechende Spannung auf. Man will halt nicht nur wissen, wie Raymond Firmin schnappt, sondern auch, was der Bischof mit seinem abtrünnig gewordenen Untertan anstellt. Und nebenbei kann man dann ja auch noch erfahren, was nun mit den Gefühlen zwischen Suzanne und unserem Held sein wird. Happy End oder gebrochenes Herz auf Lebensende?

Insgesamt lässt sich sagen, dass mir „Die Tochter des Bischofs“ ganz gut, aber eben nicht herausragend gefallen hat. Ich habe das Buch gelesen, werde es aber kein zweites Mal zur Hand nehmen. Es ist zwar eher eines der mäßigeren dieses Autors, dafür aber immer noch deutlich besser gelungen als die vergleichbare Masse auf dem Buchmarkt.

Homepage des Autors: http://www.duebell.de
http://www.bastei-luebbe.de/
http://www.ehrenwirth.de

Hohlbein, Wolfgang – Horus

_Handlung_

Die ägyptische Katzengöttin Bast(et) kommt im Jahre 1888 nach London, um ihre Schwester Isis zu suchen, die sich in der Hauptstadt des britischen Empires aufhalten soll. Doch kaum hat sie das Schiff verlassen, wird sie von einem Falken angegriffen, den sie gerade so abwehren kann. Sind Isis und sie nicht die einzigen ägyptischen Götter in London?

Auf der Suche nach ihrer Schwester gelangt Bast ins Londoner East End. Doch dort treiben nicht nur Gottheiten ihr Unwesen, sondern auch ein Serienkiller: Jack the Ripper. Schon bald findet sich die Katzengöttin in einem Wirbel aus alten Verbindungen, Gefühlen, Verdächtigungen und unbändigem Hunger wieder …
Hohlbein, Wolfgang – Horus weiterlesen

Andreas Eschbach – Ausgebrannt

Markus Westermann ist auf dem speziellen Trip, viel Geld mit »opi & opm« (other people’s ideas and other people’s money) zu machen. Die neue Ölkrise und mit ihr der »Öl-Guru« Block kommen ihm gerade recht. Block ist fest überzeugt von seiner Idee, dort Öl finden zu können, wo die moderne Geologie keines findet. Und er besitzt das Charisma, andere Leute zu überzeugen. Für Markus ist das die Gelegenheit seines Lebens, und er fackelt nicht lange.

Mit Block und seiner Methode im Schlepptau organisiert er eine erfolgreiche Risikoinvestment-Firma, die erste Bohrungen finanziert und – da tatsächlich Öl gefunden wird – die Sache groß aufzieht. Mit einem Schlag ist Markus reich und erfolgreich, findet die Frau seines Lebens und lebt unter den Reichen und Schönen New Yorks ein Leben voll Sex und Drogen. Bis die Firma »Block Explorations« einen Auftrag aus Saudi-Arabien annimmt. Trotz größter Anstrengungen scheitert Block und verschwindet unter mysteriösen Umständen, die Investmentfirma zieht ihr Kapital zurück und Markus versinkt in Schulden. Es ist programmatisch, dass er auf seiner einer Flucht gleichenden Jagd nach den Unterlagen Blocks, um seine Methode zu retten, plötzlich mit leerem Tank auf dem Highway steht und einen schweren Unfall verursacht, der ihn zurück nach Deutschland in eine spezielle Reha-Klinik bringt.

Die globale Lage spitzt sich zu, Saudi-Arabien steht vor den Ruinen seines Ölreichtums und muss das Versiegen der größten Quellen offenbaren, die Weltwirtschaft bricht ein. Erste militärische Schläge von China, USA und Russland versuchen, die übrigen Ölvorkommen zu verstaatlichen, Terroranschläge erschweren ebenso wie offizielle Beschränkungen den Ölhandel. Es ist absehbar, dass die industrialisierte Welt im Chaos versinken wird, wenn keine Alternativen entwickelt werden.

Block bleibt weiterhin verschwunden, Markus wird nun auch in Deutschland polizeilich gesucht, und eigentlich bleibt nur die Block-Methode als rettender Strohhalm. Markus plant seine Flucht nach Amerika, um nochmals zu versuchen, der Unterlagen habhaft zu werden, die vielleicht die Welt retten können …

Andreas Eschbach schaffte mit dem vorliegenden Roman erstmals den Sprung in die Top10 der Spiegel-Bestsellerliste. Seine Romane zeichnen sich von jeher durch die hohe atmosphärische Dichte aus, was noch bei seinem Erstling Die Haarteppichknüpfer von vielen Verlegern verkannt wurde. Mittlerweile gehört Eschbach zu den interessantesten Schriftstellern, die in der Romanwelt zu finden sind. Eschbach lebt und arbeitet in Frankreich.

Das Erdöl – weiß doch jeder, dass es nicht ewig reichen wird. In Deutschland wurde der Grüne Punkt eingeführt mit dem Hinweis, an die Kinder zu denken. Damals wurden die Karosserien der meisten Autos noch aus Blech gefertigt. Spätestens 2050, so heißt es im Volksmund, müssten die Erdölvorkommen erschöpft sein. Hat sich mit diesem verbreiteten Wissen irgendetwas in unserem Verhältnis zu diesem Rohstoff getan? Ja. Man sammelt Kunststoffe und führt sie Recyclinganlagen zu. Oder findet sie in der Wüste wieder. Man schafft gläserne Getränkeflaschen ab und trinkt nur noch aus Plastikflaschen. Zwischen den einzelnen Käsescheiben liegt kein Papier mehr, sondern eine Folie. Und die Autos bestehen zu immer mehr Anteilen aus Kunststoff.

Eschbach findet in »Ausgebrannt« noch weit wichtigere und augenöffnendere Beispiele für diese verkehrte Welt, in der das Öl so unglaublich billig und kurz vor dem Versiegen ist. Man macht sich keine Vorstellung davon, wie billig es wirklich ist; man sieht die steigenden Treibstoffpreise und schimpft auf die Ölscheichs. Okay, seit diesem Jahr auch auf die Mehrwertsteuer.

Eschbach selbst hat einmal gesagt, in einem Roman stünde nur die Spitze des Eisberges an Informationen, die der Autor im Laufe seiner Recherche zusammenträgt. Legt man das zugrunde, muss er jetzt eine Bibliothek über wirtschaftliche Zusammenhänge, das Ölgeschäft, die Weltgeschichte in Zusammenhang mit dem Öl und den Standpunkt der alternativen Energien besitzen. Und trotzdem fühlt man sich von diesen Informationen nicht erdrückt, sondern im höchsten Maß unterhalten, man ist gefesselt bis zur letzten Seite und dankt Herrn Eschbach für die Eröffnungen. Einiges ist allgemein bekannt, viel dagegen wird nicht in der Form publik gemacht; es wird viel zu selten mit diesem Thema konfrontiert und viel zu wenig unternommen, was dem Menschen zeigen würde: Wir verschwenden das Öl nicht sinnlos, wir sind auf der Suche nach Alternativen, und zwar ernsthaft.

Ob die Theorie von Block wahre Aspekte haben könnte, werden wir nie erfahren, hoffentlich. Der Gedanke, doch noch mehr Öl finden zu können, klingt faszinierend, führt aber letztlich nur weiter in die Sackgasse. Diese Erkenntnis sammelt Markus Westermann auf seiner Suche nach Reichtum und dem Gefühl, »es geschafft zu haben«, reichlich spät und lässt damit Raum genug, den Leser ein Bewusstsein für die Problematik entwickeln zu lassen. Wenn man nach der Lektüre ein Formel-1-Rennen guten Gewissens anschauen kann, wer nicht die verbrannte Energie fühlt, wenn ein LKW die Straße vorbeidonnert, der hat zu viele Pausen beim Lesen gemacht und sich nicht auf die Thematik und die Geschichte eingelassen.

»Ausgebrannt« beschäftigt sich nicht in ausgelutschter Art mit einer Endzeit voll Mutanten und barbarischen Diktatoren. »Ausgebrannt« verlagert die Probleme, die sich aus dem Thema ergeben, aus der nahen Zukunft in die Gegenwart, führt vor Augen, dass es jederzeit zu dem Zusammenbruch kommen kann, und erklärt auch die Gründe. »Ausgebrannt« erzählt die Geschichte von modernen Ölsuchern und ihrer Habgier, die sie lange die Augen vor der Wahrheit verschließen lässt. Und »Ausgebrannt« breitet sich über die gesamte Zivilisation aus, dringt in jeden Haushalt ein, in jede Regierung, in jede Firma, in das Bewusstsein der Kinder. Eschbach erzählt keine Geschichte über einige wenige Helden, auch wenn die Protagonisten naturgemäß wenige sind.

Im Zusammenhang mit dem Ende des Erdöls kommt man schließlich doch nicht am Weltuntergang vorbei. Eschbach schafft das Kunststück, ein befriedigendes Ende zu liefern, in dem der Protagonist zu einer Erkenntnis gekommen ist, die das Ganze umschlagen lassen könnte in die ultimative Katastrophe. Dabei wird gerade in den Möglichkeiten, die noch erforschbar wären, geschickt die Assoziation zu anderen Erkenntnissen in der Geschichte geweckt, die sich schließlich als Geißel herausstellten.

Die Lektüre des Buchs führt zu einem Punkt: Man macht sich Gedanken. Mission erfüllt. Ein Roman für den Nobelpreis.

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (2 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)

Dübell, Richard – Jahrtausendkaiser, Der

Köln im Jahre 1245 n. Chr.: Der Besuch des Kardinals Giovanni da Uzzano aus Florenz bringt Unruhe auf das Gut Raimunds von Siebeneich. Der Kirchenmann bittet seinen alten Kreuzzuggefährten um Hilfe bei einem etwas heiklen Unternehmen. Raimunds Truchsess (führender Hofangestellter) und Kämmerer Philipp wird mit der Aufgabe betreut, Urkunden für einen Mann zu fälschen, der um seine Anteile an einem Erzvorkommen betrogen wurde, während er im Heiligen Land kämpfte. Als er zurückkehrte, brachte er es angeblich aus Liebe zu seiner Frau nicht über sich, ihre Familie zur Rede zu stellen. Aber nun, nach ihrem Tod, will er das Erbe für seine Tochter zurückgewinnen, allerdings sind seine Ansprüche bereits verjährt.

Philipp – von Anfang an misstrauisch dieser Geschichte des Kardinals gegenüber – macht sich auf den Weg zum Haus des Radolf Vacillarius, immer mit dem Bewusstsein, dass sein Herr die verstorbene Frau, Katharina, einstmals geliebt hatte und nun wünscht, dass der Tochter Dionisia ihr Erbe zurückgegeben wird. Als ehemaliger Novize und Kopist in einem Zisterzienserkloster sollte ihm die Aufgabe nicht allzu viele Schwierigkeiten bereiten. Wenn aber doch etwas schiefgehen sollte, so hatte der Kardinal unmissverständlich klar gemacht, dass mit seiner Hilfe nicht zu rechnen sei, sondern alles auf Phillip und dessen Herrn zurückfiele.

Währenddessen hält das Land eine Diskussion in Atem: Ist der Kaiser oder der Papst der mächtigste Anführer des Volkes? Die Kaiserlichen argumentieren mit der überlieferten Selbstkrönung des Kaisers Karolus Magnus (Karl der Große) und dessen Heiligsprechung, während die Päpstlichen darauf hinweisen, dass nur der Papst einen Kaiser krönen und heiligsprechen kann, da er der von Gott berufene Auserwählte ist. Außerdem sei Karolus Magnus von einem vom Kaiser bestimmten Gegenpapst heiliggesprochen worden und damit diese Heiligsprechung hinfällig. Als auf dem Marktplatz die Rede eines Propheten zur handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien führt, wird deutlich, dass sich die Lage zuspitzt. Die Aggressionsbereitschaft des Volkes wächst und hinterlässt eine desorientierte Hilflosigkeit, die die Tür für Betrug, Überfälle und Mord öffnet. Die einfachen Priester sehen sich über dem Recht des Landesherrn, fällen eigene Gottesurteile. Die Kaiseranhänger verhöhnen die Christlichen, provozieren durch Gotteslästerei und missachten die Gebote der Kirche.

Philipp, der auf seinem Weg zu seiner unangenehmen Aufgabe in Köln den jungen Sänger Minstrel kennen lernt, schenkt diesen Vorgängen wenig Beachtung und auch Minstrels mysteriöses, vom Alkohol entstelltes Gebrabbel vom Untergang der Welt und dem Jahrtausendkaiser, der das Volk in eine neue Ära führen soll, schockt ihn nur kurzfristig. Viel aufgebrachter ist er wegen der Verwüstung seiner Unterkunft durch den Sänger, nachdem er ihm eine Schlafstätte und Geld gegeben hatte, um ihm zu helfen. Was hatte der Sänger bei ihm gesucht? Welche wichtige Persönlichkeit wollte er in Köln treffen und warum?

Bei Vacillarius angekommen, erfährt Philipp, dass der Herr keine Originaldokumente über die Mitgift seiner Frau mehr vorlegen kann. Angeblich sind alle verbrannt. Der Mann lebt mit seiner Tochter alleine in dem heruntergekommenen Haus, nur der Pferdeknecht kommt ab und an mal, um die Tiere zu versorgen. Als Philipp versucht, durch diesen Knecht nähere Informationen über die Familie zu bekommen, stellt sich schnell heraus, dass das gesamte Dorf davon überzeugt ist, der Herr wäre verhext und zwar von seiner verstorbenen Frau. Was Philipp allerdings feststellen kann, ist, dass Radolf ein alkoholabhängiger, verwirrter Mann ist, der den Sinn seines Lebens in seiner Tochter sieht. Diese ist auch in Philipps Augen ein begehrenswerter Grund, um die Fälschung durchzuführen. Doch ohne die Originaldokumente kann er seine Aufgabe nicht durchführen und so begibt er sich auf die verhängnisvolle Suche nach den Heiratspapieren der Familie und gerät dadurch immer mehr in den Sumpf, den die Kirche rund um ihren Machtanspruch angelegt hat.

Als auch noch Minstrels Frau Aude auftaucht, um nach ihrem Mann zu suchen, ahnt Philipp, dass sich ein großes Komplott um Radolf Vacillarius und sogar den Kardinal gesponnen hat. Welchen Umfang dieses Komplott allerdings wirklich hat, erschließt sich Philipp erst, als die ersten Toten seinen Weg kreuzen und er erkennen muss, dass er verraten und verkauft wurde …

_Meine Meinung_

Diese Inhaltsangabe gibt höchstens ein Zehntel davon wieder, was sich alles auf diesen knapp 600 Seiten ereignet: die Suche der Originaldokumente in Philipps ehemaligem Kloster und bei den jüdischen Geldverleihern, die Verhaftung dieser Juden und die Verbrennung ihrer aufbewahrten Unterlagen (die Bewahrer der Vergangenheit), das Auftauchen des Ritters Ernst Guett’heure, dem das Herz von Dionisia gehört und der erfundene Geschichten vom Kreuzzug erzählt, den er angeblich mit Radolf zusammen erlebt hatte. Die sinnlose Ermordung des Hofkaplans Thomas, der Überfall auf eine Bauernfamilie, deren Oberhaupt Lambert Philipp von einem Händler gekauft hatte und der sein Geheimnis eben jenem Kaplan anvertraut hatte. Philipps erwachende Liebe zu Aude, die verzweifelt herauszufinden versucht, was ihr Mann wem erzählen wollte und wo er geblieben ist. Und nicht zuletzt Philipps eigenes Geheimnis, das sich in seiner Jugend im Kloster abspielte und mit dem er nie fertig wurde.

„Der Jahrtausendkaiser“ ist ein groß angelegter, extrem spannender Roman um das ewige Streiten der beiden größten Mächte im Reich: Papst und Kaiser. Wer hat mehr Anspruch auf die Führung des Volkes? Wer hat mehr Macht über die einfachen Leute? Der Papst belegt den Kaiser mit einem Bann, der Kaiser belegt seine Macht mit Karolus Magnus. Das Volk ist hin- und hergerissen und fragt sich ängstlich, ob die Propheten mit ihrer Weissagung Recht haben: Der Drachen wird kommen und jene, die dem rechten Pfad nicht folgen, vernichten. Doch was ist der rechte Pfad? Woran erkennt man den Jahrtausendkaiser, der die Welt in ein tausendjähriges Reich führen wird? Ist es der jetzige Kaiser? Oder der kommende? Hat der Papst vielleicht als Einziger die Macht dazu, den bestimmten Kaiser zu erkennen? So schaukelt sich die Unwissenheit und Ungewissheit so weit hoch, dass sich die Lager an die Gurgel gehen, um ihre Ansichten mit Gewalt durchzusetzen. Das Land versinkt im Chaos und weder der Papst noch der Kaiser scheinen irgendetwas dagegen zu unternehmen.

Mit dieser Kulisse als Hintergrund steht der junge Philipp mit seinem Problem, der Urkundenfälschung, recht alleine da. Er ist ein großartiger Charakter mit seiner Aufrichtigkeit, seinem häufig ausbrechenden Sarkasmus und seiner einerseits total naiven und andererseits immens abgeklärten Lebensauffassung. Sein Aufwachsen in dem Kloster hat ihm seinen Wunsch auf Gemeinschaft gezeigt, aber nie erfüllt. Als Einzelkämpfer fühlt er sich ebenfalls auf dem Hof seines Herrn, der ihn aus dem unglücklichen Klosterdasein befreit hat. Philipps Charakter hat eine sehr besondere Eigenschaft: Er ist fähig zu reifen. Am Anfang des Buches erscheint er als ein Junge, der zwar Verantwortung besitzt, aber nie lernen musste, um die Gunst anderer zu kämpfen. Er verbarg sich hinter Späßen und ironischen Bemerkungen, um sein Selbst nicht zeigen zu müssen. Im Laufe seiner mehr und mehr grauenvollen Suche verwandelt er seinen Zynismus in Standfestigkeit, er erkennt die wichtigen Elemente seines Lebens, er gewinnt an Stärke und Zutrauen. Er wird zum Mann mit allen Stärken und Schwächen eines Mannes. Dübells Talent, seine Charaktere zu echten Sympathieträgern zu machen, erstrahlt durch Philipp (genauso wie bei Peter Bernward aus [„Der Tuchhändler“) 2750 wieder einmal in seiner ganzen Pracht.

Richard Dübell hat den richtigen Ton getroffen. Auch „Der Jahrtausendkaiser“ fesselte mich bis zur letzten Seite. Die einzelnen Handlungsstränge enden erwartungsgemäß im gleichen Strick, doch schenkt uns der Autor eine überraschende Auflösung aller kleinen und großen Rätsel, die am Ende zu einem befriedigenden Finale zusammenprallen. Großes Kino! Aber genau das wäre es: Ich wünschte, dieses Buch würde verfilmt werden – Stoff und Spannung sind ausreichend vorhanden, um einen Kultstreifen à la „Der Name der Rose“ hervorzuzaubern. Aber egal, das Buch ist glasklar empfehlenswert. Es ist Unterhaltung pur und mitreißend bis zum Ende!

Homepage des Autors: http://www.duebell.de
http://www.luebbe.de

Andreas Eschbach – Der Nobelpreis

Bestsellerautor Andreas Eschbach – so nennen ihn Verlage und Fans gleichermaßen begeistert. Mit „Der Nobelpreis“ liegt der neueste Roman vor, der diesmal keinerlei Elemente aus Herrn Eschbachs Ursprungsgenre, der Science-Fiction enthält, sondern ein hochklassiger Thriller ist.

Über Andreas Eschbach gibt es viel zu sagen, aber vor allem zählt, dass er hervorragende Romane schreibt. Er ist gebürtiger Deutscher, wohnt aber seit einiger Zeit mit seiner Familie in der französischen Bretagne. Für seine Romane erhielt er regelmäßig Auszeichnungen, zuletzt schaffte er es mit seinem Romanerstling „Die Haarteppichknüpfer“ über den Großen Teich – die Amerikaner, sehr zurückhaltend, was die Übersetzung fremdsprachiger Romane angeht, veröffentlichten ihn als edlen Hardcover unter dem Titel „The Carpetmakers“.
Weitere Infos unter http://www.andreaseschbach.de.

Der Nobelpreis

Für Hans-Olof Andersson ist der Nobelpreis eine Institution, für deren Glaubwürdigkeit er alles tun würde. Er schlägt ein enormes Bestechungsgeld aus, als er als Mitglied des Nobelkomitees für Medizin für eine bestimmte Kandidatin stimmen soll (was er allerdings ohnehin beabsichtigt hatte). Der Nobelpreis käuflich? Unvorstellbar! Da greifen die Hintermänner der Bestechung zu einer anderen Maßnahme und entführen des Professors Tochter. Hans-Olof versteht diesen Angriff auf den Nobelpreis als unduldbaren Übergriff und geht zur Polizei. Wie er jedoch feststellen muss, ist ein Polizeibeamter direkt involviert – unmöglich kann er sich den Beamten anvertrauen. Bleibt als letzter Ausweg sein ungeliebter Schwager Gunnar Forsberg, der als Industriespion im Gefängnis sitzt.

Auf Bewährung bringt Olof ihn heraus und überträgt ihm die Suche nach seiner Tochter Christina. Hochprofessionell gelingen Gunnar nächtliche Besuche bei wichtigen Personen der verdächtigten Firma (Wer würde wohl am meisten vom manipulierten Nobelpreis profitieren? Doch wohl die Firma, bei der der Träger arbeitet!) und dort selbst, doch auf unglückliche Weise scheint die Polizei einen Riecher für ihn zu besitzen, so dass ihm oft nur knapp die Flucht gelingt. Über Christina lässt sich allerdings wenig herausfinden. Stattdessen kommt Gunnar einer ganz anderen Geschichte auf die Spur.

Für den Leser

Wie Herr Eschbach immer betont, ist auch dieser Roman wieder ganz anders als seine Vorgänger. Für die Geschichte ist ein wunderschöner erzählerischer Trick unabdinglich: Der Perspektivenwechsel zwischen Hans-Olof und Gunnar. Das kommt völlig überraschend und bewirkt außerdem eine Änderung in der Erzählung selbst und ihrem Stil. Man kann in ihrem Ton Teile der Lebenseinstellung der beiden Erzähler erkennen: Olofs gleichmäßige, etwas phlegmatische Stimme gegen Gunnars sprunghafte, aufmerksame und lebensfreudige. Dabei sind beide Personen sehr selbstüberzeugt und sehen Fehler nur bei Anderen, vor allem Gunnar fällt hier auf. Er macht natürlich alles richtig – bis er fast auf die Nase fällt, glaubt er auch daran.

Andreas Eschbachs Kreativität zeigt sich deutlich in einer Szene, in der Gunnar außergewöhnlich knapp der Polizei entkommt: In einer nächtlichen Arztpraxis ausweglos festsitzend, täuscht er den Beamten den Beischlaf mit einer populären Persönlichkeit vor und gibt sich selbst als Arzt aus. Entscheidendes Element ist für die Abwiegelung des Misstrauens der Männer der hastig versteckte, aber lang genug sichtbare triefende Penis des „Arztes“.

So überraschend eine derartige Beschreibung auch kommt, Herr Eschbach versteht sein Fach: Als Bühnenbildner, Regisseur und Schauspieler im Theater der Fantasie benutzt er alle Mittel, um seine Geschichte in die Vorstellung des Lesers zu transferieren.

Was außerdem macht diesen Roman so gut? Wahrscheinlich spielt auch die Technik eine große Rolle, die Flüssigkeit, der Spannungsaufbau, der sich durch die häufigen Rückschläge Gunnars manifestiert. Und Herr Eschbachs professionelle Recherche, denn wenn man den sachlichen Informationen zum Beispiel über den Nobelpreis glauben kann, offenbart sich zu einem großen Medienereignis dieser Monate ein toller „BILD“-Fehler: Der in Kalifornien hingerichtete Gangster. Ob diese Hinrichtung nun moralisch vertretbar oder abzulehnen ist, wurde an anderen Stellen diskutiert. Hier geht es um den Nobelpreis, für den der Gangster gleich mehrfach nominiert gewesen sein soll. Herr Eschbachs Recherche ergab, dass diese Informationen unter Verschluss bleiben. Darauf ist auch ein wichtiger Handlungspunkt zurückzuführen, ohne den die Geschichte so nicht funktionieren würde. Künstlerische Freiheit von Herrn Eschbach oder mediale Fehlinformation? Leicht lässt sich auf Letzteres Tippen.

Die Geschichte lädt zum Miträtseln ein. So erscheint es doch plausibel, dass der vorbildliche Hans-Olof, der ja für die entsprechende Kandidatin stimmen wollte, durch den gescheiterten Erpressungsversuch dazu gebracht werden sollte, ihr seine Stimme zu verweigern. Aber wäre das sinnvoll? Herr Eschbach spinnt ein feines Netz aus falschen Fährten, die zum Teil extra für den Leser angelegt erscheinen, da sie von den Protagonisten missachtet werden, uns jedoch so deutlich vor Augen liegen. Schließlich kommt aber doch alles ganz anders.

Fazit: Andreas Eschbach sagte sinngemäß, wenn man noch ein Buch in diesem Jahr oder Jahrzehnt lesen wolle, solle man Wolfgang Jeschkes „Cusanus-Spiel“ lesen. Diese Aussage trifft weitaus eher auf den „Nobelpreis“, seinen eigenen neuen Roman zu. Das ist garantiertes Lesevergnügen für jedermann.

Andreas Eschbach – Der letzte seiner Art

In einem verschlafenen irischen Fischerdorf erwacht Duane Fitzgerald – blind und bewegungsunfähig bis auf seinen Arm. Obwohl er mit einem Kantholz auf sich einprügelt – eine bisher oft erfolgreiche Methode – bleibt er hilflos. Glücklicherweise berührt er zufällig ein bisher unbekanntes Implantat unter seiner Bauchdecke und ein Zucken lässt seinen Körper erbeben. Dieses ihm neue Implantat (obwohl er doch eigentlich seinen Bauplan auswendig kennt) scheint den Stromausfall zu bewirken, also greift Duane nach dem erreichbaren Taschenmesser, klappt die Ahle heraus (was sich in seinem Zustand als besonders kompliziert erweist) und durchstößt die Bauchdecke. Normalerweise würde ein internes System Enzyme ausschütten, die für Schmerzunempfindlichkeit gesorgt hätten, aber leider ist dieses ja derzeit inaktiv. Duane bleibt nichts anderes übrig, als sich unter Schmerzen mit der Ahle in den Eingeweiden herumzuwühlen, um den Wackelkontakt am Implantat zu beseitigen.

Andreas Eschbach
Geboren am 15.9.1959 in Ulm. Verheiratet, ein Sohn.
Studierte in Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik, wechselte aber noch vor dem Abschluss in die EDV-Branche, arbeitete zunächst als Softwareentwickler und war von 1993 bis 1996 geschäftsführender Gesellschafter einer EDV-Beratungsfirma. Nach fast genau 25 Jahren in Stuttgart lebt er seit September 2003 mit seiner Frau in der Bretagne. Quelle: http://www.andreaseschbach.de/

Klar ist Duane Fitzgerald, der Ich-Erzähler des Romans, ein Cyborg – eine kybernetisch-organische Mixtur, fabriziert und entwickelt von amerikanischen Militärs, um als unbesiegbarer Steel-Man mit einigen Gleichartigen eine Sondereingreiftruppe zu bilden. Eschbach verknüpft intelligent die Zeitgeschehnisse mit seiner Geschichte. So wurde der erste Golfkrieg durch die USA nur so in die Länge gezogen, um die Steelmen rechtzeitig einsatzbereit zu machen – bis dato waren sie lediglich gut ausgebildete Marines mit einem künstlichen Arm. Erst als offensichtlich wurde, dass das Projekt nicht mit der nötigen Geschwindigkeit voranschritt, ging die Army zu der bekannten letzten Phase des Krieges über – ohne Steelmen.

Es ist ein absolut geheimes Projekt, über Jahre und mehrere Präsidentenlegislaturen hinweg in der Entwicklung. Ist es vorstellbar, dass sich so etwas – als Projekt, unabhängig vom Detail – durchführen lassen könnte bei den kleinlichen Differenzen verschiedener Machthaber? Eschbach stellt es dar, als habe das Militär seine eigene Forschung betrieben, bis schließlich Clinton die Einstellung anordnete.

Aus der Ich-Perspektive des Cyborgs, der mit Verschleißerscheinungen zu kämpfen hat, erhält die Geschichte trotz der typischen Verschwörung und der Horrorvision von unbesiegbaren Übermenschen einen humorvollen Schlag, denn seine Gedanken sind manchmal so natürlich und sprunghaft, dass man über seine Menschlichkeit lächelt und seinen Charakter sofort akzeptiert.

[…] stand da, wippte auf den Fersen und sah straßauf, straßab. Ich wurde unruhig, je länger es dauerte. Wie lange kann man schon an seinen Schuhen herumfummeln, ehe die Umwelt anfängt, das merkwürdig zu finden? […] Die Frau kam näher. […] Mit etwas Glück waren ihre Augen schlecht genug, dass ihr entging, dass ich Slipper trug […]
-Auszug aus „Der Letzte seiner Art“, S. 58

Es ist auch eine Art von Galgenhumor, die zwischen den Zeilen von Duanes Erzählung durchklingt. Eigentlich ist er natürlich völlig unzufrieden mit seinem Leben, andererseits fühlt er sich an seine Eide gebunden. Er sieht sich als menschliches Wrack, und durch den Verschleiß seines Systems erhält dieser Blickwinkel eine ganz neue, erschreckend reale Bedeutung. Die Geschichte nimmt eine Wendung, die für ihn entweder das endgültige Ende oder einen Neuanfang bedeuten könnte, doch damit einher gehen plötzlich auftretende Gefahren, die selbst für einen Steelman tödlich sein können – sind die Attentäter jetzt von den eigenen Leuten angeheuert oder vom Feind, der in den Besitz der Cyborgtechnik kommen will? Auf jeden Fall ist er gut über das Innenleben und die Möglichkeiten der Cyborgs informiert, so dass Duane nach und nach erfährt, wie seine Gleichartigen unauffällig ausgeschaltet wurden.

Zu diesem Zeitpunkt wird ihm klar, was wir schon länger befürchten: dass es um sein Leben geht, nicht nur um gewisse Annehmlichkeiten wie den frei gewählten Wohnort. Trotzdem wirken seine Gedanken (die eigentlich eine aufgeschriebene Erzählung darstellen, aber das erfahren wir erst später) manchmal in ihrer Analyse wie von einer außenstehenden Person, um dann wieder in das Innerste vorzudringen. Eschbach beginnt jedes Kapitel mit einem Zitat von Seneca, dessen Philosophie für Fitzgerald die einzige Möglichkeit darstellt, sein Schicksal zu ertragen. Er versucht, nach dieser Philosophie zu handeln und betrachtet dabei sein Bemühen skeptisch. Vor allem die Totalität des Endes fasziniert ihn, und so ist nicht verwunderlich, dass sich daraus eine Lösung für ihn selbst entwickelt.

„Der Letzte seiner Art“ ist eine Charakterstudie, die sich mit der ausweglosen Tragik eines Übermenschen befasst und in diesem Gewand ein heikles, gleichwohl sehr oft behandeltes Thema aufgreift. Was kann der Bürger schon von den Machenschaften und Projekten solcher Regierungen oder Militärs wissen? Auf der anderen Seite: Schürt man mit diesen Spekulationen nicht eine gewisse Furcht? In diesen Tagen vielleicht gar nicht so unsinnig.

Der Roman fließt ruhig dahin, unter einer stetigen Spannungssteigerung. Aber Eschbach zeigt trotzdem seine vielfältigen Künste, denn das Tempo erhöht sich schlagartig um ein Vielfaches, als der Cyborg sein System voll aktiviert (und damit schneller als jede menschliche Reaktion agieren kann). Danach fällt es wieder ab und lässt uns unseren Herzschlag beruhigen, um weiter dem Finale entgegenzustreben. Ein düsterer, philosophischer, sehr unterhaltsamer und eindringlicher Roman.