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Elrod, P. N. – tanzende Tod, Der (Jonathan Barrett 4)

[„Der rote Tod“ 821
[„Der endlose Tod“ 863
[„Der maskierte Tod“ 1582

Wir befinden uns im London des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Jonathan Barrett ist zusammen mit seiner Schwester Elisabeth aus den Kolonien angereist, um seine lang verschollene Flamme Nora Jones wiederzufinden. Doch tut er dies nicht (nur) aus gänzlich romantischen Gründen. Jonathan ist nämlich ein Vampir, und Nora für seinen Zustand verantwortlich. Und da im 18. Jahrhundert Vampire lange noch nicht so berühmt sind wie heute, tappt Jonathan im Dunkeln, wenn es darum geht zu definieren, was es mit seinem Zustand genau auf sich hat. Und so hofft er darauf, dass Nora seine zahlreichen Fragen beantworten kann – sollte er sie denn finden.

P. N. Elrods „Der tanzende Tod“ ist nun schon Band vier der Romanreihe um die Abenteuer von Jonathan Barrett. Der Leser durfte ihn zum Studium begleiten, seine Vampirwerdung beobachten, seine ersten zaghaften Schritte als Untoter anfeuern und seine Suche nach Nora Jones begleiten. Doch wurde eben jene Suche im letzten Band, „Der maskierte Tod“, relativ zügig unterbrochen, da Jonathan zwischen die familiären Fronten geriet und – mal wieder – dem Tod mit einem gewagten Satz von der Schippe springen musste, schließlich bewahrt ihn auch sein Vampirismus nicht vor Intrigen, Anschlägen, Duellen und Morddrohungen.

Dies führt dazu, dass sein (Un)Leben in „Der tanzende Tod“ ziemlich auf den Kopf gestellt ist. Plötzlich ist er nämlich Vater (war er doch während seines Studiums in London längst kein Kostverächter) und bekommt den Jungen von dessen leiblicher (und nicht ganz zurechnungsfähigen) Mutter sofort untergeschoben, die das Balg loswerden will. Und so kehrt in Jonathans Haushalt wieder die Friedefreudeeierkuchen-Stimmung ein, die der Leser von P. N. Elrod gewohnt ist.

Doch halt: Ganz so einfach ist die Sache nicht. Wie immer will man Jonathan an den Kragen. Und so muss er auch in diesem Band einigen Kugeln und Anschlägen auf sein Leben ausweichen und nebenbei herausfinden, wer ihm denn eigentlich ans Leder will …

In „Der tanzende Tod“ fährt P. N. Elrod wieder alle Kaliber auf. Jonathan, Elisabeth und Oliver leben mittlerweile zusammen in einem Haushalt und Elrod ergeht sich darin, die Idylle dieser Patchwork-Familie ausgiebig zu beschreiben. Da sind Teestunden mit einer Extrakanne voll Blut für Jonathan nichts Außergewöhnliches. Und als dann auch noch der kleine Richard dazustößt, wird es vorrübergend schier unerträglich zuckersüß. Kein kleines Kind ist ständig so putzig und gut erzogen. Und all die Spielstunden, die Vater und Sohn abends unternehmen, sind relativ repetitiv und tragen darüber hinaus nichts zum Fortkommen der Handlung bei.

Nur gut, dass Elrod ihren Plot bei all dem familiären Zusammensein nicht aus den Augen lässt. Es scheint sich nämlich einiges zusammenzubrauen. Während Jonathan und Oliver genüsslich einen Puff besuchen, der sich als türkisches Bad tarnt, wird Jonathan prompt erschossen. Und als er sich danach anschickt herauszufinden, wer die maskierten Übeltäter waren, hat er schnell noch mehr Häscher auf den Fersen. Nach guter alter Elrod-Manier geht es für Jonathan danach erst einmal steil bergab, bevor er es schafft, die Verschwörung aufzudecken und zu zerschlagen. Und das ist durchaus wörtlich gemeint …

Jonathan hat endlich ein Maß von Vertrauen in seinen Zustand gewonnen. So schließt er nicht jedes Mal mit seinem Leben ab und betet zu sämtlichen Gottheiten (denn eigentlich ist Jonathan ein rechter Feigling), wenn ihm jemand Böses will. Dieses Schema wurde in den vergangenen Romanen langsam ermüdend und so ist es zu begrüßen, dass Elrod es aufgegeben hat. Das bedeutet nicht, dass es keine brenzligen Situationen für Jonathan gibt – der Roman ist voll davon. Doch geht er nun anders mit diesen Situationen um und spielt den Helden auch schon mal überzeugender als in den Anfängen seines untoten Zustands.

Ach, und dann ist da ja noch Jonathans verzweifelte Suche nach seiner verschollenen Liebe Nora Jones. Seit vier Bänden wartet der geneigte Leser nun darauf, dass die beiden sich endlich wiederfinden. Wird es in „Der tanzende Tod“ nun endlich so weit sein, dass die beiden sich in die Arme fallen können? Oder sind die Gerüchte tatsächlich wahr, dass Nora krank darniederliegt? Wird Jonathan eine weitere Seefahrt wagen, um sie in Italien zu suchen?

Um das herauszufinden, gibt es nur eine Möglichkeit: Selber lesen!

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Elrod, P. N. – Blutzirkel (Vampirdetektiv Jack Fleming – Das 3. Abenteuer)

Tja, die Vergangenheit kann man eben nicht so einfach abschütteln. Gerade noch hatte Vampir Jack Fleming in „Blutjagd“ beschlossen, die Suche nach seiner alten Flamme Maureen aufzugeben, als sich ihre Schwester Gaylen meldete. Nun, mit all den neuen Informationen, die Jack gewonnen hat, beschließt er im dritten Band der Reihe um den Vampirdetektiv Jack Fleming, „Blutzirkel“, die Suche nach Maureen wieder aufzunehmen. Schließlich könnte sie in Lebensgefahr schweben; oder gar schon tot sein! So kehren er und sein Freund Escott dem Chicago der 30er Jahre den Rücken und reisen nach New York, denn dort verlor sich Maureens Spur vor fünf Jahren.

Mittlerweile hat sich Jack auch mit seinem vampirischen Dasein arrangiert. Die Blutbeschaffung bereitet ihm kein Kopfzerbrechen mehr (auch wenn sie unter Umständen sein Schuhwerk ruiniert, weil er einer Kuh hinterherjagt) und auch die hypnotische Beeinflussung von Menschen belastet sein Gewissen lange nicht mehr so stark wie noch in den Vorgängerbänden. Und sein Freund Escott scheint ohnehin keinerlei Probleme mit dem Zustand seines Freundes zu haben. Ohne zu Murren schleppt er dessen riesigen Kleiderkoffer durch die Gegend, schiebt dem untoten Jack heimlich Heimaterde unter und führt eine Art Erste-Hilfe-Kasten für Vampire mit sich (hauptsächlich bestehend aus einer Spritze, einem Schlauch und einer Anzahl Milchflaschen).

So ausgerüstet, begegeben sich die beiden nach New York, von wo aus die Spur schnell zum Anwesen der Franchers nach Long Island führt. Maureen nämlich hatte ihrer Nachbarin versichert, unter dieser Telefonnummer erreichbar zu sein. Dies verwirrt unsere beiden Detektive zunächst, können sie sich doch keinen Reim darauf machen, worin die Verbindung zwischen Maureen und der reichen und exzentrischen Emily Francher bestehen soll. Doch als sie das Anwesen erst besuchen, wird bald alles klarer. Der Sekretär der Besitzerin ist kein Geringerer als Jonathan Barrett höchstselbst, den wir schon kurz im letzten Band „Blutjagd“ kennen gelernt haben. Barrett, selbst Vampir, hatte Maureen offensichtlich Unterschlupf gewährt, jedoch nur für eine Nacht. Alles, was Jack und Escott darüberhinaus in Erfahrung bringen, will einfach keinen Sinn ergeben. Und Barrett selbst ist alles andere als hilfsbereit …

Wer Jonathan Barrett noch aus P. N. Elrods anderer Vampirserie kennt, der wird ihn hier zunächst nicht wiedererkennen. Der sensible Gutmensch, der als Erstes seine Familie in seinen Vampirismus einweiht und im Prinzip keiner Fliege etwas zuleide tun kann, ist in „Blutzirkel“ einem verschlossenen Eigenbrötler gewichen. Die beiden Vampire Fleming und Barrett umkreisen sich zunächst wie zwei hungrige Wölfe, die ihr Revier verteidigen wollen. Keiner traut dem anderen und ihr vorsichtiges Taktieren in Gegenwart des anderen ist ein reines Vergnügen für den Leser. Dass hier zwei Vampire mit- und gegeneinander agieren, ist ungemein reizvoll, durfte der geneigte Leser bisher doch „nur“ Jack als Vampir erleben.

„Blutzirkel“ ist in mancher Hinsicht anders als die beiden Vorgänger. Da wäre zunächst der Schauplatz: Vom lauten und gefährlichen Großstadtpflaster Chicagos geht es ins gemächliche, aber nicht weniger tödliche Long Island. Hier müssen sich Jack und Escott mit ganz anderen Problemen herumschlagen. Dass jeder jeden kennt und alles sofort weitergetratscht wird, wird Jack – mal wieder – fast zum Verhängnis. Zum anderen tauscht Elrod die wilden Verfolgungsjagden und Schießereien gegen bodenständige Detektion und Schnüffelarbeit.

Ein kleines Manko hat der Roman allerdings. Während die beiden Vorgänger von Heiko Langhans übersetzt wurden, übernahm diesmal Rosa Welz die Übertragung ins Deutsche. Das wirkt sich sprachlich auf den Detektivplot aus. Wo Heiko Langhans noch mit Verve heutzutage fast vollkommen verschollene Ausdrücke wie „Flüsterkneipe“ und „Rabatz“ ausgegraben hat, bietet die Übersetzung von Rosa Welz durchgehend flüssige, aber eben moderne Prosa. Der Reiz der 30er-Jahre-Gangstersprache, der im Erstling „Vampirjäger Jack Fleming“ am ausgeprägtesten war, ist mittlerweile fast gänzlich aus der Erzählung verschwunden. Schade!

Doch trotzdem bietet „Blutzirkel“ natürlich 250 Seiten Lesevergnügen. In gewohnter Manier tischt P. N. Elrod dem Leser einen packenden Plot, ein mysteriöses Geheimnis und mit Jack Fleming einen toughen, aber humorigen Helden auf. Amüsante Kurzweil und spannende Detektion gehen in „Blutzirkel“ Hand in Hand – alles gebettet auf Elrods überzeugende Charaktere. Denn wenn die amerikanische Autorin ein Talent hat, dann ist es das Erschaffen von dreidimensionalen Charakteren, die dem Leser einfach nie langweilig werden. Über Jack und Escott gibt es immer wieder Neues zu erfahren und man kann es kaum erwarten, den nächsten Band in den Händen zu halten. Gut, dass Elrod kaum Ermüdungserscheinungen zeigt und ihrer vampirischen Protagonisten noch lange nicht überdrüssig ist!

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[„Der rote Tod“ 821

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[„Vampirdetektiv Jack Fleming“ 432

[„Blutjagd“ 1928

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Elrod, P. N. – Blutjagd. Ein Vampir-Krimi

Auf die Idee muss man erstmal kommen: Ein Vampir als Detektiv. Bereits 1990 hatte die amerikanische Autorin P. N. Elrod den Einfall für diesen genialen Kunstgriff. (Und war damit dem vampirischen Detektiv Nick Knight in der gleichnamigen Serie um zwei Jahre voraus.) Im Auftaktroman zu ihrer Serie um den „Vampirdetektiv Jack Fleming“ machte sie Jack kurzerhand zum Vampir und ließ ihn im Chicago der 30er Jahre mit Hilfe seines neu gewonnenen Freundes Escott seinen eigenen Mord aufklären. Da Jack sich in Luft auflösen und Menschen durch Hypnose beeinflussen kann und darüber hinaus ziemlich unverwüstlich ist, wäre Escott – der eigentliche Detektiv – ein Dummkopf, würde er sich nicht Jacks Hilfe bei einigen brenzligen Fällen bedienen.

Doch ein klassischer Fall präsentiert sich in der Fortsetzung „Blutjagd“ zunächst nicht. Stattdessen beobachten wir Fleming dabei, wie er es sich in seiner vampirischen Existenz gemütlich macht. Bobbi, die Barsängerin aus dem Vorgängerroman, ist nun Jacks Freundin und erfreut sich an den speziellen Zuwendungen, die man von einem untoten Bettgenossen erfährt. Jack fühlt sich so wohl in dieser neuen Beziehung, dass er die Zeit für gekommen hält, seine Suchanzeige in den großen Zeitungen des Landes zu stoppen und Maureen aufzugeben. Sie war nämlich die Vampirin, die Jack durch ihren Biss verwandelt hat. Die beiden verband eine heiße Affäre, bis Maureen sich plötzlich absetzen musste. Seit fünf Jahren nun sucht Jack per Annonce nach ihr – bisher ohne Erfolg. Nun jedoch beschließt er, diesen Abschnitt seines Lebens als erledigt zu betrachten und die wöchentlichen Anzeigen einzustellen.

Doch offensichtlich hat er nicht damit gerechnet, dass dies einigen windigen Gestalten auffallen würde. So hängen sich plötzlich zwei unfähige Vampirjäger à la „Tanz der Vampire“ an seine Fersen, fuchteln mit Holzkreuzen vor seiner Nase herum und belästigen seine Familie. Außerdem taucht ganz plötzlich Maureens Schwester auf – mittlerweile über 70 Jahre alt und ebenfalls auf der Suche nach Maureen. Wie soll Jack die Vampirjäger loswerden, ohne sie zu töten? Und sagt Maureens Schwester tatsächlich die Wahrheit? Man kann sich sicher sein, dass Elrod im Verlauf einige Kehrtwendungen für den Leser parat haben wird. Langweilig wird es also garantiert nicht!

Wer zu Beginn des Romans den echten und geradlinigen Mordfall vermisst, der wird schnell entschädigt. P. N. Elrod legt mit „Blutjagd“ zwar erst den zweiten Teil ihrer Serie um Jack Fleming vor, doch schon hier taucht sie tief in die Geschichte der Vampirliteratur ein und flicht viele mehr oder minder auffällige Anspielungen in ihre Handlung ein. So verschlägt es (einen noch menschlichen) Jack Fleming in New York in den Buchladen eines Spinners, der okkulte Bücher sammelt. Fleming ist auf der Suche nach „Varney, the Vampire“ und zwischen ihm und dem Buchhändler entspinnt sich ein unterhaltsames Gespräch über die Existenz von Vampiren, die Frage, ob es Dracula wirklich gab und diverse Klassiker der Vampirliteratur. Ein echtes Fest für Fans des Genres!

Ebenso erheiternd ist das Zusammentreffen von Jack mit den beiden Vampirjägern, die offensichtlich Ted Brownings „Dracula“ einmal zu oft gesehen haben und vor Theatralik nur so strotzen. Vermutlich können sie es Jack auch nicht verzeihen, dass er nicht ständig im Theatercape herumläuft. Die beiden heften sich wie zwei Zecken an die Fersen des Vampirs, der eher amüsiert als wirklich verängstigt ist. Die Attacken des dynamischen Duos wehrt er mit Sarkasmus und Gutmütigkeit ab, doch die selbst ernannten Retter der Menschheit geben einfach keine Ruhe und schrecken schließlich auch nicht davor zurück, Unschuldige mit in den Tod zu reißen. Elrod rechnet hier mit dem Bild des Vampirjägers nach dem Muster von van Helsing ab. Für sie ist der Vampir nur ein Mensch mit besonderen Eigenschaften. Der Jäger aber ist das eigentliche Monster – nur fähig zu zerstören, was nicht so ist wie er, anstatt das Potenzial in dieser Andersartigkeit zu erkennen, wie z. B. Jacks Freund Escott es tut.

Und schlussendlich wird der treue Elrod-Leser auch den Protagonisten ihrer anderen, ebenfalls bei |Festa| veröffentlichten, Vampirserie hier wiederfinden. Jonathan Barrett nämlich, der sensible Gentleman-Vampir aus Long Island, taucht in den Erinnerungen von Maureens Schwester auf, da er bei Maureens Vampirwerdung eine entscheidende Rolle spielte. Man darf hoffen, dass er auch in zukünftigen Romanen kleine Auftritte haben wird, trägt dies doch zu der Attraktivität beider Romanserien bei.

P. N. Elrod ist ein echtes Phänomen. Jeder ihrer Romane ist ein Treffer mitten ins Schwarze und jedes Mal denkt man aufs Neue, dass man so gut schon lange nicht mehr unterhalten worden ist. Doch mit jedem Roman übertrifft sie sich selbst. Ihre Charaktere sind farbenfroh und nicht ohne Humor, ihre Handlung flott und immer vorwärts strebend. Neben Laurell K. Hamilton ist Elrod wohl die amerikanische Autorin, die dem Vampirgenre im Moment die meisten neue Impulse gibt. Es gilt hier also nicht, eine Leseempfehlung auszusprechen. Nein, stattdessen gibt es einen Lesebefehl! Kaufen, lesen, lieben!

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[„Vampirdetektiv Jack Fleming“ 432

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Elrod, Patricia N. – Vampirdetektiv Jack Fleming

Das ist schon ein ziemlicher Schock, wenn man sich plötzlich an den Ufern des Lake Michigan wiederfindet und feststellt, dass man tot ist. Eigentlich ist es sogar ziemlich widersinnig. Nicht jedoch für Jack Fleming, dem genau das passiert: Irgendjemand im Chicago der 30er Jahre will ihm offensichtlich an die Gurgel und scheinbar ist ihm das auch gelungen. Doch Fleming steht wieder auf – dank einer Affäre und des dazugehörigen Blutaustausches mit der Vampirin Maureen. So ist er zwar dem Tod von der Schippe gesprungen, doch ist ihm dafür die Erinnerung an seine Todesnacht abhanden gekommen. Warum will das organisierte Verbrechen von Chicago ihn loswerden? Wer hat ihn umgebracht? Und was soll diese Blutliste sein, die die angeheuerten Schläger ihm abnehmen sollten?

Fleming beschließt, sich zunächst ein wenig an seinen neuen vampirischen Zustand zu gewöhnen (inklusive erster taktischer Besuche des berüchtigten Chicagoer Schlachthofs – schließlich ist er ein humanistischer Vampir) und dann seinen eigenen Mord aufzuklären. Immerhin ist er eigentlich Reporter, und verdeckte Machenschaften aufzudecken sein täglich Brot. Er erhält überraschende Hilfe von dem Privatschnüffler Escott, der allein durch penible Beobachtung auf Fleming und seinen außergewöhnlichen Zustand aufmerksam geworden ist und ihm seine Hilfe und seine Kontakte anbietet. Fleming nimmt dieses Angebot dankbar an und gemeinsam machen sich die beiden auf, das Geheimnis um den Mord an Fleming zu lösen und dessen verlorenes Gedächtnis wieder herzustellen. Und so wühlen sich Fleming und Escott durch die Unterwelt Chicagos und von einem Bandenboss zum nächsten, geraten in einige brenzlige Situationen, Verfolgungsjagden und Schießereien, logieren in illustren Kneipen und spielen – natürlich – Poker (und betrügen – das versteht sich wohl von selbst), bis sie nach kurzweiligen 250 Seiten endlich das Rätsel um die Blutliste gelöst haben. Ob sich der ganze Aufwand für zwei Blatt Papier tatsächlich gelohnt hat, bleibt abzuwarten, doch unterhaltsam war er allemal!

„Vampirdetektiv Jack Fleming“ von P. N. Elrod ist in seiner Plakativität ein ziemlich abstoßender Titel (das hat auch |Festa| schnell eingesehen und die Titel der Fortsetzungen mehr am US-Original orientiert), zeigt aber, worum es in dem Roman gehen soll. Autorin Elrod nimmt das Genre des Vampirromans und katapultiert ihren untoten Helden gnadenlos in eine hardboiled Detektivgeschichte à la Hammett und Chandler. Dabei bedient sie zunächst einmal eine ganze Reihe Klischees des Genres: Unser Held ist ein Reporter, die Story spielt im Chicago der 30er Jahre, es gibt eine schöne Frau (die unser Held, bevor der Roman zu Ende ist, natürlich mindestens einmal verführt haben muss), Männer haben dicke Kanonen und setzen sie gern ein. Es fehlt nur noch, dass die Hauptcharaktere Filzhüte tragen (immerhin sieht man einen auf dem Cover des Buches).

Doch Elrod hält die Fäden ihrer Handlung fest in der Hand und ihr Vampirkrimi droht nie wirklich, ins Klischee abzudriften. Stattdessen spielt sie mit viel Finesse mit den Eckpfeilern des Genres und streut eine ganze Reihe Anspielungen und Namen ein, die Fans der damaligen Pulp-Magazine sicher ein Begriff sein werden. Darüberhinaus präsentiert sie gerade mit den Hauptcharakteren Fleming und Escott zwei schillernde und unterhaltsame Figuren. Fleming akzeptiert seinen neuen Zustand mit trockener Ironie und findet schließlich sogar Gefallen daran, den bösen Bandenboss mit seinen vampirischen Tricks zu erschrecken (da er sich beispielsweise ganz dramatisch in Luft auflösen kann). Escott dagegen hat eine Theaterkarriere hinter sich, beweist Sinn für Theatralik und begegnet Fleming mit erfrischender Entspanntheit. Und auch wenn Elrod ziemlich unwahrscheinliche Haken schlägt, um die beiden zusammentreffen zu lassen, so verzeiht man ihr diesen Patzer recht schnell, da Fleming und Escott ein so effektives Paar abgeben.

„Vampirdetektiv Jack Fleming“ erschien in den USA bereits 1990, doch hier hat sich erst der |Festa|-Verlag der Romane von Elrod angenommen und bringt sie nach und nach als deutsche Erstausgaben auf den Markt. Mittlerweile besteht die Serie „The Vampire Files“ in den USA aus elf Titeln – Elrod ist also eine fleißige Schreiberin. Und als Bonus bleibt ihre Vampirmythologie gleich, sodass in Zukunft auch Crossover mit ihrer anderen Vampirserie um Jonathan Barrett möglich sein werden. Überhaupt, Jonathan Barrett, Elrods zweite Vampireserie. Wo Jonathan mit seinem Zustand als Vampir zunächst endlos überfordert ist und sich bei jedem neuen Einschussloch panisch fragt, ob er nun sterben muss, nimmt Fleming die ganze Sache viel entspannter. Er findet sich recht problemlos mit den neuen Gegebenheiten ab, beschafft sich einen Schrankkoffer, lässt sich per Taxi zu den berühmten Chicagoer Schlachthöfen fahren und setzt die Vorteile seines Zustandes gnadenlos ein, ohne dessen Nachteile zu beweinen. In dem Sinne thematisiert und problematisiert „Vampirdetektiv Jack Fleming“ den Vampirismus an sich viel weniger, als es in den Jonathan Barrett-Büchern der Fall ist. Was durchaus vorteilhaft sein kann, wirkt Fleming doch damit viel weniger weinerlich als Barrett. Seine schroffe und doch liebenswerte Art wird ihm schnell viele Leserherzen bescheren.

„Vampirdetektiv Jack Fleming“ ist eher ein Krimi mit Vampir-Held als ein Vampirroman mit Krimielementen. Gruslig wird es also nie wirklich. Dafür spart Elrod nicht mit Motiven des Detektivromans und der entsprechenden Brutalität. Da gibt es Folterszenen und genüsslich beschriebene Schlägereien. Wem das zu blutig anmutet, der sollte sich lieber an Elrods gemächlichere Jonathan-Barrett-Serie halten. Alle anderen werden am finsteren und gewalttätigen Chicago sicher ihre Freude haben!

Elrod, P. N. – maskierte Tod, Der (Jonathan Barrett 3)

Jonathan Barrett ist echt ein Netter: gut aussehend, ausgesucht höflich, gebildet und mit reicher Familie. Eine gute Partie also, und das, obwohl er andere, weniger begehrte Charaktereigenschaften besitzt. Jonathan ist nämlich ein Vampir, auch wenn er für seinen Zustand selbst keinen Namen hat. Er verschläft den Tag, trinkt das Blut seiner Haustiere, kann Menschen durch Hypnose beeinflussen und sich praktischerweise in Luft auflösen. Diesen Zustand verdankt er der Affäre mit der geheimnisvollen Nora Jones, die er während des Studiums in England kennen und lieben gelernt hat. Zurück in Long Island, wurde er jedoch während des Unabhängigkeitskriegs erschossen und stand eine Nacht später prompt als lebender Toter wieder auf. Nachdem er seine neue Existenzform ausgiebig erprobt und einige Abenteuer bestanden hat, will er nun unbedingt Nora Jones wiederfinden, damit er ihr all die Fragen stellen kann, die ihn zu seinem Zustand plagen.

So weit zu dem, was bisher geschah, „Der maskierte Tod“ ist nämlich schon der dritte Band um Jonathan Barrett (nach „Der rote Tod“ und „Der endlose Tod“) und schließt, wie man das mittlerweile von P. N. Elrod gewohnt ist, nahtlos an seine Vorgänger an. Jonathan ist mehr als frustriert mit seiner Suche nach Nora Jones. Sein in London wohnender Cousin Oliver kann die ehemalige Geliebte einfach nicht ausfindig machen, dazu kommt noch, dass die Post Monate braucht, um die Kolonien zu erreichen. Und so beschließt Jonathan, selbst nach London zu reisen, um dort Nachforschungen anzustellen.

Aber da Jonathan ein Familienmensch (Familienvampir) ist, reist er nicht allein. Seine Schwester Elizabeth besteht darauf, mitzukommen und auch sein Sklave Jericho darf natürlich nicht fehlen. Als auch noch eine stolze Anzahl Rinder als Blutration für die Überfahrt auf dem Schiff verstaut sind, ist die Reisegesellschaft komplett. Doch Jonathan hat nicht mit seinem Vampirismus gerechnet – fließendes Wasser hat Untoten nämlich noch nie gut getan. So wird er von einem bösen Anfall von Seekrankheit heimgesucht, der schlussendlich dazu führt, dass P. N. Elrod sich nicht lange mit der Überfahrt nach England aufhalten muss …

Dass das ein Vorteil ist, wird schnell klar. Wie auch schon im ersten Band, ist der in London spielende Teil der Höhepunkt des Romans. Im Gegensatz zum provinziellen und verschlafenen Long Island kann sich Autorin Elrod im großstädtischen London so richtig austoben und große Gesellschaften beschreiben. Darüberhinaus trifft Jonathan seinen Cousin Oliver wieder, der schon in „Der rote Tod“ ein großer Symapthieträger war.

Doch was wird aus der Suche nach Nora Jones? Die bleibt zunächst unerfolgreich, denn Jonathan wird bald mehr als abgelenkt. So hat die Londoner Gesellschaft offensichtlich beschlossen, dass es sich bei ihm und seiner Schwester um Heiratskandidaten erster Güteklasse handelt und darüberhinaus muss sich Jonathan bald mit so einigen Intrigen herumschlagen.

Nach dem etwas schwächelnden „Der endlose Tod“, ist P. N. Elrod in „Der maskierte Tod“ nun offensichtlich wieder in Hochform, was mit Sicherheit auch am veränderten Schauplatz der Handlung liegt. Auch kann sie nun einige neue Figuren einführen, die der Handlung mehr Esprit und Richtung geben. So hat der Leser bei der sich flott entwickelnden Handlung kaum Zeit, sich darüber zu wundern, dass Jonathan seine Suche nach Nora nur halbherzig zu verfolgen scheint. Bald schon ist er so in Duelle und alte Liebschaften und Auseinandersetzungen mit hysterischen Tanten verwickelt, dass es für Jonathan nur von Vorteil sein kann, dass er nicht zu atmen braucht – er hätte sowieso keinen Augenblick Muße, um Luft zu holen.

„Der maskierte Tod“ ist für einen Vampirroman schon recht außergewöhnlich. Jonathan ist vermutlich der humanistischste Vampir, den die literarische Welt je gesehen hat. Er ist so in seiner menschlichen Umwelt verankert, dass sein Vampirismus dahinter zurückstehen muss. Das wird noch verstärkt dadurch, dass er in einer durch und durch menschlichen Welt agiert: In London scheint es keine anderen Vampire zu geben. Daher kann man nur hoffen, dass er in absehbarer Zukunft auf andere Vampire (vielleicht sogar seine geliebte Nora Jones) trifft, die ihm ein wenig vampirisches Selbstbewusstsein verschaffen können. Denn wie auch schon im Vorgänger, kränkelt der Roman etwas an Jonathans tapsiger Natur. Er scheint eine Nase dafür zu haben, in brenzligen Situationen zu landen, aus denen er sich nur mit Not – und aus mehreren Wunden blutend – befreien kann. So schafft er es auch in diesem Roman wieder, zweimal fast um die Ecke gebracht zu werden. Natürlich nicht wirklich, schließlich ist er schon tot. Doch auch wenn er mittlerweile begriffen zu haben scheint, dass man ihn nicht einfach so töten kann, so ist er doch vor Panikattaken nicht gefeit, wenn ihm mal wieder ein Bösewicht an die Gurgel will. Dieses sich ständig wiederholende Schema wird für den Leser bald ermüdend (schließlich zieht es sich nun schon über drei Romane hin) und man kann nur hoffen, dass Jonathan bald Vertrauen zu seinem Zustand fasst.

Ansonsten ist „Der maskierte Tod“ ein uneingeschränktes Lesevergnügen: kurzweilig, unterhaltsam und mit vielen sympathischen Charakteren ausgestattet. Vor allem die gut ausgearbeiteten Nebencharaktere (Elizabeth, Jericho, Oliver) tragen viel dazu bei, dass man sich bei der Lektüre nie langweilt. Und doch hat Jonathan seine Nora wieder nicht gefunden; man hofft, P. N. Elrod spannt ihren Protagonisten und ihre Leser nicht mehr allzu lange auf die Folter und gestattet den beiden ihre lang verdiente Wiedervereinigung!

Auf Jonathans weitere Abenteuer muss man zumindest nicht mehr lange warten: Die Veröffentlichung des vierten Teils der Reihe, „Der tanzende Tod“, ist für Herbst 2005 geplant.

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[„Der rote Tod“ 821

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Elrod, P. N. – endlose Tod, Der (Jonathan Barrett 2)

Autorin P. N. Elrod hat sich auf Vampire spezialisiert. In ihrer umfangreichen Serie um [Jack Fleming 432 begleitet sie den vampirischen Detektiv bei der Aufklärung seiner Fälle. In den Romanen um den amerikanischen Vampir Jonathan Barrett dagegen zeichnet sie ein faszinierendes Sittenbild frühester US-amerikanischer Geschichte, in das sie die Abenteuer ihres Protagonisten einbettet.

[„Der rote Tod“, 821 der erste Roman der mehrteiligen Serie, war ein furioser Auftakt. Jonathan Barrett, den naiven jungen Helden, verschlägt es zum Studium nach England und geradewegs in die Arme der unwiderstehlichen Nora Jones. Deren Affäre findet zwar ein Ende, als Jonathan nach seinen Studien nach Long Island zurückkehren muss, doch hinterlässt Nora bei ihm einen bleibenden Eindruck: Als er nämlich bei einem Scharmützel (die Handlung spielt während des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs) tödlich verwundet wird, erhebt er sich eine Nacht später wieder aus seinem Grab, um zu seiner Familie zurückzukehren. Sein Vater und seine Schwester sind außer sich vor Freude und akzeptieren ohne Murren Jonathans neue Lebensgewohnheiten. So hat er keinen Herzschlag mehr, verschläft den Tag in seinem Zimmer bei zugezogenen Gardinen und erleichtert in der Nacht die familieneigenen Pferde um ihr Blut.

„Der endlose Tod“ knüpft nahtlos an die Ereignisse aus „Der rote Tod“ an und verfolgt zunächst weiter, wie sich Jonathan mit seinem neuen vampirischen Zustand arrangiert. Zusammen mit Vater und Schwester stellt er einige Versuche an, um herauszufinden, welche Kräfte er besitzt (so kann er beispielsweise andere per Hypnose beeinflussen oder sich in Luft auflösen). Doch außer der Tatsache, dass Jonathan am Tagesgeschehen offensichtlich keinen Anteil mehr nimmt und erst nach Sonnenuntergang aus seinem Zimmer kommt, stört nichts das gepflegte Zusammenleben im Haushalt Barrett. Zwar tobt draußen immer noch der Unabhängigskeitskrieg, allerdings scheint dieser eher unangenehm störend als wirklich gefährlich zu sein. Denn auf wundersame Weise schafft es immer nur Jonathan, vor die Flinte (Stichwaffe, stumpfen Gegenstand – man füge eine Waffe seiner Wahl ein) eines Soldaten oder Söldners zu laufen. So wird er niedergeschossen, niedergestochen, niedergeschlagen und entführt.

Außer auf Jonathans anhaltendes Unwohlsein aufgrund von lebensbedrohlichen Verletzungen, konzentriert sich die Handlung auf seine Schwester Elisabeth. Zwei neue Gäste haben sich nämlich im Hause niedergelassen und zwischen Elisabeth und Lord James Norwood entwickeln sich ziemlich schnell zarte Bande, die in einer Hochzeit enden. So besteht „Der endlose Tod“ über weite Strecken aus Teegesellschaften, zivilisierten Unterhaltungen und dem Nähen von Hochzeitskleidern. Doch wäre es glücklicherweise zu einfach, die eheliche Idylle unberührt zu lassen, und so muss Jonathan auf den letzten Seiten des Romans die Ehre seiner Schwester retten.

„Der endlose Tod“ kann mit seinem Vorgänger nicht mithalten. Die meisten Figuren sind bekannt (tatsächlich werden nur Norwood und seine Schwester neu eingeführt) und das Gleiche gilt für das Setting in Long Island. Jonathan bewegt sich ständig von seinem Haus zu einer Kneipe oder durch finstre Wälder zum Haus der Geliebten seines Vaters. Viel Neues wird der Leser also nicht erfahren. Auch zu Jonathans vampirischem Zustand wird kaum etwas hinzugefügt. Mittlerweile hat Jonathan zwar seine Kräfte und Möglichkeiten ausgiebig getestet, doch nutzt er sie kaum.

Und genau hier liegt der erzählerische Knackpunkt des Romans. Elrod benutzt in ihrem Roman nicht einmal das Wort „Vampir“. Jonathan weiß also nicht, was er ist (was durchaus seine Spannungsmomente hat). Doch auch er sollte festgestellt haben, dass er nicht so leicht zu töten ist. Dass er bereits tot und begraben war, weder einen Herzschlag noch eine nennenswerte Atmung hat, sollte Jonathan eigentlich ausreichend Indizien liefern. Elrod wirft ihren Protagonisten ständig in Situationen, die für einen normalen Menschen gefährlich, wenn nicht gar tödlich wären. Für einen Vampir jedoch sind sie bloße Unterhaltung. Und so mag beim Leser nicht wirkliche Empathie aufkommen, wenn Jonathan mal wieder angeschossen wurde. Weiß er doch (im Gegensatz zu Jonathan selbst), dass eine Schusswunde ihm nichts anhaben kann. Und so freuen sich Jonathan und sein Vater jedes Mal über die wundersame Genesung, der Leser aber rollt nur die Augen.

„Der endlose Tod“ bietet also gegenüber seinem Vorgänger kaum etwas Neues. Die Handlung wird weitergeführt, doch plätschert sie diesmal etwas zu bedächtig dahin, um so zu fesseln wie der erste Band. Stattdessen liefert Elrod Charakterstudien ihrer handelnden Figuren und lädt den Leser ein, an der Familiengeschichte der Barretts teilzuhaben. Leider scheint die Tatsache, dass es sich beim Sohn der Familie um einen Vampir handelt, hier nur eine Nebenrolle zu spielen.

Wenn Vampirfans also gegenüber „Der rote Tod“ nichts Neues erfahren werden, so ist „Der endlose Tod“ doch ein überzeugender historischer Roman. Gerade durch ihre durchdachten und überzeugenden Charaktere schafft es P. N. Elrod, dem Amerika des ausgehenden 18. Jahrhunderts Leben einzuhauchen. Ihr Unabhängigkeitskrieg ist eine ziemlich unehrenhafte Sache, die von Schurken und Söldnern ausgetragen wird, wobei die Bewohner der Gegend in jedem Fall die Verlierer sind, weil sie ständig zwischen die Fronten geraten. Jede Seite versucht, die Einwohner mit unlauteren Mitteln um Nahrung und Vieh zu erleichtern – eine Tatsache, die Jonathan im ersten Band das Leben kostete.

„Der endlose Tod“ schafft es also leider nicht, den Grad der Spannung zu erzeugen, der noch dem „roten Tod“ eigen war. Doch ist das Buch trotzdem unterhaltsam, wenn man es als Historienroman liest. Dann überzeugen vor allem die sympathischen und glaubhaften Charaktere und deren Interaktion miteinander. Dass P. N. Elrod in diesem Band so vorsichtig mit ihrem vampirischen Protagonisten umgeht, heißt zum Glück aber bei weitem nicht, dass sie dessen Potenzial schon erschöpft hätte. Jonathan ist immer noch auf der Suche nach Nora Jones, von der er hofft, dass sie ihn offiziell in seinen vampirischen Zustand einweihen kann. Er weiß mittlerweile, dass sie sich vermutlich in Italien aufhält, doch ist die internationale Post im 18. Jahrhundert noch nicht wirklich flott, und so erhält er in „Der endlose Tod“ noch kein erhellendes Lebenszeichen von ihr. Doch vielleicht im dritten Teil?

Elrod, P. N. – rote Tod, Der (Jonathan Barrett 1)

P. N. Elrod gehört zu jener Spezies vielschreibender Autoren, mit deren Büchern man problemlos ganze Regale füllen könnte. Zwar veröffentlichte sie ihr erstes Buch erst 1990, doch mittlerweile kann man unglaubliche 20 Romane von ihr kaufen – ganz zu schweigen von den Kurzgeschichten, die in verschiedenen Anthologien veröffentlicht wurden. Dabei hat sie sich auf das Vampirgenre spezialisiert, in das sie mit erfrischender Leichtigkeit neuen Wind zu bringen vermag. Ihre umfangreichste Serie, „The Vampire Files“ (erscheint ebenfalls beim |Festa|-Verlag), begleitet den [Vampirdetektiv Jack Fleming 432 und verbindet damit den klassischen Vampir-Roman mit dem Detektiv-Genre. Die Romane um Jonathan Barrett – „Der rote Tod“ ist der erste Band von bisher zwei auf deutsch erschienenen aus der Reihe – stellen einen neuen Protagonisten vor, später in der Serie wird es aber Überschneidungen zwischen beiden Reihen geben.

Jonathan Barrett ist 17 und hat bisher ziemlich unbescholten mit seinem Vater und seiner Schwester (die drei verbindet eine geradezu übelkeitserregende familiäre Idylle) auf dem Anwesen der Familie in Long Island gelebt. Seine hysterische und absolut unausstehliche Mutter war in seiner frühen Jugend nach Philadelphia abgeschwirrt, kehrt nun jedoch heim, da die Stadt während des Unabhängigkeitskriegs (die Handlung setzt 1773 ein) ein zu heißes Pflaster ist. Jonathans friedliches Dasein wird also jäh gestört, als diese Furie ins Leben der kleinen Familie tritt und die bisherige Routine durcheinander würfelt. Als sie Jonathan nach Cambridge auf die Universität schicken will, kommt es zum Eklat. Jonathan will nicht ins ferne England, um zu studieren, doch muss er herausfinden, dass das Geld der Familie vom Erbe seiner Mutter herrüht, die damit auch seine Ausbildung finanziert. So hat er keine Chance sie umzustimmen und findet sich bald darauf auf einem Schiff nach London wieder.

Sein anfänglicher Unwillen gegenüber Cambridge löst sich in Luft auf, als er sich, in England angekommen, sofort mit seinem Cousin Oliver und dessen Kumpel Tony anfreundet. Bei seiner ersten Nacht in London beschließt er, seinen lang gehegten Plan – nämlich seine Unschuld zu verlieren – endlich in die Tat umzusetzen. Und tatsächlich gelingt ihm das auf Anhieb. Tony will Jonathan und Oliver seine neue Flamme vorstellen, doch diese weist dessen Antrag prompt ab und wählt stattdessen Jonathan. Dieser ist von der schönen und weltgewandten Nora Jones vollkommen hingerissen. Zwar überrascht es ihn, dass sie ihn einfach mit nach Hause nimmt, um mit ihm zu schlafen (Skandal!), doch verbannt er diese Gedanken schnell, als er erst mit ihr im Bett liegt.

Nora hat offensichtlich einen Narren an Jonathan gefressen und folgt ihm nach Cambridge nach. Dort führen sie ihre Affäre fort, allerdings muss Jonathan frustriert feststellen, dass sie noch zahlreiche andere Bettgeschichten unterhält. So kann sie jedem der jungen Männer beim Akt kleine Mengen Blut abnehmen, um selbst zu überleben. Der Leser ahnt es längst: Nora ist ein Vampir. Jonathan dagegen tappt völlig im Dunkeln und errät ihre Identität auch nicht, als er sie tagsüber ohne Puls vorfindet oder sie ihm während des Liebesspiels ihr eigenes Blut zu trinken gibt.

Doch wer vermutet, Jonathan stehe nun sofort als Vampir wieder auf und mache mit seiner Flamme Nora die britischen Inseln unsicher, der irrt. Die Blutspielchen der beiden bleiben zunächst, zur Verwunderung des Lesers, vollkommen ohne Konsequenzen und es müssen noch einige Seiten im Roman vergehen, bis Jonathan eine Ahnung davon erhält, welch außergewöhnliches Geschenk Nora ihm eigentlich gemacht hat.

„Der rote Tod“ braucht keine zehn Seiten, um den Leser völlig zu begeistern. Ich-Erzähler Jonathan Barrett schlägt einen kurzweiligen und von ironischen Seitenhieben geprägten Ton an. Auch wenn die Exposition ungefähr ein Drittel des Romans einnimmt und die Vampirin Nora dadurch relativ spät ins Spiel kommt, kommt keine Langweile auf. Jonathan ist ein genauer Beobachter und selbst die Beschreibungen seiner Lebenssituation in Long Island – obwohl eigentlich unspektakulär – werden dadurch farbenprächtig und interessant.

P. N. Elrods Vampirwelt lebt von den Charakteren. Jonathan Barrett ist zwar jung und – vor allem in Liebesdingen – auch bis zu einem gewissen Grade naiv, doch er ist uneingeschränkt sympathisch, ohne als Charakter kitschig oder flach zu erscheinen. Jonathan ist durch und durch gut und Elrod schafft es trotzdem, ihn nicht zu einer Schablone verkommen zu lassen. Ähnlich steht es mit allen anderen Charakteren des Romans. Nora Jones ist die perfekte Vampirin: Schön, unwiderstehlich, verführerisch, geheimnisvoll und selbstbewusst. Und doch wird sie weder zum Archetyp des depressiven Vampirs noch zum seelenlosen Mörder. Stattdessen ist sie eine wahre Liebende, die jedoch mit einigen besonderen Bedürnissen zu kämpfen hat. Und genau das macht den Reiz aus; Elrod verurteilt weder die Existenz des Vampirs (das böse Höllenwesen), noch romantisiert sie ihn endlos (der untote Träumer), sondern verwurzelt ihre bluttrinkenden Charaktere fest in einer realen Umwelt, an der sie teilhaben anstatt sie zu verneinen. Und so ist es auch möglich, dass Jonathan als Vampir eine Familie hat – ein absolutes Novum in der Vampirliteratur, in der Blutsauger in der Regel Einzelgänger sind. Hier jedoch suchen Vampire die Nähe zu Menschen, ohne sie in jedem Fall als Futter wahrzunehmen. Mehr noch, das Motto des Romans scheint zu lauten: „Vampire sind auch nur Menschen“, und so gibt Jonathan Barrett als junger Student und später als untoter Protagonist eine hervorragende Identifikationsfigur ab.

„Der rote Tod“ ist ein unterhaltsames, spannendes und stellenweise auch komisches Buch, das man nicht aus der Hand legen möchte. Jonathan Barrett wächst dem Leser so schnell ans Herz, dass man unbedingt an seinen Abenteuern teilhaben möchte. Und der Schluss des Buches lässt vermuten, dass die wahren Abenteuer erst jetzt beginnen, da Jonathan nun zu den Untoten gehört. Es empfiehlt sich also, fix im zweiten Band weiterzulesen!

Verlagsseite: http://www.festa-verlag.de
Webseite der Autorin: http://www.vampwriter.com