Mit „dtv pocket crime“ startet dtv eine neue Reihe Jugendbücher, die spannende Krimis für Leser ab 14 Jahren verspricht. Viele der Geschichten stammen von deutschen Autoren, aber nicht alle. „Die Tote aus dem Nichts“ von Elise Broach beispielsweise spielt im heißen Süden der Vereinigten Staaten.
Mit dem Bruder und dessen besten Freund alleine durch die USA – was nach einem idyllischen Roadtrip klingt, wird für die fünfzehnjährige Lucy bald zum Albtraum. Mitten in der Pampas von New Mexico läuft ihnen etwas während einem Unwetter vor das Auto. Sie haben zwar nicht erkannt, was es war, aber als sie zu der Stelle zurückfahren, finden sie ein totes Mädchen, kaum älter als sie.
Die drei Jugendlichen sind schockiert. Hat Jamie, Lucys Bruder, tatsächlich ein Mädchen getötet? Die hinzu gerufene Polizei ist sich nicht sicher, weshalb die drei vorerst in der Gegend bleiben müssen. Sie kommen bei Beth unter, einer zurückgezogen lebenden Künstlerin. Während Jamie versucht, seine Sorgen in einer Flirterei mit der deutlich älteren Frau zu ertränken, fühlt sich Lucy verpflichtet, den Mord an dem Mädchen zu klären. Doch dabei gerät sie selbst in Gefahr …
Als Krimiautor hat man meistens mit einem Problem zu kämpfen: Möchte man die Handlung lieber spannend oder lieber authentisch gestalten? Gerade wenn ganz normale Menschen und nicht etwa Polizisten die Hauptrolle spielen, ist es sehr schwierig, beides zu vereinen. Auch Elise Broach musste sich dieser Frage stellen und, nach der Lektüre von „Die Tote aus dem Nichts“, scheint es, als ob sie sich dafür entschieden hätte, die Spannung für die Realität aufzugeben. Ihr Jugendbuch ist deshalb nicht gleich langweilig, aber die Krimihandlung ist ein wenig uninspiriert, leicht vorhersehbar und nicht besonders originell. Dafür ist ihr Buch aber sehr authentisch. Da eine Jugendliche die Ich-Erzählerin ist, liegt der Fokus neben Lucys Ermittlungen vor allem auf Liebe und Gefühlschaos. Davon gibt es wahrlich mehr als genug. Wegen der Ermittlungen an Beths Haus gefesselt, entspinnt sich zwischen den wenigen auftretenden Personen, nämlich Lucy, ihrem Bruder, dessen Freund Kit und ihrer Gastgeberin Beth, ein dichtes Netz aus Verliebtheit, Wut und Enttäuschung. Eine kitschige Romanze darf man trotzdem nicht erwarten. Die zwischenmenschliche Ebene der Geschichte ist so trocken wie die Wüste in New Mexico, aber dabei so intensiv beschrieben, dass man die maue Handlung beinahe vergisst.
Um den Leser auf dieser emotionalen Ebene zu fassen zu kriegen, bedarf es Charaktere, mit denen er sich identifizieren kann und mit denen er gerne mit fiebert. Auch das ist der Autorin gelungen. Lucy ist eine typische Fünfzehnjährige. Ein wenig naiv, ein wenig trotzig, sie findet, dass Jungs nerven und sie kann sehr dickköpfig sein. Da aus ihrer Ich-Perspektive erzählt wird, lernt man sie am besten kennen und sieht die Welt durch ihre Augen. Dementsprechend gefärbt sind ihre Einstellungen gegenüber ihren Mitstreitern. In Jamie und Kit sieht sie die typischen Highschooljungs, die nichts anderes im Kopf haben als Mädchen. Dass sie aber auch anders sein können, ist eine neue Erfahrung für Lucy und sie beobachtet diese halb fasziniert, halb argwöhnisch und lässt den Leser in ihrer einfachen und präzisen Sprache daran teilhaben.
In der Summe ist „Die Tote aus dem Nichts“ mehr Jugendbuch als Krimi. Die Handlung punktet vor allem dann, wenn sie sich um die Gefühle der authentischen Protagonisten dreht. Diese beschreibt Elise Broach so authentisch und intensiv, dass man die langweiligeren Teile der Geschichte gerne verzeiht.
|Aus dem Englischen von Katharina Orgaß und Gerald Jung
301 Seiten, Taschenbuch
ISBN-13: 978-3423782364|
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