James Lovegrove – The Age of Ra (AGE-Zyklus 1)

Der AGE-Zyklus:

The Age of Ra, Solaris Books, 2009, ISBN 1-84416-746-1
The Age of Zeus, Solaris Books, 2010, ISBN 978-1-906735-68-5
The Age of Odin, Solaris Books, 2011, ISBN 978-1-907519-41-3
Age of Aztec, Solaris Books, 2012, ISBN 978-1-907992-81-0
Age of Godpunk, Solaris Books, 2013, ISBN 1781081298
Age of Voodoo, Solaris Books, 2013, ISBN 978-1-781080-86-3
Age of Shiva, Solaris Books, 2014, ISBN 978-1-781081-81-5
Age of Heroes, Solaris Books, 2016, ISBN 978-1781084052
Age of Legends, Solaris Books, 2019 ISBN 9781781085776

Der Lichtbringer vs. die Götter: Abenteuer-Action mit Tiefgang

Die Götter des Alten Ägypten herrschen über die Welt, und es ist keineswegs eine friedliche. Vier Machtblöcke liegen miteinander im Krieg. Da er hebt sich im aktuellen Ägypten ein Rebell, um gegen die Götter zu Felde zu ziehen. Ist dieser „Lichtbringer“ ein echter Revolutionär oder nur ein Scharlatan? Ein britischer Soldat will es herausfinden – und erlebt eine Überraschung.

Der Autor

James Lovegrove (* 24. Dezember 1965) ist ein britischer Science-Fiction-, Fantasy- und Jugendbuch-Autor. Lovegroves Arbeiten loten die Grenzen der Science-Fiction und Fantasy aus und weisen häufig dystopische oder satirische Elemente auf. Damit steht er in der Tradition von J. G. Ballard und John Wyndham.“ (Wikipedia)

Er wurde bei uns 1999 mit dem düsteren SF-Roman „Die Hoffnung“, seinem Debüt, bekannt, doch schrieb er danach noch zahlreiche weitere SF-Romane. Neben Kinderbüchern wie der „Cloud World“-Serie, die er als „Jay Amory“ veröffentlichte, hat er zuletzt die zwei Zyklen AGE und „Lords of Pain“ veröffentlicht. Mehr Infos:
http://www.jameslovegrove.com

Romane

The Hope, Macmillan 1990, ISBN 0-333-51214-6
Days, Gollancz 1997, ISBN 0-7538-0228-7
Escardy Gap (with Peter Crowther), Earthlight/Tor 1998 ISBN 9780312862107
The Foreigners, Gollancz 2000, ISBN 0-575-06894-9
Untied Kingdom, Gollancz 2003, ISBN 0-575-07385-3
Worldstorm, Gollancz 2004, ISBN 0-575-07656-9
Provender Gleed, Gollancz 2005, ISBN 0-575-07683-6
Better Life, CreateSpace Independent Publishing Platform, 2014, ISBN 150560933X
The James Lovegrove Collection, Volume #1, REBCA, 2014, ISBN 1781082669

Redlaw

Redlaw, Solaris Books, 2011, ISBN 978-1-907992-04-9
Redlaw Red Eye, Solaris Books, 2012, ISBN 978-1781080481

The Dev Harmer Missions

World of Fire, 2014, Solaris Books, ISBN 978-1781082065
World of Water, 2016, Solaris, ISBN 978-1781083055

The New Adventures of Sherlock Holmes

Sherlock Holmes: The Stuff of Nightmares, Titan Books 2013, ISBN 978-1781165416
Sherlock Holmes: Gods of War, Titan Books 2014, ISBN 978-1781165430
Sherlock Holmes: The Thinking Engine, Titan Books 2015, ISBN 978-1783295036
Sherlock Holmes: The Labyrinth of Death, Titan Books 2017, ISBN 978-1785653377
Sherlock Holmes: The Devil’s Dust, Titan Books 2018, ISBN 978-1785653612
Sherlock Holmes and the Christmas Demon, Titan Books 2019, ISBN 9781785658020
Sherlock Holmes and the Beast of the Stapletons, Titan Books, 2020, ISBN 978-1789094695
Sherlock Holmes & The Three Winter Terrors, Titan Books, 2021, ISBN 978-1789096712

The Cthulhu Casebooks

Sherlock Holmes and the Shadwell Shadows, Titan Books 2016, ISBN 978-1783295937
Sherlock Holmes and the Miskatonic Monstrosities, Titan Books 2017, ISBN 978-1783295951
Sherlock Holmes and the Sussex Sea-Devils, Titan Books 2018, ISBN 978-1783295975

Sherlock Holmes Short Fiction

The Fallen Financier, in George Mann (ed.), Encounters of Sherlock Holmes, Titan Books, 2013, ISBN 1781160031
The Innocent Icarus, in David Thomas Moore (ed.), Two Hundred and Twenty-One Baker Streets, Abaddon, 2014, ISBN 1781082219
Pure Swank, in George Mann (ed.), Associates of Sherlock Holmes, Titan Books, 2016, ISBN 1783299304
The Noble Burglar, in George Mann (ed.), Further Associates of Sherlock Holmes, Titan Books, 2017, ISBN 9781783299324
The Adventure of the Deadly Séance, in Martin Rosenstock (ed.), Sherlock Holmes: The Sign of Seven, Titan Books, 2019, ISBN 1785659030
The Manifestations of Sherlock Holmes (collection of 12 short stories), Titan Books, 2020, ISBN 978-1789092004

Firefly

Big Damn Hero, Titan Books 2018, ISBN 978-1-78565-826-6 (original story concept by Nancy Holder)
The Magnificent Nine, Titan Books 2019, ISBN 978-1-78565-829-7
The Ghost Machine, Titan Books 2020, ISBN 978-1789092240
Life Signs, Titan Books 2021, ISBN 978-1789092271

The Clouded World Series

(writing as Jay Amory)

The Fledging of Az Gabrielson (2006), ISBN 0575079800
Pirates of the Relentless Desert (2007), ISBN 0575080329
Darkening for a Fall (2008), ISBN 9780575083721
Empire of Chaos (2008), ISBN 978-0-575-08024-9
The Wingless Boy, collecting vols. #1 and #2 (2008), ISBN 0575083719
The Clouded World, collecting vols. #3 and #4 (2008), ISBN 0575083727

Children’s books

The Web: Computopia, Dolphin, 1998, ISBN 9781857988703
Wings, Barrington Stoke, 2001, ISBN 9781842991930
The House of Lazarus, Barrington Stoke, 2003, ISBN 9781842991251
Ant God, Barrington Stoke, 2005, ISBN 9781842993293
Cold Keep, Barrington Stoke, 2006, ISBN 9781842993637
Kill Swap, Barrington Stoke, 2007, ISBN 9781842994474
Freerunner, Barrington Stoke, 2009, ISBN 9781842996065
Dead Brigade, Barrington Stoke 2007, ISBN 9781842995082
Warsuit 1.0, Bloomsbury Publishing PLC, 2012, ISBN 1408151537
The Black Phone, Bloomsbury Publishing PLC, 2012, ISBN 9781408163337

The 5 Lords of Pain

The 5 Lords of Pain 1: The Lord of the Mountain, Barrington Stoke, 2010, ISBN 1842997599
The 5 Lords of Pain 2: Lord of the Void, Barrington Stoke, 2010, ISBN 1781122539
The 5 Lords of Pain 3: The Lord of Tears, Barrington Stoke, 2010, ISBN 1781122563
The 5 Lords of Pain 4: The Lord of the Typhoon, Barrington Stoke, 2010, ISBN 1842998161
The 5 Lords of Pain 5: The Lord of Fire, Barrington Stoke, 2010, ISBN 184299817X

Novellas
The Hand that Feeds (with Peter Crowther), Maynard Sims Productions, 1999, ISBN 0-9536066-0-0
How the Other Half Lives, PS Publishing 1999, ISBN 9781902880006
Gig, PS Publishing, 2004. A double-novella, ISBN 9781902880839

Handlung

Leutnant David Westwynter ist der Spross einer britischen Dynastie von Brettspielfabrikanten. Doch wie sein verschollener Bruder Steven, der in einer Seeschlacht mit seinem Schiff unterging, hat er sich dem Militär angeschlossen, statt weiter stumpfsinnig in der Familienfirma zu malochen.

Allerdings sieht das Militär in der heutigen Ära der Pharaonen etwas anders aus. In jeder Einheit und auf jedem Schiff fährt ein Priester des Ra, des Obersten Gottes, mit. Mit seinem Sakkara-Vogel erkundet der Priester das Gebiet, das aufzuklären ist. Zum Beispiel vor einer Seeschlacht oder einem Gefecht. Westwynter und seine Einheit kämpfen für die Osirisianer (Anhänger des Ra-Sohnes Osiris, dem Gemahl von Isis) gegen eine Allianz aus Horusiten (Anhänger von Horus, dem Enkel von Ra) und den Nephthysianern (Anhängern der Göttin Nephtys, Gemahlin des Set).

In der Schlucht, in der die antike Stadt Petra – im vormaligen Jordanien – in den Fels gehauen ist, sehen sich Westwynters Soldaten auf einmal vom Gegner eingekesselt. Die Waffen sind mit ba geladen, göttlicher Energie, statt mit Sprengstoff. Waffen wie etwa ba-Lanzen richten damit verheerenden Schaden an, und einer nach dem anderen fallen seine Leute, bis nur noch drei übrig sind. Da greifen in letzter Sekunde horusitische Jagdbomber an und werfen eine Fusionsbombe ab, die zwei Sorten ba verschmilzt, so dass sich die Wirkung verdoppelt. Der Gegner ist ausgeschaltet, aber nun steht Westwynter und seine zwei Soldaten ein langer Marsch durch die Wüste zum Sinai bevor.

Nur David überlebt den Todesmarsch, und auch nur, weil er bei dem Versuch, sich mit einer ba-Lanze zu erschießen, das Leitkamel einer Beduinenkarawane erschießt. Dumm gelaufen! Die Beduinen nehmen ihn mit, um ihn als Kompensation für das tote Kamel meistbietend in Freigypten zu verkaufen. Doch die Karawane wird zwischen Rotem Meer und Niltal ihrerseits überfallen. Die „Befreier“ kommen aus Luxor und haben es auf die sechs schwerbewachten Truhen abgesehen, die die Beduinen an allen Staatsgrenzen vorbei schmuggelten. Die Liberators setzen kein ba in ihren Waffen ein, bemerkt David, als sie ihn mitnehmen.

Es ist ein weiter Weg bis nach Luxor, Theben und das Tal der Könige. So hat David viel Gelegenheit, die Anführerin des Kommandotrupps kennenzulernen. Zafirah erzählt ihm vom Lichtbringer, für den sie kämpft. Dieser Mann, der zahlreiche bislang verfeindete Fraktionen geeint hat, kämpfe für die Befreiung von einem ganz bestimmten Joch – dem der Götter nämlich. David schwant Schlimmes. Doch Zafirah gewinnt sein Vertrauen, so dass er ihr seinerseits seine Lebensgeschichte anvertraut.

In Luxor ruft der Mann, der sich „Lichtbringer“ nennt, am Abend zu einer Kundgebung. Zahlreiche Freigypter pilgern aufs Westufer, um sich am riesigen Tempel der Pharaonin Hatschepsut zu versammeln. David staunt nicht schlecht, als der Lichtbringer auftritt: ein ganz gewöhnlicher Mann in einem Springeranzug, doch mit einer Maske, die ihn sowohl unkenntlich als auch einzigartig macht. Der Anführer verkündet den Kampf gegen die Götter, um die Menschen von deren Joch zu befreien, das Volk jubelt.

Am nächsten Tag erspielt sich David auf dem Markt beim Senet-Spielen – sein Vater stellte ja in der eigenen Fabrik Senet-Spiele her – genügend Geld, um abhauen zu können. Doch wohin? Wieder zurück ins horusitische Empire zum Militär? Er kann eigentlich alles unternehmen, was ihm Spaß macht. Da findet ihn Zafirah, um ihn zum Lichtbringer zu holen. David hat eine Audienz im Tempel.

Aus dem formlosen Kennenlernen wird ein Versuch, David als militärischen Führer zu rekrutieren. Doch David lehnt dies ab, weil es völlig aussichtslos erscheint, Götter angreifen zu wollen. Allerdings darf er einen Blick auf den Inhalt der mysteriösen sechs Truhen werfen: ba-Amulette! Sie schützen ihren Träger vor dem Gesehenwerden durch Priester und Sakkara-Vögel. Eine perfekte Tarnung für eine ganze Armee.

Als sich David auch jetzt noch nicht überzeugen lässt, sich der Sache des Lichtbringers anzuschließen, lädt der Maskenmann ihn zu einem Senet-Spiel ein. Er werde doch nicht feige kneifen, oder? Um diesen Eindruck zu vermeiden, aber auch im Hochgefühl, praktisch unschlagbar zu sein, willigt David ein. Doch schon die erste Partie überrascht ihn völlig. Und als er ungläubig erkennt, gegen wen er da ständig verliert, haut es ihn fast aus den Schuhen …

Mein Eindruck

Darf man gegen Götter eigentlich kämpfen? Vielleicht sollte man zuerst fragen, ob das überhaupt geht. Dies stellt sich im Laufe der Handlung als durchaus machbar heraus. Denn ein Gott ist per definitionem ein Wesen, das von Anhängern Verehrung und Opfer empfängt. Je stärker die Verehrung, desto bedeutender der Gott. Da jeder Mensch die Sonne braucht, ist leicht zu verstehen, dass der Sonnengott der mächtigste Gott ist. Da aber alle Menschen per definitionem sterblich sind, ist auch der Anubis, der Gott des Todes, nicht von Pappe.

Kampf gegen Götter

Den Zusammenhang zwischen Verehrung und göttlicher Macht hat der Lichtbringer schnell durchschaut, und sein erster Angriff gilt den Schreinen und Opferstätten niedriger Götter. Mehr braucht es nicht, um die Reaktion der höheren Götter zu provozieren. Die Armee der Nephthysianer schlägt zurück. Das reicht dem Lichtbringer jedoch nicht: Er will in der Ebene von Megiddo, also in Palästina, eine Entscheidungsschlacht gegen die Nephthysianer. Diese stellt den mit Überraschungen gespickten Höhepunkt der Handlung dar.

Wie auf Erden so auch im Himmel. Das Spannungsdreieck zwischen David, dem Lichtbringer und Zafirah, die von beiden begehrt wird, entspricht einem Spannungsfeld im Haus der Götter, dem Pantheon. Hier geht es drunter und drüber, denn der Götterhimmel kennt unzählige Gottheiten. Zwar hat jeder Gott seine zugewiesene Aufgabe und Ra schippert brav jeden Tag in der Himmelsbarke über das Firmament (und jede Nacht wieder zurück), doch bestehen schwere Streitigkeiten zwischen zwei Parteien.

Zentraler Streit

Die Anführer dieser Parteien entsprechen, wie nicht anders zu erwarten, den Machtblöcken der Sterblichen. Da ist die schon erwähnte Nephthys, Schwester-Frau des Wüstengottes Set. Set liegt seit Äonen in Streit mit Osiris, dem auferstandenen Lebensbringer, den er in mehrere Stücke zerschlagen hat. Isis, Schwester-Gattin von Osiris und Schwester von Nephthys, setzte die verstreuten Teile – bis auf den unauffindbaren Penis – wieder zusammen und erweckte Osiris wieder zum Leben. Der hat seitdem einen Groll auf Set. Doch was veranlasste Set zu seiner Tat? Nephthys soll ihn mit Osiris betrogen haben. Doch sie streitet dies vehement ab.

Der Friedenskampf

Was für ein schreckliches Durcheinander, findet Ra. Ihm gehen diese Animositäten auf den Wecker. Und die daraus resultierenden Kriege der Sterblichen fordern immer mehr Opfer – ein Verlust an Anhängern. Als er die Nase voll hat, macht sich Ra an die langwierige und frustrierende Aufgabe, den Streit beizulegen. Und, oh Wunder aller Wunder! Es klappt sogar!

Doch als er den Lichtbringer betrachtet, kann er dessen Herz und Gesicht nicht lesen. Nun weiß Ra, dass dieser Sterbliche von einem Gott beschützt wird, von einem Verräter in den eigenen, göttlichen Reihen. Und dreimal darf man raten, auf wen der Verdacht zuerst fällt …

Doppelebene

Der Autor hat also eine Handlung auf zwei Ebenen geschaffen, und jede davon ist leicht zu verstehen, weil sie ziemlich geradlinig verläuft. Beide Handlungen haben ihr spannendes Finale vorzuweisen, das in einer zentralen Entscheidung münden muss. Das bedeutet im Endeffekt, dass jede Handlung, die auf einer dieser beiden Ebenen wichtig ist, auch auf der jeweils anderen Ebene eine Folge zeitigt.

Wenn also am Berg Megiddo die Armee der Nephthysianer ausgelöscht wird, wird deren Göttin schwach und kippt auf Ras Barke aus den Pantinen. Merke: Auch Götter können „sterben“. Umgekehrt gilt: Wenn Set und Horus sich wie schwule Lover in den Armen liegen, dann müssen sich auch – über den Transmissionsriemen der jeweiligen Hohepriester – deren Machtblöcke versöhnen. Genau das, was sich Ra so sehnlich gewünscht hat.

Es ist also wirklich saudumm, dass ihm ein Verräter ins Handwerk pfuscht. Und dieser Verräter hat ein As im Ärmel, nämlich den Lichtbringer. Als dieser Skandal auf Ras Barke ans Tageslicht kommt, geraten die Dinge schnell außer Kontrolle …

Religionskritik?

Dass überhaupt ein Panthon über die Erde herrscht, ist natürlich ein raffinierter Trick des Autors. Diese dichterische Überspitzung erlaubt es ihm nämlich, die heutigen Religionen alle wegzulassen – insbesondere Christentum und Islam – und sich auf die Bedeutung von Religion und Göttern zu konzentrieren. Wozu braucht man überhaupt Religion? Kann man Religion auch missbrauchen? Tatsächlich bietet er, eingebettet in die actionreiche Handlung, einige kritische Ansätze, um über heutige Religionskonflikte nachzudenken.

Ost gegen West

Recht witzig fand ich beispielsweise die Darstellung der Anführer der Machtblöcke. So ist der amerikanische Präsident, ein Osirisianer, zugleich auch Prediger oder Pfarrer, was ja durchaus zum Einfluss der fundamentalistischen Christen in den USA passt. Er redet ein ganz anderes Englisch als David Westwynter, nämlich wirklich wie im tiefsten Süden.

Ihm steht in Moskau ein Hochkommissariat des Wahren Glaubens gegenüber, das Set anhängt – ganz so, als befänden wir uns noch in den finsteren Sowjetzeiten. Das fand ich zunächst ein wenig anachronistisch, aber wenn man ironiebewusst bedenkt, dass das ganze Szenario ein Anachronismus ist, der um 1922 von unserer Zeitlinie abweicht, dann erscheint auch ein Hochkommissariat nicht unplausibel.

Spannung bis zum Schluss

Damit der Leser überhaupt an der Handlung in Freigypten Anteil nimmt, müssen deren zentrale Figuren natürlich entsprechend interessant gestaltet sein. Jede der drei Hauptfiguren verfügt über ihre eigene detaillierte Biographie. Der Haken dabei ist jedoch, dass der Lichtbringer, als Anhänger von Set, keineswegs die Wahrheit über seine Identität sagt, sondern jeden Satz so zurechtbiegt, wie es ihm in den Kram passt.

Dies ist die Voraussetzung dafür, dass bei David erst so spät der Groschen fällt, was wirklich hinter dem Spiel des Lichtbringers steckt. Und so bleibt die Spannung bis zum Schluss des Finales erhalten. Ganz besonders in Bezug auf die Frage, ob aus der Liebe zwischen David und Zafirah doch noch etwas wird.

Unterm Strich

Man kann von Göttern halten, was man will, so kann man sich doch nicht der Tatsache verschließen, dass andere Leute an Götter glauben, seien sie nun radikale Islamisten am Hindukusch (Taliban) oder „harmlose“ Türken in Berlin-Kreuzberg. Die Frage „Integration“ oder „Unterdrückung“ stellt sich deshalb von Anfang an jedem von uns. Wir haben uns in Deutschland zum Glück (oder „Gott sei Dank“?) für die Integration entschieden. Nun müssen wir auch mit den Konsequenzen leben.

Der Autor entwirft eine Welt, in der die Götter einen ganz direkten Einfluss auf das Leben der Sterblichen nehmen. Folglich wirkt sich der Streit innerhalb des Pantheons auf die Machtblöcke in Form von Kriegen aus. Wie löblich also, wenn der Obergott den Frieden im Himmel wie auf Erden zu erreichen versucht! Dumm nur, dass er dabei von einem Verräter ausgetrickst wird, der einen Sterblichen zum Halbgott gemacht hat, angeblich mit dem Ziel, die Welt von Göttern zu befreien.

Diese Auseinandersetzungen an Bord von Ras Barke sind manchmal schon sehr komisch, und die Beziehungen zwischen den Göttern und der Ersten Familie sind nicht weniger als bizarr zu nennen. Diese ollen Ägypter hatten schon seltsame Vorstellungen von ihrer Götterwelt. Das Bild, dass sowohl die Gottlosen als auch die Gläubigen gleichermaßen in die Totenwelt von Anubis gelangen, wo sie im Riedfeld Iaru auf ewig Ried schneiden müssen, hat schon etwas Radikales an sich – am Ende sind wir alle gleich.

Die vielen witzigen Einfälle, aber auch die intensiven Dialoge haben mir den Roman unterhaltsam werden lassen. Und dank der großen Schrifttypen und der vielen Leerseiten vor den Kapitelanfänge flogen die Seiten fast wie von selbst vorüber.

Das letzte Kapitel zeigt Ra auf der Erde bei einer letzten Begegnung mit David Westwynter. Er ist ein alter Wanderer, doch nicht nur dies, sondern auch seine zwei unterschiedlichen Augen bilden einen Vorausverweis auf „The Book of Odin“, das als dritter Band des AGE-Zyklus erschienen ist.

Taschenbuch: 440 Seiten
ISBN-13: 978-1844167470

http://www.solarisbooks.com

Der Autor vergibt: (4.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

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Die Hoffnung

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