Die drei ??? – Panik im Park (Folge 110)

Als Vertreter der nicht überall geliebten Ü-100-Fraktion hatte Fall Nummer 110 bereits bei Veröffentlichung 2003 einen schweren Stand bei treuen Hörern. Statt mit Vorschusslorbeeren wurde die Folge mit Murren und Knurren belegt. Das lag zum einen an dem verspäteten Release, zum anderen sah das Fandom genau das als schlechtes Omen. Um es vorwegzunehmen: „Panik im Park“ ist kein Überflieger geworden, doch die schlimmsten Befürchtungen, eine weitere katastrophale Folge von |EUROPA| präsentiert zu bekommen, bewahrheiteten sich auch nicht vollständig. Gleichwohl spaltet sie das Fandom: Die einen mögen sie, die anderen verdammen sie fast in den 110. Kreis der Hölle.

Zur Story

Nach einem mauen Kinobesuch werden die drei Fragezeichen von einem Mexikaner angequasselt, der ihnen Freigetränke in einem neu eröffneten Lokal offeriert. Da die drei nach dem Film sowieso noch etwas trinken wollten, kommen die Gratisbons natürlich sehr gelegen – sie beschließen, die angrenzende Parkanlage zu durchqueren. Es ist der kürzeste Weg, so versichert der Mexikaner. Dort jedoch ist es stockfinster. Kein Wunder also, dass Peter sich den Fuß an einem mitten auf dem Weg liegenden Stein prellt. In Peter „Heulsuse“ Shaws übliches Lamento mischt sich ein plötzliches Donnern und Vibrieren, als stünden sie auf einem U-Bahntunnel. Nur: Rocky Beach hat gar keine U-Bahn.

Damit jedoch nicht genug. Ein wild gewordener Hund greift an, um gleich darauf ausgepowert und winselnd zusammenzuklappen. Die drei Junior-Detektive haben verständlicherweise die Schnauze voll für diesem Abend und treffen sich zur Nachlese morgens in ihrer Zentrale auf dem Schrottplatz wieder. Dabei fördern sie Erstaunliches zutage. Die Sache mit dem Hund scheint kein Einzelfall zu sein; diese Übergriffe häufen sich in letzter Zeit. Selbst ein Golden Retriever soll dort bereits ausgetickt sein. Golden Retriever gelten dabei bekanntermaßen als ausgesprochen friedfertige und menschenfreundliche Rasse. Peter erinnert sich, dass ein ebensolcher Hund von der Freundin seiner Mutter seit Tagen verschwunden ist. Zufall?

Nicht für Justus, der scharfsinnig kombiniert, dass im Park etwas sehr Merkwürdiges buchstäblich im Busch sein muss. Zudem findet Bob bei seiner Internet-Recherche heraus, dass in Rocky Beach überhaupt kein Lokal mit dem Namen „La Forteza“ existiert. Die logische Konsequenz: Die drei Fragezeichen besuchen den Park an diesem Tag erneut und finden etwas beinahe Unglaubliches: Der Stein über den Peter am Abend zuvor stolperte, ist allem Anschein nach nicht von dieser Welt. Der knurrige Wolfshund, der die Jungs diesmal angreift, allerdings schon – und der hat zu allem Überfluss auch noch sehr irdische, messerscharfe Zähne.

Eindrücke

Der erste größere Vorwurf, den man erheben könnte, ist die scheinbare Unkenntnis der Jungs, die Historie ihres Heimatortes Rocky Beach betreffend, denn der Stadtgeschichte kommt eine Schlüsselfunktion bei der Aufklärung dieses Falles zu. Des Weiteren ist dem geschulten Hörer klar, dass die drei Genies jemand explizit an der Nase herumführen will; dass dieser Umstand Justus „Who the fuck is Einstein?!“ Jonas nicht sogleich auffällt, als Bob ihm mitteilt, dass es das mexikanische Lokal nicht gibt, ist verwunderlich. Es riecht hier förmlich nach Falle.

Die Indizienkette ist dennoch recht knifflig: verrückt spielende Hunde, ein nonexistentes mexikanisches Lokal, ein Meteorit, mindestens drei undurchsichtige und auffällig reagierende Personen, die nicht ganz koscher zu sein scheinen. Wie passt das zusammen und was soll das Ganze? Leider kann man sich schon grob denken, wohin die Reise in etwa geht, zumindest, wenn man die Folge „Unheimlicher Drache“ kennt, denn die ist dieser hier ein einigen Punkten nicht unähnlich. Ein modernisierter Aufguss, sozusagen, aber doch anders.

Von den Sprechern her gibt es endlich mal wieder nichts Negatives zu berichten; das Dreigestirn spielt sich diesmal wieder gewohnt souverän durch den Text, vergessen ist das Fiasko von der Vorgängerfolge „Gefährliches Quiz“. Das gilt auch insbesondere für die Nebenrollen, einige gestandene Profis der Serie und eine ganze Reihe Sprecher, die ich bislang noch nicht kannte. Auch diese Frischlinge sprechen ihre Parts glaubhaft. Daueraufreger ist wieder mal die fehlende Modernisierung bei den Geräuschen; immer noch klingelt das Telefon archaisch, und dazu hört man beim Wählen eine vorsintflutliche Wählscheibe statt des realistischeren DTMF/MFV-Tons.

Ein Computer mit Internet-Anschluss, aber ein Steinzeit-Telefon mit Wählscheibe – das passt irgendwie nicht ins Bild. Auch die Vertonung der aggressiven Hunde jagt keinem wirklich Schrecken ein. Die Kläffer klingen alle nach bravem Terrier, den man mit Valium vollgepumpt hat; auch hier hätten die Soundmagier von |Europa| mal das Internet nach anständigen MP3 oder WAV-Files durchstöbern können, damit die Wauzis auch ordentlich Radau machen und mehr Gefährlichkeit ausstrahlen. Hier sollte die Soundabteilung dringend mal ein paar neue Geräusche aus dem Hut zaubern und die Datenbank modernisieren.

SPOILERWARNUNG

Logikpatzer oder unglaubwürdige Situationen gibt’s einige. So kann nicht nachvollzogen werden, wieso a) mindestens einer der Jungs ausgerechnet zu einem Kinobesuch eine der berühmt-berüchtigten Taschenlampen dabei hat, und b) diese dann beim Durchqueren des finsteren Parks nicht genutzt wird, um den Weg zu erhellen, sondern erst zum Einsatz kommt, als Peter sich die Zehen am Meteoriten stößt und der erste Hund angreift. Dabei beschwert sich Peter schon vorher, dass man ruhig Lampen im Park hätte installieren können.

Am nächsten Tag prokelt Justus mittels Peters Dietrichen ein Stück aus dem Meteoriten heraus, der (Zitat) „an der Oberfläche verglast“ ist (logisch – das haben Meteoriten so an sich); wie Just das deichseln will, erfordert eine ungehörige Menge Phantasie, denn eins ist sicher: Der Meteorit besteht wohl nicht aus Kryptonit, sonst hätte Justus „Who the fuck is Superman?!“ Jonas dieses unmögliche Kunststück nicht fertiggebracht.

Schießpulver kommt gegen Ende eine besondere Bedeutung zu. Angeblich stammt es aus der Zeit, als in Rocky Beach ein spanisches Fort stand. So weit, so theoretisch. Es ist „in Säcken“ gelagert. Wohlgemerkt in einem alten Tunnel, der todsicher ziemlich feucht sein dürfte und daher das Pulver wirkungslos hat werden lassen. Zudem ist es prinzipiell nicht plausibel, dass die Säcke beim Versiegeln des Tunnels durch die Stadtverwaltung nicht längst entdeckt und entfernt wurden. Die Tatverdächtigen scheiden als Quelle ebenso aus, denn die verwenden wohl sicher TNT o. ä. und kein vorsintflutliches Schwarzpulver.

Woher der Lederbeutel, aus dem die gefangenen drei Detektive zusammen mit dem (wie wir jetzt wissen: vollkommen unbrauchbaren) Schießpulver einen Sprengsatz bauen, herkommt, wird auch nicht erwähnt. Er ist einfach da. Dass Peter „McGuyver“ Shaw mitten im kalifornischen (!) Sommer einen „Pullover“ trägt, aus dessen Fäden er eine Zündschnur durch Wälzen im (weiterhin unbrauchbaren) Schwarzpulver bastelt, ist schon nur noch eine Randnotiz wert. Die gesamte Tunnelepisode wirkt – obschon spannend aufgezogen – daher haarsträubend auf Biegen und Brechen konstruiert.

Fazit

Kein sonderlich herausragender Fall und überdies in ähnlicher Form bereits dagewesen – der „unheimliche Drache“ und weitere Versatzstücke lassen gelegentlich schön grüßen. Folge 110 zeichnet sich trotz guter Ansätze weder durch Originalität noch durch überragende Schlüssigkeit aus, hat aber zunächst einen gewissen Unterhaltungswert. Dieser schwindet jedoch beim wiederholten Hören zusehends, dafür treten die kleineren und größeren Fehler immer deutlicher in den Vordergrund. Schlussendlich packt man das Teil halbwegs angenervt zu den anderen in die Sammlung und lässt es zukünftig Staub ansetzen. Das ist eben das traurige Schicksal von So-eben-noch-Mittelmaß-Geschichten.

Die Hörspieldaten auf einen Blick:

Titel: „Die drei ??? – Panik im Park“ – Folge 110
Ersterscheinung: 10. Juni 2003
Label: EUROPA (Sony BMG)
Laufzeit: ca. 55 Minuten
Buch und Effekte: André Minninger
Produktion & Regie: Heikedine Körting
Musik: J. F. Conrad, Morgenstern, Zeiberts
Cover-Illustration: Silvia Christoph

Die Figuren und ihre Sprecher:

Erster Detektiv – Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Zweiter Detektiv – Peter Shaw: Jens Wawrzceck
Recherchen & Archiv – Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Inspector Cotta: Holger Mahlig
Pablo: Kai Hendrik Möller
Dr. Brolin: Karl-Friedrich Gerster
Jack Jenkins: Gustav-Adolph Artz
Prof. Clark: Thor W. Müller
Bürgermeister Hoover: Michael Griem
Margie: Susanna Leu
Mike: Achim Schülke
Clark: Wolf Rathjen
Wachmann: Kristian Kretschmer

www.natuerlichvoneuropa.de
www.dreifragezeichen.de
www.rocky-beach.com