Sassenberg, Volker – Gabriel Burns – R. (Folge 26)

Victor Zeysen ist tot. Viele Jahre schon. Doch wenn für die Hörspielreihe |Gabriel Burns| etwas zutrifft, dann die Tatsache, dass Totgeglaubte gerne weiterleben. Dies wird in Folge 26 mit dem mysteriösen Titel „R.“ ( der Name klärt sich im Laufe der Episode auf) umso deutlicher. Und Dr. Victor Zeysen, einstiger Leiter von Ravenstone, einer Anstalt für gestörte Kinder, ist nicht der Einzige, der tot scheint, es aber in Wirklichkeit nicht ist. So beginnt die Folge zwar mit einem regelrechten Paukenschlag und dem Tod einer der Hauptfiguren, doch sie wartet am Ende mit einer noch viel größeren Überraschung und einem Cliffhanger auf, der das Warten auf die Fortsetzung fast unerträglich macht.

_Vorgeschichte: Folgen 1 bis 25_

Vancouver: Steven Burns, erfolgloser Schriftsteller, hält sich mehr schlecht als recht als Taxifahrer über Wasser. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als er an den geheimnisvollen Bakerman gerät – oder treffender: als Bakerman Steven kontaktiert, um ihn in ein mysteriöses Projekt einzuweihen, das sich unheimlicher Phänomene angenommen hat. Warum Bakerman, der dieses Projekt leitet, gerade Steven für seine Pläne auserkoren hat, wird dem Schriftsteller in dem Moment klar, als er an seinen Bruder Daniel zurückdenkt. Dieser verschwand nämlich im Alter von vier Jahren auf seinem Geburtstag, als Steven ihn bat, in eine Kiste zu steigen und einen Zaubertrick über sich ergehen zu lassen. Doch das Resultat war kein harmloses Kinderspiel, denn Daniel war plötzlich wie weggezaubert und blieb spurlos verschwunden.

Obwohl Bakerman auf die Geschehnisse von Stevens geheimnisvoller Zaubergabe anspielt, bleibt er ihm die Antworten schuldig. Und wenn er etwas herausrückt, dann nur sehr spärlich und darauf bedacht, die wahren Hintergründe im Dunkeln zu lassen. Denn Bakerman möchte Stevens Fähigkeiten erst einmal testen und eine Vertrauensbasis aufbauen. So schickt er ihn über den gesamten Globus; immer dort hin, wo auf eigenartige Weise Menschen verschwinden, von gefährlichen Experimente berichtet wird oder scheinbare Naturphänomene ans Tageslicht treten.

Steven Burns zur Seite stehen Joyce Kramer und Larry Newman, die das Viererteam um Bakerman komplettieren. Joyce ist bereits seit vielen Jahren ein treuer Verbündeter Bakermans und stellt seine Pläne nicht in Frage. Larry hingegen ist erst kurze Zeit nach Steven zur Mannschaft gestoßen, als sich der frühere Forstbeamte in den Wäldern von Yukon widernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht und daraufhin beschließt, das Böse zu bekämpfen. Die zehn fahlen Orte sind es, die Steven Burns, Bakerman, Joyce und Larry in Atem halten. Orte, an denen das Böse zum Vorschein kommt und Tore in eine andere Welt geöffnet werden, um die Menschheit durch Kreaturen aus der Hölle zu vernichten.

Steven weiß nun, wer er ist, oder vielmehr, was er ist. Jetzt liegt es an ihm, dieses Wissen für sich zu nutzen und den Kampf aufzunehmen. Die Zeit rennt. Bevor sich Steven seinen Gegnern im offenen Kampf stellen kann, gilt es jedoch, seinen Freunden zu helfen. Bakerman liegt im Sterben, und auch das beschaffte Unsterblichkeitselixier hat seinen Zustand noch nicht verbessert.

_Inhalt_

Während sich Steven und Larry nach den ereignisreichen Stunden, die sie mit der Suche nach Ila al Khalf verbracht haben, eine Pause gönnen wollen, bekommen sie einen Anruf. Sie vermuten Joyce am anderen Ende der Leitung mit einer Nachricht über Bakermans Zustand, da sie an seinem Bett wachen wollte. Stattdessen ist jedoch Julien Cardieux dran, der Bakerman auf dessen Wunsch hin in einen Hypnose-Zustand versetzt hat, um die Unsterblichkeitsessenz, das Ila al Khal, zu finden. Julien hat schlechte Nachrichten, sehr schlechte. Bakerman geht es nämlich immer noch nicht besser, da er das Elixier nicht getrunken hat. Joyce, die ihm dieses einflößen sollte, schlug Julien nieder und verschwand mit dem Trank.

Steven und Larry sind fassungslos, schließlich ist Joyce stets eine enge Vertraute gewesen und hat nie Anzeichen gegeben, das Team zu hintergehen. Steckt vielleicht jemand anderer dahinter, der Joyce nur für seine Zwecke missbraucht?

Steven und Larry bleibt nicht viel Zeit, und so machen sie sich in ihre Wohnung auf, um nach Hinweisen zu suchen, wo sie sich zurzeit aufhalten könnte. Tatsächlich finden sie eine Nachricht, die sie nach Ravenstone führt, jener Anstalt, in der auch Joyce als Kind untergebracht war. Kurz bevor sie aufbrechen wollen, werden sie von einem vermummten Einbrecher überrascht. Er schlägt sie nieder, noch bevor sie seine Identität klären können. Aber was immer er hier gesucht hat, Ila al Khalf ist ein Mittel, für das viele über Leichen gehen würden, nur um es in die Hände zu kriegen.

Als die Steven und Burns schließlich in Ravenstone eintreffen, wirkt alles verlassen. Aber sie sind auf der Hut, denn der Schein hat sie schon oft getrogen. Sie geben sich als Regierungsmitarbeiter aus, als sie die derzeitige Leiterin, eine Lucia Moreno, in den Hallen antreffen, wie sie gerade einen Patienten ruhigstellen will. Moreno hat kaum Hoffnung, dass die Anstalt noch lange betrieben wird. Zu viel ist in letzter Zeit vorgefallen. Von einer Joyce Kramer weiß sie allerdings nichts. So bleibt Steven und Larry nichts anderes übrig, als selbst Nachforschungen anzustellen. Sie bemerken nicht, dass Joyce ihr Kommen längst beobachtet hat. Geistig kontrolliert von Dr. Victor Zeysen, der sich im Kellergewölbe der Anstalt verschanzt hat, händigt Joyce Zeysen das Ila al Khalf aus und führt dann die weiteren Befehle aus: Larry ausschalten. Sie lockt ihn durch einen Anruf nach unten und richtet die Waffe auf ihn, während Bakerman alte Akten durchwühlt und auf Spuren von Zeysen stößt. Doch es ist bereits zu spät, denn der Doktor ist mit dem Trank längst davon und Joyce, wenn auch unter inneren Kämpfen leidend, hat Larry in ihrer Gewalt. Sie drückt zitternd ab und verpasst ihm glücklicherweise nur ein Streifschuss. Larry weiß, wenn er jetzt nicht handelt und seine Kollegin zur Strecke bringt, wird das seinen Tod bedeuten.

_Bewertung_

„R.“ setzt endlich die Haupthandlung fort und stellt Dr. Victor Zeysen, der in früheren Episoden bereits einige Auftritte gehabt hat, zu einem neuen, und sehr gefährlichen Widersacher in den Mittelpunkt. Dennoch greift die Folge 26 die in der vorigen Folge noch nicht abgeschlossenen Handlungsstränge auf und integriert sie mit dem Metaplot. Auf geschickte Weise gewinnt die Geschichte so wieder an Fahrt und treibt die Entwicklung der Charaktere voran. Zudem erfährt der Hörer, nachdem in „… dem Winter folgte der Herbst“ Bakerman seinen großen Auftritt hinlegen durfte, einiges über Joyces Vergangenheit und ihre Zeit in der Kinderklinik Ravenstone.

Emotional liegt „R.“ deutlich vor allen anderen Episoden, in denen nur einmal mehr ein „Monster der Woche“ bekämpft werden musste. Hier geht es um den Kampf mit sich selbst, um die Konflikte, die innerhalb der Gruppenkonstellation des Burns-Teams entstehen und dadurch das Gefüge zum Wanken bringen. Spannung wird nicht durch schleimiges Getier erreicht, sondern durch den Verrat, den Joyce begeht – und sei es auch durch fremde Kontrolle eines im Hintergrund agierenden Schurken. Der Tod steht im Zentrum, ist allgegenwärtig und bringt das Team am Ende sogar unverhofft in eine aussichtsreiche Position. Doch nur die Totgeglaubten wissen um ihren Vorteil, denn alle anderen gehen davon aus, dass sie wirklich gestorben sind.

Über die technische Qualität muss man kein Wort verlieren. Die Sprecher gehören zur ersten Garde, die Soundeffekte sind, wenn auch durch die Thematik der Folge nicht ganz so ausgereizt wie sonst, auf höchstem Niveau. Im Zusammenhang mit der rasanten Handlung und der geschickten Erzählweise reiht sich „R.“ in die |Gabriel Burns|-Reihe ein und lässt auf noch viele weitere Episoden dieser Machart hoffen.

http://www.gabrielburns.de/

|Siehe ergänzend dazu auch unsere Besprechungen zu den aktuellen Buchveröffentlichungen|

[„Gabriel Burns: Die Grauen Engel“ 3892
[„Gabriel Burns: Verehrung“ 3960

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