J. R. R. Tolkien / Douglas Anderson – Das große Hobbit-Buch

Für Unterhaltung und Studium: eine prächtige Komplettausgabe

Bilbo Beutlin, der kleine Hobbit, macht sich auf den Weg zum Einsamen Berg, um den rechtmäßigen Schatz der Zwerge zurückzuholen, den der Drache Smaug gestohlen hat. Als er auf seiner Reise mit den Zwergen einen Ring findet und ihn arglos einsteckt, ahnt er nicht, welch wichtige Rolle dieser Zauberring einmal spielen wird – nämlich in der Fortsetzung „Der Herr der Ringe„. Und Gandalf ist fast immer mit von der Partie, als sich Bilbo vom ängstlichen Hobbit zum mutigen Meisterdieb mausert.

Die vorliegende kommentierte Ausgabe bietet über 150 Illustrationen und Dokumente rund um den „Hobbit“. Alle Quellen, Personen, Schauplätze und Gegenstände aus dem Buch werden auf ihre Ursprünge hin untersucht – die manchmal recht unerwartet sind. Das Buch bietet zudem den kompletten Text inklusive der „Fahrt zum Erebor“, umfangreich kommentiert von einem Tolkien-Kenner.


Der Autor

Professor John R.R. Tolkien (1892-1973) hat das „wichtigste Buch des 20. Jahrhunderts“, so die Umfrageergebnisse, geschrieben: „Der Herr der Ringe“ (1954/55). Nicht allzu viele Menschen hingegen wissen, dass die Ereignisse, die in HdR geschildert werden, nur die Spitze des Eisbergs dessen darstellen, was Tolkien zeit seines Lebens geschaffen hat. Dieses imaginäre Universum findet sich zu großen Teilen (aber nicht vollständig) im „Silmarillion“ (posthum 1977) wieder, das erst vier Jahre nach dem Tod des Oxford-Professors erscheinen konnte, so kompliziert war die Arbeit daran. Die Vorgeschichte zum HdR wird im „Hobbit“ (1937) erzählt.

Der Herausgeber

Douglas A. Anderson ist laut Verlag einer der bekanntesten Tolkien-Forscher. Er hat seit 1987 zahlreiche Aufsätze und Arbeiten zum „Hobbit“ und zum „Herrn der Ringe“ veröffentlicht. Er lebt und arbeitet heute im Südwesten von Michigan, USA.

Handlungsabriss

Der Hobbit Bilbo Beutlin hat immer gedacht, er sei ein ruhiger und vor allem respektabler Bursche, doch er muss feststellen, dass er von seinen Ahnen ein guten Schuss Abenteuerlust im Blut hat. Seine Mutter Belladonna ist die Tochter des Alten Tuk, von dem das Gerücht geht, er sei mit den Elben verwandt. Und dessen Freund ist der Zauberer Gandalf, na bitte! Abenteuer und Magie können da nicht ausbleiben.

Und so kommt es, dass an einem Mittwoch Ende April im Jahr 2941 des Dritten Zeitalters der Zauberer an die Tür von Bilbos Hobbithöhle auf dem Bühl in Hobbingen pocht. Auf Bilbos freundliche Frage antwortet der Zauberer, der seinen Namen nicht nennt, er suche noch Teilnehmer für ein großes Abenteuer. Bilbo lehnt dankend an, und nein, er kaufe auch nichts von Hausierern. Da stellt sich Gandalf endlich namentlich vor, und Bilbo erinnert sich. Doch auch diesmal lehnt er ab: kein Bedarf an Abenteuern jeder Art, was sollen denn die Nachbarn denken! Beim Gehen kratzt Gandalf ein Zeichen an Bilbos Tür.

Eine unerwartete Gesellschaft

Am nächsten Tag, es ist wohl zur Teestunde, klopft ein Zwerg an Bilbos Tür und stellt sich als Dwalin vor. Als höflicher Hobbit bietet Bilbo ihm Tee und Kekse an. Wenig später trifft ein sehr alter Zwerg namens Balin ein, der ebenfalls gerne Kekse annimmt, aber ein Bier bevorzugt. Er kündigt weitere Zwerge an: Fili und Kili, dann Ori, Nori, Dori, Oin und Gloin (späterer Vater von Gimli). Und Gandalf! Bilbo findet, das sei schon fast ein Haufen. O Schreck: Ihm geht der Kuchen aus!

Da treffen noch weitere vier Zwerge ein: Bifur, Bofur, der dicke Bombur und schließlich er alte Thorin Eichenschild. Alle zusammen futtern und trinken sie, dass sich Bilbo sputen muss, alle seine Vorräte aufzutragen. Doch sie räumen auch wieder ab und putzen, bevor es zum gemütlichen Teil geht: Sie paffen und singen und Thorin spielt die Harfe. Er singt ein eigenartiges Lied über verborgene Schätze der Zwerge, einen räuberischen Drachen im Einsamen Berg, das untergegangene Thal und so weiter. Da packt Bilbo die Tuksche Abenteuerlust.

Kaum dass er sich versieht, ist er von Thorin bereits zum „Mitverschworenen“ ernannt worden. Er sagt, sie planen eine Reise, von der sie nie zurückkehren könnten. Da schreit Bilbo entsetzt auf. Doch Gandalf findet seine Reaktion verständlich. Gloin zweifelt: „Das soll unser Meisterdieb sein?“ Da regt sich in Bilbo der Stolz und bietet seine Dienste an, was Gloin aber nicht umstimmen kann. Gandalf bereitet der Diskussion ein Ende und breitet Thrors Landkarte vom Einsamen Berg vor Bilbos staunenden Augen aus. Er gibt Thorin einen silbernen Schlüssel: für die Hintertür zum Berg Erebor.

Die Vorgeschichte

Silber! Da fallen Bilbo eine paar Fragen ein, die sich ein Profi wohl stellen sollte: Wie sieht es mit dem Risiko aus und steht es in einem guten Verhältnis zum Lohn? Thorin erzählt eine wilde Geschichte vom Kommen Smaugs, des Drachen, dem Untergang der Zwergenstadt Thal und der Vertreibung der Zwergenfürsten Thror und Thrain. Thror wurde von einem Ork in Moria getötet, und Thrain verlor seinen Verstand in den Verliesen des Nekromanten, der in Dol Guldur sein Unwesen treibt. Zum Glück konnte Gandalf Thrors Karte und den Silberschlüssel retten. Bilbo ist begeistert und will gerne mit.

Als er am nächsten Morgen aufsteht, ist keiner seiner zahlreichen Gäste da! Doch um 10:30 Uhr trifft Gandalf ein, um Bilbo abzuholen. Ob er denn nicht die Botschaft der Zwerge gelesen habe? Bilbo liest die Vertragsbedingungen für seine Tätigkeit als Meisterdieb, kann nicht mal mehr packen, sondern eilt mit Gandalf zu den Zwergen, die schon in Wasserau warten. Er bekommt ein Pony und frische Kleider, Gandalf bringt seinen Tabak nach, und schließlich kann es losgehen.

Die Trolle

Sie sind kaum ein paar Tage durch schlechtes Wetter unterwegs, als sie ihren Proviant verlieren. Da sehen sie abends ein willkommen heißendes Feuer. Sollen sie hingehen? Aber es könnte gefährlich sein, oder? Schicken wir doch einfach den Meisterdieb vor! Bilbo schleicht sich an und stößt auf drei hungrige Trolle namens Huki, Toni und Berti, die aus den Bergen herabgekommen sind, um Dörfer zu überfallen. Sie haben Braten, Bier und ein wärmendes Feuer – da läuft Bilbo das Wasser im Mund zusammen. Doch sein erster Versuch eines Diebstahls geht gründlich schief. Er wird auf frischer Tat ertappt! Die Trolle fragen sich, ob dieser „Taschenhobbit“ wohl essbar sei. Auweia, Bilbo, in was bist du nur hineingeraten …

Mein Eindruck

Ich habe diese Eingangsszene so detailliert dargestellt, um zu zeigen, dass hier Welten aufeinanderstoßen. Bilbo lebt als ein Vertreter der bürgerlichen Gesellschaft halbwegs geachtet als wohlhabender Junggeselle ohne festen Beruf, sozusagen als Landjunker. Er hat keine Zukunft, aber auch keine Vergangenheit. Nun kommen die Zwerge daher, die einen Plan für die Zukunft haben, aber ständig in die Vergangenheit blicken.

Blick in die Vergangenheit

Denn dort, im geraubten Königreich am Einsamen Berg, liegt der Schatz ihres Volkes. Und ein fremder Usurpator, der Drache Smaug, hat sie enteignet und vertrieben, von den vielen Toten in Thal ganz zu schweigen. Die Zwerge sind die modernen Israeliten und leben in der Diaspora. Nun sollen ihnen ein Zauberer und ein „Meisterdieb“ helfen, Land und Schatz zurückzuerringen. Ein, gelinde gesagt, gewagtes Unterfangen. Es ist etwa so, als wollten die versprengten Juden ihr Stammland von den Arabern in Palästina zurückerobern und obendrein jedweden Herrscher vertreiben, um dessen Schatz zu erlangen. Für jeden in Geschichte bewanderten Leser ist klar, dass dies nur in Krieg und Blut enden kann.

Der brave Bilbo aber hat keine Ahnung. Vielmehr fühlt er sich in seinem Stolz angegriffen, dass man ihn nicht für fähig hält, einen Schatz zu stehlen. Sein ererbter Sinn für Abenteuerlust, aber auch sein Bürgerstolz sind angesprochen. Eigentlich sollte er sich nicht wundern, dass es am nächsten Morgen gleich überstürzt und unvorbereitet losgeht. Schließlich geht es nicht auf eine Expedition, sondern auf eine Schatzsuche.

Meisterdieb

Ein Bürger aber wächst mit seinen Aufgaben. Die Trolle zu beklauen, ist noch Peanuts gegen das, was Bilbo mit Gollum macht: Er klaut den Zauberring, der ihn zu einem noch besseren Dieb macht. Und erst damit kann er der ultimativen Bedrohung gegenübertreten: dem goldenen Drachen unter dem Berg.

Nun, auch Smaug ist ein Meisterdieb, denn er hat den Zwergen ihren Schatz abgenommen. Seine mächtigste Waffe sind neben seinem Drachenfeuer die Verbündeten Angst und Schrecken. So bringt er das Land unter seine Kontrolle. Der Bürgermeister von Seestadt etwa arrangiert sich lieber mit Smaug, als seinen Zorn zu erregen. Er ist ein Kollaborateur. Doch es gibt eine Résistance: die Menschen um Bard, den Bogenschützen. Was hier prophetisch nach II. Weltkrieg klingt, ist seit Urzeiten Praxis aller Gewaltherrscher. Und ein Professor für Sprachgeschichte wie Tolkien wusste darüber natürlich Bescheid.

Eroberung

Ist es nun Diebstahl, wenn sich die Zwerge den ihnen gestohlenen Schatz zurückstehlen? Wohl kaum, sondern eine etwas eigenwillige Art der Restitution. (Die Deutschen warten heute noch auf viele Dinge, die in russischen Archiven liegen und ihnen per Restitution zustünden: Beutekunst.) In solcher Gesellschaft lässt sich leicht stehlen: Bilbo krallt sich den Arkenstein, das „Herz des Berges“ und den größten Schatz der Zwerge.

Großkapital

Mit diesem mordsmäßigen Gewinnzuwachs (oder auch Beute) steigt Bilbo, unser Landjunker, zum Großkapitalisten auf: Nun spielt er unversehens in der Oberliga des Finanzmarktes mit. Verwunderlich, dass ihm dabei nicht vor Spekulierlust der Verstand schwindet, wie man es anno 2008 an der Wall Street beobachten konnte. Weniger verwunderlich ist hingegen, dass ihm sein vormaliger Auftraggeber Thorin Eichenschild ob dieses Diebstahl die Freundschaft kündigt und zudem die Ansprüche von Elben und Menschen aus Seestadt abweist. Er ist jetzt der König unter dem Berge und somit der reichste Großkapitalist weit und breit.

Nun walten die Kräfte des Marktes ungehindert, seit die Befreiung des Schatzes alle Schranken niedergerissen und jedermanns Begierden entfacht hat. Sogar die Orks rücken mit einer Armee an, und es kommt zur berühmten „Schlacht der fünf Armeen“ am Erebor. Höchste Zeit, dass einer für Ordnung sorgt und mit dem ganzen Zinnober Schluss macht: Gandalf ist gefragt.

Zu unserem Erstaunen vermag er nichts auszurichten, sondern vielmehr ist es Bilbo, der sich als Zünglein an der Waage betätigt. Das erinnert uns, dass „selbst der Kleinste den Lauf der Welt zu verändern vermag“, wie Galadriel in Peter Jacksons „Herr der Ringe“ so nett sagt. Klartext: Ein Brite in der Welt, der seine fünf Sinne und gesunden Menschenverstand beisammen hat, kann die Welt wieder in Ordnung bringen.

Mit dieser Zusicherung können britische Kinder beruhigt zu Bett gehen. So erfüllt das als Kinderbuch konzipierte und angefangene Werk seine klassische Funktion als Einschlaflektüre: Auf aufregende Abenteuer folgt stets die Rettung. Am Ende stehen ein glücklicher Ausgang und – durchaus erleichtertes Auflachen des Helden.

BONUSMATERIAL: Kommentare und Bilder

A) Kommentare

Die Kommentare sind der eigentliche Bonus in dieser schönen Ausgabe. So schön die Bilder auch sind, so findet man doch die Hochglanzbilder bereits in der illustrierten |Klett-Cotta|-Ausgabe des „Hobbit“, die Kommentare gibt es hier jedoch erstmalig in deutscher Sprache zu lesen.

In einer umfangreichen Einleitung, die sich besonders auf den Autor und Menschen Tolkien sowie auf dessen Werk konzentriert, arbeitet sich der Herausgeber an das Thema heran: das Buch „The Hobbit“. Was wollte Tolkien damit, wie schrieb er das Buch, warum dauerte es über zwei Jahre, bis es fertig war und warum gehört es mittlerweile zu den Klassikern, die in keinem Kinderbuchregal fehlen dürfen? Für denjenigen, der noch kein Tolkien-Buch von Tom Shippey gelesen hat, erschließen sich hier wesentliche Informationen zum vorliegenden Buch.

Die Kommentare gehen mehr auf die jeweiligen Textstellen ein. Es gibt mehrere thematische Kategorien, in die sich die Kommentare einteilen lassen (und die Kommentare sind wiederum von Lisa Kuppler mit Anmerkungen versehen, um etwa Quellen zu belegen).

1.) Interessante Motive wie die Figuren Gandalf, Bilbo Beutlin, der Drache und die Zwerge werden auf ihre jeweilige Herkunft untersucht. Das gilt auch für Namen, Orte und Darstellungsweisen. Es kann nicht ausbleiben, dass die Änderungen von „Kobold“ zu „Ork“ sowie „Riesen“ zu „Trolle“ usw. kommentiert werden müssen.

2.) Offensichtliche Fehler des Autors werden in den verschiedenen Fassungen des „Hobbit“ zwischen 1937 und 1967 aufgezeigt und erläutert. Besonders Bilbos Begegnung mit Gollum wurde umgeformt. Hier findet man die verschiedenen Transformationsstufen eingehend erläutert.

3.) Vielfach sind Gedichte eingestreut, von denen einige hier erstmals in deutscher Sprache zu lesen sind, so etwa mehrere „Bimble“-Gedichte, von denen ein paar andere in dem Gedichtband „Die Abenteuer von Tom Bombadil“ zu finden sind. Alle diese Gedichte werden ausnahmslos zweisprachig präsentiert.

B) Bilder und Bildunterschriften

Neben den Kommentaren sind die Bilder sicherlich die interessanteste Hinzufügung zum Buchtext. Vielfach handelt es sich um die Motive der internationalen Buchumschläge, sowie um die einzelnen Illustrationen von bekannten internationalen Zeichnern. Letztere werden sogar mit einer Kurzbiografie in den Bildunterschriften vorgestellt.

Ein grafischer Höhepunkt des Buches ist sicherlich der Mittelteil, in dem auf Hochglanzpapier die besten jemals angefertigten Illustrationen zum „Hobbit“ zu bewundern sind. Es ist allerdings kein Wunder, dass die Gemälde von Alan Lee, die aus der von diesem OSCAR-Preisträger angefertigten illustrierten Ausgabe stammen, hier prominent vertreten sind.

Nicht weniger als neun Zeichnungen stammen von Tolkien selbst, darunter die Karte von Wilderland sowie eine frühe Version von Thrors Schatzkarte. (Auf S. 411 ist die aktuelle deutsche Wilderland-Karte abgedruckt.) Den Abschluss bilden die zahlreichen Schutzumschläge der deutschsprachigen Ausgaben – die erste stammt aus dem Jahr 1957! (Mehr dazu im Nachwort Lisa Kupplers, s. u.)

Die Anhänge

Anhang A: DIE FAHRT ZUM EREBOR

Diese längere Prosaerzählung hat eine kuriose Entstehungs- und Veröffentlichungsgeschichte, die Anderson in einer langen Einleitung skizziert. Der Text wurde auszugsweise als einer der Anhänge zum HdR gedruckt, schließlich komplett in „Unfinished Tales“ (1980, dt. 1983 als „Nachrichten aus Mittelerde„) und als frühester Entwurf in „History of Middle Earth vol. 12“ (1996) veröffentlicht. Folglich existieren drei Fassungen. Hier ist die längste abgedruckt.

In dieser Erzählung begründet Gandalf gegenüber Frodo, wie es überhaupt zu der gemeinsamen Unternehmung eines Zauberers mit dem Volk von Thrain und Thorin Eichenschild kommen konnte (es war mehr oder weniger Zufall) – und wieso es Gandalf als notwendig erachtete, einen Nicht-Zwerg, nämlich einen Hobbit, mit der Aufgabe des Meisterdiebs zu beauftragen. Der Grund ist vordergründig einfach: Der zu beraubende Drache Smaug kannte den Geruch von Zwergen bestens, den von Hobbits aber nicht. Zwergengeruch hätte ihn vorgewarnt. Außerdem mochte Gandalf die Hobbits, besonders Bilbo.

Der Text lässt sich flüssig lesen und liefert für Hobbit-Liebhaber und Filmfans, die sich auf Peter Jacksons Verfilmung freuen, zahlreiche Hintergrundinformationen. Denn im Film wird nicht nur die Geschichte Bilbos und der Zwerge erzählt, sondern auch die Schlacht der Zauberer und Elbenkönige gegen den „Nekromanten“ Sauron, der in Dol Guldur sein Unwesen treibt. Und über Gandalfs Kampf gegen diesen Widersacher erfährt man hier einiges Interessantes. So ist es etwa gut zu wissen, woher der Zauberer Thrors Schatzkarte und den Schlüssel zur Drachenhöhle hatte: von König Thrain, der in Saurons Kerker schmachtete.

Anhang B: Über Runen

Tolkien kannte die angelsächsischen Runen bestens. Er erfand eine eigene Runenschrift, die auf Thrors Schatzkarte zu finden ist. Diese „Hobbit“-Fassung der Runen hat er für den HdR weiterentwickelt. Schon auf dem Schutzumschlag sind die „Hobbit“-Runen zu finden und hier übersetzt. Auf S. 403 ist das Runenalphabet zu finden.

Anhang C: Bibliografie

Dieser Anhang umfasst vier Teile:

I.) Tolkiens eigene Werke (Primärliteratur), und zwar alle Werke, die ins Deutsche übersetzt wurden (aus der „History of Middle-Earth“ also nur die ersten beiden Bände); des weiteren Briefe und ausgewählte wissenschaftliche Publikationen Tolkiens.

II.) Zur Revisionsgeschichte von „The Hobbit“

Dieser fast drei Seiten lange Abschnitt liefert interessante Einblicke in die komplizierte Geschichte der britischen und der deutschen Ausgaben. Zwischen 1937 und 1966/67 wurde der HOBBIT-Text an die Vorgaben des HdR angepasst und zahlreiche Fehler behoben (die letzten sogar erst 1995).

III.) Ausgewählte deutschsprachige Sekundärliteratur zu „Der Hobbit“ und dem Werk Tolkiens. Diese Angaben bestehen fast nur aus Werken des |Klett-Cotta|-Verlags, bieten aber auch Einblick in andere Bücher, so etwa auf die Graphic Novel zum HOBBIT, aber auch zu Fachartikeln und Fachbüchern der Tolkien-Forschung.

IV.) Tolkien in Deutschland: Hier sind die „Die Deutsche Tolkien Gesellschaft“ aufgeführt sowie das „Projekt Deutsche Tolkien-Bibliographie“, doch die Inklings-Gesellschaft findet man hier leider nicht erwähnt.

Auch diese Anhänge sind wieder mit Anmerkungen und Quellenangaben versehen worden.

DAS NACHWORT: „Der Hobbit in Deutschland“

In ihrem sechseitigen Text „Der Hobbit in Deutschland“ verfolgt Lisa Kuppler die kuriose und verschlungene Geschichte der beiden deutschen Übersetzungen des „Hobbit“, die – man höre und staune – bereits im Jahr 1946 ihren Anfang nahm. Für diese literaturhistorisch wichtigen Angaben konnte Kuppler auf Originalangaben der letzten lebenden Schöpfer an diesen Übersetzungen zurückgreifen. Allerdings nicht auf Wolfgang Krege, der 2005 starb.

Die Übersetzung

Ich war überrascht von der Modernität der Übersetzung Wolfgang Kreges. Hier musste ich mich daran gewöhnen, moderne Wirtschaftsbegriffe an den Kopf geworfen zu bekommen (was allerdings kein Problem darstellte), und dass sich die Figuren wie heute siezen statt sich mit „Ihr“ und „Euch“ anzureden.

Wirklich missglückt fand ich nur Kreges Wahl, aus Bruchtal das „letzte heimische Haus“ statt das „letzte heimelige Haus“ zu machen. Was hat man sich denn unter „heimisch“ vorzustellen? Tierarten sind heimisch, und der Begriff hat etwas mit „Heimat“ zu tun. Gemeint ist aber wohl kaum, dass sich Hobbits und Zwerge bei den Elben „heimisch“ fühlen sollen. Vielmehr ist eine Art Gemütlichkeit und Behaglichkeit gemeint, die auch Sicherheit mit einschließt. Dann ist „heimelig“ der zutreffendere Ausdruck.

Die Kommentare und Bildunterschriften hat Lisa Kuppler übersetzt, zusätzliche Gedichtzeilen stammen von Joachim Kalka. Kuppler hatte jede Menge Unterstützung, wofür sie sich in einem eigenen Nachwort bedankt.

Unterm Strich

„Der Hobbit“ ist bis zum heutigen Tage eines der erfolgreichsten Kinderbücher überhaupt. Da es die Vorgeschichte zum „Herrn der Ringe“ erzählt, sind alle Leser, die von Tolkiens Hauptwerk begeistert waren, auch erpicht darauf, Bilbos Geschichte zu erfahren. In Peter Jacksons HdR-Verfilmung wird sie als „There and back again“ kurz erwähnt: Bilbo schreibt seine Memoiren in Bruchtal. (Jacksons zweiteilige „Hobbit“-Verfilmung wird allerdings weit mehr erzählen als Bilbo, nämlich auch Gandalfs Aktivitäten.)

Was alle verwundern dürfte, die nur den Film kennen, sind die zahlreichen Lieder und Gedichte, die Tolkien eingeflochten hat. Erstaunlich ist auch der etwas kindliche Humor, der sich bei jeder glücklichen Rettung zeigt. Aber es gibt auch eine dunkle Seite im „Hobbit“: Streit um Besitz und Macht, ein dunkler Herrscher wird getötet, und es ist nicht der geisterhafte Sauron, sondern eine legendäre Fabel-Gestalt: ein Drache, der sprechen kann (wie übrigens alle Tiere von Bedeutung).

Außerdem betätigt sich Bilbo fortwährend als Verbrecher: eben als Meister der Diebe. Er beklaut sogar seinen wichtigsten Kunden: die Zwerge. Kein Wunder, dass sein guter Ruf als Bürger daheim im Auenland hinterher völlig futsch ist. Doch: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“ Den Ringdiebstahl muss sein Neffe Frodo dann zwar fast mit dem Leben bezahlen, aber dafür dürfen Frodo und Bilbo mit den Elben nach Valinor auswandern.

Kommentare und Bilder

Das wichtigste Bonusmaterial, das diese Ausgabe liefert, sind die Kommentare und die zahlreichen Abbildungen und Bildunterschriften. Der Herausgeber beschränkte sich dabei nicht bloß auf Erklärungen besonderer Stellen, etwa von Fehlern und Widersprüchen. Nein, er liefert komplette Motivgeschichten als Erklärung, warum zum Beispiel die Hobbits gerade so und nicht anders aussehen (und es gab jede Menge Fehlinterpretierungen). Hinzu kommen Gedichte in zweisprachigem Abdruck sowie mehrere Anhänge (s.o.).

Nach dieser Lektüre mag man, wie ich, vielleicht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Deshalb ist es angeraten, Prosalektüre und Kommentarlektüre voneinander zu trennen. Schließlich will sich so mancher junge Leser an der Geschichte erfreuen und ist weniger auf die Kommentare erpicht, die ein gewisses Bildungsniveau erfordern.

Man bekommt also zwei Bücher in einem: ein unterhaltendes und ein wissenschaftlich analysierendes. Somit richtet sich diese Ausgabe an zwei Zielgruppen: an junge Leser des „Hobbit“, etwa Schüler, und an Studierende oder Dozenten, die damit arbeiten wollen. Die Schnittmenge aus beiden Gruppen sind junge Studierende, die den „Hobbit“ erstmals komplett lesen wollen.

Die deutschsprachige Umsetzung

Das wunderschöne Titelbild, das den Drachen auf seinem Hort zeigt, ist mit goldenen Schlingen etc. verziert. Obwohl das Design vor allem romantisch eingestellte, junge Leser ansprechen dürfte, wertet es diese hochpreisige Ausgabe doch entsprechend zu einem Sammlerstück auf. Neben der illustrierten Ausgabe ist es die schönste Ausgabe des „Hobbit“, die ich kenne. Ich habe in den USA die Originalausgabe gesehen und finde, dass sie mit diesem Design nicht mithalten kann, weil sie zu nüchtern wirkt.

Obwohl diese erste Auflage noch etliche Druckfehler aufweist (die hoffentlich in späteren Auflagen ausgemerzt sind), hat sich der |Klett-Cotta|-Verlag doch sichtlich angestrengt, um sowohl ein optisch ansprechendes als auch literaturwissenschaftlich fundiertes und brauchbares Werk zu schaffen. Hier finden wir erstmals in deutscher Sprache „Die Fahrt zum Erebor“ in der längsten Fassung, etliche Erstabdrucke von Tolkiens Gedichten und schließlich eine komplette Publikationsgeschichte des deutschen „Hobbits“. Eine Bibliografie rundet das Buch ab, lediglich ein Index fehlt.

Für jede Menge mehr Veröffentlichungen von und über J. R. R. Tolkien durchstöbert unsere [Rezensionsdatenbank]http://buchwurm.org/ nach „Tolkien“.

Gebunden: 420 Seiten
Originaltitel: The Annoted Hobbit, 2002
The hobbit, 1937/1966;
Aus dem Englischen von Wolfgang Krege (Hobbit), Lisa Kuppler (Kommentare) und Joachim Kalka (Gedichte)
ISBN-13: 978-3608937145

www.klett-cotta.de

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