Jack Vance – Der Sternenkönig (Dämonenprinz 1)

Die Dämonenprinz-Serie

Diese Abenteuerserie besteht aus folgenden fünf Bänden, die alle bei Heyne und A. Irle erschienen sind:

1) Jäger im All bzw. http://buchwurm.org/vance-jack-sternenkoenig-der-daemonenprinz-1-19056/ (1963/64, The Star King; Heyne Nr. 06/3139)
2) Die Mordmaschine (The Killing Machine; Heyne Nr. 06/3141)
3) Der Dämonenprinz bzw. Der Palast der Liebe (1967, The Palace of Love, Heyne Nr. 06/3143)
4) Das Gesicht (1979/80, The Face, Heyne Nr. 06/4013, illustriert)
5) Das Buch der Träume (1981, The Book of Dreams; Heyne Nr. 06/4014, illustriert)

Mit „Der Sternenkönig“ (Irle-Ausgabe) bzw. „Jäger im Weltall“ (Heyne-Ausgabe) beginnt eine fünfteilige Romanserie, die heute noch zu den Klassikern in der Science-Fiction zählt. Jeder Roman lässt sich in einem Tag bis einer Woche lesen: So spannend die actionreiche Handlung, so kriminalistisch sind die Methoden, die der Held, Kirth Gersen, einsetzt. Er benutzt Datenbanken und Auskunftsdienste, muss Speicher entschlüsseln und verborgene Identitäten aufdecken: Alles Aufgaben, die auch heute noch an Polizisten oder Agenten gestellt werden. Was also auf altmodische Weise erzählt wird, ist eine im Grunde moderne Geschichte.

Mal angenommen, der Oberbösewicht hieße nicht Attel Malagate, sondern Saddam Hussein. Wie findet man heraus, welcher Kandidat nur ein Doppelgänger und wer der echte Saddam ist?

Handlung

Auf Smades Planet, der um Smades Sonne kreist, gibt es nur ein einziges Haus: Smades Gasthaus. Hier lebt niemand anderes als – Smade himself, mit seinen drei Frauen und elf Kindern. Dementsprechend pingelig ist Smade, wenn es um den Missbrauch seiner Gastfreundschaft geht, und der bahnt sich gerade an, als Kirth Gersen bei Smade übernachtet.

Ich stelle mir Smades Bewirtungsraum als eine Art Saloon vor, wie man ihn im Wilden Westen zu finden gewohnt war. Hier treffen eben Durchreisende aufeinander, und die unwahrscheinlichsten Bekanntschaften ergeben sich. Wir erfahren zunächst nichts über die Hauptfigur Gersen. Aber ein anderer Gast, Lugo Teehalt, ist recht neugierig.

Gersen war früher bei der Interplanetaren Fahndungskommission (hier noch IPCC genannt, später IPKG, der Interwelt-Koordinierungs-Gesellschaft), einer Art Interpol des Weltraums. Doch seine Polizistentage hat er hinter sich, denn er befindet sich auf einem Rachfeldzug: Er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, jene Aliens zur Strecke zu bringen, die seine Familie ausgelöscht hatten. Nur Kirth und sein Großvater überlebten das Massaker, und von Opa lernte Kirth alle Tricks, Fertigkeiten und Weisheiten, die er brauchte, um zu überleben und in der Polizeitruppe seine Arbeit gut zu machen.

Nun ist die Zeit gekommen, unter Beweis zu stellen, dass Kirth wirklich überleben kann. Denn Lugo Teehalt vermacht ihm etwas ganz besonders Begehenswertes: eine neue erdähnliche Welt, die niemand sonst kennt. Dort leben in einer Art Arkadien lediglich Aliens, die Teehalt „Dryaden“ nannte, da sie Auswüchse wie Bäume hatten. Und sie stellten sich als weniger harmlos heraus als sie aussahen. Teehalt ist ein Makler und Forscher, der im Auftrag eines Mannes namens Attel Malagate den Kosmos durchforscht. Teehalt soll Malagate bei Smade’s treffen und fragt Gersen, ob er Malagate oder dessen Abgesandter sei. Gersen verneint. Mit im Raum war bis vor wenigen Minuten auch ein „Sternkönig“, ein humanoider Alien.

Der arme Teehalt wird das Opfer einer Mordkommandos, das in Smades Gasthaus aufkreuzt. Dessen Anführer, ein Mann namens Hildemar Dasce, ist grässlich entstellt und macht mit Teehalt kurzen Prozess, unterstützt durch zwei Profikiller. Während sich Kirth Gersen versteckt, haut das Mordkommando wieder ab, allerdings mit Gersens eigenem Flieger, der vom gleichen Modell wie Teehalts ist. Nun verfügt alleine Gersen über die Informationen über Teehalts Welt, die sich in dessen Monitorspeicher befinden.

Dumme Sache: Dieser Speicher ließe sich zwar meistbietend verkaufen, allerdings wird für das Abrufen der Informationen ein Dekodierungsschlüssel benötigt, den nur der Auftraggeber selbst hat. Und wie sich erweist, ist dies offenbar nicht etwa ein Mann namens Malagate, sondern einer der Leiter eines Forschungsprogramms, das an einer bekannten Uni auf einem Planeten namens Alphanor in der Rigel-Region durchgeführt wird. Hier stößt Gersen auf drei Männer, hinter denen sich der gesuchte Malagate verbergen könnte.

Inzwischen hat Gersen herausgefunden, dass es bei dem Sternkönig, der in Smades Gasthaus anwesend und dann plötzlich verschwunden war, um eben jenen Attel Malagate handelt, hinter dem er her ist. Und wer, wenn nicht so ein Sternkönig, hatte Gersens Familie ausgelöscht? Diese Sternkönige können menschliche Form annehmen und machen es sich stets zur Aufgabe, Menschen in jeder Beziehung zu übertreffen.

Gersen ist ganz nah dran, Malagate unter den drei menschlichen Kandidaten aufzuspüren, doch der Gesuchte ist auch nicht untätig. Er schickt ihm einen Killer nach dem anderen auf den Hals. Mehrmals gelingt Gersen die Abwehr, doch dann wird eine junge Frau entführt, mit der er ein Rendezvous hatte und die ihm wertvolle Informationen über die drei Männer geben konnte.

Nun gilt es, mehrere Aufgaben zu erfüllen: Die Entführte aus den Klauen von Hildemar Dasce zu befreien, den Sternkönig Attel Malagate zu entlarven und zu töten sowie Teehalts neue Welt zu beschützen. Keine einfachen Aufgaben.

Mein Eindruck

Die Dämonenprinz-Serie vereinigt drei von Vances Stärken: eine sehr straffe, schnell und geradlinig erzählte Handlung, die sich am Niveau der Pulp-Magazine orientiert und nicht übermäßig viel Ballast mitschleppt; schöne, aber knappe Planeten- und Landschaftsbeschreibungen; und eine klare Trennung zwischen bösen und guten Figuren. Die bösen Jungs sind so gefährlich, finster und entstellt, wie es nur geht – und das gilt nicht nur für die fünf Dämonenprinzen alias Sternenkönige, sondern auch für ihre Schergen.

Die Guten hingegen mögen zwar ebenso gefährlich sein, tun dies aber mit einem Sinn für Gerechtigkeit und Schönheit. Das gilt jedenfalls für den Privatmann Kirth Gersen. Teehalts arkadische Welt ist ebenso schön wie Pallis Atrode, die junge Dame, mit der Gersen ein Rendezvous hat, das „Fräulein in Not“. Gersen empfindet es als ebenso seine Pflicht, Schurken zu töten wie Schönheit und Unschuld zu bewahren. In beidem ist er recht kompetent.

Angesichts dieses Pulp-Stils ist es auch mit Beschreibungen psychologischer Zustände nicht weit her. Eine Innensicht findet kaum statt, vielmehr reden die Figuren allenfalls über ihre Erinnerungen – im Falle von Teehalts Welt und Gersens Kindheit und Jugend sogar Seiten lang. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Diszplin der Psychoanalyse im Jahr 1963, als Vance dieses Buch begann, noch in den Kinderschuhen steckte; von Psychotherapie ganz zu schweigen. Und so kommt es, dass sich ein heutiger Leser wundert, warum ein Entführungsopfer wie Pallis Atrode, das möglicherweise sogar vergewaltigt wurde, völlig mit seinem Schmerz allein gelassen wird, statt eine Therapie zu erhalten.

Unterm Strich

Wie ein Copthriller alten Stils strebt die Handlung pfeilgerade voran, so dass sich kaum Verständnisschwierigkeiten ergeben, sondern vielmehr eine actiongestützte Spannung ergibt. Die zweite Hälfte des Buches wird aber von einem Problem dominiert, das Gersen lösen muss: Wer ist der echte Attel Malagate, der Alien, der sich als Mensch verkleidet hat? Und nachdem er das „Fräulein in Not“ gerettet hat (damit verrate ich wohl kaum etwas Unerwartetes), gelingt ihm ein Finale, das an poetischer Gerechtigkeit nichts zu wünschen übriglässt.

Gersen hat fünf Namen auf einen Zettel geschrieben: die Namen der Sternkönige bzw. Dämonenprinzen, die seine Familie vernichteten. Und somit gilt am Schluss: „One down, four to go.“

Gebunden: 218 Seiten
Originaltitel: The Star King, 1964
Andreas Irle Verlag
ISBN-13: 978-3980456975

auch erschienen als

Taschenbuch: 160 Seiten
Heyne 1968, München
Aus dem US-Englischen übersetzt von Walter Brumm; ohne ISBN|

http://www.editionandreasirle.de

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