Armin Rößler – Die Nadir-Variante

Eine gigantische Flotte von Raumschiffen bringt Tod und Vernichtung über den Planeten Elgin und seine Bewohner. Der junge Pilot Paz Nadir kämpft für die Rettung seiner Heimat und um sein Überleben. Sein Weg führt ihn in die Tiefen des Alls und auf fremde Welten, wo er zum Spielball der Mächte zu werden droht.
Wer ist Hentscher Rof? Was erwartet Nadir auf der Raumstation Penquareel? Was suchen die geheimnisvollen Torshoi, die aus tiefer Vergangenheit wieder auftauchen? Welche Ziele verfolgt die Bruderschaft von Taronn? Was hat es mit den Gnossanden auf sich? Und wird Ville Sterndaal, der Herrscher von Cheros, der Verantwortung für sein Volk und ein ganzes Sonnensystem gerecht werden?

(Verlagsinfo)

Fragen über Fragen.
Der Roman teilt sich in drei Phasen. Da ist der Namensgeber, Paz Nadir, ein ehrgeiziger junger Mann. Er erlebt die Schlacht um seine Heimat als Jägerpilot und muss erfahren, dass der Gegner überlegene Machtmittel besitzt. Sein Volk ist vom Untergang bedroht, Nadir selbst wird abgeschossen. Seine Rettung – ohne die der Roman ein frühes Ende gefunden hätte – verdankt er dem überraschenden Auftauchen eines Raumschiffs der Bruderschaft von Taronn, das ihn huckepack nimmt und den Kriegsschauplatz verlässt. Nadir erlebt eine Odyssee auf der Suche nach Hilfe für sein Volk, doch verlässt er zusehends diesen Pfad und folgt dem Ruf seiner Neugier, als ihm Esre Sterndaal begegnet.

Dem Leser gelingt es, aus kurzen Erinnerungssplittern und Rückblicken einen Abriss Nadirs bisheriger Entwicklung zu erfassen. Darüber bekommt man einen Eindruck von Nadirs Jugend, Ehrgeiz und Unerfahrenheit, es bleibt für die Geschichte jedoch ohne weiteren Belang. Was in dieser Phase des Romans auffällt, ist vor allem der Wechsel in Nadirs Prioritäten und die Rolle des Zufalls, der hier eine große Macht auf den Informationsfluss und den Fortschritt der Handlung ausübt. Man folgt dem Protagonisten aber gerne, da er sich nicht lange mit Beschreibungen und Informationsbrocken aufhält, sondern stets in Bewegung bleibt und Dinge erlebt.

In der zweiten Phase folgt die Erzählung dem Herrscher über ein anderes Sonnensystem, Ville Sterndaal, dem Okel Esres. Wie deren Wirken zusammen hängt, wird erst recht spät in der Geschichte geklärt, doch vordergründig geht es um die Beziehung zwischen dem Herrscher und den Taronn, die einen unerklärlichen Einfluss auf ihn ausüben. Hier konzentriert Armin Rößler die Verflechtungen der Fäden, an denen die Erzählung aufgehängt ist. Es ist ein Wechselspiel von Intrige, Selbstbestimmung, geheimnisvoller Fremdartigkeit und einer großen Macht im Hintergrund. Neben der plastischen Handlung breitet Rößler mit wenigen Strichen die Verknüpfungen aus, so dass die Geschehnisse aus der ersten Phase in einem neuen Licht erscheinen. Diese Phase wirkt farbenprächtig und differenziert, bildet das erzählerische Zentrum des Romans.

Schließlich führt Rößler die Stränge zusammen und springt in der Erzählung zwischen den Protagonisten, wodurch das Finale aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird. Dadurch erfährt der Leser deutlich vom Doppelspiel der Bruderschaft der Taronn, während Ville Sterndaal nur von leisen Zweifeln geplagt wird und bis zuletzt das Ausmaß der Abhängigkeit nicht erkennt. Ausschlaggebend für das Ineinandergreifen werden schließlich kleine Interaktionen, die Rößler in das doch recht umfangreiche Gemenge der Figuren und Schauplätze einfügt, die aber teilweise nur unvollständig abgeschlossen werden. So bleibt beispielsweise der Zusammenhang zwischen der Rache Prockters über den Mord an einem nicht näher beschriebenen Fremdwesen an der Familie Sterndaal mit dem Auftauchen des Fremdvolks der Torshoi ungeklärt. Gleichfalls wird nicht deutlich, welchen Gewinn sich die Taronn von der Kontrolle der Gnossanden versprechen. Man kann aus der Geschichte die Vermutung ableiten, dass die leichten Fähigkeiten zur geistigen Einflussnahme mit dem Baum der Gnossanden zusammen hängen, hier fehlt jedoch ein wenig Deutlichkeit in der Motivation.

Das Finale vollzieht sich rasant unter der glücklichen Choreografie Paz Nadirs, dem es aufgrund einer guten Intuition gelingt, seine Variante der Beeinflussung des Geschehens, eben die »Nadir-Variante«, zum Erfolg zu führen. Dabei übersieht man ebenso wie Rößler die nicht vorhandenen Möglichkeiten zweier Protagonisten, ungeschützt im Vakuum zu überleben – ein kleiner Schnitzer, der dem Erzählfluss jedoch keinen Abbruch tut. Anders mag ein Stilmittel wirken, das übermäßig häufig zur Anwendung kommt: Die Fragen, die immer wieder ausformuliert werden und die Gedankengänge von Protagonisten wiedergeben sollen oder auch den Leser auf die Knackpunkte der Story hinweisen sollen. Damit wird dem Leser die eigene Denkarbeit entzogen, obwohl er sie zur Zusammenschau des großen Ganzen durchaus einsetzen sollte. Schon der Klappentext bietet hier einen kleinen Vorgeschmack, obwohl zumindest die Frage nach Hentscher-Rof für die Geschichte eigentlich nebensächlich ist, da er eine weitgehend austauschbare Figur darstellt.

Insgesamt ist dieser Roman vor allem ein Beispiel für eine handlungsorientierte Geschichte, deren Hintergründe und Schauplätze sich nicht durch langwierige Beschreibungen, sondern durch die Geschehnisse ergeben, was für großes Tempo sorgt, sowohl erzählerisch als auch beim Lesen selbst. Die Verbindung zu Rößlers Argona-Trilogie findet man in der Erwähnung bereits bekannter Völker wie den Guer, oder der Anwesenheit eines Wurmlochnetzes, das durch die Lotsen erst passierbar wird. Thematisch bietet der Roman einen eigenständigen Blick auf ein ziemlich großes, interessantes Geheimnis, dem er aber nur beiläufig nahe kommen will – vordergründig erzählt er eine wechselhafte Geschichte über Einzelschicksale und Intrigen, für die das hintergründige Geheimnis nur den Anstoß liefert.

Taschenbuch, 300 Seiten
Originalausgabe

ISBN: 9783955561000
Das Buch beim Verlag
Über den Autor

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)