Der dritte Roman einer Trilogie hat die oft undankbare Aufgabe, die losen Fäden aus den Vorgängern zu einem stimmigen Ganzen zu verweben. Oft genug bleibt dabei die Spannung und der Erzählfluss auf der Strecke – gerade bei derart weitgespannten Zusammenhängen wie in Rößlers »Argona-Universum«. Wer dementsprechend ahnungsvoll nach »Argona« greift, wird beeindruckt sein. Rößler liefert ein Finale, das sich gewaschen hat.
Chronologisch vorgehen zu wollen, widerspräche der Abfolge der Romane, halten wir uns lieber an sie. Im ersten Band »Entheete« wird die gleichnamige Wesenheit vom Argonom Aulden unter dem Opfer seiner Artgenossin Chrom besiegt. »Andrade«, der zweite Roman, belehrt uns eines Besseren: Chrom und Entheete konnten ihre Bewusstseine in einen Ersatzkörper retten, kämpfen in diesem um Vorherrschaft und lösen damit mentale Todeswellen aus, die gegen eine bewohnte Welt branden. Der dort aufgewachsene Paul Andrade stellt sich gemeinsam mit seinem Vater Luz dem geistigen Potenzial der beiden und besiegt sie – indem er sie in sich aufnimmt. Auch der Geist von Luz findet bei ihm Zuflucht und hilft bei der Beherrschung der starken Entheete.
Die Heimatwelt der Argonomen heißt »Argona«. Hier fokussieren sich die Ereignisse im abschließenden Roman, wobei auch noch andere Geheimnisse der Geschichte gelüftet werden, zum Beispiel die Frage nach den kriegerischen Kotmun oder der Uneigennützigkeit der Wurmlochlotsen und noch weitere. Durch die vielfach verwobenen Umstände treffen hier die Protagonisten aller Romane aufeinander, obwohl ursprünglich zeitlich stark getrennt, und bewältigen gemeinsame Probleme. Die Vielzahl an facettenreich aufgebauten Personen findet hier ihre Berechtigung, auch wenn gerade dieser Punkt in den ersten Romanen noch als Kritikpunkt galt. Hier zeigt sich, dass die über drei Jahre entwickelte Geschichte im Ganzen ihrer anfangs übermäßig erscheinenden Komplexität gerecht wird und Rößler sich nicht nur erzählerisch steigert, sondern auch den vollständigen Überblick bewahrt hat. Mit überraschender Kreativität entwickelt sich in »Argona« eine Geschichte als Motivation und Rahmen für die vorherigen Erzählungen, sogar drei von Rößlers Kurzgeschichten finden nicht nur Eingang in diesen Kanon, sondern sind von tragender Bedeutung (ohne dass ihre Lektüre zwingend nötig wäre).
Der Buchrücken kündigt weitere Romane aus diesem Universum an. Tatsächlich bietet es Spielraum für viele unerzählte Geschichten, und Rößler lässt genug Potenzial für den Ausbau seiner Schöpfung und eventuelle Wiedersehen mit dem einen oder anderen Protagonisten. Wahrscheinlich lohnt sich das Warten …
Mit »Entheete« erschien 2006 der erste Science-Fiction-Roman im Wurdackverlag; damals war noch nicht absehbar, ob sich Fortsetzungen lohnen würden. Geht man von dieser Annahme aus, ist es doppelt erstaunlich, wie sich die drei Romane in ein stimmiges Bild fügen. Es zeugt von großer Schöpfungskraft des Autors, der jetzt offenbar nur noch »viel schreiben« muss, um sein handwerkliches Geschick zu verfeinern. Denn eine gemeinsame Schwäche aller seiner Romane und auch einiger Kurzgeschichten ist ein schleppender Auftakt, als wenn die ersten Seiten unter dem Zwang ihrer Bedeutung litten.
Armin Rößler ist zu einem wichtigen Menschen in der deutschen Science-Fiction-Welt geworden. Seine Kurzgeschichten sind zwar nicht bahnbrechend, aber sie finden ihre Leser und müssen wohl als Sprungbrett für den Autor gelten, von dem aus er sich gerade für die deutsche SF-Kurzgeschichte stark gemacht hat. Die gesamte SF-Reihe des Wurdackverlags betreut er als Herausgeber, was insbesondere durch die anfangs in schöner Qualität und Regelmäßigkeit erschienenen Kurzgeschichtensammlungen sehr wertvoll ist. Bedauerlich ist nur der Rückgang an diesen Sammlungen zu Gunsten von Romanen, aber offenbar muss sich auch der Wurdackverlag den Gesetzen des Marktes beugen – wie sonst soll man das vollständige Fehlen weiterer offener Kurzgeschichtenanthologien im Verlagsprogramm deuten? Trotzdem bot Rößler zusammen mit Verlag und Kollegen gerade unbekannten Talenten eine Plattform, wie sie in Deutschland einzigartig ist. Ich möchte mit der obigen Vermutung am liebsten danebenliegen und von weiteren Anthologien der anfänglichen Form überrascht werden.
Seine Arbeit als Herausgeber ebnete Rößler den Weg zu eigenen Veröffentlichungen in Romanform. Nach einem Fantasyroman liegt mit der »Argona«-Trilogie nun der vierte Roman von ihm vor, und es ist durchaus eine erzählerische Steigerung zu verzeichnen. Da es ihm offenbar nicht an Kreativität und Ideen mangelt, beweist er hoffentlich auch das nötige Durchhaltevermögen für die Fortsetzung seiner guten Arbeit.
Zusammengefasst heißt das: Die »Argona«-Trilogie ist in ihrer Vollständigkeit sehr lesenswert und bietet hohen Unterhaltungswert plus echtem sense of wonder – ein ausgelutschter Ausdruck für eine stimmungsvolle Geschichte.
Der Autor vergibt: