Alle Beiträge von Meike Schulte-Meyer

Mueller, Michael – Belfast Blues

Wir schreiben das Jahr 1999. Offiziell herrscht Waffenstillstand zwischen den verfeindeten katholischen und protestantischen Bürgerkriegsparteien in Nordirland, als ein schwerer Bombenanschlag auf den britischen Premier die zarten Bande des Friedens erschüttert. Jonathan, der in Belfast aufwuchs und nach einer Karriere bei der |Royal Ulster Constabulary| im britischen Sicherheitsdienst arbeitet, wird mit den Ermittlungen vor Ort beauftragt. Für ihn wird es ein Trip in die eigene Vergangenheit und die alte Heimat Belfast.

Er trifft seine Exfreundin Katie wieder, die er vor Jahren wegen seiner Karriere bei der Polizei verlassen hat und die immer der Meinung war, es wäre besser sich aus den „Troubles“ rauszuhalten. Er denkt an Raymond, seinen alten Freund aus Kindertagen, mit dem er zusammen etwas gegen Terror und Krieg unternehmen wollte und darum mit ihm zur Polizei ging. Und er erinnert sich an ihren früheren katholischen Freund Sean, der sich immer raushalten wollte und dann bei einem Anschlag auf einen protestantischen Pub durch eine katholische Granate ein Bein verlor.

Im Wirrwarr dieser Erinnerungen versucht Jonathan zusammen mit seinem Partner James, die Urheber des Anschlags zu finden. Doch er rennt gegen eine Mauer des Schweigens. Mehr und mehr bekommt er den Eindruck, für die Geheimdienstbosse in London nur den Sündenbock abgeben zu sollen, dem man bei ausbleibendem Fahndungserfolg die Schuld in die Schuhe schieben kann.

Doch in einer Ecke, in der er nicht mit Unterstützung rechnen kann, haben einige Leute plötzlich ein gesteigertes Interesse daran, dass Jonathans Ermittlungen erfolgreich sind. Aber welche Rolle spielt sein alter Freund Raymond, der vor Jahren den Dienst quittierte, eigentlich bei der ganzen Sache? Interessiert er sich wirklich nur noch so wenig für die „Troubles“, wie er Jonathan glauben lassen möchte?

„Belfast Blues“ ist grob betrachtet ein solider Agententhriller, der etwas abseits der gängigen Genreklischees angesiedelt ist. Einerseits spielt er vor dem Hintergrund des Nordirlandkonflikts, andererseits aber zumindest teilweise auch im Dunstkreis von ehemaliger Stasi und NVA im Deutschland nach der Wende.

Mueller greift einen recht interessanten Aspekt auf, der sicherlich auch auf andere Konflikte als den Nordirlandkonflikt übertragbar ist. Er zeigt, dass es trotz aller Friedensbemühungen immer noch Interessensgruppen gibt, denen ein Fortdauern des Krieges lieber ist, damit sie ihre liebgewonnene Macht nicht verlieren. Dies trifft beispielsweise auf die IRA zu, die in vielen Wohnvierteln oft mehr zu sagen hatte als die britischen Besatzer. Doch nicht nur im terroristischen Spektrum, auch in der Politik gibt es einige, denen der Sinn ganz und gar nicht nach Frieden steht, und um diesen Konflikt dreht sich vieles bei „Belfast Blues“.

Anfangs entwickeln sich Jonathans Ermittlungen sehr schleppend. Niemand scheint sich zu dem Attentat bekennen zu wollen und so kommt der Fall nur ziemlich schwer in Gang. Nachdem Mueller mit der Schilderung des Attentats die Bombe im wahrsten Sinne des Wortes gleich zu Beginn zündet, passiert erst einmal nicht mehr viel und so nutzt er das Papier für lange Rückblenden in Jonathans und Raymonds Vergangenheit.

Mueller schildert alles sehr genau, sowohl das Leben in den protestantischen und katholischen Wohnvierteln als auch den Verlauf der Ermittlungen. Das Buch macht dabei einen durch und durch gut recherchierten Eindruck, sowohl mit Blick auf die politischen Hintergründe als auch auf Ballistik und Geheimdienstarbeit. Mueller scheint also durchaus gut informiert zu sein. Ein Eindruck, der sich auch beim Blick auf seine Biographie bestätigt, denn er war schon als freier Fernsehautor und Reporter in Nordirland tätig und hat 1992 ein Buch zum Thema RAF/Stasi herausgebracht.

„Belfast Blues“ kommt zwar zu Beginn nicht so wahnsinnig schnell auf Touren, aber man muss Mueller lassen, dass er ein sehr ausgefeiltes Komplott inszeniert, das sowohl Jonathan als auch dem Leser erst ganz langsam Seite für Seite bewusst wird. Der Leser ist dabei zwar oft einen kleinen Schritt voraus, dennoch kann man sich teilweise noch keinen Reim auf die Indizien machen, die Mueller dem Leser unterjubelt. Und das ist durchaus eine der Qualitäten des Romans. Scheinen die Ermittlungen zunächst noch im Sande zu verlaufen und Jonathan mehrmals kurz davor zu stehen, die Nachforschungen aufzugeben, so gewinnt die Handlung mit der Zeit immer mehr an Fahrt und entwickelt gegen Ende ein geradezu erschreckendes Tempo. Die Geschichte rast unaufhaltsam einem düsteren Ende entgegen und man wird als Leser völlig gefangen genommen. Ganz am Ende bedient Mueller sich dann auch noch eines feinen Kniffs. Er blendet mitten im Showdown aus und erzählt das Ende der Geschichte aus der Rückblende. Eine Inszenierung, die ich ziemlich gelungen und spannungssteigernd fand.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt bei „Belfast Blues“ nicht nur auf der Thrillerhandlung, sondern ganz besonders auch auf der Biographie der beiden Jugendfreunde Jonathan und Raymond. Immer wieder wechselt Mueller die Perspektive, erzählt mal Gegenwärtiges, mal Vergangenes, mal aus der Sicht von Jonathan, mal aus der von Raymond und hin und wieder auch aus der Perspektive ihres gemeinsamen Freundes Sean. Dadurch wird die Geschichte nicht nur spannender, sondern auch facettenreicher und tiefgründiger.

Die Rückblenden wirken dagegen hier und dort ein wenig lang. Wenn beispielsweise Seans Geschichte erzählt wird und Mueller sich seitenlang über seine Erlebnisse nach dem Anschlag, bei dem er sein Bein verlor, auslässt, vergisst man ein wenig, dass man eigentlich einen Thriller liest, bei dem es im Grunde um eine ganz andere Sache geht. Sicherlich will der Autor mit diesen Rückblenden zeigen, wie sehr die Biographien der Protagonisten ihre Handlungsweise in der Gegenwart bestimmen und das ist ein durchaus wichtiger Aspekt, dennoch hätte ich an seiner Stelle die Rückblenden entweder mehr gesplittet oder gestrafft, denn so tragen sie den Leser oft weit von der eigentlichen Geschichte fort.

Was dagegen absolut überzeugen kann, ist die Zeichnung der Charaktere. Dadurch, dass man die Lebensgeschichten der wichtigsten Figuren relativ genau kennen lernt, kann man ihre Motivation und ihr Verhalten verstehen. Man merkt, dass Mueller dieser Aspekt sehr wichtig ist. Er zeigt, was der alltägliche Terror, so wie ihn die Nordiren seit den frühen Siebzigern tagtäglich erlebt haben, aus den Menschen macht. Wie zwei Jungen schon früh das hässliche Gesicht des Bürgerkrieges kennen lernen, einen Beitrag zu seinem Ende leisten wollen und ihn dann doch nur weiterführen, weil auch sie dieser Spirale der Gewalt ohnmächtig gegenüberstehen. Auf welche unterschiedliche Art und Weise beide daraufhin resignieren, ist ein weiterer Aspekt des Buches.

Was dabei hilft, die 523 Seiten des Romans relativ schnell hinter sich zu lassen, ist Muellers Schreibstil. Oft wirkt seine Sprache etwas schnörkellos, aber nicht emotionslos. Viele Sätze fallen eher kurz und knapp aus, aber Mueller wählt klare Worte und schafft es bei aller sprachlichen Schlichtheit auch immer wieder etwas Tiefgang in die Geschichte zu bringen. Das Buch liest sich sehr gut, ohne sich in kühler Oberflächlichkeit zu verlieren.

Mueller hat mit „Belfast Blues“ einen durchaus packenden Thriller abgeliefert, der vor allem zum Ende hin ein geradezu rasantes Tempo entwickelt und den Leser ein Stück weit nachdenklich stimmt. Wen neben einem politischen Thriller auch noch die Facetten des Nordirlandkonflikts interessieren, der findet hier auf jeden Fall spannenden Lesestoff.

Thierry Jonquet – Die Unsterblichen

Es ist schon ein recht ungewöhnlicher Thriller, den der französische Krimiautor Thierry Jonquet mit „Die Unsterblichen“ abgeliefert hat. Eine Geschichte, die einen beim Lesen des Klappentextes oder beim Blick auf die Kurzbeschreibung im Internet erst einmal die Stirn runzeln lässt. Klingt irgendwie abgedreht. Doch der Roman, der sich dahinter verbirgt, ist überraschend bodenständig.

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Andreas von Bülow – Die CIA und der 11. September

Der 11. September 2001 – so ganz werden wir wohl nie fassen können, was an diesem Tag geschah. Fast zeitgleich werden vier Passagierflugzeuge entführt. Zwei stürzen in die Türme des World Trade Centers in New York, eines rast in das Pentagon in Washington und ein weiteres bohrt sich in der Nähe von Shanksville, Pennsylvania, in den Boden.

Doch dem Schock folgten Fragen, den Fragen folgten erste Zweifel: Wie kann es sein, dass ein Land, das über einen so gut ausgebauten geheimdienstlichen Apparat verfügt, nichts von den Vorbereitungen eines so groß angelegten Terroraktes mitbekommt? Und wie kann man dann aus dieser Ahnungslosigkeit heraus innerhalb von nur drei Tagen schon alle 19 Täter ermittelt haben? Wieso funktionierte die perfekt trainierte Luftabwehr der Amerikaner nicht einmal ansatzweise?

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Fischer, Marc – Jäger

Ein Mann steht auf den Bahamas einige Meter vom Ufer entfernt im Wasser und schneidet sich mit einem Messer zwei Wunden in die Oberschenkel. Er lässt das Messer fallen, breitet die Arme aus und wartet. Er wartet auf die Haie, die in der Bucht zu der Zeit unterwegs sind. Er wartet darauf, dass sie die Witterung aufnehmen und zu ihm kommen. Er wartet auf den Tod.

Mit dieser düsteren Szene beginnt „Jäger“, nach „Eine Art Idol“ der zweite Roman des deutschen Autors Marc Fischer. Eine Szene, die ihre Schatten vorauswirft bzw. vielmehr zurück, denn auf den folgenden 249 Seiten erfährt der Leser weniger, wie es weitergeht, sondern eher, wie es dazu kommen konnte, dass der Protagonist mit dem Messer in der Hand und dem Tod vor Augen ins Meer steigt.

Und das ist eine lange Geschichte. Sie handelt von Gursky. Gursky ist der Mann mit dem Messer, aber bevor er auf den Bahamas seinem Leben ein Ende setzen wollte, war er Moderator bei einem Musiksender. Starmoderator zudem. Gursky war einer der Moderatoren, die umso erfolgreicher wurden, je mehr sie ihre prominenten und semiprominenten Gäste beschimpften. Polemik als Erfolgsrezept. Respektlosigkeit als Quotengarant. Gursky wurde dadurch zum Star.
Als er diesen Job kündigt, scheint sein Leben wieder in geordnetere Bahnen einzuschwenken. Gursky scheint ernsthafter zu werden, endlich bereit dazu, Verantwortung zu übernehmen und erwachsen zu werden. Er will seine Freundin Nathalie heiraten. Das erste Kind ist bereits unterwegs. Im Angesicht der zukünftigen Vaterrolle will Gursky seine wilden Jahre würdig beschließen und macht sich ganz allein nach Kuba auf. Seine Mission: Er will einen Hai fangen – aus ganz persönlichen Gründen.

Auf Kuba angekommen, trifft Gursky rein zufällig seinen alten Widersacher von Schweitzer. Was in der Heimat nie geklappt hat – trotz stetiger Bemühungen der Freunde – klappt nun in der Ferne. Der Schriftsteller und der Moderator kommen ins Gespräch und schließen sogar Freundschaft. Schon bald ist von Schweitzer fasziniert und mitgerissen von Gurskys Jagdziel.
Doch die Jagd, die als harmloses (obgleich illegales) Touristenabenteuer beginnt, droht schon bald zu eskalieren. Von Schweitzer und Gursky entwickeln eine Art Besessenheit und legen einen Schwur ab, dem zufolge sie erst dann die Heimreise antreten wollen, wenn sie „ihren“ Hai gefangen haben …

Im ersten Moment weckt Fischers Roman Erinnerungen an Alex Garlands „The Beach“. Auch „The Beach“ setzt eine zunehmend düstere, eskalierende Handlung in den harten Kontrast einer paradiesischen Umgebung. Der Himmel, der sich als Hölle entpuppt, weil Menschen eine Grenze überschreiten, die sie besser nicht überschritten hätten. Fernab der vertrauten Welt tun sich die Abgründe der menschlichen Seele auf, die Nebenwirkungen der modernen Gesellschaft, die im gleißenden Sonnenschein der paradiesischen Szenerie umso düsterer und beklemmender wirken.

Bei Alex Garland ist diese Mischung wunderbar aufgegangen und da „Jäger“, egal ob absichtlich oder nicht, gewisse Assoziationen hervorruft, kommt man nicht umhin, die Parallelen zu bemerken. Doch „Jäger“ ist kein zweites „The Beach“ und Marc Fischer nicht die deutsche Ausgabe von Alex Garland. Auch wenn gewisse Gemeinsamkeiten durchaus augenfällig sind, unterscheiden sich beide fundamental – weniger in der Qualität, denn auch Fischer hat seine Vorzüge, dafür mehr in Handlung und Intention.

Fischer schickt Gursky auf einen Selbstfindungstrip in Richtung Erwachsenwerden. Der Hai bzw. die Jagd nach selbigem soll Gurskys wilde Jahre zu einem würdigen Abschluss bringen, wobei es ihm weniger um sein zurückliegendes als um sein zukünftiges Leben geht. Gursky will seinem Kind später eine Geschichte erzählen können. Nicht irgendeine, sondern die Geschichte, wie er einen Hai fing. Darin mag man sehen was man will: Männlichkeitswahn, übersteigertes Geltungsbedürfnis oder Angst vor kleinbürgerlichem Spießertum, vielleicht will Gursky einfach nur einmal in seinem Leben wirklich etwas riskieren und Mut beweisen, um nicht als das gleiche Weichei zu enden, als das er seinen Vater früher gesehen hat.

Doch ebenso geht es ihm darum, seine von Kindesbeinen an gepflegte Haifaszination einmal auszuleben. Haie haben für Gursky eine besondere Bedeutung. Sie faszinieren und erschrecken ihn zugleich, durch ihre Schnelligkeit, ihre Eleganz und ihren Instinkt. Vielleicht ist es gar nicht so sehr der Hai, sondern mehr das Ideal, hinter dem Gursky her jagt. Besonders von Schweitzer, der erst nach dem ersten gemeinsamen, erfolglosen Jagdtag auf dem Meer so richtig von dieser Faszination gepackt wird, scheint es gerade auch darum zu gehen.

Von Schweitzer befindet sich quasi zu Therapiezwecken auf Kuba. Betrogen von der Freundin, hat er einfach das Weite gesucht, ist dabei auf Kuba gelandet und weiß dort nicht so recht etwas mit sich anzufangen, außer Drogen und Alkohol in den Bars von Havanna zu konsumieren. Nach den ersten gemeinsamen Tagen auf Kuba scheint zwischen beiden ein Austausch stattzufinden. Von Schweitzer übernimmt von Gursky den Jagdeifer, den er obendrein noch steigert, Gursky erkennt die „Vorzüge“ bestimmter bewusstseinserweiternder Substanzen. Achtet Gursky beim ersten Ausflug noch besorgt darauf, dass von Schweitzer nüchtern das Boot betritt, erkennt er nach einiger Zeit die scheinbaren Vorteile von durch Koks geschärften Sinnen bei der Jagd. Damit überschreiten beide in gewisser Weise eine Grenze, die sie durch ihren Schwur besiegeln.

Die Atmosphäre der ganzen Geschichte, die düstere Vorahnung, dass etwas Schlimmes passieren wird, macht letztendlich den besonderen Reiz und die Spannung des Buches aus. Zeigt „The Beach“ die Abgründe der menschlichen Seele, die sich in einer Kommune fernab der Zivilisation in einem scheinbaren Paradies offenbaren, so befasst sich auch Fischer letztendlich mit dem Thema Seele, wenngleich anders als Garland.

Dabei wirken die Figuren auf den ersten Blick gar nicht so, als ob sie auf tief greifendere Betrachtungen ausgelegt wären. Sowohl Gursky als auch von Schweitzer entstammen einer gewissen elitären, sozialen Oberschicht. Von Schweitzer wurde dort schon hineingeboren, während Gursky erst durch seine Karriere als respektloser Moderator in diesen Kreis vordringt. Menschen am Puls der Medienlandschaft, die in ihrer Art und ihrem Verhalten viele gängige Klischees zu bestätigen scheinen, die wir aus der Boulevardpresse zur Genüge kennen: Groupies, Drogen, Partys – im ersten Moment ist man versucht, Fischer vorzuwerfen, er würde seine Protagonisten mit allzu vielen breitgetretenen Klischees ausstaffieren.

Doch was bei anderen Romanen leicht zum Kritikpunkt werden kann, wird von Fischer überzeugend ausgearbeitet. Er beschränkt sich nicht auf die Klischees, er zeigt die Menschen, die dahinter stecken. Auch wenn seine Figuren zunächst etwas eindimensional wirken, wie Abziehbilder der modernen Gesellschaft, schafft er es im Laufe der Zeit, den Menschen dahinter zu entblättern. Klischees ja, aber bitte mit Tiefgang. So liefert Fischers Ausgestaltung der Figuren auch schon mal Gedanken, die die moderne Welt in Frage stellen.

Fischers Stil entpuppt sich als sehr locker und flüssig lesbar. Er schreibt sehr direkt und ohne Umschweife, beschreibt nicht lang und breit, sondern versteht es, mit wenigen Worten und trotz seines etwas kühlen, nüchternen Stils eine dichte Atmosphäre aufzubauen – genau passend für seine Protagonisten und ihr Hai-Abenteuer. Gurskys und von Schweitzers Jagd strebt unaufhaltsam ihrem unweigerlich unheilvollen Höhepunkt entgegen. Fischer gelingt ein dichter, stetig aufstrebender Spannungsbogen, der erst am Ende wieder gelockert wird.

Das ganze Bild seiner Figuren offenbart sich erst zum Ende hin und bleibt auch dann noch ansatzweise in der Schwebe. Letztlich lässt Fischer den Leser mit seinen Gedanken allein. So klingt der Roman zwar nach, lässt aber auch ein klein wenig das unbefriedigende Gefühl unbeantworteter Fragen zurück. Nichtsdestotrotz ein lesenswertes Buch, und Fischers zukünftige Publikationen im Auge zu behalten, könnte sich durchaus lohnen. „Jäger“ macht zumindest Hoffnung darauf, dass man von Marc Fischer noch einige interessante Werke erwarten darf.

Jean-Claude Izzo – Total Cheops

„Strahlend und verdreckt, edel und käuflich, sinnlich und verwelkt, brüderlich und hasserfüllt.“ So beschreibt „Le Monde“ im Klappentext von „Total Cheops“ das Marseille von Jean-Claude Izzo. Und trifft damit den Nagel auf den Kopf.

„Total Cheops“, der Auftakt zu Izzos viel gelobter Marseille-Trilogie (deren zweiter Teil immerhin mit dem Deutschen Krimipreis 2001 ausgezeichnet wurde), erzählt von Fabio Montale. Er ist Polizist in den nördlichen Vierteln Marseilles, einem sozialen Brennpunkt. Bandenkriminalität, Drogenhandel, Prostitution: So sieht dort der Alltag aus und Montale versucht dazwischen immer wieder auf der richtigen Seite zu stehen. Er hat ein großes Herz für die Bewohner dieses Schmelztiegels, egal ob Araber, Italiener, Spanier oder Franzosen, und er liebt gutes Essen, Musik und Wein. Zum Abschalten vom Polizeialltag fährt der Einzelgänger mit seinem Boot zum Angeln aufs Meer hinaus.

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H. P. Lovecraft – Der Fall Charles Dexter Ward

H.P. Lovecraft zählt zu den ganz Großen im Gruselgenre. Er galt als Wunderkind und fing bereits im zarten Alter von sechs Jahren mit dem Schreiben an. Zeitlebens war er ein Einsiedler und menschenscheuer Sonderling, der mit Freunden und gleichgesinnten Autoren in erster Linie schriftlich verkehrte. Inspirieren ließ er sich größtenteils durch seine Albträume, und einem solchen könnte auch Lovecrafts Roman „Der Fall Charles Dexter Ward“ entsprungen sein.

Dieser erzählt die (Kranken-)Geschichte von Charles Dexter Ward. Der junge Mann lebt mit seinen Eltern in Providence und beschäftigt sich leidenschaftlich gerne mit Genealogie. Eines Tages stößt er bei seinen Nachforschungen auf den Urahnen Joseph Curwen, dessen Name aus der Familiengeschichte getilgt wurde – nicht ohne Grund, wie die weiteren schauerlichen Ereignisse zeigen werden.

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