Brian Herbert & Kevin J. Anderson – Navigators of DUNE. Book 3 of the Schools of Dune / Die Navigatoren des Wüstenplaneten

Das DUNE-Universum: Kampf der Navigatoren

Über Jahrtausende hat sich die Menschheit im All ausgebreitet und Planeten besiedelt. Nun, da der Krieg gegen die Maschinen gewonnen ist und ein neues Imperium gegründet wurde, hängt die Zukunft der Galaxis von den Navigatoren ab – genmanipulierten Menschen, die mithilfe des Gewürzes vom Wüstenplaneten gewaltige Raumschiffe durchs All manövrieren. (Verlagsinfo)

Hinweis: Diese Rezension beruht auf der englischsprachigen Originalausgabe.

86 Jahre nach der Schlacht von Corrin ist das Imperium von Kaiser Roderick Corrino mehr denn je in zwei Fraktionen gespalten. Auf der einen baut Josef Venport mit seiner Navigatorengilde seinen Machtbereich aus, auf der anderen führt der Maschinenfeind Manford Torondo seine „Butlerianer“ gegen jede Art von Maschinennutzung. Ein Kulturkonflikt von epischen Ausmaßen ist die Folge, und jede Vereinigung muss wählen, auf welcher Seite sie letzten Endes steht. Kann der Kaiser die beiden Fraktionen gegeneinander ausspielen? Mentaten und Kampfroboter werden aufgeboten. Und dann sind da noch die Fremen auf Arrakis: Sie wollen die Kontrolle über das lebenswichtige Spice, auf dem Venports Reichtum beruht – und die Fähigkeiten aller seiner Navigatoren…

Die Autoren

1) Brian Herbert, geboren 1947, ist der einzige Nachkomme Frank Herberts, der das Schriftstellergen geerbt hat. Mit seinem Vater schrieb Brian 1986 den SF-Roman „Mann zweier Welten“. Seine Biografie „Dreamer of DUNE“ (2003) ist sehr lesenswert und nicht nur wegen der Bibliografie seines Vaters ein Geheimtipp. Ergänzt wird sie durch die HUGO-nominierte Monografie von „The Notebooks of Frank Herbert’s Dune“, die er 1988 herausgab. Brian Herbert hat einen Zyklus zu veröffentlichen begonnen, der mit dem Roman „Timeweb“ startet.

Er fragte Kevin J. Anderson, ob dieser an einer DUNE-Vorgeschichte mitarbeiten wollen. Anderson, selbst Autor von über 15 Millionen verkauften Büchern (AkteX, Star Wars u.v.a.), sagte geehrt und begeistert zu.

2) Kevin J. Anderson, geboren 1962, veröffentlichte 1982 seine erste Kurzgeschichte. Bis 1992 hatte er über 100 Beiträge für Magazine geschrieben, denn Anderson kommt aus der Technik. Sein erster Roman „Resurrection Inc.“ erschien 1988 und enthielt Horrorelemente, danach folgte eine Trilogie um „Gamearth“ (1989/90). Danach folgten „Lifeline“ (1990) und „The Trinity Paradox“ (1991), beide zusammen mit Doug Beason.

Anderson ist ein äußerst effizient arbeitender Autor. Das zeigt sich auch an seinem Ausstoß an Star-Wars-Romanen für Jugendliche sowie an „Akte-X“-Romanen (15 Mio. Exemplare gibt Heyne an). Ab 2002 erschien sein neuer Zyklus „Die Saga der sieben Sonnen“, von dem die ersten Romane bei Heyne erschienen sind, darauf die HELLHOLE-Trilogie, die er mit Brian Herbert verfasste. Mehr Infos unter www.wordfire.com.

Das Ergebnis der Kooperation war zunächst die Trilogie der „Frühen Chroniken“ des Wüstenplaneten, die aus folgenden Bänden besteht:

1) Das Haus Atreides
2) Das Haus Harkonnen
3) Das Haus Corrino

Mittlerweile ist die zweite Trilogie „Der Wüstenplanet: Die Legende“ abgeschlossen. Sie besteht aus folgenden Bänden:

1) Butlers Djihad (The Butlerian Djihad)
2) Der Kreuzzug (The Machine Crusade)
3) Die Schlacht um Corrin (The Battle of Corrin)

Die DUNE-Saga:

1) Der Wüstenplanet (1965)
2) Der Herr des Wüstenplaneten (1969)
3) Die Kinder des Wüstenplaneten (1976)
4) Der Gottkaiser des Wüstenplaneten (1981)
5) Die Ketzer des Wüstenplaneten (1984)
6) Die Ordensburg des Wüstenplaneten (1985)

Mit dem Doppelband
7) Die Jäger des Wüstenplaneten (2006, dt. 2007)
8) Die Erlöser des Wüstenplaneten (2007, dt. 2008)

…schließen sie den ersten Dune-Zyklus so ab, wie Frank Herbert es vorsah, bevor ein unzeitiger Tod ihn am Weiterschreiben hinderte. Die Bände 7 und 8 bilden eine Art Doppelroman, der zusammengehört, aber aus Platzgründen gesplittet werden musste, denn ein Roman von 1300 Seiten ist absolut unverkäuflich (es sei denn, man hieße „Tolkien“).

Weitere Romane: „Paul of DUNE“ (dt. Titel „Paul Atreides“), „Winds of DUNE“ („Stürme des Wüstenplaneten“). Ein weiterer Band namens „Träume vom Wüstenplaneten“ ist 2005 erschienen und bietet eine alternative Version des ersten Romans, mehrere Erzählungen, Briefe und ergänzendes Material.

Die Trilogie „Die großen Schulen des Wüstenplaneten“:

1) Sisterhood of Dune („Der Thron des Wüstenplaneten“)
2) Mentats of Dune („Die Mentaten des Wüstenplaneten“)
3) Navigators of Dune („Die Navigatoren des Wüstenplaneten“)

Alle drei Bände hängen nahtlos miteinander zusammen.

Jüngste Trilogie:

Leto von Caladan 1-3

Handlung

Vorian Atreides sucht nach der Ermordung seines Neffen Orry auf Caladan nach dessen Mörderin Tula Harkonnen. Begleitet von Orrys Bruder Willem hüpft er von Planet zu Planet, bis er nach Lankiveil gelangt, der Heimatwelt der Harkonnens. Denn es war eine junge Harkonnen, die von Valya Harkonnen ausgesandt worden war, um die Atreides auf ihrer Heimatwelt zu bekämpfen – als Vergeltung für die vermeintliche Ermordung von Valyas Bruder Griffin (siehe „Sisterhood of Dune“). Auf Lankiveil müssen sie feststellen, dass Valya zusammen mit ihrer Schwester abgereist ist. Denn Valya ist mittlerweile die Anführerin der Schwesternschaft. Sie hat ihre Vorgängerin Raquella und ihre Rivalin Dorotea kurzerhand ins Jenseits befördert.

Als Vor und Willem die Mörderin in einem Tanz-Klub entdecken, ahnen sie nicht, dass sie in eine Falle getappt sind. Die Schwesternschaft ist unter Mutter Oberin Valyas Leitung zu geschickten Kämpferinnen ausgebildet worden, und sie hätten die beiden Verfolger fertig gemacht, wären denen nicht Hilfe von unerwarteter Seite zuteilgeworden. Während Willem im Krankenhaus gepflegt wird, macht sich Vorian auf den Weg zur imperialen Hauptstadt Zimvia auf Salusa Secundus.

Dort trifft er stark veränderte Verhältnisse an. Roderick Corrino hat seinen von Josef Venport auf Arrakis ermordeten Bruder Salvador abgelöst und führt die Staatsgeschäfte inzwischen recht straff. Zunächst einmal hat er dem abtrünnigen Konzernchef Josef Venport alle Konten gesperrt, um ihn so von finanziellen Ressourcen abzuschneiden. Der in Acht und Bann geschlagene Venport hat sich revanchiert, indem er sein von Navigatoren geführte Flotte gegen Salusa Secundus geführt hat, um es zu belagern.

Josef Venport

Eigentlich war es Venports Absicht, zu einem gütlichen Frieden mit dem Imperator zu gelangen. Doch er hat eine der beiden Flotten des Imperators gefangengenommen und interniert, die andere ging durch einen Navigationsfehler im All verloren. Doch Roderick hat einen Fremen als Verbündeten gegen Venport gewonnen. Während Venport den Planeten des Imperators belagerte, haben die Fremen den gesamten Spice-Vorrat von Arrakis zerstört. Das versetzt Norma Cenva, die Führerin der Navigatoren in große Sorge. Kurzerhand bricht sie die Belagerung ab. Just in diesem Moment trifft Manford Torondos eigene Flotte ein. Die Maschinenstürmer rechnen es sich selbst als Verdienst, den Feind des Kaisers in die Flucht geschlagen zu haben. Doch statt des erwarteten Lobs und Lohns zeigt ihnen der Imperator weiterhin die kalte Schulter, insbesondere dann, als Manford es wagt, den Namen von Rodericks kleiner Tochter in den Mund zu nehmen, die (in Band 2) von Manfords Fanatikern zu Tode getrampelt worden war.

Vorian erbittet von Imperator Roderick lediglich, sich auf der Welt Corrin zur Ruhe setzen zu dürfen. Sein Wunsch wird ihm gewährt, denn der Kaiser erkennt nicht, welchen Plan Vorian damit verfolgt. Während die Bene Gesserit am kaiserlichen Hof, allen voran die Wahrsagerin Fielle, Mutter Oberin Valya Harkonnen informieren, wartet Vorian darauf, dass seine Falle auf Corrin zuschnappt…

Die Butlerianer

Seit der Schlacht von Corrin (s.o.) hat es sich der reiche Krüppel Manford Torondo zur Lebensaufgabe gemacht, sämtliche, nunmehr führerlose Verbände der Denkmaschinen zu beseitigen, quasi als galaktische Müllabfuhr. Erfolgreich gelingt es ihm und seinen Butlerianern, Planet um Planet mithilfe seiner Raumschiffflotte dazu zu bewegen, die Sache und Ideologie der Butlerianer zu unterstützen. Ihm zur Seite steht die Schwertmeisterin Anari Idaho, die den beinlosen Manford verehrt und auf ihren Schultern transportiert. Sie ahnt nicht, dass er heimlich mit Eifer die Schriften seines Erzfeindes Erasmus studiert und sie somit hintergeht.

Nach ein paar Jahren erweisen sich diese Butlerianer, die den Kampf von Serena Butler (siehe „Der Kreuzzug“) fortsetzen wollen, als wahre Plage für viele Welten des Imperiums. Nicht nur verwehren sie die Entwicklung von Maschinen, sondern auch den Import von Medikamenten und von Schutzmitteln gegen zu harte Strahlung von dem jeweiligen Zentralgestirn. Nun wird Manford ein großer Schatz angeboten: ein Arsenal an Atomwaffen, das die Maschinenhirne vor 90 Jahren wohl vergessen haben…

Cymeks

Venport hat in die heimliche Entwicklung von riesigen Kampfrobotern investiert, und ein Mann namens Ptolemy, der unter Torondos Butlerianern gelitten und einen Freund verloren hatte, hat die Cymeks für ihn mit den Gehirnen gescheiterter Navigatoren ausgestattet. Ja, inzwischen hat sich sogar Erasmus in einen dieser Kampfroboter verpflanzen lassen. Auf Arrakis führten Cymeks den Tod des Imperators Salvador herbei, und auf Lampadas, Manfords Stützpunkt, richten sie großen Schaden an. Ihre nächste Destination ist Salusa Secundus…

Lampadas

Auf Lampadas hatte der 180 Jahre alte Gilbertus Albans die Schule für Mentaten gegründet. Fünf Bene-Gesserit-Schwestern haben seine Kurse bereits absolviert und sind zu ihrem Orden zurückgekehrt, um sie das Denken zu lehren. Doch nicht nur Ordensschwestern und Albans-Anhänger dürfen hier studieren, sondern auch Anhänger der Butlerianer. Denn Gilbertus hat Manford Torondo, der hier auf Lampadas seinen Sitz hat, um eine Sondererlaubnis bitten müssen, um sein Institut eröffnen zu dürfen. Immerhin sollen hier Menschen lernen, schneller als die Denkmaschinen zu berechnen, zu extrapolieren und wer weiß was noch für schreckliche Dinge zu tun.

Wegen der ständigen Gefahr durch Butlerianer-Studenten bemüht sich Gilbertus um höchste Geheimhaltung, was die Präsenz in seinem besten Versteck angeht: den Speicherkern von Erasmus, dem wichtigsten Lehrer der Denkmaschinen. Tatsächlich nennt Gilbertus ihn „Vater“, denn nur Erasmus‘ Neugier hat er sein eigenes Überleben und seine Ausbildung zum Mentaten zu verdanken. Doch immer wieder äußert Erasmus seinen sehnlichsten Wunsch: einen eigenen Körper.

Die Schwester des Kaisers

Als Anna Corrino, eine gescheiterte Ordensschwester, in die Mentatenschule aufgenommen wurde, erwies sich ihr Geist als sehr fähig – und das macht sie zu einem interessanten „Untersuchungsobjekt“ für Erasmus. Er wies ihr den Weg zu der neuen Droge Sapho, die die Gedanken beschleunigen soll. Doch die Droge bewirkte in Anna das Gegenteil: Alle ihre verschütteten und verdrängten Erinnerungen an die schrecklichen Geschehnisse im Kaiserpalast auf Salusa Secundus, werden lebendig und bereiten ihrer Seele ungeahnte Schmerzen.

Als Torondo die Mentatenschule belagerte, entschied sich das Schicksal von Gilbertus, von Annas und das von Erasmus. Anna und Erasmus haben Manfords Häschern entkommen können, weil der Mentat Draigo sie rettete. Als Erasmus seinen Denkkern in einen menschlichen Körper einbauen lässt, verliebt sich Anna in diesen wunderschönen Mann. Aber Erasmus hat große Pläne und lässt sich mit einem Cymek koppeln. Sein nächstes Ziel lautet Salusa Secundus…

Wallach IX

Was Manford nicht ahnt und auch niemals erfahren darf, ist die geheime Tatsache, dass die Bene-Gesserit-Schwesternschaft, die sich auf Wallach IX einen zweiten Stützpunkt und eine Schule geschaffen hat, die verbotenen Computer erneut nutzt. Valya Harkonnen hat es geschafft, sie aus ihrem Versteck auf Rossak zu holen und erneut zu aktivieren. Die Schwestern brauchen die Maschinen, um die gewaltigen Datensammlungen über die genetischen Stammlinien der gesamten Menschheit, die sie angesammelt haben, zu durchforsten und auszuwerten. Sie wollen den Übermenschen züchten.

Nach sechs Jahren der Ausbildung wird Valya Harkonnen endlich von Mutter Oberin Raquella Berto-Anirul, der einzigen Ehrwürdigen Mutter des Schwesternordens, ins Vertrauen gezogen und Valya dazu überredet, das Gift zu trinken, das aus ihr eine Ehrwürdige Mutter macht. Valya hat die schmerzhafte Prozedur überlebt und ist mit ihrer Schwester Tula nach Wallach IX gekommen. Sie hat inzwischen Raquella ebenso ins Jenseits befördert wie ihre Rivalin Dorotea, eine „abtrünnige“, weil kaisertreue Schwester. Doroteas Anhängerinnen wurden in den Schoß der Schwesternschaft zurückgenommen, doch Cioba beispielsweise erweist sich als auffallend renitent, wenn sie in den Kampftechniken unterrichtet wird. Und besonders dann, wenn Valya, die Mutter Oberin, ihr einen Befehl erteilt, dem nicht widersprochen werden darf.

Alarmstufe Rot

Die Uhr läuft wohl ab für die arme Cioba, Venports Gattin, denn kurz nach ihrer Rückkehr nach Kolhar schrillen die Alarmglocken. Norma Cenva, die Urgroßmutter ihres Gatten, hat den Angriff der Butlerianer vorausgesehen und lässt über 80 Navigatoren in zwei Raumfalters evakuieren. Sie stellt Venport und Cioba vor die Wahl, entweder Kolhar sofort zu verlassen oder in nuklearem Feuer zu vergehen. Doch wohin sollen sie fliehen? Da erscheinen 115 Kampfschiffe der Butlerianer in der Kreisbahn über Kolhar, abgehalten nur von einer dezimierten Flotte und etlichen Energieschilden.

Ein wertvoller Fund

Erasmus hat Venports Mentaten Draigo den Standort verraten, wo die Denkmaschinen vor 90 Jahren eine komplette Schlachtflotte versteckt hatten, bevor sie den Menschen unterlagen. Diese technisch veralteten Schiffe lassen sich wieder flottmachen und mit Holtzmann-Generatoren per Raumfaltung nach Kolhar schicken. Doch werden sie dort noch rechtzeitig eintreffen, um das Schlachtenglück zu wenden?

Mein Eindruck

Dieser Schlussband erfüllte meine Erwartungen, aber leider auch meine Befürchtungen. Es kommt, fein dosiert und gut vorbereitet, zu zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen, sowohl im All als auf dem Boden. So viel Action gab es bislang kaum in den beiden Vorgängerbänden – der Abgang des Imperators Salvador war ja wenig spektakulär.

Befürchtet habe ich die weiterhin hinausgezogenen Schlüsse der Handlungsstränge um Valya und Vorian, den Butlerianern und den fortschrittlich gesinnten Kräften um Josef Venport. Der Leser muss selbst herausfinden, wem er die Daumen drückt: den fundamentalistischen Konservativen oder den innovativen Kräften, die sich als trügerischer erweisen könnten als erwartet.

Grundthemen

Vorian Atreides und andere Größen wie etwa die Nachfolgerin der Ehrwürdigen Mutter Raquella, Valya Harkonnen, sowie Norma Cenva führen ihre Unternehmungen in die neue Zeit des Imperiums. So müssen es mit den quasi-religiösen Fanatikern der Butlerianer aufnehmen, die das Alte in Form von Technikgläubigkeit und Maschinenfetischismus ausrotten wollen. Dies ist der grundlegende Konflikt, der auch diesen Schlussband der neuen Trilogie durchzieht und zu einer Krise führt.

Die großen Schlachten haben sich die Autoren für diesen dritten Band aufgehoben: die Auseinandersetzung zwischen Josef Venport und den Butlerianern unter Manford Torondo, der Kampf zwischen Venport und dem Imperator Roderick Corrino, schließlich der Angriff der Butlerianer auf die Schule der Mentaten und der Angriff des Imperators auf Josef Venports letztes Versteck.

Zwei Fragen

Zwei Fragen werden immer wieder behandelt: Wie kann die Menschheit überhaupt ohne Technik oder wenigstens Forschung überleben? Myriaden werden wie im Seuchenzeitalter von Epidemien hingerafft werden, wenn die Butlerianer keine Forschung erlauben. Sie erinnern mich sehr an die Taliban und ihre Scharia-gesetzgebung.

Zweitens: Welchen Beitrag können die drei, vier neuen Schulen leisten, um die zerstörte Technologie sowie die Maschinengehirne abzulösen und zu ersetzen? Dieser Frage widmet sich die neue Trilogie „Die Großen Schulen“. Alle drei Bände „Thron“, „Mentaten“ und „Navigatoren“ hängen nahtlos zusammen und bilden auf diese Weise einen großen Mega-Roman. Die Antworten fallen sehr unterschiedlich aus, aber eines macht der Fall Harkonnen versus Atreides klar: Wenn es nicht gelingt, die Altlasten der Vergangenheit zu überwinden, ist jeder innovative Ansatz zum Scheitern verurteilt.

1) Die Schwesternschaft

Raquellas Schwesternschaft trägt noch nicht den Namen „Bene Gesserit“ und befindet nunmehr auf dem Planeten Wallach XI. Die Ereignisse, die dazu geführt haben, wurden in Band 1 „Sisterhood of Dune / Der Thron des Wüstenplaneten“ erzählt (siehe meinen Bericht). Die Schwesternschaft spaltet sich in Raquellas Computernutzer (darunter Valya Harkonnen) und in die Butler-Anhängerinnen unter Schwester Dorotea. Diese Spaltung will Raquella überwinden, doch Valya hat ihre eigenen Absichten. In „Navigatoren“ überwindet sie sowohl Raquellas als auch Doroteas Widerstand auf unkonventionelle Weise. Fortan widmet sie sich nur ihren Ausbildungsprogrammen für eine Elite von Kämpferinnen, sondern auch ihrem Rachefeldzug an Vorian Atreides, denn sie macht ihn für den Tod ihres Bruders verantwortlich. In einem packenden Showdown stellt sie ihn auf einer Schrottwelt (deren Namen ich nicht verraten werde), so dass es zu einem fesselnden Kampf kommt…

2) Die Mentaten

Gilbertus Albans hat unter Anleitung des KI-Gehirns Erasmus die menschlichen Computer geschaffen, die Mentaten, stets misstrauisch beobachtet von den Butlerianern. Gilbertus wird von den Butlerianern mit Vernichtung seines Lebenswerkes hingerichtet, was nicht nur Erasmus erschüttert, sondern auch andere. In der Folge entwickelt die Mentatenschule zusammen mit den Tleilaxu zahlreiche Arten von Kampfrobotern und -drohnen. Dr. Ptolemäus hat bittere Rache bis zur völligen Vernichtung Manfords geschworen: Er erweckt auf Lampadas die alten Cybermeks zum Leben, sich völlig bewusst, dass genau dies in Manfords Augen die größte Blasphemie ist, die er begehen kann. Josef Venport finanziert dieses Unternehmen großzügig.

Das vernünftige Studium der Liebe

Erasmus hat Ana Corrino, die Schwester des Imperators, planmäßig verführt. Nun ist sie in ihn verliebt, erst in seinen synthetischen Geist, dann in seinen menschlichen Körper. Doch ihr Begehren ist wesentlich größer als sein Verlangen, muss er zu seinem Verdruss feststellen. Er ist zu sehr von Vernunft geprägt und seiner Erforschung der Liebesemotionen verfallen, als dass er sie als menschliches Wesen, das ihn liebt, anerkennen könnte. Als sie ihren Irrtum erkennt, ist es für sie und ihn bereits zu spät. Erst in seiner letzten Sekunde wird Erasmus erkennt, was es bedeutet, geliebt zu werden…

3) Die Navigatoren

Wie es dem Titel gebührt, stehen immer wieder die Navigatoren an Schlüsselstellen der Handlung. Sie unterstehen Norma Cenva, einer Vorfahrin Venports. An dieser Machtbasis will Venport festhalten, ohne indes zu merken, dass dies seine Achillesferse ist. Die Fremen auf Arrakis haben dies längst begriffen und vernichten sein größtes Lager: Er hatte alle Eier in ein Körbchen gelegt. Nun ist Norma Cenva in größter Sorge, dass ihr Lebenswerk, die Navigatorengilde, sein Ende finden könnte. Das Spice muss fließen! In einer letzten Maßnahme schlägt sie dem Imperator ein Schnippchen, während sie einen Handel mit ihm abschließt…

Unterm Strich

Man sieht also, dass die beiden Schöpfer der DUNE-Fortsetzungen es nicht bei Ansätzen bewenden lassen, denn das wäre sehr unbefriedigend gewesen. Vielmehr führen sie bereits im ersten Band der neuen Trilogie folgenreiche Konfrontationen und Entscheidungen herbei, die die Geschehnisse in den Folgebänden bestimmen werden. In Band 2 stehen die Mentaten im Vordergrund, denn ihr Schicksal entscheidet sich, als Manford Torondo davon überzeugt ist, dass Gilbertus Albans teuflische Zwecke verfolgt. Nur die Präsenz von Anna Corrino hat ihn bislang zurückgehalten, die Mentaten auszulöschen, doch er schickt ein Kommando aus, um Anna zu entführen, dann will er losschlagen. Allerdings verläuft dieser Plan anders als erwartet. Im vorliegenden Band wird das Schicksal von Anna Corrino und ihrem nichtmenschlichen Lover besiegelt.

Wenn ich raten müsste, welcher der beiden Autor welche Kapitel geschrieben hat, würde ich sagen Brian Herbert sich um Vorian Atreides und die Schwesternschaft sowie die Fremen gekümmert hat, aber Kevin J. Anderson den Löwenanteil zu bewältigen hatte: alle Szenen mit dem Imperator und seinem Bruder, alle Venport- und Navigator-Szenen sowie alle Butlerianer-Szenen. Hier findet der Leser erfreulich viel Action.

Diese Einteilung ist aber nur eine grobe Schätzung. Anderson scheint etwas kürzere Sätze zu formulieren und schneller zur Action zu gelangen als Herbert. Der Sohn des DUNE-Schöpfers kümmert sich mehr um die interne Psychologie der drei Schulen. Insbesondere bei der Begründung von Raquellas Wunsch, die beiden Ordenszweige zu versöhnen und zu vereinen, ist Fingerspitzengefühl angebracht. Nun, Valya Harkonnen macht damit kurzen Prozess…

Für wen sich diese Trilogie eignet

Es lohnt sich aber für SF- und DUNE-Fans auf jeden Fall, diesen Roman zu lesen – sofern man zumindest einmal „Der Wüstenplanet“ gelesen oder als Verfilmung gesehen hat. Sonst kann man mit diesem Garn nichts anfangen. Eine Kenntnis der Vorgängertrilogie ist m.E. nicht notwendig, denn die Autoren streuen so viele Verweise auf die Vorgeschichte ein, dass man sich die Lektüre der Vorgängertrilogie (siehe oben) sparen kann.

Man sollte aber auf jeden Fall „Sisterhood of Dune/Der Thron des Wüstenplaneten“ (Band 1) kennen, um die Fortsetzung der zahlreichen Handlungsstränge nachvollziehen zu können. Der Leser könnte sich sonst fragen, warum die Kapitel mit der Schwesternschaft und den Mentaten so viel Raum einnehmen. Können die Autoren nicht bald zur Sache bzw. zur Action kommen?

Nun, am Ende von Band 3 ist klar, dass die sorgfältig choreografierte Entwicklung aller Handlungsstränge möglicherweise den Anfang des Ursprungsbandes „Der Wüstenplanet“ in die Wege leitet, obwohl dies die Überbrückung von rund 10.000 Jahren erfordern würde. Es gibt eine weitere Trilogie: Die beiden Autoren werden das Epos um Herzog Leto Atreides Band um Band veröffentlichen. Die Übersetzung erscheint wie üblich im Heyne Verlag.

Taschenbuch: 639 Seiten
Originaltitel: Navigators of DUNE. Book 3 of the Schools of Dune, 2016
Aus dem Englischen von Jakob Schmidt.
ISBN-13: 9783453318595

www.heyne.de

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