Andrea Camilleri – Der Hund aus Terracotta (Lesung)

In einem Waffenversteck der sizilianischen Mafia findet Commissario Montalbano eine unheimliche Szene: ein eng umschlungenes Paar Leichen, bewacht von einem Hund aus Terrakotta.

Des Rätsels Lösung war bereits einmal im deutschen Fernsehen zu erfahren. Wer den Film verpasst hat, kann die Lösung in diesem Hörspiel herausfinden.

Der Autor

Andrea Camilleri ist kein Autor, sondern eine Institution: das Gewissen Italiens. Der 1925 in dem sizilianischen Küstenstädtchen geborene Camilleri ist Autor von Krimialromanen und -erzählungen, Essayist, Drehbuchautor und Regisseur. Die Hauptfigur in vielen seiner Romane, Commissario Salvo Montalbano, gilt inzwischen als Inbegriff für sizialianische Lebensart, einfallsreiche Aufklärungsmethoden und südländischen Charme und Humor.

Allerdings ist der Commissario nicht der Liebling aller Frauen: Zu oft hindert ihn sein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein daran, dringende Termine mit seiner jeweiligen Freundin wahrzunehmen.

Das Hörspiel

Das 110 Minuten lange Hörspiel wurde beim Südwestdeutschen Rundfunk SWR produziert. Es treten sieben Hauptsprecher auf sowie der Erzähler. Daneben hören wir noch gut ein Dutzend Sprecher in Nebenrollen. Die Bearbeitung, die ich recht gut gelungen finde, denn sie arbeitet den roten Faden und humoristische Aspekte heraus, stammt von Daniel Grünberg. Regie führte Leonhard Koppelmann.

Die Musik von Henrik Albrecht versucht zwar im Hintergrund zu bleiben, doch mich hat sie dennoch etwas genervt. Es ist ein sehr zurückhaltender Jazz-Stil, der da zelebriert wird. Doch auch von solchem Geklimper und Geblase kann man genug kriegen.

Die Handlung

Wenigstens die Mafia hat ihre Prinzipien. Dachte Commissario Salvo Montalbano jedenfalls bislang. Schließlich ist die Geheimorganisation durch und durch sizilianisch, genau wie der Commissario.

Doch dann kam der Tag, als er sich mit dem Mord an dem landesweit gesuchten Verbrecher Tano u Grecu (Tano der Grieche) befassen muss. Dass es sich hierbei nicht um eine gewöhnliche Tat der Mafia handelt, wird Montalbano in dem Moment klar, als er bei seinen Nachforschungen in einem ganz anderen, aktuellen Fall durch Zufall auf ein weiteres, fünfzig Jahre zurückliegendes Verbrechen stößt.

In einem Waffenversteck der Mafia, besser gesagt: in einem gut getarnten Versteck dieser Höhle entdeckt er, scheinbar kultartig angeordnet, die skelettierten Leichen eines Mannes und einer Frau in inniger Umarmung, bewacht von einem lebensgroßen Schäferhund aus Terrakotta. Was haben sie in einem Mafiaversteck zu suchen? Wer hat sie dort abgelegt und eingemauert?

Es ist ein Rätsel aus der sizilianischen Vergangenheit, als Leidenschaften und Verbote häufig miteinander kollidierten. Der Commissario muss 50 Jahre in die Vergangenheit zurückgehen: in die Nachkriegszeit, als ein amerikanischer Soldat und eine einheimische junge Frau eine Affäre miteinander hatten. Und so kommt es, dass bald nach dieser Entdeckung Montalbano einen Besucher aus den Vereinigten Staaten empfängt.

Mein Eindruck

Wie so häufig in Camilleris Geschichten stürzt sich sein Commissario in die Nachforschungen zu einem aktuellen Fall, nur um dann unverhofft in einem Nebenaspekt der Geschichte auf ein Ereignis von weit größerer menschlicher Tragweite zu stoßen. Diesmal findet das Ereignis in der Zeit unmittelbar nach der Landung der amerikanischen Truppen auf der Insel statt. Diese Einmischung führt zu einem Konflikt mit den vor Ort herrschenden Sitten, der tragisch endet: siehe die Szene in der Höhle.

Der Commissario ist ein verschmitzt denkender Bursche, fast wie der selige Father Brown von G. K. Chesterton. Doch Montalbanos sizilianscher Humor ist durchzogen von einer Skepsis gegenüber der Güte des Schicksals (oder Gottes). Allerdings hilft ihm der Humor dabei, in einer Welt zu überleben, die, auch wenn sie eine erfundene Welt ist, sich nicht allzusehr von unserer Wirklichkeit unterscheidet.

Unterm Strich

Der Hörgenuss bei dieser Dramatisierung des Kriminalromans ist durchaus gegeben. Wir folgen den überraschenden Ergebnissen bei Montalbanos Nachforschungen ebenso gern wie bei der Auflösung des Rätsels der zwei Leichen in der Höhle. Allerdings heißt es, scharf aufzupassen, um die beiden Fälle, wenn sich Fall B aus Fall A ergibt, genau auseinanderzuhalten.

Auch diesmal fehlen nicht die ironischen Nebenaspekte in der Geschichte. Montalbano tritt im Fernsehen auf – keine Frage: Er muss zum Präfekten befördert werden. Das hört der Commissario, der etwas faul ist und sich vor der Politik scheut, gar nicht so gern.

Einziger Kritikpunkt an dieser Produktion ist die Musik, die mich störte.

2 Audio-CDs
Spieldauer: ca. 110 Min.
www.luebbe.de