Isau, Ralf – Wasser von Silmao, Das (Die Chroniken von Mirad 3)

Band 1: „Das gespiegelte Herz“
Band 2: „Der König im König“
Band 3: „Das Wasser von Silmao“

Zwar ist es den Sirilim-Zwillingen in „Der König im König“ gelungen, Múrias früheren Verlobten Jazzar-fajim aus der Gefangenschaft des Gottes Magos zu befreien und den Gott selbst aus Mirad zu vertreiben, doch die Gemeinschaft des Lichts hat einen hohen Preis dafür bezahlt! Im Kampf gegen die Waggs hat sie Falgon verloren. Und Ergil seinen Bruder Twikus.

Dabei scheint es nicht einmal ein wirklicher Sieg zu sein: Kaguan hat sich mit dem erneut zerbrochenen Schwert Schmerz davongemacht, und die ungewöhnliche Kälte, die Soodland im Griff hält, ist ungebrochen. Das Land steht vor einer erneuten Missernte und damit vor einer Hungersnot, und die Könige von Pandorien und Ostrich, Entrin und Godebar, wetzen bereits die Klingen, um sich das geschwächte Soodland einzuverleiben und einen neuen Mann auf den Thron des Großkönigs zu setzen, vorzugsweise jeweils sich selbst!

Trotz dieser bedrohlichen Situation entschließt sich Ergil, den Spuren des großen Entdeckers Harkon Hakennase zu folgen. Denn er hat herausgefunden, dass seine Mutter von Wikander nicht erstochen, sondern vergiftet wurde, sich aber in eine Nebenfalte der Welt retten konnte und dort auf ein Gegengift wartet. Sollte sie sterben, wird die große Kälte, die Soodland heimsucht, ganz Mirad überziehen und alle Menschen und Sirilim vernichten. Doch das einzige Gegenmittel gegen das Gift ist das Wasser von Silmao, und die letzte Flasche dieser kostbaren Flüssigkeit hat Popi dazu verwendet, nach dem Kampf mit Magos Ergils Leben zu retten! Dem jungen König bleibt nichts anderes übrig, als erstens einen noch fruchtbaren Ginkgo-Baum und zweitens die unbekannte weitere Zutat des Wundermittels aufzutreiben, und zwar, ehe seine Mutter der Wirkung des Giftes erliegt.

Als wäre die Reise über die Grenzen der bekannten Welt hinaus nicht schon gefährlich genug, trägt Ergil eine ganz besondere Bedrohung in sich: kleine schwarz-rote Raupen, Zornissen genannt, die Kaguan ihm angehängt hat, und die alle dunklen und negativen Gefühle verstärken, um sich davon zu ernähren. Die Befallenen sterben entweder irgendwann oder werden zu Dienern des Bösen, es sei denn, es gelingt ihnen, ihre Schattenseiten völlig zu beherrschen, entweder durch Meditation oder durch vollkommene Liebe …

Im letzten Band der Chroniken von Mirad wurde der Handlungsverlauf im Vergleich zu den Vorgängerbänden richtig aufwändig. Vier verschiedene Handlungsstränge laufen diesmal parallel:

Zunächst natürlich der um Ergil. Zusammen mit Kira, dem Netzling Nisrah, Popi, Tusan, Jazzar-fajim, dem jungen Schmied Tiko und dem ehemaligen Flusspiraten Bombo als Kapitän will er auf der Silberginkgo, einem Sirilimschiff, um den Weltenbruch herumsegeln. Er muss allerdings schon bald feststellen, dass seine Reise ihn noch viel weiter führen wird!

Múria und Herzog Borst von Bolk führen in Ergils Abwesenheit die Regierungsgeschäfte, was letztlich bedeutet, dass sie die Sooderburg nicht nur gegen die vereinigten Heere von Entrin und Godebar verteidigen müssen, sondern auch gegen einen Verräter in den eigenen Reihen!

Denn Kaguan, der im Kerker der Sooderburg sitzt, hat seine Raupen auch noch einem anderen Mann einverleibt, den er jetzt für seine eigenen Zwecke benutzt, um das Schwert Schmerz ein weiteres Mal zusammenzufügen und seinen Herrn, den Gott Magos, nach Mirad zurückzuholen.

Gondo, den Räuberhauptmann, der einst auf Kaguans Geheiß die Gemeinschaft des Lichts im Wald der Zungen überfallen hat, hat es derweil in König Entrins Heer verschlagen, seine Hoffnungen auf Belohnung oder Beute wurden allerdings mit schöner Regelmäßigkeit enttäuscht. Jetzt sitzt er höchst missmutig unter den Belagerern vor der Sooderburg und hat nur ein einziges Ziel: Er will endlich etwas vom großen Kuchen abhaben!

Das zeigt schon, dass es diesmal etwas verwickelter zugeht. Der äufwändigste und ausführlichste Teil der Handlung dreht sich natürlich um Ergil. Hier tauchen auch die meisten neuen Ideen auf. Die harmonie“süchtigen“ Bäume Floraniens wirken zwar nicht ganz so neu, dafür erinnern sie doch ein wenig zu sehr an die Ents, aber vielleicht war das auch Absicht. Es wäre nicht die erste Hommage an Tolkien, der der Leser bei Isau begegnet. Interessanter fand ich die Samenwolke oder die fliegende Rennqualle, vor allem aber das bisher nur auf der Landkarte verzeichnete Land Xk mit seinen Bewohnern. Die extreme Fremdartigkeit dieser Kultur führt zu einigen durchaus sehr schrägen Situationen.

Während Ergil für die Queste und die Lösung eines Rätsels zuständig ist, sorgt der Rest der Handlung dafür, dass die Zeit knapp wird. Nicht nur, weil Ergils Mutter Vania nur noch wenige Tage zu leben hat, ist Eile geboten, sondern auch, weil sowohl Kaguan als auch die Angreifer vor den Mauern der Sooderburg kurz davor sind, den letzten Schlag zu führen!

Dass Vania letztlich gerettet wird, stand im Grunde außer Frage, wie aber genau der Kampf gegen Kaguan und die Belagerer ausgehen würde, war bis zuletzt unklar. So zog die Spannung in der zweiten Hälfte des Buches immer weiter an und blieb bis zum Ende erhalten. Dem tat auch die unblutige Art und Weise, in der die Schlacht um die Burg geschildert wurde, keinen Abbruch.

An Personenentwicklung findet in diesem dritten Band nicht mehr allzu viel statt. Den größten Anteil daran hatten naturgemäß die Zwillinge. Aber Twikus ist tot, und Ergil hat inzwischen eine Menge durchgemacht, ist ziemlich erwachsen und auch viel selbstsicherer geworden. Allein Prinzessin Nishigo gelingt es noch, ihn aus der Fassung zu bringen, doch nur so lange, bis er sich endlich eingestanden hat, dass nicht nur Twikus in die kleine Susanerin verliebt war. Die Entwicklung der Beziehung zwischen Nishigo und Ergil nimmt einiges mehr an Raum ein als zuvor die zwischen Nishigo und Twikus, bleibt aber trotzdem wohltuend kitschfrei.

Etwas konstruiert empfand ich die Rettung von Harkon Hakennase durch Selbstaustrocknung, um dem Tod durch Erfrieren zu entgehen. Der Eindruck schwächte sich später, als die Gefährten Xk erreichten, etwas ab, da diese Methode dort zur Kultur gehört und dadurch etwas vom Eindruck des Höchstunwahrscheinlichen verliert. Trotzdem: Wäre Hakennase irgendwann von allein wieder aufgetaut, wie wäre er wohl ganz ohne Mannschaft mit seinem Schiff zurück an Land gelangt? Was für ein Glück auch, dass die Gefährten zufällig die einzig richtige Methode erwischten, den Forscher wiederzubeleben! Überhaupt hat der Autor in diesem Zyklus einen ausgeprägten Drang, Leute wiederzubeleben, mit denen eigentlich nicht mehr zu rechnen war: Jazzar-fajim, Hakennase, Vania … Aber gut, für die Gemeinschaft war der kauzige Alte immerhin ein echter Gewinn, nicht nur wegen seiner Kenntnisse der Xkischen Kultur.

Eine offensichtliche Panne findet sich in der Diskussion zwischen Ergil und Múria über Hakennases letzte Expedition. Irgendwie hat da jemand ein paarmal Ost und West durcheinandergeworfen. Ansonsten war das Lektorat angenehm fehlerfrei.

Betrachtet man die Trilogie insgesamt, so bleibt zu sagen, dass der dritte Band zwar an den zweiten nicht ganz heranreichte – dafür verlief manches doch ein wenig zu glatt, wie zum Beispiel die Rettung vom Frauenturm in Ostgard -, dass er aber trotzdem besser war als der erste. Die Chroniken von Mirad kommen vielleicht etwas langsamer in Gang als andere Zyklen, aber es lohnt sich, sich davon nicht abschrecken zu lassen und trotzdem weiterzulesen.

Ralf Isau, gebürtiger Berliner, war nach seinem Abitur und einer kaufmännischen Ausbildung zunächst als Programmierer tätig, ehe er 1988 zu schreiben anfing. Aus seiner Feder stammen außer der Neschan-Trilogie und dem Kreis der Dämmerung unter anderem „Der Herr der Unruhe“, „Der silberne Sinn“, „Das Netz der Schattenspiele“ und „Das Museum der gestohlenen Erinnerungen“. In der Reihe Die Legenden von Phantásien ist von ihm „Die geheime Bibliothek des Thaddäus Tillmann Trutz“ erschienen. Und das nächste Buch ist auch schon wieder in Arbeit: Das Erscheinen von „Die Farbenlauscher“ ist für September 2007 vorgesehen.

Gebundene Ausgabe: 576 Seiten
ISBN-13: 978-3-522-17747-4

http://cms.thienemann.de/index.php?section=1
http://www.isau.de/index.html

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Schreibe einen Kommentar