Dämonen durchstreifen die Finsterwelt: kleine Gremlins im ersten Kreis, Drachen im vierten Kreis und die Dämonenfürsten im inneren Kreis. Portaler bewachen diese Welt und schützen die Menschen davor, wenn einer von ihnen durch ein Portal hinüberschlüpfen will. Dumm nur, wenn ein kleiner Junge unwissentlich Tore in diese Welt öffnet – keine Tore in die äußeren Kreise, sondern gleich direkt ins Innere, wo Riesenspinnen und ausgewachsene Dämonen die Einladung in die Menschenwelt dankenswert annehmen.
Inhalt
Charlie Benjamin wächst in behüteten Verhältnissen auf – zu behütet, möchte man meinen, denn der Junge, gerade einmal 13 Jahre alt, fühlt sich wie in einem goldenen Käfig, einsam und verlassen. Seine Eltern geben ihm Privatunterricht, auf eine öffentliche Schule darf er nicht. Charlie hat keine Freunde und kann die gleichaltrigen Kinder aus seiner Straße nur aus dem Fenster beobachten, wenn sie von der Schule nach Hause kommen oder auf der Straße spielen. Zu gerne möchte er dazugehören, Dinge tun, die man in seinem Alter nun einmal tut, doch spätestens dann, wenn er unter Menschen geht, holt ihn die Realität ein ums andere Mal ein. Charlie verschreckt sie nämlich alle; nicht aus purer Absicht, er tut es einfach. Alle haben Angst von ihm, er weiß nur nicht, warum. Bis er eines Tages so lange bei seinen Eltern bettelt, dass sie ihm erlauben, auf eine Pyjamaparty zu gehen, zu der ihn doch tatsächlich ein Junge aus der Nachbarschaft eingeladen hat.
So folgt Charlie also der Einladung, doch dann geschieht mal wieder ein Unglück. Es ist bereits dunkel, alle Kinder haben sich schlafen gelegt, als auch Charlie in einen Albtraum fällt und die Riesenspinnen, von denen er träumt, in die Realität holt. Am Ende ist das Kinderzimmer verwüstet und alle anderen Kinder außer Charlie wurden in Kokons eingewickelt. Es ist die letzte Party ihrer Art, zu der Charlie erscheinen darf. Doch etwas Gutes hat sie, denn ein wilder Haufen von seltsamen Gestalten – ein Möchtegerncowboy namens Rex, seine hübsche Begleiterin Tabitha und ein vollbärtiger Mann namens Pinch – werden auf ihn aufmerksam. Sie kommen von der Monsterjäger-Akademie und wollen Charlie abholen. Denn dort soll er endlich zur Schule gehen können.
Charlie erfährt endlich, was er ist bzw. kann, denn er verfügt über die Gabe, Albtraumwesen in die Welt zu portalieren. Noch tut er dies unbewusst und unbeabsichtigt, was sich aber nun ändern soll. Bevor er auf der Akademie aufgenommen wird, muss er sich jedoch dem Hohen Rat stellen, einer Institution, die darüber entscheidet, ob potenzielle Monsterjäger tatsächlich ausgebildet oder aufgrund eines zu hohen Risikos reduziert werden, wobei Letzteres bedeutet, das Wissen um die Herbeirufung der Monster und zugleich ein paar IQ-Punkte zu verlieren.
Der Präsident Reginald Drake erkennt sofort, welches Potenzial in Charlie steckt. Angesichts der Tatsache, dass der Junge über weit größere Kräfte verfügt als der Präsident, gibt sich dieser eingeschnappt und will Charlies Ausbildung um jeden Preis verhindern. Mit einer schier unmöglichen Aufgabe, als Ungebildeter ein Portal zum Inneren Kreis zu öffnen, will er Charlie bloßstellen. Doch Charlie bewältigt die Aufgabe, wenn auch nur knapp, denn mit dem Tor ins Innerste der Finsterwelt sind die Namenhaften – mächtige Dämonen – auf ihn aufmerksam geworden. Allen voran Barakkas, dem es beinahe gelingt, durch das Portal hindurchzuschlüpfen. Nur mit vereinten Kräften von Rex und Tabithia kann Charlie das Tor wieder schließen. Er hat sein Talent unter Beweis gestellt und darf an die Monsterakademie.
Dort ist er zum ersten Mal in seinem Leben unter Seinesgleichen, weiß mit Rex, Tabithia und Pinch treue Verbündete in seiner Nähe und findet auch schnell neue Freunde in seinem Alter. Die Ausbildung macht ihm Spaß, doch Charlie realisiert schnell, dass der Kampf gegen die Monster ein gefährliches Abenteuer ist. Und mit Barakkas wartet ein mächtiger Dämon darauf, ihn in seine Finger zu kriegen.
Bewertung
„Die Monsterjäger-Akademie“ kommt erfrischend kurzweilig daher. Obwohl an jüngere Leser gerichtet, weiß Dean Loreys spritzige, stellenweise leicht zynische Schreibe auch erwachsenen Lesern zu gefallen. Sein Schreibstil ist es auch, der die starken Anleihen an Rowlings bekannte Harry-Potter-Reihe vergessen lässt, denn obwohl die Monsterjäger-Akademie weniger auf Fantasy, sondern eher auf Gruselelemente setzt – etwa durch die fünf Kreise der Finsterwelt, den nicht gerade ungefährlichen Monsterjägerjobs als Portaler und Bezwingern und eine Schule, die keinem mittelalterlich anmutendem Internat, sondern einer skurrilen Akademie gleicht, erbaut inmitten eines gewaltigen Feigenbaums – erinnert das alles sehr an Hogwarts und die Zaubererwelt. Hier wie dort kommt die Hauptfigur als jugendlicher Außenseiter daher, wird Schritt für Schritt in die Welt eingeführt und lernt auf der Schule zusammen mit einem etwas chaotischem Jungen (Ron/Theodor) und einem schlauen Mädchen (Hermine/Violet) als Freunden, seine Gabe unter Kontrolle zu bringen.
Handwerklich ist der Roman einwandfrei umgesetzt und nimmt die Leser, sofern sich diese nicht von den offensichtlichen Anleihen an „Harry Potter“ gestört fühlen, mit in eine bunte, plastisch beschriebene Welt, die erkundet werden will. Sie erscheint dem Leser fremd, der sie wie die Hauptfigur Charlie erst langsam kennen lernen muss. Was hat es genau mit den Dämonen auf sich? Welch Unheil richten sie an? Und wie lassen sie sich aufhalten? Das und vieles mehr erfährt der Junge in seinen ersten Unterrichtsstunden, die von fragwürdigen (aber lustigen) Lehrern mit noch fragwürdigeren Lehrmethoden geleitet werden – auch hier hat offensichtlich Hogwarts Lehrerriege als Vorlage gedient.
Die Konfliktpunkte werden derweil früh abgesteckt. So tritt mit Barakkas ein Gegenspieler auf den Plan, der in der Dämonenwelt ein ganz Großer seines Faches ist. Und er hat mächtige Verbündete, von denen nicht alle im Inneren Kreis gefangen sind, sondern sich deutlich freier bewegen können. Die Handlung ist – nach einer Vorstellung der Hauptfigur und ihrer unterbewussten Gabe, der Einführung der Parallelwelt in Form der Monsterjäger Akademie, der daran anknüpfenden Ausbildung des Jungen und der finalen Erprobung seiner Fähigkeiten in der Praxis – weitgehend vorhersehbar. Auch das stört jedoch wenig, da Dean Loreys Erzählstil von der ersten bis zur letzten Seite überzeugen kann.
Fazit
„Die Monsterjäger-Akademie“ ist eine runde, in sich stimmige Abenteuergeschichte um einen Jungen, der es zu einem großen Monsterjäger bringen will. Wer sich nicht daran stört, bei der Lektüre immer wieder an „Harry Potter“ erinnert zu werden, der bekommt einen unterhaltsamen Roman geboten, der vor allem durch Dean Loreys erfrischenden Erzählstil heraussticht. Hier muss es wohl heißen: besser gut geklaut als schlecht neu erfunden.
Originaltitel: Charlie’s Monsters
313 Seiten, gebunden, mit Illustrationen von Helmut Dohle
Empfohlen ab 11 Jahren
ISBN-13: 978-3-473-34734-6
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