Mark Brandis – Blindflug zur Schlange (Folge 24)

Unter Weltraumpiraten: Action und Spannung

2133: Mark Brandis ist seit einem halben Jahr außer Dienst, als ihn die Nachricht von der Zerstörung des Patrouillenschiffs unter Grischa Romens Kommando erreicht. Als Zivilist hat Brandis keine Raumfluglizenz mehr. Zusammen mit Pablo Torrente macht er sich inkognito auf den Weg zu den Galapagosinseln. Von dort aus wollen sie versuchen, eine Passage zum Asteroidengürtel zu bekommen – in der Hoffnung, irgendwo in der von Piraten kontrollierten Region den Freund doch noch lebend zu finden … (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab 12 Jahren.

Der Autor

Nikolai von Michalewsky (1931-2000) war bereits Kaffeepflanzer, Industriepolizist, Taucher und Journalist gewesen, als sein erster Roman 1958 veröffentlicht wurde. Am bekanntesten wurde er ab 1970 mit den Mark-Brandis-Büchern, der bis heute (nach Perry Rhodan) mit 31 Bänden erfolgreichsten deutschsprachigen SF-Reihe.

Seine konsequente Vorgehensweise, Probleme der Gegenwart im Kontext der Zukunft zu behandeln, trug Michalewskys Serie eine treue Leserschaft und hohe Auflagenzahlen ein. Seine besondere Zuneigung galt besonders dem Hörspiel. Er gehörte zu den meistbeschäftigten Kriminalhörspiel- und Schulfunkautoren Deutschlands. (Verlagsinfo)

Bisher erschienen (Gesamt-Titel ohne Teile)

1) Bordbuch Delta
2) Verrat auf der Venus
3) Unternehmen Delphin
4) Aufstand der Roboter
5) Testakte Kolibri
6) Vorstoß zum Uranus
7) Raumsonde Epsilon
8) Die Vollstrecker
9) Pilgrim 2000
10) Alarm für die Erde
11) Sirius-Patrouille
12) Lautlose Bombe
13) Triton-Passage
14) Blindflug zur Schlange
15) Raumposition Oberon

Die Sprecher/Die Inszenierung

Rollen und Sprecher:
Mark Brandis: Michael Lott
Lt. Pablo Torrente: Martin Keßler
System RIA: Mira Christine Mühlenhof
Schnittstelle: Marina Krogull
Volkov: Marco Göllner
Freeman: Romanus Fuhrmann
Tom O’Brien: Dietmar Wunder
Pirat: Matthias Brodowy
Achmed Khan: Charles Rettinghaus
Cpt. Grigori “Grischa” Romen: David Nathan
Lt. Iwan Stroganow: Martin Wehrmann
Magnus Sauerlein: Stefan Peters
John Harris: Gerhart Hinze
Wang Yao: Hongyu Zhu
Prolog: Wolf Frass
sowie Sven-Michael Bluhm, Jochim C. Redeker

Nach Motiven des Romans „Blindflug zur Schlange“ von Nikolai von Michalewsky
Die Macher und Regisseure sind Interplanar.de:
Joachim-C. Redeker: Sounddesign und Musik
Redeker und Balthasar von Weymarn: Produktion, Regie und Schnitt

Jochim-C. Redeker, geboren 1970, lebt seit 1992 in Hannover. Gelernt hat er das Produzieren in der SAE Frankfurt, seither arbeitet er als Tonmeister für Antenne Niedersachsen. An zwei Virtual Reality Projekten hat er als Sounddesigner gearbeitet. Er gibt Audio- und Hörspielseminare und arbeitet als Werbetexter und Werbesprecher für zahlreiche Unternehmen sowie für Kino- und Radiowerbung. Musikalisch betreut er neben seinen eigenen Projekten auch Jingle- und Imageproduktionen. Bereits 1988 brachte ihm eine frühe Hörspielarbeit mit Balthasar den Sonderpreis der Jury für akustische Qualität beim Maxell Momentaufnahmen Wettbewerb ein.

Balthasar von Weymarn, geboren 1968, lebt seit 2006 im Taunus bei Frankfurt. Ausgebildeter Dramaturg und Filmproduzent (Filmstudium Hamburg); arbeitet auch als Skriptdoktor, -autor und Ghostwriter für Unternehmen wie Bavaria Film, Odeon Pictures, Tandem Communications, Storyline Entertainment u.a.

Das Hörspielmanuskript schrieb Balthasar v. Weymarn nach dem gleichnamigen Roman von Nikolai von Michalewsky. Aufnahme: Tommi Schneefuß, Sven-Michael Bluhm, Thomas Weichler
Produktion, Regie und Schnitt: Jochim-C. Redeker & Balthasar von Weymarn.

Hintergrund und Vorgeschichte

Die Mark-Brandis-Hörspielreihe begann 2005-2007 mit Bordbuch Delta VII. Inhaltlich unterscheidet sie sich in einigen wichtigen Punkten von den Büchern.

* Die Geschichten sind um 50 Jahre in die Zukunft verlegt, die Saga beginnt also 2119;
* Die Kürzel EAAU und VOR sind zu „die Union“ und „die Republiken“ geworden;

EAAU: Die Europäisch-Amerikanisch-Afrikanische Union (EAAU) ist ein transkontinentaler Staatenverbund und wurde als Zusammenschluss der drei Kontinente Europa, Amerika und Afrika ca. 1999 gegründet – ihr assoziiert ist Australien. Während Europa der Kontinent ist, der über die längste Tradition verfügt, haben sich Afrika und Amerika zu den industriell bedeutendsten Kontinenten entwickelt.
Flagge: ein Ring goldener Planeten um drei kleeblattartig angeordnete grüne Kontinente auf weißem Grund.
Hauptstadt: Metropolis

VOR: Die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) sind ein transkontinentaler Staatenverbund und umfassen zwischen Ural und der Pazifikküste die asiatischen Staaten einschließlich Ozeaniens.
Flagge: zwei gekreuzte Mongolenschwerter vor einer gelb-roten Sonne.
Hauptstadt: Peking

VEGA

Die Strategische Raumflotte (SR) lagerte 2106 ihre Entwicklungsabteilung auf die Venus aus. Die zuständige Agentur ist die VEGA, kurz für Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik, mit immerhin 8000 Mitarbeitern. Direktor der VEGA ist seit 2122 der ehemalige Major (SR) und Commander (VEGA) John Harris. Die Routen der Testflüge für die Neuentwicklungen sind streng geheim, da die Prototypen als begehrte Beute sowohl für die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) und die Europäisch-Amerikanisch-Afrikanische Union (EAAU), aber auch für Raumpiraten gelten. Offiziell gilt die VEGA als neutral, aber ihre Auftraggeber waren bislang immer die SR und die Raumfahrtbehörde der Union.

Handlung

Brandis und Lt. Pablo Torrente, ein alter Kampfgefährte, befinden sich auf dem Weg in die Tiefe. Hier unten verläuft nämlich der Tunnel der Transkontinentalstrecke durch Südamerika. Mit flaschen Pässen, Namen und Berufen sowie einem fiesen Trick gelingt es ihnen, den Zug zum Stoppen zu bringen und an Bord gelassen zu werden. Der Rest ist einfach: Sie sind jetzt Personal der Bahngesellschaft. Ab geht’s zum Raumflughafen auf den Galapagosinseln.

Der Grund für diese Faxen ist höchst dringlich: Ihr alter Kampfgefährte und Testpilot Grigori „Grischa“ Romen soll bei der Explosion des Zerstörers NIKOLA TESLA ums Leben gekommen sein. Sie wollen herausfinden, ob das stimmt. Denn wer weiß, ob nicht gewisse Weltraumpiraten dahinterstecken.

In einem obskuren Zimmer eines obskuren Mondhotels in Las Lunas treffen Brandis und Torrente die „Schnittstelle“, eine verborgen lebende Gangsterdame und Drahtzieherin, die Brandis seinerzeit in der Geschichte mit den „Vollstreckern“ (s.o.) kennenlernte. Für die Aussicht, dass Brandis ihren Konkurrenten Achmed Khan ausschalten will, vermittelt sie ihnen eine Passage auf einem noch obskureren Frachter in den Sektor, wo die TESLA verschwand.

Der Frachter heißt CHARON und selbstverständlich hat er einen Fährmann an Bord. Allerdings einen von der zwielichtigen Sorte, der auch gerne Geschäfte unter der Hand macht. Als er sie entdeckt, lähmt er sie mit seinem Stunner. Als sie wieder erwachen, tricksen ihn Brandis und Torrente aus, indem sie sich selbst Augenbinden anlegen und fesseln. So setzen sie die zu erwartenden Partner des Fährmanns nicht dem Risiko des Erkanntwerdens aus.

KLONK! Offenbar hat die CHARON an einem anderen Schiff angelegt. Auf die Fragen der Fremden nennen sie bloß ihre falschen Namen und werden an Bord der VENDETTA gebracht. Es ist, wie erwartet, das Schiff eines Piraten, eines gewissen Achmed Khan, den sie DIE SCHLANGE nennen. Als Brandis gefangen im Kühlraum liegt, fällt ihm ein, wo er die Stimme eines der Helfershelfer der „Schlange“ schon ma gehört hat: Freeman gehörte zum Team der KOLIBRI-Testflüge (s.o.). Als er verhört wird, sagt er deshalb ein Codewort. Dieses macht Freeman hellhörig und veranlasst seinen obersten Chef, Brandis zu sich bringen zu lassen.

Als Brandis die Stimme von Grischa Romen, dem Zigeuner, wieder hört, kann er sein Glück kaum fassen, und selbstredend ist auch Romen froh, seinen alten Kumpel, Den Commander, wiederzusehen. Die VENDETTA hat die TESLA mit Kaltem Licht zerstört, einer verbotenen Waffe, deren illegaler Einsatz die Weltraumflotte brennend interessieren dürfte. Nun müssen sie nur noch die Piraten überlisten, das Schiff übernehmen und wohlbehalten zum Mond zurückkehren – möglichst bevor die Weltraumflotte beschließt, ihrerseits die Piraten zu Weltraumstaub zu zerblasen.

Ein Klacks, sollte man meinen. Denn schließlich hat Brandis immer ein weiteres Ass im Ärmel …

Mein Eindruck

Ich habe Grischa Romen wirklich vermisst. Die von David Nathan so fröhlich und vital dargestellte Figur eines „Zigani“ im Weltraum weckt immer wieder Hoffnung, dass der Lebenskampf auch in der Zukunft gewonnen werden kann. Grischa hat ja einige Rückschläge einstecken müssen (ab „Aktenzeichen illegal“ und später) und die Gefangenschaft auf einem Piratenschiff ist wahrscheinlich auch kein Zuckerschlecken. Leider erfahren wir nicht (im Hörspiel) sonderlich genau, wie es dazu kam, dass er sich der Crew anschloss. Dass es ihm vor allem ums Überleben ging, ist eh klar.

Vabanque

Das Spiel, das Mark Brandis spielt, ist aber auch nicht unriskant. Erst tarnt er sich als blinden Passagier, dann lässt er sich foltern und schließlich provoziert er auch noch den Obermacker Achmed Khan höchstpersönlich. Der Pirat, ausgezeichnet gesprochen von Synchronstimmen-Veteran Charles Rettinghaus, leidet an einer sehr unappetitlich klingenden Weltraumkrankheit. Brandis behauptet einfach, er wüsste zwar, wo sich das Heilmittel befinde, käme aber leider gerade nicht daran, alldieweil er ja in Fesseln stecke. Dass seine Exekution nur noch eine Frage von Minuten sein kann, versteht sich von selbst. Doch wie so oft in der Serie kommt es anders, als der Schurke denkt…

Kohärenz

Immer wieder müssen Weltraumpiraten für Action sorgen, wenn es dem Helden der Reihe mal zu langweilig werden droht. Ob dies so in der Chronologie der ursprünglichen Buchreihe vorgesehen war, wage ich zu bezweifeln. Aber das ist ja auch egal, denn im Hinblick auf eine reihenübergreifende Dramaturgie zaubern die beiden Macher Redeker und Weymarn immer mal wieder bekannte Figuren aus dem Hut. Sie wollen damit nicht bloß ihre Sprechercrew klein halten, wie ein Schelm denken könnte, sondern dem Hörer auch Identifikationsfiguren präsentieren. Auf diese Weise gewinnt die Reihe, die doch immerhin schon das Viertelhundert voll hat, an innerem Zusammenhalt. Es ist fast, als würde man eine sehr gute Sci-Fi-TV-Serie verfolgen.

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Sprecher

Die Sprecher erfüllen ihre Aufgabe zu meiner Zufriedenheit. Es handelt sich um die immer wieder in der Serie auftauchenden Hauptfiguren wie der Titelheld, seine Frau, sein humorvoller Freund Grischa Romen. Michael Lott (dt. Stimme von Michael Nyqvist in der Millennium-Trilogie) Martin Keßler (dt. Stimme von Nicholas Cage u. a.) und David Nathan (dt. Sprecher von Christian Bale, Johnny Depp, Val Kilmer u. a.) erledigen ihre Aufgabe mit Routine.

Diesmal werden sie von zwei prominenten Synchronsprechern ergänzt: Dietmar Wunder, die deutsche Stimme von Daniel „James Bond“ Craig, spricht Tom O’Brian, eine kleine Nebenrolle. Charles Rettinghaus, geboren 1963, ist die deutsche Synchronstimme von Jean-Claude van Damme, Robert Downey jr., Billy Zane, Jamie Foxx, John Cusack, Matt Dillon und ungefährr einer Million weiteren mehr oder weniger bekannten Schauspielern. (Vgl. www.synchronkartei.de.)

Wie in allen Folgen spielen durch Tonfilter verzerrte Stimmen eine dominante Rolle, vor allem in Raumanzügen bei Außeneinsätzen. Bemerkenswert finde ich immer wieder, wenn eine Stimme ihre Charakteristik je nach fiktivem Aufenthaltsort des Sprechers ändert. Da gibt es hallende, luftleere Frachträume (daher sprechen die Figuren über Helmfunk) und Kühlräume; da gibt es enge Verhörzellen und Luftchleusen, in denen es kaum Hall gibt; aber es gibt auch hallende Audienzräume wie den von Achmed Khan, deren Klang allein den Hörer bereits frösteln lässt.

Geräusche

Die Geräuschkulisse erstaunt den Hörer mit einer Vielzahl mehr oder weniger futuristischer Töne, so etwa Triebwerke oder Luken und Schleusen. Doch wenn man ein Fan von SF-Fernsehserien und Games ist, dann dürfte einen dies nicht gerade umhauen, sondern eher ganz normal vorkommen. Vor allem das Dröhnen, Zischen und Jaulen von Düsen, Schleusen und Schotts ist regelmäßig zu hören, was ja auch naheliegt.

Der gute Sound trägt dazu bei, den Hörer direkt ins Geschehen hineinzuversetzen, und das kann man von den wenigsten SF-Fernsehserien behaupten. Auch das Design von verzerrten Meldungen ist ähnlich professionell gehandhabt. Ein Satz kann mittendrin seine Klangcharakteristik ändern – faszinierend.

Musik

Ja, es gibt durchaus Musik in diesem rasant inszenierten Hörspiel. Neben dem Dialog und den zahllosen Sounds bleibt auf der Tonspur auch ein wenig Platz für Musik. Sie ist wie zu erwarten recht dynamisch und flott, aber nicht zu militärisch – ganz besonders im Intro und in den Intermezzi. Selten ist die Musik mal im Hintergrund zu hören, denn der Dialog soll nicht überdeckt werden. Die Musik erweist sich als eminent wichtig, um Stimmung zu erzeugen und den Übergang zwischen Szenen zu signalisieren.

Das Booklet

Das Booklet enthält eine Aufstellung der bereits veröffentlichten Folgen und ein ausführliches “Was bisher geschah” für Neueinsteiger, die mit dieser Folge ihren Anfang im Brandisversum finden wollen. Dieser Rückblick liefert auch eine Begründung für das vermehrte Auftreten von Weltraumpiraten. Zusätzlich werden noch die Sprecher und ihre Rollen aufgeführt sowie die Technik-Credits und Werbung für die Printversion der Reihe.

Unterm Strich

Diese Episode ist ganz schön Testosteron-geschwängert. Außer der „Schnittstelle“, einer Gangsterin, tritt kein einziges weibliches Wesen auf. Dabei hätte die Regie doch dem schönen Geschlecht wenigstens im Epilog eine Chance geben können. Aber nein – während sich die Herrschaften einen Drink nach dem anderen reinschütten, treten zwei weitere Männer auf, nämlich John Harris und ein VOR-Minister.

Dass mit Charles Rettinghaus, der deutschen Stimme von Kampfsportass Jean-Claude van Damme, und Dietmar Wunder, der Stimmbandvertretung von „James Bond“ Daniel Craig, zwei Kämpferfiguren auftreten, macht das Maß voll. Die Piraterie und der Kampf gegen sie sind hier ganz offensichtlich Männersache. Kein Wunder, dass das Actionfinale ein heftiges Gekloppe ist.

Höchste Zeit also, mal wieder eine Serienheldin zu ihrem Recht kommen zu lassen. In den seligen achtziger Jahren gab es da beispielsweise die Weltraum-Rebellin „Flaming Bess“ von Thomas Ziegler alias Rainer Zubeil (geb. 1956), der inzwischen (2004) auch das Zeitliche gesegnet hat. Wolfgang Hohlbein hingegen schuf 1989 „Charity – Captain Charity Laird von der Spaceforce“, also eine Offizierin à la Mark Brandis. Das wären doch zwei ganz gute Vorlagen.

1 Audio-CD
Spieldauer: 63:39 Min.
Tracks: 10
Empfohlen ab 12 Jahren
UPC: 0602537169412

www.folgenreich.de
www.markbrandis.de
www.interplanar.de

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