Michalewsky, Nikolai von / Redeker, Jochim-C. / Weymarn, Balthasar von – Mark Brandis: Raumsonde Epsilon 1 (Hörspiel, Folge 9)

_Die „Mark Brandis“-Reihe:_

01 [„Bordbuch Delta VII“ (Hörspiel) 4995
02 [„Verrat auf der Venus“ (Hörspiel) 5013
03 [„Unternehmen Delphin“ (Hörspiel) 5524
04 [„Aufstand der Roboter“ (Hörspiel) 5986
05 [„Testakte Kolibri 1“ (Hörspiel) 5984
06 [„Testakte Kolibri 2“ (Hörspiel) 5985
07 [„Vorstoß zum Uranus 1“ (Hörspiel) 6245
08 [„Vorstoß zum Uranus 2“ (Hörspiel) 6246
09 _“Raumsonde Epsilon 1 (Hörspiel)“_
10 „Raumsonde Epsilon 2 (Hörspiel)“

_Verwirrung im Sonnensystem: Die Aliens sind hier!_

Anno 2125: Mark Brandis‘ Schiff, die HERMES, ist mit der nun unbemannten DELTA IX im Schlepptau unterwegs zurück zur Erde. Die ermüdende Bordroutine auf dem wochenlangen Flug wird jäh unterbrochen: Die DELTA IX ist plötzlich spurlos verschwunden! Brandis erreicht auf der Suche nach Scotts Schiff die Station Zhongli Quan und muss bald feststellen, dass nicht nur die Vereinigten Orientalischen Republiken undurchsichtige Pläne verfolgen … (Verlagsinfo)

_Handlung_

Die HERMES befindet sich unter dem Kommando von Mark Brandis auf dem Rückweg vom Uranusmond Titania zur Venus, als die Verbindung zur der im Schlepptau befindlichen Delta IX abbricht. Seltsamerweise gibt es weder eine Kommunikationsmöglichkeit zu ihr noch einen Logeintrag, was mit ihr geschehen ist. Brandis löst Alarmstufe Rot aus.

Er setzt die Wissenschaftlerin Wolska auf eine Anomalie in den Gravitationsverhältnissen des Raumsektors an und geht auf Suchkurs. Als ein chinesisches Drachen-Symbol von Bord der Delta IX gefunkt wird, wird ihm erstaunt klar, dass die Chinesen das Raumschiff gekapert haben. Der Kommandeur der Gegenseite Xon Li Kwan nötigt Brandis, mit seiner HERMES zu einer Raumstation zu fliegen. Zuvor setzt Brandis einen Bericht an den Chef von VEGA ab und richtet die HERMES für ein kodiertes Signal ein. VEGA befiehlt, den eingeleiteten Angriff auf die Chinesen abzubrechen, die Delta IX den Chinesen zu überlassen, das UFO mit der Gravitationsanomalie zu erkunden und es zur Station Isidor zu bringen.

Leichter gesagt als getan, findet Brandis. Denn als er sich dem UFO nähert, taucht ein Schwerer Kreuzer von VEGA auf und nimmt die HERMES unter Beschuss! Während einer der Astronauten aus seiner Crew, der sich auf der Schiffsoberfläche befand, im All verlorengeht, muss Brandis zur Station Isidor, die der VEGA freundlich gesonnen ist, um Reparaturen durchzuführen. Allerdings befindet sich die Station zu seiner Überraschung nicht in Händen der Republiken, sondern in denen einer sogenannten Dritten Macht. Und der Schwere Kreuzer, der sie beschoss, wird von einem alten Bekannten und Feind befehligt.

Weitere unangenehme Überraschungen warten auf Brandis und seine Crew, aber ein unverhofftes Wiedersehen bringt neue Hoffnung.

_Mein Eindruck_

Wem dieser Handlungsverlauf etwas wirr vorkommt, dem ergeht es nicht besser als mir beim ersten Hören. Sicher, die offenen Fragen werden im zweiten Teil beantwortet, doch der Hörer könnte zumindest erwartet, dass die Kaperung der Delta IX und die Begegnung mit der Alien-Raumsonde – sie ist die „Gravitationsanomalie“ – näher erklärt werden. Nichts dergleichen, stattdessen scheinen sich die Autoren dazu entschlossen zu haben, Spannung durch das Warten auf Antworten zu erzeugen. Das ist vorerst ein wenig frustrierend.

Es ist das erste Mal in der „Mark Brandis“-Reihe, dass ein Alien-Artefakt entdeckt wird. Bislang haben sich die Menschen nur untereinander gekloppt. Nun müssen sie sich auch noch mit einem Faktor X herumschlagen. Allerdings braucht man nur sein Wissen über den Verlauf der Geschichte zu bemühen, um vorausahnen zu können, was das UFO im Sonnensystem auslöst: ein Wettrennen um den ersten Platz, wenn es darum geht, die Geheimnisse der überlegenen Technologie der Fremden an sich zu reißen und so einen Vorsprung im Wettlauf der Interessengruppen zu erringen. Und für diesen Vorteil scheint so mancher bereit, bis zum Äußersten zu gehen.

|Epsilon|

Warum die Raumsonde „Epsilon“ genannt wird, wird aus einer kurzen Erläuterung deutlich. „Epsilon“ beruht auf dem Doppelstern Epsilon Bootes, der 103 Lichtjahre entfernt ist. Die Theorie geht wie folgt: Was würde passieren, wenn eine fremde Zivilisation, deren Sonde sich bereits in unserem Sonnensystem befände, auf unsere Rufe warten würde und sich dann zu einem gegebenen Zeitpunkt zu erkennen gäbe, sobald unsere Technik einen genügend hohen Grad erreicht hätte, der eine Verständigung ermöglichen würde? Man kann sich einen gewissen Aufruhr im Ameisenhaufen des Sonnensystems vorstellen, wenn ein solcher Fremdling wie ein großer Käfer auftauchen würde. Bei den Ameisen ereilt ihn stets das gleiche Schicksal …

Diese Theorie ist keineswegs aus der Luft gegriffen, sondern wird im Booklet zum 2. Teil genau erläutert. Sie existiert seit 1970 und wurde von Duncan Lunan, einem schottischen Autor, aufgestellt und verworfen. Ronald Bracewell, ein Radiologie-Professor in Stanford, stützte und erweiterte diese Theorie. Sie ist bis heute nicht widerlegt.

_Der Autor_

Nikolai von Michalewsky (1931-2000) war bereits Kaffeepflanzer, Industriepolizist, Taucher und Journalist gewesen, als sein erster Roman 1958 veröffentlicht wurde. Am bekanntesten wurde er ab 1970 mit den „Mark Brandis“-Büchern, der bis heute (nach Perry Rhodan) mit 31 Bänden erfolgreichsten deutschsprachigen SF-Reihe.

Seine konsequente Vorgehensweise, Probleme der Gegenwart im Kontext der Zukunft zu behandeln, trug Michalewskys Serie eine treue Leserschaft und hohe Auflagenzahlen ein. Seine besondere Zuneigung galt besonders dem Hörspiel. Er gehörte zu den meistbeschäftigten Kriminalhörspiel- und Schulfunkautoren Deutschlands. (Verlagsinfo)

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Die Macher und Regisseure sind Interplanar.de:
Joachim-C. Redeker: Sounddesign und Musik
Redeker und Balthasar von Weymarn: Produktion, Regie und Schnitt

Jochim-C. Redeker, geboren 1970, lebt seit 1992 in Hannover. Gelernt hat er das Produzieren in der SAE Frankfurt, seither arbeitet er als Tonmeister für Antenne Niedersachsen. An zwei Virtual Reality Projekten hat er als Sounddesigner gearbeitet. Er gibt Audio- und Hörspielseminare und arbeitet als Werbetexter und Werbesprecher für zahlreiche Unternehmen sowie für Kino- und Radiowerbung. Musikalisch betreut er neben seinen eigenen Projekten auch Jingle- und Imageproduktionen. Bereits 1988 brachte ihm eine frühe Hörspielarbeit mit Balthasar den Sonderpreis der Jury für akustische Qualität beim Maxell Momentaufnahmen Wettbewerb ein.

Balthasar von Weymarn, geboren 1968, lebt seit 2006 im Taunus bei Frankfurt. Ausgebildeter Dramaturg und Filmproduzent (Filmstudium Hamburg); arbeitet auch als Skriptdoktor, -autor und Ghostwriter für Unternehmen wie Bavaria Film, Odeon Pictures, Tandem Communications, Storyline Entertainment u. a.

Das Hörspielmanuskript schrieb Balthasar v. Weymarn nach dem gleichnamigen Roman von Nikolai von Michalewsky. Die Aufnahmeleitung lag in den Händen von Thomas Weichler.

Mehr Informationen gibt es unter [www.folgenreich.de.]http://www.folgenreich.de

|Die Sprecher und ihre Rollen:|

Prolog: Wolf Frass
Michael Lott spricht: Commander Mark Brandis
Major Frederick Young: Erich Räuker
Cmdr. Ernest D. Scott: Frank Glaubrecht
Bordcomputer: Anke Reitzenstein
Col. Barclay: Kai Jürgens
Lt. Iwan Stroganow: Martin Wehrmann
Cpt. Martin van Kerk: Michael Westphal
Cpt. Roger d’Arcy: Udo Schenk
Ludmilla Wolska: Tomasina Ulbricht
Lt. William Xuma: Michael Pan
Lt. Usko Koskinen: Julien Haggége
Bordsystem CORA: Christine Mühlenhof

Mehr Informationen hierzu finden Sie hier:
[www.markbrandis.de]http://www.markbrandis.de
[www.interplanar.de]http://www.interplanar.de

|Die Inszenierung|

Die Geräuschkulisse erstaunt den Hörer mit einer Vielzahl mehr oder weniger futuristischer Klänge, so etwa die Triebwerke der „Hermes“ oder das Öffnen und Schließen ihrer Luken und Schleuse. Doch wenn man ein Fan von SF-Fernsehserien ist, dann dürfte einen dies nicht gerade umhauen, sondern eher ganz normal vorkommen. Vor allem das Dröhnen, Zischen und Jaulen von Düsen ist regelmäßig zu hören, was ja auch naheliegt. Der Flug zur Station Isidor ist recht dramatisch anzuhören, aber leider ziemlich kurz. Was gäbe ich für eine ordentliche Raumschlacht à la „Perry Rhodan“!

Ungewöhnlich sind eher Sounds, die Verzerrungen im Funksprechverkehr simulieren – das lässt aufhorchen. Hier haben die Macher dazugelernt. Der gute Sound trägt dazu bei, den Hörer direkt ins Geschehen hineinzuversetzen, und das kann man von den wenigsten SF-Fernsehserien behaupten. Die meisten SF-Serien wie etwa „Raumschiff Enterprise“ oder „Raumpatrouille Orion“ sind viel zu alt für solchen Sound, und „Babylon 5“ oder „Andromeda“ klingen zwar toll, spielen aber in abgelegenen Raumgegenden, wo irdische Ereignisse kaum eine Rolle spielen.

Dadurch hebt sich „Mark Brandis“ im Hörspiel bemerkenswert von solchen TV-Produktionen ab, von SF-Hörspielen ganz zu schweigen. Nur Lübbes „Perry Rhodan“ kann in dieser Liga mitspielen, ist aber inzwischen auf Magerkost gesetzt worden. Auch das Design von verzerrten Meldungen per Funk ist ähnlich professionell gehandhabt. Ein Satz kann mittendrin seine Klangcharakteristik ändern – faszinierend. Diesmal kommt besonders der Klangeffekt des Halls zum Einsatz: in den diversen Gefängniszellen, in denen sich Brandis und seine Crew wiederfinden.

|Die Sprecher|

Die Dialoge belegen die Verhaltensweisen von Erwachsenen statt von Jugendlichen. Man nimmt den Figuren jetzt ab, dass sie über das Schicksal von Menschen zu entscheiden in der Lage sind. Die Ernsthaftigkeit von „Raumpatrouille Orion“ ist mit der schnellen Handlung von „Perry Rhodan“ bestens kombiniert. Die Auseinandersetzungen sind im Unterschied zur vorhergehenden Folge nicht mehr intern, sondern äußerlich.

Und Brandis hat sich mit der Dritten Macht auseinanderzusetzen, die ihm ein fieses Angebot macht. Michael Lott alias Mark Brandis strahlt stets unbeugsame Autorität aus, doch auch er muss ja mal schlafen. Recht eindrucksvoll macht sich auch der Austausch der Stimmmodule des Bordcomputers bemerkbar. Spricht zunächst noch Anke Reitzenstein relativ kontrolliert und unmoduliert, so wird sie durch Christine Mühlenhof abgelöst, die eine geradezu menschliche Stimmmodulation aufweist, so dass man ihr gerne zuhört. So angenehm möchte ich auch mal geweckt werden!

Recht sonderbar wirkt Tomasina Ulbricht als Sprecherin der Wissenschaftsoffizierin Ludmilla Wolska: Trotz ihres lieblich-sanften Akzents spricht sie so langsam, dass man erwartet, sie gleich einschlafen zu hören. Dieser Eindruck liegt möglicherweise daran, dass Frau Ulbricht keine hierzulande geborene Deutsche ist. Zumindest lässt sich sagen, dass jeder Satz von ihr unverkennbar ist.

|Musik|

Ja, es gibt durchaus Musik in diesem rasant inszenierten Hörspiel. Neben dem Dialog und den zahllosen Sounds bleibt auf der Tonspur auch ein wenig Platz für Musik. Sie ist wie zu erwarten recht dynamisch und flott, aber nicht zu militärisch – ganz besonders im Outro und in den Intermezzi. Letztere haben die Aufgabe, die längeren Szenen voneinander abzutrennen und eine Emotion zu vermitteln, z. B. Beklemmung oder Dramatik. Ganz am Schluss erklingt ein flottes Outro, das den Ausklang zu dieser Episode bildet, bevor es zu einer langsamen Hintergrundmusik abbremst.

|Das Booklet|

Das Booklet bietet einen Überblick über die bereits erschienenen Folgen 1-8 der Serie, über die Macher und über die Sprecher. Darüber hinaus gibt es jeweils Zusatzinformationen, so etwa über die Raumstation Isidor, den Jupitermond Kallisto sowie über die Begriffe „Astronomische Einheit“ – sie entspricht etwa 150 Mio. km – und „Telempathie“, die Fähigkeit, aus der Distanz Gefühle wahrzunehmen oder zu übermitteln. Sie charakterisiert die Raumsonde Epsilon.

Am wichtigsten scheint mir jedoch die Beschreibung und Darstellung des Raumschiff-Prototyps HERMES zu sein. Neben technischen Daten (immerhin 1250 km/sec Spitzengeschwindigkeit) finden wir eine Beschreibung der Defensiv- und Offensivkapazitäten, zu deutsch: Waffensysteme.

|Das Hörspiel|

„Mark Brandis“ ist als Hörspiel professionell inszeniert, spannend, stellenweise actionreich und mitunter sogar bewegend oder gar romantisch. Allerdings ist das erste Drittel ein wenig verwirrend, weil die offenen Fragen nicht geklärt werden. Dies erfolgt erst im 2. Teil dieser Folge.

Dieses Drama ist beruhigend weit entfernt von Kinderkram und rückt die Serie in die Nähe der POE-Hörspiele, die mir fast durchweg gut gefallen. In zehn Jahren wird man diese Serie als Vorbild für eine gelungene SF-Serie aus deutschen Landen auf gleicher Höhe mit „Perry Rhodan“ setzen. Und die Sammler werden sich die Finger danach lecken.

Gut finde ich, dass Folgenreich und Universal Music jetzt den Vertrieb übernommen haben. Dadurch ist der Fortbestand der Serie wohl gesichert. Und nun kann man sich mit Frank Glaubrecht (bekannt als „John Sinclair“) und Simon Jäger auch namhafte Synchronsprecher leisten, die ein wenig (?) mehr kosten als die bisher eingesetzten. Das kommt dem Wiedererkennungs- und Unterhaltungswert der Serie nur zugute.

_Unterm Strich_

Mark Brandis stößt mit seiner HERMES unerwartet auf eine Raumsonde, die nicht von Menschen gebaut wurde. Er hätte vorgewarnt sein sollen, dass sogleich der Wettlauf zu den technologischen Wundern dieser Sonde losgeht, wird aber überrascht, welche Mitspieler ihn nun ins Kreuzfeuer nehmen. Zum Glück erhält er Hilfe von unerwarteter Seite. Dadurch wird der Faden aufgenommen, der aus „Testakte Kolibri“ noch offen war.

|1 Audio-CD mit 56 Minuten Spieldauer
ISBN-13: 978-3829123174|