Poul Anderson – Tor der fliegenden Messer. Fantasy-Erzählungen und Essays. Mit einem Nachwort


Jungfrauen und andere übernatürliche Wesen

In dieser Sammlung von Kurzgeschichten präsentiert der renommierte US-Autor Poul Anderson, geboren 1926 in Pennsylvania, eindrucksvolle Kostproben seines vielseitigen schriftstellerischen Könnens. Fantasy und Science Fiction gehen hier eine interessante Verbindung mit Ironie und historischem Wissen ein. Zwei Essays und eine literaturhistorische Betrachtung von Andersons Fantasywerk runden den Inhalt ab.

Der Autor

Poul Andersons Eltern stammten von eingewanderten Dänen ab. Poul, der vor dem 2. Weltkrieg kurze Zeit in Dänemark lebte, interessierte sich für diese Herkunft so sehr, dass er mehrere Romane an dem Schauplatz Skandinavien zur Zeit der Wikinger spielen ließ, darunter die zwei vorliegenden, aber auch „Krieg Götter“ und die Trilogie „The Last Viking“ (bei Ullstein). Ansonsten ist Anderson für seine zahlreichen Science Fiction-Romane bekannt, von denen „Brain Wave“ (1954) wohl der innovativste ist.

Der 1926 geborene Physiker, der schon 1947 zu veröffentlichen begann, starb 2001. Er ist Greg Bears Schwiegervater. Seine Werke hier aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen, denn allein in der „Encyclopedia of Science Fiction“ ist sein Eintrag nicht weniger als sechs Spalten lang… Er gewann fünf Hugo Awards und zwei Nebula Awards, den Tolkien Memorial Award, den August Derleth Award und 1978 den Grand Master Award – mehr und Höheres kann man in diesen Genres fast nicht gewinnen.

Die Erzählungen

1) Hausregel (1976)

Im Gasthaus zum Alten Phönix treffen sich die Paralleluniversen und Gestalten der Menschheitsgeschichte aus allen Zeiten. Unser Chronist ist ein regelmäßiger Gast dort, weil er nur übersetzt, aber nie selbst erzählt. Auf diese Weise gerät er nie in Gefahr, die eherne Hausregel zu verletzten. Diese vom Wirt in die Tat umgesetzte Regel besagt, dass ein Besucher einem anderen Gast nie zuviel bestimmte Informationen geben darf. Dazu zählt zum Beispiel das Todesjahr des anderen, aber auch revolutionäre Ideen.

Als daher in dieser Nacht Albert Einstein ins lebhafte Gespräch mit Leonardo da Vinci kommt, darf er ihm nichts über die Relativitätstheorie erzählen. Doch es ist völlig in ordnung, wenn die Nonne Heloise ihren Geliebten Peter Abälard wiedersieht und ihn unter Tränen küsst. Die Wirtin führt die beiden, die im überlieferten Leben so Leid erfuhren (er wurde von ihrem Onkel entmannt, sie ging mit ihrer beider Kind ins Kloster), hinauf zu den Zimmern.

2) Hauks Saga (1977)

König Alfred ist König in England und Harald Schönhaar in Norwegen, als sich die Saga von Hauk Geirolfsson zuträgt. Sein Vater Geirolf ist in seinen besten Tagen ein verwegener und erfolgreicher Wikinger gewesen, der auf seinen Raubzüge überall in Europa herumgekommen ist. Er hat sich ein großes Gehöft gekauft und mit Thyra eine Familie gegründet. Als sein Sohn Hauk vierzehn Jahre alt, geht dieser jedoch nicht auf Raubzug wie sein Vater, sondern auf Handelsfahrten, die ihn von Island bis nach Kiew führen.

Unterdessen verändert sich sein Vater zum Schlechten, da er von der Tuberkulose oder Schlimmerem ausgezehrt wird. Im Sommer, bevor Hauk ihn zum letzten Mal als Lebenden sieht, sagt ihm der Alte voraus, er werde ihn dennoch wiedersehen. Nach Hauks Abreise tritt das ein, was Geirolf am meisten verabscheut: der Strohtod, der Tod im eigenen Bett, statt im Kampf.

Doch nach seiner ehrenvollen Bestattung unweit seines Gehöfts kehrt der Alte wieder, und zwar gewalttätiger denn je. Gleich in der ersten Nacht mordet der Wiedergänger zwei Männer, denn kein Schwert kann ihm etwas anhaben, und setzt sich auf den Dachfirst seiner Halle. Seine Terrorherrschaft kehrt jeden Vollmond wieder, doch er ist kein Werwolf. Gerade als sich seine Quasi-Witwe Thyra entschlossen hat, auf das Gehöft von Hauks Brautvater Leif Egilsson umzuziehen, kehrt Hauk von seinen Fahrten zurück. Gerade noch rechtzeitig, meinen Thyra und seine Braut Alfhild.

Doch Hauk ist entsetzt: Er soll seinen eigenen Vater töten?! Am Ende aber bleibt ihm nichts anderes übrig. Es wird ein Kampf auf Leben und Tod…

Mein Eindruck

Der Anfang der Geschichte verläuft so viele von Andersons Sagas, zum Beispiel „Hrolf Krakis Saga“. Doch dann konzentriert sich die Handlung auf den Gegensatz zwischen Hauk und seinem Vater, dem Gespenst, das keine Ruhe findet. Wie sich herausstellt, spiegelt dies den Konflikt zwischen dem alten Götterglauben und den neuen christlichen Ideen wider, auf die Hauk in der Fremde gestorben ist. Als sein sterbender Vater daher daher das Kreuzzeichen schlägt, glaubt sich Hauk von ihm verflucht. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Das Kreuzzeichen entspricht dem Segenszeichen des Hammers, dem Zeichen Odins, des Göttervaters.

Davon abgesehen, ist die Geschichte straff auf diesen Höhepunkt hin erzählt, und die unheimliche Szene, als sich Hauk in einer Mondnacht dem väterlichen Wiedergänger stellt, ist dazu angetan, dem Leser Schauder über den Rücken zu jagen. Bei mir war es jedenfalls so. Das ist große Klasse.

3) Von Schweinen und Menschen (1979)

Dieser Text gibt vor, ein volksverhetzendes Manifest zu sein, das die Rolle der germanischen Völker, hier PIGS genannt, gegenüber den romanischen Völkern, hier MEN genannt, in ganz neuem Licht darstellt. Durchweg werden die Angehörigen der PIGS als bedauernswerte Opfer der infamen MEN dargestellt, und zwar seit dem ersten Jahrhundert vor Christus, als die Kimbern und Teutonen den Römern zum Opfer fielen. So ging Jahrtausende lang weiter, bis endlich die Reformation eine Art Befreiung vom römisch-katholischen Joch herbeizuführen versprach.

Der Rest ist groteske Hetzpropaganda, die sogar die verquere Ideologie der Nazis den mediterranen Völkern in die Schuhe schiebt. Der Text gipfelt in der an das „Kommunistische Manifest“ angelehnte Aufforderung: „PIGS ALLER LÄNDER, VEREINIGT EUCH! IHR HABT NICHTS ZU VERLIEREN ALS EUREN VERSTAND!“

Mein Eindruck

Solch ein überspitz formuliertes pseudo-germanophiles Manifest könnte – mit Ausnahme des Schlusses, in jeder Zeitschrift mit arischer Ideologie abgedruckt worden sein. Natürlich ist die Veräppelung solcher Hetzpropaganda für den historisch aufgeklärten Bürger offensichtlich. Aber was wäre, wenn sie auf unaufgeklärte Ohren fiele?

4) Eine logische Schlussfolgerung (1960)

Der amerikanische Verleger Greenough erzählt seinem Gegenüber in einer Bar eine unglaubliche Geschichte. Eine Göttin habe seine Seele in den Körper eines Kriegers namens Kendrith versetzt – und dessen Seele in seinen eigenen Körper! Zwei Jahre habe Kendriths Leben gelebt, um den Willen der Göttin auszuführen, dass der Exilprinz Oterron wieder auf den imperialen Thron zurückkehrt.

Greenough-Kendrith beschreibt plastisch und aufregend, wie es ihm mit seinen Kriegern gelang, die letzte Bastion des Feindes zu erobern – und obendrein dessen Tochter Fiamma. Was für ein prächtiges Leben! Doch schließlich schlug das Schicksal bzw. die Göttin wieder zu, um den Seelentausch rückgängig zu machen.

Doch da bemerkt unser Chronist etwas Merkwürdiges an seinem Gegenüber. Könnte es vielleicht sein, dass dieser Greenough, der sonst so vernünftig gewirkt hat, am Ende gar nicht die Seele Greenoughs besitzt, sondern die von Kendrith? Aber warum nur?!

Mein Eindruck

Um die kriegerischen Abenteuer und saftigen Fantasyszenen der Heroic Fantasy herum hat der Autor ein fein verschachteltes Szenario vom Seelentausch errichtet. Auf diese Weise gelingt es ihm, die simple Kriegerstory, wie sie etwa John Norman in „Der Schurke von Gor“ erzählt, auf eine Ebene der Komplexität und Intelligenz zu heben, die dem Leser ein ungewöhnliches Maß an Reflexion über eben diesen Krieger erlaubt. Und so können kann sich der Leser vorstellen, dass das Kriegerleben, das sich ein Halbwüchsiger wünscht, vielleicht gar nicht so erstrebenswert sein könnte. Dies vorausgesetzt, kommt der Schluss gar nicht mehr so überraschend.

5) Cappen Varras Heldenmut (1956)

Cappen Varra ist ein südländischer Troubadour, den es aus der Zivilisation des lieblichen Croy in den wilden, stürmischen und vor allem nassen Norden verschlagen hat. Seine Abenteuerlust bereut Cappen Varra zutiefst, als er an Bord des Langschiffs von König Svearek von Norren durch die stürmische See schippert. Seine Essen hat er schon längst von sich gegeben und ihm ist elend zumute. Da sieht er einen roten Lichtpunkt am Horizont.

Der König und Steuermann hat das Licht ebenfalls gesehen. Es ist ein Feuer, baer wer wohnt in dieser Gegend? Sicher nur Trolle, und deshalb getraut sich keiner von der Mannschaft nachzusehen. Nachdem auch der König von seinen Leuten davon abgehalten worden ist, zwingen sie den Außenseiter Cappen Varra dazu, ins Beiboot zu steigen und zur Trollinsel zu rudern.

Die Trollin, die dort in einer Höhle wohnt, will ihn natürlich als schmackhaften Bissen zum Abendbrot verspeisen, doch Cappen Varra hat ein silbernes Amulett, an dessen Schutzzauber er fest glaubt, und bietet ihr Paroli. Zudem haben seine entzückten Augen ein holdes Mägdelein erblickt. Es ist Hildigund, die vor drei Jahren dem König Svearek geraubte Tochter. Er setzt alles daran, sie zu retten, und beginnt zu singen…

Mein Eindruck

Cappen Varras titelgebender Heldenmut besteht in alles anderem als Heldenmut. Dieser existiert nur in den Augen eines unschuldigen Mädchens. Doch Cappen Varra entkommt tatsächlich den Klauen der hungrigen Trollin, die ihn verspeisen möchte. Wie das möglich ist, erzählt der Autor auf so witzige Weise, dass der Leser aus dem Schmunzeln kaum herauskommt. Denn Cappen Varra ist alles andere als ein held und schon gar nicht wirklich mutig, vielmehr glaubt er nur an die Wirksamkeit seines Schutzzaubers. Erst als ihm das Mädchen sagt, dass es gegen Trolle keinen auf Silber basierenden Schutzzauber gibt, verfliegt Cappen Varras Glaube. Die Wahrheit hätte ihm längst nicht so viel Mut gegeben wie der Glaube.

6) Das Tor der fliegenden Messer (1979)

Ein weiteres Abenteuer mit Cappen Vara, diesmal auf der Diebeswelt, einer Shared World von Robert Asprin. Der für die Reize der Frauen so empfängliche Troubadour ist in die Basare der orientalischen Stadt Sanctuary (Freistatt) geraten, die zum Imperium von Ranke gehört. Er befindet sich auf der Suche nach den Rosanda, der Gattin des Fürsten, und ihrer Gesellschaftsdame Dalnis, seiner Geliebten. Beide wurden in der Nacht zuvor aus dem Palast des Fürsten entführt. Doch wie und von wem ist noch ein Rätsel.

Die Wahrsagerin Illyra verweist sich an Eras Yorl, der schlauer sei als sie. Der Dieb Hanse weiß Konkretes: Er hat in der Nacht ein geflügeltes Wesen beobachtet, das aus der Richtung des Palastes kam und in einen Tempel flog. Möglicherweise trug es etwas in seinen Klauen. Yorl gibt Cappen Varra einen wichtigen Hinweis: Der Hohepriester des neuen Tempels von Ils könnte dahinterstecken. Dieser Hazroah sei sehr ehrgeizig, und eine kleine Erpressung mit Kidnapping könnte seinen Zielen förderlich sein.

Die geflügelten Wesen, so Yorl weiter, würde man Sikkintair nennen: Fliegende Messer. Sie gebe es nicht in Sanctuary, also kommen sie von woanders her. Der Weg, auf dem sie nach Sanctuary kämen, sei recht ungewöhnlich: durch ein Tor, das die beiden Orte verbindet. Doch es handle sich nicht etwa um eine gewöhnliche Tür, sondern könne durchaus eine Art Schriftstrolle mit Runen oder anderen Symbolen sein. Natürlich wäre es blanker Wahnsinn, einfach so in den Tempel des Ils einzudringen und dieses Tor zu suchen, um hindurchzutreten.

Genau das hat Cappen Varra vor, und weil das ein tolles Abenteuer zu werden verspricht, kommt sein Freund, der Nordländer Jamie, gleich mit.

Mein Eindruck

Die Diebeswelt ist eine Shared World: Mehrere Autoren konnten sich ab 1979 diesen Schauplatz und diverse Figuren wählen und ihre Geschichten dann in Diebeswelt-Anthologien gedruckt sehen. Hierzulande erschienen sie alle im Verlag Bastei-Lübbe.

Cappen Varra, der tragikomische Held, ist auf einer simplen Search & Rescue-Mission. Sie ist spannend, unterhaltsam und erfolgreich. Die Pointe ist zwiefach. Er setzt eine Science-Fiction-Idee ein, um die monströsen Verfolger aufzuhalten: eine Möbius-Schleife. Und seine Geliebte Danlis bricht ihm das Herz. Sie ist völlig kühle Vernunft, während er sich doch ein für ihn entflammtes Herz wünscht. Dieses hätte zwar Rosanda, doch die ist leider schon vergeben. Und so singt er mal wieder ein sehnsüchtiges Lied.

7) Der Barbar (1956)

Im Jahre 175.000, als Atlantis noch blühte, schreibt ein gewisser Maxilion Quastos, zuständig für die Wasserwerke der kaiserlichen Hauptstadt Sarmia, an seinen Neffen Thyaston, einen Thaumaturgen in der Provinz Cyrenne, irgendwo im östlichen Mittelmeerraum, über die Sache mit dem Barbaren.

Der Barbar Cronk (amerikanisch ausgesprochen „krank“) kommt aus dem finsteren Norden und sieht dementsprechend aus. Angetan nur mit einem Schurz aus Bärenfell und einem mächtigen Schwert, überwältigt er die Wachen am Tor von Sarmia erst mit seinem grässlichen unverständlichen Akzent – „I wü mid eurige Kaiserin redn“ – und dann mit seinem umwerfenden Gestank. Die liebliche Kaiserin befiehlt ihn zu sich, um seine Manneskraft zu testen, doch er bricht ihr eine Rippe. Ihre Freundin, eine Herzogin, flieht in Panik vor seinen Flöhen. Es gibt nur eines zu tun: ihn in die Armee zu stecken. Der Palast atmet auf.

Dafür trifft es den armen General Grythion umso schlimmer. Nach mehreren Zankereien mit Schlagabtausch fällt Grythion auf, dass der Barbar wohl am besten im Bereich der Taktik zurechtkäme. Er soll mit einer Einheit die feindliche Hauptstadt von Chathakh angreifen. Es wird ein Fiasko, denn die Soldaten sind gezwungen, so schnell zu laufen, dass sie fix und fertig sind, als sie den Feind erreichen. Der nächste Versuch, den Barbaren loszuwerden, endet noch schlimmer. Er legt die feindliche Hauptstadt in Schutt und Asche. „Und wer soll uns jetzt Tribut zahlen und mit uns Handel treiben, hä?“ will die liebliche Kaiserin wissen.

Es gibt nur noch eines zu tun, und Grythion fällt es in letzter Sekunde ein, bevor der Barbar Sarmia selbst angreift. „Ihr werdet doch nicht etwa auf der Seite von Sepens kämpfen?“ Genau das hat der Barbar vor. Schon bald dringen die elenden Hilferufe aus der Stadt der Schlangenanbeter nach Sarmia, doch man bleibt hart.

Mein Eindruck

Bei Anderson ist der alleits populär gewordene Haudrauf Conan also zu einem oberbayerisch radebrechenden Schlagetot geworden, der sich für seinen Dienstherrn als eine wahre Plage und Prüfung herausstellt. Natürlich hat die Übersetzerin ein wenig nachgeholfen, indem sie ihm annähernd den Dialekt von Arnold Schwarzenegger alias „Conan der Barbar“ verleiht. Allerdings entstand diese Story bereits 1956, lange vor dem Film. Das i-Tüpfelchen sind die zahlreichen unappetitlichen Details an der Physis des Barbaren: Gestank, Flöhe, Ungeschlachtheit usw. Sie verleihen dem Pseudo-Helden so viel Realismus, dass alle romantischen Illusionen von der Glorie des Barbaren im Nu verfliegen.

8) Pfusch und Schlamperei in der Fantasy (Essay, 1978)

Ein abschreckendes Beispiel schlechter Heroic Fantasy (HF) leitet diesen Essay ein. Die Namen der drei Figuren sind alle rückwärts geschrieben. Der Held Gnorts heißt demnach eigentlich Strong (stark) und der Schurke Rehcel heißt eigentlich Lecher (Lüstling). Sobald man diesen Trick durchschaut hat, wird diese kurze Passage recht amüsant.

Anderson war Mitglied der „Gesellschaft für kreativen Anachronismus“, die sich u.a. mit altertümlichen Waffen, Kleidern, Brauchtümern und Kulturen beschäftigte. Deshalb kann er Autoren, die sich in der Heroic Fantasy bzw. Sword & Sorcery beschäftigen, einige Tipps geben, wie sie es richtig machen. Dabei fallen Tipps wie etwa der, dass ein ordentliches Breitschwert rund 50 Pfund wiegt und sich auf keinen Fall für Frauen (außer Gewichtheberinnen) und den Überhandschlag eignet. Man kann also sehr viel falsch machen, selbst bei so einfachen Waffen wie etwa einem Bogen.

Sehr viel interessanter fand ich hingegen seine einleitenden Ratschläge für HF-Autoren, denn dabei liefert er ihnen auch Ideen frei Haus. Wie wäre es beispielsweise mit einem Helden, der sich in Byzanz bei der Polizeitruppe verdingt? Oder mit einer Philosophie oder Mythologie, die nicht keltisch, römisch oder nordisch, sondern polynesisch, indisch oder chinesisch ist? Das wäre mindestens ebenso interessant (und wurde inzwischen auch mehrfach umgesetzt).

9) Der Eindringling (1959)

Beoric, der Alf, ist mit seinen Gefährten von der anderen Seite der Galaxis hergeflogen, um sich mal diesen Planeten anzuschauen. Doch bereits an der nächtlichen Küste erlebt er eine Überraschung. Eine starke telepathische Persönlichkeit begrüßt ihn. Sie ist so stark, dass sie ihn fast übernehmen kann, doch er behauptet sich. Dieses Ungeheuer nennt sich Hraagung und befindet sich in Gesellschaft eines anderen Besuchers, der sich Adam Kane nennt. Anscheinend gibt es auf dem Planeten, den seine Bewohner „Erde“ nennen, jede Menge Besucher. Adam Kane nimmt für sich die Rolle des Vermittlers zwischen Besuchern und Erdlingen in Anspruch.

Wie sich herausstellt, haben die Aliens die Erde unter sich aufgeteilt, um ihren Interessen nachzugehen: militärische, wirtschaftliche, biologische. Unter den Erdlingen sind sie als Vampire, Nachtbewohner, Geister usw. bekannt. Niemand hält sie natürlich für echt, höchstens Paranoiker, und die werden eingesperrt. Die Herrschaft über die Aliens üben Adam Kane und seine Kollegen aus, die alle von Deneb stammen. Hraagungs Volk vom Sirius würde die Erdbewohner am liebsten unterwerfen und fressen.

Doch was will dieser Beoric hier, fragt Adam Kane. Er beruft den Rat der Besucher ein, um dies herauszufinden. Seine telepathische Folter ist ziemlich wirkungsvoll, und so erfährt der Rat, dass Beoric gar kein außerirdischer Besucher ist, sondern jenes legendäre Wesen, das die Menschen als Elf kennen. Doch warum hat er gelogen und was will er von den Besuchern?

Mein Eindruck

Der Autor hat die Fantasyfigur des Elfen genommen und sie in ein modernes Science-Fiction-Umfeld versetzt. Die Wirkung ist gewöhnungsbedürftig, erweist sich aber als wirkungsvoll. Der Elf wirkt zunächst nicht anders als ein Alien aus der SF, und es fiele schwer, beide Kategorien zu unterscheiden. Beoric behauptet gegenüber Adam Kane, seine Art habe sich auf der Erde parallel zum Menschen entwickelt, aber stets nachts gelebt. Als ihr Lebensraum immer weiter eingeschränkt worden sei, hätten sich die Elfen in entlegene Gebiete zurückziehen müssen.

Die Pointe besteht darin, was die Elfen wirklich im Schilde führen – und wer ihr Anführer ist. Eine sehr ungewöhnliche Fantasystory.

10) Der Pakt (1951)

Der Oberteufel Ashmadai möchte der gegnerischen Molochpartei eins auswischen, um bei den besvorstehenden Wahlen selbst die Macht unter seinem Chef Satan zu erlangen. Was er braucht, ist ein Gegenstand der Macht, denn er jedoch leider an dem Ort, an dem dieser sich befindet, nicht erreichen kann. Ashmadai ist jedoch nicht auf die Hörner gefallen, sondern besorgt sich einen Helfershelfer, der ihm die heiße Ware aus dem Feuer holt.

Der herbeibeschworene Mensch ist Hobart Clipp, ein Doktor der Naturwissenschaften und zudem Astronom – nicht Astrologe, wie Ashmadai sträflich verwechselt. Diese Menschen können einem wirklich unheimlich auf den teuflischen Geist gehen. Zum Geschäft: Wenn Clipp ihm Salomos Ring aus dem Feuer der tiefsten Hölle holt, revanchiert sich Ashmadai im Augenblick von Clipps Tod mit einem Gefallen. Jedem Gefallen, den Clipp wünscht.

Nach dem Unterzeichnen des Paktes lässt sich Clipp eine Flasche Beruhigungsmittel geben, holt den vermaledeiten Ring und kehrt zurück in seine Welt. Doch kurz bevor Ashmadai seine Palastrevolution in die Tat umsetzen kann, ereilt ihn ein drignender Ruf seines Klienten: Clipp liegt im Sterben. An dessen Bett erscheint Azrael der Todesengel und schneidet Clipps Seele von seinem Körper los. Nun ist Clipp endlich frei und äußert seinen sehnlichsten Wunsch. Als Ashmadai ihn hört, bricht er in Wutgeheul aus. Drangekriegt!

Mein Eindruck

Ich werde nicht verraten, worin der letzte, sehnsüchtige Wunsch eines Astronomen bestehen könnte. Aber man es sich natürlich denken. Dies ist eine der vielen, typisch amerikanischen Stories, in denen dem Teufel ein Schnippchen geschlagen wird. Besonders spannend ist die Verhandlung zwischen Ashmadai und seinem potentiellen Opfer Dr. Clipp.

11) Aberglaube (1952)

Nach einem verheerenden Weltkrieg und nachfolgenden Seuchen hat sich die Zivilisation wieder aufgerappelt. Doch die Zeit vor dem Krieg gilt nun als das finstere Mittelalter der Wissenschaft. Mittlerweile herrscht das Zeitalter der Magie. Selbst bei einem simplen Raumflug zum Mars gilt es deshalb die Rituale zu befolgen, die der Orden der Magier den Piloten vorschreibt.

Kapitän Martin darf diesmal eine neue Hexe begrüßen, die 18-jährige Valeria. Selbstverständlich ist sie eine Jungfrau wie alle Hexen, aber dass sie hübsch, wohlgebaut und nicht verrückt ist, lässt ihn sich besorgt fragen, wie lange sie wohl noch auf einem Raumflug in diesem Zustand bleibt – mit lauter Männern um sich herum. Dass der Neffe des Bosses mitfliegt, ist ebenfalls etwas Besonderes, doch der Umstand, dass Philip Hall noch dem alten Glauben an die Wissenschaft anhängt, könnte Probleme heraufbeschwören.

Und so kommt es denn auch zu einer zweifachen Krise. Erst verliebt sich Philip in Valeria, dann küsst er sie auch noch. Darauf steht die Todesstrafe. Doch weil sie ihn ebenfalls mag, zeigt sie ihn nicht an. Was sich zusammenbraut, bleibt nicht unbemerkt, und Hall wird von der Crew verbal angegriffen. Als er aber auch noch offen die Hexe und ihre Magie kritisiert, bringt dies das Fass zum Überlaufen. Da meldet Valeria einen Meteorschauer auf Kollisionskurs. Was kann sie retten – Wissenschaft oder Magie?

Mein Eindruck

Es kommt nicht oft vor, dass eine moderne Zivilisation der Zukunft so geschildert wird, dass sie vollständig auf Magie basiert. Magie ist ja vielmehr dem Mittelalter oder älteren Epochen vorbehalten. Diese Umkehrung der Wertung von Magie und Wissenschaft ist satirisch zu verstehen, aber auch amüsant. Wenn der Kapitän eines Raumschiffs vor dem Betreten seines Wirkungsbereichs siebenmal um ein Symbol herumtanzen und die heiligen Formeln des Raumflugs rezitieren muss, ist das Anlass zum Schmunzeln. Auch die Opferung eines schwarzen Hahns vor dem Abflug ist bislang nicht als sonderlich verbreitetes Ritual bekannt.

Die Handlung an sich ist banal, aber die Rahmenbedingungen sind es, auf die es ankommt. Der Raumflug ist eine der höchsten, weil teuersten Errungenschaften dieser zurückgefallenen Kulturstufe und daher von größter Symbolkraft. Wenn die Magie als funktionierend unter Beweis gestellt wird, dann muss der alte Glaube an die Wissenschaft, dem Philip Hall anhängt, abdanken. Wie die Probe zu interpretieren ist, ist der Knackpunkt. Wurden die Meteore wirklich von Valerias Magie abgelenkt? Oder ist eine experimentell nachweisbare Gegenkraft dafür verantwortlich? Das ist eine spannende Frage, und der heutige Leser, der an die Macht der Wissenschaft glaubt, scheut sich, der Magie den Sieg zuzugestehen.

Die implizite Kritik des Autors, die er seine Figuren formulieren lässt, gilt nicht der Funktionsweise der Wissenschaft. Das wäre ein Irrtum. Vielmehr nimmt er den verbreiteten Wunderglauben an ihre Macht aufs Korn, der die Menschen glauben lässt, dass die Wissenschaft zu jedem auftretenden Problem – Arbeitslosigkeit, Krankheiten, Katastrophen usw. – stets eine Lösung anbieten werde. Das ist ein verbreiteter Irrglaube. Die Atombombenkrater der Zukunft sprechen eine deutliche Sprache.

12) Fantasy im Zeitalter der Wissenschaft (Essay, 1981)

Kann Fantasy im Zeitalter der Wissenschaft fortbestehen, fragt Anderson, und wenn ja, in welcher Form: als Fantasy oder als Science Fiction? Um die Frage zu beantworten, versucht der Autor klugerweise keine A-priori-Definition, sondern erfahrungsbasierte Faktenauswertung. Er kommt zu dem Schluss, dass Science Fiction sich nur durch die Fokussierung auf die Zukunft und die Technik von der Fantasy unterscheidet, gleichzeitig aber versucht, dem wissenschaftlichen Denkschema zu entsprechen, wonach eine Erfindung oder Theorie nicht in der gleichen Story einer anderen Erfindung oder Theorie, die vorgebracht wird, widerspricht.

Außerdem benutzt die SF die gleichen KLASSEN von Realien wie etwa Menschen, Immobilien und Naturgesetze wie die sogenannte Gegenwartsliteratur. Die Fantasy tut dies nicht, sondern präsentiert sechs unmögliche Dinge vor dem Frühstück. Der Übergang ist allerdings fließend. Versieht man Magie mit dem Etikett „Psionik“, erhält man automatisch Science Fiction. Obwohl man in der Fantasy jederzeit Götter vorfindet, ist dies in der SF nur selten der Fall. Denn ein Gott ist kein experimentell nachweisbares Phänomen, sondern ein Artefakt des Glaubens.

Beide Literaturgattungen und Kategorien verändern sich mit der Welt und den Menschen. Lukians antike Mondreise konnte man sowohl als Fantasy wie auch als SF ansehen. Doch die Mondlandung wurde im Jahr 1969 aus dem Reich der SF, des Möglichen, in die Wirklichkeit katapultiert. Diese Grenzwelle des Verwirklichten bewegt sich heute immer rascher vorwärts. Mittlerweile hat die SF Mühe, damit Schritt zu halten. Die Welt Rudyard Kiplings, in der Zeppeline Nachtpost zu allen Kontinenten befördern, ist zwar eine Möglichkeit, teils aber auch Wirklichkeit: Statt Luftschiffen fliegen Düsenjets mit dieser Aufgabe.

Ihre Existenzberechtigung hat demgegenüber die Fantasy weiterhin, weil sie einerseits in quasi-historischen Epochen wie dem Mittelalter spielt, andererseits mit zahllosen Möglichkeiten spielen darf, ohne sich an das wissenschaftliche Modelle der Widerspruchsfreiheit halten zu müssen. Wo die Fantasy auf die Logik trifft, wie in den Mathemagie-Stories von De Sprague/Pratt, entsteht Komödie und Ironie.

Auch dies kann reizvoll sein, aber Logik ist ein viel zu enges Korsett für die Fantasy. Während Tolkiens Stil heute bevorzugt wird, umfasst das Reich der Fantasy doch auch Autoren wie Dunsany, Lovecraft, Howard, Eddison und viele mehr, die einfach ihre eigenen Welten für meneschlichen und menschenähnliche Wesen bauten.

13) Der Besucher (1974)

Der Ich-Erzähler, der von einem Vermittler namens Ferrier zu einem Patienten geführt wird, dessen Gesicht nach einem Unfall nur noch aus Narben besteht. Der Ich-Erzähler hat von der Tochter Narbengesichts geträumt. Ferrier ist überzeugt, dass es sich bei diesem Traum um ein Phänomen außersinnlicher Wahrnehmung handelt und fordert unseren Erzähler auf, zu berichten, was er geträumt hat.

Der Erzähler wacht in seinem Traum auf, ist aber von Ungeheuern umgeben, die vor Traurigkeit schier zerfließen. Erst als ein kleines Mäüdchen mit Teddybär auftaucht, gelingt es diesem, die Monster des Kummers zu vertreiben. Das Mädchen stellt sich als Judy vor und ist sechs Jahre alt. Sein Bär heißt Edward. Es lädt den Besucher ein, ihr Heim auf dem Lande zu besuchen. Sie wohnt darin ganz allein. Sie erinnert den Besucher an seine eigene, gleichaltrige Tochter Alice, und er hat deshalb überhaupt keine Schwierigkeiten, sich mit ihr zu verständigen. Aber warum lebt sie allein, wo sind ihre Eltern?

Am Abend erzählt er ihr selbsterfundene Geschichten, so dass sie schnell einschläft. Am Morgen bemerkt er die Gegenwart einer weiteren Person: eine erwachsene Frau, die sich über die noch schlafende Judy beugt. Es ist ihre Mutter, doch sie ist fast durchsichtig. Und sie sagt dem Besucher, dass er Judy verlassen muss. Das macht sowohl ihn als auch Judy sehr traurig. Zum Abschied sagt ihm Judy, dass sie ihn liebe, und sie winkt zum Abschied, allein unter einem hohen Himmel.

Von Narbengesicht, Judys Vater, erfährt unser Chronist nun, was es mit Judy wirklich auf sich hat. Es ist ein Schock.

Mein Eindruck

Die Geschichte ist in ihrem Traumteil heiter und träumerisch, voller Liebe und Zärtlichkeit. Doch das Drumherum, das in der Gegenwart spielt, gibt Anlass zu Erschrecken und Trauer. Das ist eine emotionale Kombination, die bei jedem Leser ihre tiefe Wirkung nicht verfehlen dürfte. Für mich gibt sie jedoch Anlass zu Hoffnung statt zu Bedauern und Kummer.

Allerdings frage ich mich, was sie in einem Fantasyband zu suchen hat. Wenn es um ASW geht, dann ist die Schublade „Science Fiction“ die passende, doch ansonsten handelt es sich lediglich um eine Erzählung aus der Phantastik, die Züge von Geistergeschichten (die Figur der Mutter) aufweist. Sie könnte in jeden anderen Auswahlband mit phantastischen Stories passen.

14) Bullwinchs Mythologie (1967, „Poulfinch’s Mythology)

Dieses witzige Stück Prosa gibt vor, die antiken Götter der amerikanischen Mythologie herausgefunden zu haben. Leider konnten die Archäologen von der versunkenen Kultur nur Bruchstücke wiederfinden, so dass Ungenauigkeiten, Missverständnisse und Lücken nicht auszuschließen sind.

BURO: Schöpfer und Beherrscher des Universums und aller Götter darin, Gott des Regierens
ATOMIKA: Göttin der Wissenschaft, sehr streng
TECH-NICK: Gott der Ingenieure, dargestellt mit Oszillograph und Taschenrechner
SCHARF: Gott des Erfolges, seine Anbeter schliefen (vermutlich) niemals
HASI: Göttin der Erotik, dargestellt mit überdimensionalen Brüsten, die der Schwerkraft spotten; schlief mit allen Göttern, obwohl TECH-NICK ihr Gatte war
JESUS: Gott der Liebe (im Sinne von „philos“, nicht „eros“), oft mit Begräbnisriten in Verbindung gebracht und mit Brudergut verwechselt
BRUDERGUT: Gott der Solidarität, bes. unter Arbeitern. Bekam eine Kollegin in Schwestermut.
POPOP: Gott für Kunst, Musik und Tanz. Keine Erläuterung.
WEITWEG: Gott der Forschung, besonders des weit Entfernten, Gate von Frl. Einsamherz (Miss Lonelyheart)
KRACH: Gott der Ideologien und Ismen, Unruhestifter à la Loki.
FREIHEIT: Göttin der Freiheit, trägt eine Dornenkrone, wiederholt von BRUDERGUT vergewaltigt.
BOMB: Kriegsgott, verachtet, ignoriert, geschmäht, hin und wieder missbraucht.

Mein Eindruck

Hinter den amüsanten Lexikon-Einträgen verbergen sich scharfsinnige Kritiken an den beschriebenen Phänomenen, z.B. an HASI (= Bunny) oder JESUS. Durch diesen Trick gelingt es dem Autor, seine eigene Zeit bissig zu kommentieren.

15) Nachwort: Eine Einladung ins Reich der Elfen, von Sandra Miesel (1981)

Sandra Miesel würdigt den Autor nicht nur als Autor von Romanen und Erzählungen, sondern auch als Dichter. Ja, richtig: als Dichter. Anderson kannte sich mit isländischen und dänischen Stabreim-Sagas ebenso aus wie mit Shakespeares Blankvers und Balladen. Er setzte Gedichte sogar häufig in Geschichten ein, was sich sonst kaum jemand traut.

Viel interessanter fand ich jedoch die Suche nach Darstellungsmethoden, Motiven und Problemkomplexen, die der Autor erkundete. Ohne dies eingehender darstellen zu wollen, ist doch festzuhalten, dass der Leser hier Interpretationen der Geschichten und Essays dieses Bandes frei Haus geboten bekommt. Er kann sie annehmen oder ablehnen.

In einem Westentaschenuniversum, einem Gasthaus namens The Old Phoenix, treffen sich ungleiche Paare wie etwa Leonardo da Vinci und Albert Einstein. Hier kann der Autor faszinierende Fragen auf unkonventionelle Weise erörtern.

Die Übersetzungen

Normalerweise hat Yoma Cap die Stories recht kompetent übersetzt. Aber manchmal fallen doch selbstsame Ausdrücke auf. So schreibt sie auf Seite 154, ausgerechnet in der Titelstory, statt „ergiebiger“ lieber „Büffel und Bären sind AUSgiebiger“. Das verstehe, wer will.

Auf Seite 194 setzt die Übersetzung ein wenig zuviel voraus. Wer sollen denn Deja Thoris – die geliebte Marsprinzessin von John Carter – und Rosie the Riveter sein? Letztere ist eine fiktive Figur und war im 2. Weltkrieg eine von vielen „Frauen“ in der Kriegspropaganda , die in den USA in der Rüstungsindustrie ihren Mann stehen musste. Rivets sind Nieten, und Rosies Job war es, Nieten anzubringen – eine ziemlich schweißtreibende und muskelbildende Tätigkeit. Sie wurde in der Wochenschau „gezeigt“. (Die Wikipedia hat einen sehr interessanten Beitrag zu ihr gepostet.)

Auf Seite 315 steht ebenfalls ein rätselhafter Satz. „Ich wollte Ihr Urteil… oder Ihre Einbildungen nicht im voraus beeinflussen.“ Mal abgesehen von dem Umstand, dass es im Deutschen keinen Plural für „Einbildung“ gibt, so dürfte dies das komplett falsche Wort sein. Passender wäre wohl der Ausdrück „Ihre Eindrücke“.

Unterm Strich

Viele Stories haben mich ausgezeichnet unterhalten, so etwa „Hauks Saga“, „Der Pakt“ und die Titelgeschichte. Immer wieder wird deutlich deutlich, dass Poul Anderson nicht nur ein Vollbluterzähler ist, sondern auch einer, der sich nicht scheut, die Genregrenzen zu überschreiten. So vermischt er beispielsweise in „Aberglaube“ Magie, Raumflug und Wissenschaft auf das kühnste, dass einem eingeschorenen SF-Leser kalt den Rücken hinunterläuft. In „Der Barbar“ nimmt er seine eigenen Barbarengeschichten – er schrieben einen CONAN-Roman – auf die Schippe.

Anderson erhielt den Titel des Grand Masters. Dieser Altmeister darf sich herausnehmen, die Newcomer im genre, seien sie nun Schreiber, Filmer oder Game-Designer, über die eine oder andere betrübliche oder verblüffende Tatsache über Schauplätze, Figuren und Waffen in der Fantasy aufzuklären. Gleichzeitig gibt er aber einige innovative Anregungen. In seinem zweiten Essay wird er noch lustiger, wenn er versucht, Fantasy und Science Fiction zu beschreiben und womöglich abzugrenzen (was er selbst, s.o., überwunden hat).

Er zitiert einen amerikanischen Schüler, der geschrieben haben soll: „Fantasy handelt von Geistern, Kobolden, Hexen, Werwölfen, Jungfrauen und anderen übernatürlichen Wesen.“ (S.291) Daraufhin versucht er, dem Leser einen genaueren Eindruck vom Genre zu vermitteln, nicht ohne herausragende Beispiele wie etwa Tolkiens „Herr der Ringe“ anzuführen. Was von seiner eigenen Fantasy und SF zu halten ist, arbeitete Sandra Miesel heraus.

Insgesamt bietet dieser Sammelband nicht nur vergnügliche und spannende Beispiele für Fantasy, sondern auch Anlass, über dieses Genre zu reflektieren. Nicht alles darin ist Gold, was glänzt, doch unter Andersons Arbeiten finden sich mehr Goldstücke als bei so manchem anderen Autor, der sich in diesem populären Genre versucht hat. Der Band ist deshalb dazu angetan, sowohl ideal an Anderson als auch kritisch an die Fantasy heranzuführen.

Fazit: volle Punktzahl für die Beiträge, Punktabzug für die Übersetzung – macht vier von fünf Sternen.

Taschenbuch: 362 Seiten.
O-Titel: Fantasy, 1981;
Aus dem US-Englischen von Yoma Cap, Wulf Bergner und Jürgen Langowski.
ISBN-13: 9783453313422

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