Stephen King & Owen King – Sleeping Beauties

Die Handlung:

Die Welt sieht sich einem faszinierenden Phänomen gegenüber. Sobald Frauen einschlafen, umhüllt sie am ganzen Körper ein spinnwebartiger Kokon. Wenn man sie weckt oder das unheimliche Gewebe entfernen will, werden sie zu barbarischen Bestien. Sind sie im Schlaf etwa an einem schöneren Ort? Die zurückgebliebenen Männer überlassen sich zunehmend ihren primitiven Instinkten. Eine Frau allerdings, die mysteriöse Evie, scheint gegenüber der Pandemie immun zu sein. Ist sie eine genetische Anomalie, die sich zu Versuchszwecken eignet? Oder ist sie ein Dämon, den man vernichten muss? Schauplatz und Brennpunkt ist ein kleines Städtchen in den Appalachen, wo ein Frauengefängnis den größten Arbeitgeber stellt. (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Wenn der Vater mit dem Sohne mal ein Buch schreibt … Nein, dann wird nicht gelacht und getanzt, dann gibts Hochspannung und Grusel. Und so sehr sich die Prämisse auf den ersten Blick als Traum jedes Ehemanns vorstellt, der einfach nur „das Spiel“ im Fernsehen sehen möchte … und zwar in Ruhe … und das jetzt kann … und zwar jeden Tag. So sehr ists im Bett doch ein Albtraum. Nicht nur, weil da jetzt Langeweile herrscht … es sieht auch unappetitlich aus, was sich King & King da zusammengesponnen haben. Tja, was machen Männer denn, wenn sie auf einmal keinen Zugang / Zugriff mehr auf Frauen haben … vor allem die, die es gewohnt sind, dass „die Frau“ alles zu tun hat, was er ihr vorschreibt?

Außerdem gibts da diese eine Frau, die nicht dauerhaft Engery-Drinks, Koks oder Kaffee zu sich nimmt, um bloß nicht einzuschlafen. Ist sie die Ursache von allem? Das gilt es herauszufinden … oder, wie einige Männer es sicher gern hätten … sie einfach umzubringen. Gutes Stichwort, finden wir doch explizite Gewaltbeschreibungen hier und da, wenn Frauen Männer zur Strecke bringen.

In der Hauptsache spielt die grausame Musik in einem Frauengefängnis, in dem wir gefühlt mit jedem bekannt gemacht werden und seine/ihre Lebensgeschichte erfahren. Es gibt jede Menge Charaktere, von denen jede Menge auch schnell wieder vergessen sind.

Gibts einen Haupthelden oder eine Hauptheldin? Vielleicht könnten wir Clint Norcross dazu zählen, der schnell eine Ahnung hat, dass mit der neuen Insassin etwas nicht stimmt … abgesehen davon, dass ihr Motten aus dem Mund fliegen und sie Ratten fernsteuern kann. Die Frau, die entspannt schlafen kann, Eve Black … sie ist dann wohl eher die Antagonistin … und übernatürliche Kräfte hat sie schließlich noch dazu. Und sie gibt hier den Ton an.

Genau wie sie so ihre eigene Meinung zur Beziehung zwischen Mann und Frau hat, so haben auch zig Männer so ihre eigenen Gedanken, die wir hier vermittelt bekommen. Stereotypisch und klischeebeladen, wie Männer und Frauen manchmal so sind. Ein Blick auf das Rollenverhalten und Rollenverständnis, das wir aus der Welt so kennen. Von der Welt draußen erfahren wir allerdings nicht so viel, wir bleiben storytechnisch fast ausschließlich in Dooling. Vermutlich wirds aber überall so aussehen wie hier.

Und dann gibts noch diesen Baum, der als eine Art Portal für die Frauen dient, deren Geist eingesponnen ist.

Ist der Frauenschlafmassaker-Virus nun die Strafe dafür, dass Frauen sich anmaßen, Hosen zu tragen … und wie werden wir dieses Problem los? Welches der beiden Dinge das Problem ist, darüber sind die Männer in der Geschichte geteilter Meinung.

Natürlich wundert es niemanden, dass bereits im April die TV-Rechte an der Verfilmung des Romans meistbietend an Anonymous Content versteigert wurden.

Das Hör-Erlebnis:

Während das originale Hörbuch von der Schauspielerin Marin Ireland gelesen wird … was mir als Sprecherwahl aufgrund der Thematik besser gefällt … setzt der deutsche Verlag auf Altbewährtes. Nicht, dass David Nathan kein guter Sprecher wäre … eine Frau hätte hier für mich einfach besser gepasst. Talentierte gibts in Deutschland ja auch. Wie wäre es denn mit der Dame gewesen, die den Herrn Nathan hier ankündigt? Hatte sie keine Zeit, keine Lust oder hat sie nur niemand gefragt, ob sie nicht gleich weitersprechen möchte? Aber, bei uns liest halt Nathan King … hat bislang immer gut geklappt … und, klappts auch diesmal wieder?

Schon, wenn man sich darauf einlassen kann und möchte, dass David Nathan jede Figur gleich klingen lässt. Nicht vom Gefühlsleben her, da hört man die zur Szene passenden Unterschiede gut raus und das kann er auch prima vermitteln. Leider verändert er nur seine Stimme überhaupt nicht, sodass nicht nur Männer und Frauen gleich klingen, sondern auch während der Dialoge jeder wie der andere. Wenn dann nicht ein „sagte …“ folgt, kann der Hörer schnell den Überblick darüber verlieren, wer denn hier was sagt. Auch für ein späteres Wiedererkennen der Charaktere ist das abträglich, wenns nicht grad ein grummeliger Kerl war … die spricht er tatsächlich anders.

Seine Szenenbeschreibungen haben mir aber gut gefallen und klangen wie nacherzählt und nicht wie abgelesen. Dabei hat Nathan die von seinen Fans gewohnt und zurecht beliebte Gabe, den Hörer sofort für das zu interessieren, was er vorliest.

Die Autoren:

Stephen King, 1947 in Portland, Maine, geboren, ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Schon als Student veröffentlichte er Kurzgeschichten, sein erster Romanerfolg, „Carrie“, erlaubte ihm, sich nur noch dem Schreiben zu widmen. Seitdem hat er weltweit 400 Millionen Bücher in mehr als 40 Sprachen verkauft. Im November 2003 erhielt er den Sonderpreis der National Book Foundation für sein Lebenswerk. (Verlagsinfo)

Owen King ist das jüngste der drei Kinder von Stephen und Tabitha King sowie Bruder von Joe Hill. Mit seiner Frau, der Schriftstellerin Kelly Braffet, lebt er in Upstate New York. (Wikipedia)

Der Sprecher:

David Nathan, die deutsche Stimme von Christian Bale, Johnny Depp u. a., ist einer der gefragtesten Hörbuchsprecher. Mit seiner dunklen Stimme ist er der ideale Sprecher für die Romane von Stephen King. Er hat bereits zahlreiche Hörbücher des „Meisters” gelesen, wie zuletzt bei „Doctor Sleep“, „Mr. Mercedes“ und „Revival“. (Verlagsinfo)

MP3s und Booklet:

Die 642 (!) MP3s liegen in 128 Kbps und 44.1 kHz in Joint Stereo vor und haben eine Spielzeit von jeweils unter drei Minuten. Die Dateinamen beginnen mit einer fünfstelligen, aufsteigenden Nummer, wobei die erste Ziffer immer eine Null ist, deren Sinn sich mir nicht erschließt, und die zweite der Nummer der CD entspricht. Dann folgen Autor und Titel der Lesung. Im ID3-Tag der Dateien finden wir den Titel des Romans, die Autorennamen und den des Sprechers. Das Cover des Hörbuchs ist hier leider nicht enthalten, sodass das Display des bevorzugten Players leer bleibt.

Auf ein Booklet hat der Verlag verzichtet. Wenn die Verpackung auseinandergeklappt wird, finden wir weitere Infos zur Handlung, zum Autor und zum Sprecher (der grimmig von einem Foto blickt) sowie etwas Verlagswerbung.

Mein Fazit:

Machos haben es doch schon immer gewusst: Frauen sind das eigentliche Problem. Und selbst Loriot meinte, dass Männer und Frauen einfach nicht zusammen passen. Muss die eine Seite unbedingt die andere umbringen, um das zu verdeutlichen? Ich denke nicht.

Lang und dick ist diese Geschichte … viel zu lang und viel zu dick. Mit viel zu vielen Charakteren, die wir schnell wieder vergessen können und werden. Um mindestens die Hälfte gekürzt hätte mich dieses „Männer sind Schweine … oder Idioten … oder beides“-Gruseldrama wesentlich kurzweiliger unterhalten können.

Die Prämisse klingt interessant und wird auch kingtechnich mysteriös erzählt, aber mir wars zu breitgewalzt und gerade die erste Hälfte dieser Lesung zieht sich … wie ein Spinnenfaden … bis er irgendwann reißt und endlich etwas passiert.

Und am Ende bleibt die Frage danach, ob wir nicht doch irgendwie friedlich miteinander kooexistieren können … oder sogar wollen.

David Nathan macht den Job, den seine Fans von ihm gewohnt sind. Bei Szenenbeschreibungen klingt er eindringlich und als hätte er das Ganze selbst erlebt. Auch das Gefühlsleben der Charaktere kann er gut vermitteln, indem er mal grummeliger, mal sanfter wird. Im Vergleich zu anderen Hörbuchsprechern und -sprecherinnen geht er dabei aber nicht wirklich aus sich heraus. Leider verleiht er auch den von ihm vertonten Figuren bei den Dialogen selten bis nie unterscheidbare Eigenheiten. So hört sich oft selbst während eines Gesprächs einer an wie die andere. Das ist schade, denn so kann der Hörer während einer fesselnden Lesung (im Vergleich zum Buch) eine noch stärkere Bindung zu den Charakteren aufbauen.

Ungekürzte Lesung auf 3 MP3-CDs mit 642 Tracks
Spieldauer: 27:38 Std.
Sprecher: David Nathan
Originaltitel: Sleeping Beauties
ISBN-13: 978-3837139822

www.randomhouse.de/randomhouseaudio

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