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Cash, Johnny / Carr, Patrick – CASH. Die Autobiografie von Johnny Cash

Am 26. Februar 2012 hätte Johnny Cash seinen achtzigsten Geburtstag gefeiert. Zu diesem Anlass wurde die Autobiografie „Cash“ neu aufgelegt, die bereits 2004 erstmals erschien. Sieht man sich dazu einmal die Vielfalt der Bücher an, so ist das nicht die einzige Biografie über den „Man In Black“. Allerdings hat Mr. Cash selbst an diesem Buch mitgeschrieben. Er selbst sagte dazu: „Dieses Buch ist meine eigene Geschichte – was ich fühle, was ich liebe, was geschah, so wie ich es erinnere …“

Das klingt auf den ersten Blick ja alles sehr vielversprechend. Mit dem Journalisten Patrick Carr sollte es also ein passables Werk werden. Doch das ist es nur in der Theorie. In der Praxis wirkt das Buch wie eine lieblose Aneinanderreihung von Fakten und Geschichten des Sängers. Das alles ist zudem sehr unstrukturiert und hinterlässt auf den außenstehenden Dritten einen ziemlich verwirrenden Eindruck. Wer sich das Buch als Einstiegslektüre zulegen will, sollte es lieber lassen. Ohne ein wenig Wissen über den Künstler oder den Film [„Walk The Line“]http://powermetal.de/video/review-1456.html ist man regelrecht aufgeschmissen.

Natürlich ist der große Pluspunkt des Buches, dass es Johnny Cash selber ist, der die Geschichten erzählt, und nicht ein anderer. Somit bleibt alles sehr persönlich und authentisch. Gerade das Kapitel mit dem Überfall auf sein Haus auf Jamaika zeigt gut den Grundtenor des Buches. Er erzählt alles sehr detailliert, kommt jedoch immer wieder vom Thema ab, und so dauert es einige Seiten, bis es zur eigentlichen Geschichte geht. Ob diese Nebeninformationen für den Leser immer so ausführlich sein müssen, ist fraglich. Positiv ist auf jeden Fall hervorzuheben, dass er nichts beschönigt, was in seinem Leben passiert ist, und er auch seine Fehler eingesteht. Die Erzählungen werden durch zahlreiche Fotos aufgelockert, was den Leser noch ein Stück weiter an das Leben von Cash heranrücken lässt.

Alles in allem kann man sagen: „Schuster bleib bei deinen Leisten!“ Cash hat ohne Zweifel geniale Songs geschrieben. Aber das Schreiben über sein Leben lag ihm nicht. Von Kris Kristofferson wird er im Vorwort als Rebell bezeichnet, der gegen öffentliches Unrecht und private Dämonen ankämpfte. Aber wenn man mit dem Buch durch ist, sieht es so aus, als ob er auch gegen einen strukturieren Aufbau in diesem Werk ankämpfte. Des Öfteren kehrt er in seinen Erzählungen zu einer anderen Begebenheit zurück, wenn ihm später noch etwas dazu eingefallen ist. Da fragt man sich ernsthaft, was da die Aufgabe von Patrick Carr war. Hier hätte er zwingend die Nachträge zu den entsprechenden Geschichten ergänzen müssen.

|350 Seiten, gebunden
Übersetzung: Sylke Wintzer, Peter Dürr
ISBN-13: 978-3-8419-0143-9|

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Hudson, Saul / Bozza, Anthony – Slash – Die Autobiografie

Wäre mein Name Saul Hudson, würde ich jetzt einen Zylinder tragen. ich wäre ein hemmungsloser Rockstar, lebte in der ‚Paradise City‘ und wüsste nicht, wie ich meinen vernichtenden Hunger jemals stillen sollte. Vielleicht mit ein bisschen Koks? Oder am Ende doch mit einer gesunden Portion Rock ’n Roll? Womöglich darf es ja am Ende auch eine verbale Auseinandersetzung mit einem exentrischen Gegenspieler sein? Axl Rose eventuell?

Nun, der Lebenswandel des Herrn, der im Business eher unter dem Pseudonym Slash bekannt ist, hat viele exzessive Seiten. Der einstige Skateboard-Rabauke, der mehr oder weniger zufällig an die Gitarre geriet und hier auch anfangs kaum Talent zeigte, hat nicht nur in jungen Jahren, jede Line und jeden Whiskey mitgenommen, der ihm in die Hände fiel. Dem Alkohol verfallen, von den Drogen teilweise zerfressen, vom plötzlichen Reichtum übermannt und schließlich immer wieder vom Business und der Musik gerettet: Der Lebenslauf des Schlangenliebhabers liest sich wie die klischeehafte Abwandlung der Spinal-Tap-Story, ergänzt durch die symbolische Adaption der Eskapaden von Bands wie Led Zeppelin und Aerosmith und scheint in seiner Ausprägung noch maßloser übertrieben als Mötley Crües Schmierenschrift „The Dirt“. Doch man muss nicht weit vordringen, um in der nun veröffentlichten Biografie nachzuvollziehen, dass jedes Erlebnis, das hier in seiner teilweise beängstigenden Breite aufgegriffen wird, auch tatsächlich ein Teil des Lebens von Mr. Hudson ist – und genau dies macht dieses Buch von der ersten Seite an zu einem bemerkenswerten Schriftstück.

Dabei mag es in vielen Passagen des relativ dicken Schmökers unrealistisch erscheinen, dass der Namensgeber sich gerade an die kleineren Fehlgriffe noch bis ins kleinste Detail erinnert, schließlich hat der Kerl seinem Körper so viele bewusstseinserweiternde Mittelchen zugefügt, dass man meinen müsste, dass ganze Episoden aus seiner Jugend und den ersten Jahren bei Guns ’n Roses völlig aus seiner Erinnerung verschwunden sein müssten. Doch Slash nimmt den Faden in der Kindheit auf, spinnt ihn über eine schwierige Jugend, ergänzt die herben Rückschläge mit seinen ersten Bands, kommt schließlich mit ähnlich wuchtigem Tempo zum Durchbruch wie seine einstige Combo und verwandelt seine Autobiografie dann zwischenzeitlich in einen unvermeidlichen Abriss der Guns-’n-Roses-Story – allerdings aus einer sehr objektiven, nur selten kritischen Perspektive. Zwar räumt der Mann mit dem legendären Hut ständig Fehler wie der verschwenderische Umgang mit den enormen finanziellen Mitteln ein, begibt sich aber nicht in die Schlammschlacht, die man sicher zu befürchten gehabt hätte, würde sein Evil Twin Axl die Dinge aus seiner Sicht beschreiben. Stattdessen bleibt Slash seinem Naturell treu, gibt sich als der coole, lässige Typ von nebenan und macht nicht mal den Ansatz von nachtragenden Statements oder Negativ-Statements über die schleichende Auflösung seiner Truppe. Zumindest tritt er nicht nach, auch wenn ihm die Art und Weise – das liest man zwischen den Zeilen – absolut missfällt!

Letzten Endes ist es aber nicht in erster Linie das Leben mit jener Band, welches den Löwenanteil dieses Werkes ausmacht. Natürlich stehen die Ereignisse im Bandkontext über vielen elementaren Inhalten, doch in letzter Instanz ist es der Mensch und Musiker, der sich hier mit einer bemerkenswerten Selbstdarstellung Tribut zollt, und nicht sein Umfeld und all die Störenfriede, von denen dieses Buch erzählt. Und hier steht zwischen den Linien die ganze Spanne von Verzweiflung bis Euphorie, von selbstironischer Selbstzerstörung bis hin zum blindwütigen Eskapadismus und von Leidenschaft bis hin zur Totalaufgabe. Es sind so viele Episoden, die Erwähnung verdienen, vor allem aber die steten Unbekannten, über die man sich hier am meisten freut. Slash versteht sich nämlich blendend darauf, die Szenen herauszufischen, die jenseits von Ruhm und Ehre stehen, jene Seiten, die das humane Wesen hinter dem Rockstar analysieren, dabei aber nicht werten, sondern schlichtweg zu unterhalten wissen. Unterhaltung ist letztendlich auch das, was sich die Schöpfer dieser fantastischen Biografie auf die Fahne geschrieben haben. Lockeres Geschreibsel und reichlich Spontaneität bei der Auswahl der Kapitel stehen dem voraus und werden schlussendlich von einem Themenkreis ergänzt, der prinzipiell jede derbe Rockstar-Biografie in den Schatten stellt – einfach weil die Klischees hier glaubhaft an den Mann gebracht werden. Und auch wenn man am Ende nicht über jede Line und jeden Tupfer Crack informiert werden möchte: Es hat doch immer wieder was, wenn Slash in den Tiefen seiner Persönlichkeitsentwicklung gräbt und beschreibt, wie er sein Leben an den Grenzen jeglicher exzessiven Toleranz wieder in den Griff bekommen hat. Und dass zum Schluss hin eigentlich niemand weiter nach Guns ’n Roses bzw. dem Split fragt, ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Autor hier einen mehr als gesunden Mittelweg eingeschlagen hat – und eine Richtung, die man als Leser nicht nur begrüßen darf, sondern deren zahlreiche Anteile man mit einer unglaublichen Wolllust verschlingen wird!

|Hardcover: 512 Seiten
ISBN-13: 978-3927638457|
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