Schlagwort-Archive: Marc Gruppe

Sherlock Holmes – Walpurgisnacht (Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs 8)

Abenteuer am Theater: den Dolch im Gewande?

Im Londoner Lyceum Theatre tritt der berühmte Schauspieler Henry Irving in seiner Paraderolle als Mephisto in „Faust“ auf. Die Inszenierung und die Darsteller werden von Presse und Publikum gefeiert, aber hinter den Kulissen häufen sich besorgniserregende Vorfälle, die Irvings Vertraute Mary Anne Stirling veranlassen, ihren Schauspielschüler in der Baker Street aufzusuchen… (korrigierte Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 12 Jahren.

Der Autor

Marc Gruppe ist der Autor, Produzent und Regisseur der erfolgreichen Hörspielreihe GRUSELKABINETT, die von Titania Medien produziert und von Lübbe Audio vertrieben wird. Genau wie dort erscheinen auch „Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs“ meist im Doppelpack.
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Edgar Wallace / Marc Gruppe – Die blaue Hand (Krimi-Klassiker 3)

Rätselhaft: Blaue Hände auf den Türen

London 1931: Gerade erst hat die junge Eunice Weldon ihre Stellung als Sekretärin von Jane Groat angetreten, als jemand nachts in ihr Zimmer schleicht. Zurück bleibt eine Karte mit einem blauen Handabdruck und einer geheimnisvollen Warnung: „Jemand, der Dich liebt, bittet Dich dringend, dieses Haus so schnell als möglich zu verlassen!“ Welche Gefahr droht Eunice im Haus der Groats?

Der Autor
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E. B. S. Raupach / Marc Gruppe – Die Blutbaronin (Gruselkabinett Folge 14)

Vampirgrusel: Die Baronin saugt – die Damen seufzen

Burg Csejte um 1600: Baron Ferenc Nádasdy trauert, obwohl er mittlerweile ein zweites Mal verheiratet ist, noch immer seiner toten ersten Frau Elisabeth Báthory nach. Nacht für Nacht sucht er ihr Mausoleum auf und hadert mit seinem Schicksal. Ein Zauber könnte ihm die Geliebte ins Leben zurückbringen. Die weise Magierin warnt jedoch inständig vor diesem unheiligen Werk, denn es könnte Tod und Verderben über die Seinen bringen. Schließlich ist Elisabeth Báthory nicht irgendeine Gräfin. Sie ist als Blutbaronin in die Geschichte eingegangen.

Der Autor
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Doyle, Arthur Conan / Gruppe, Marc – Sherlock Holmes – Das Zeichen der Vier (Krimi-Klassiker 2)

London 1888: In Mary Morstans Leben ereignet sich Merkwürdiges. Alljährlich erhält sie anonym ein wertvolle Perle zugesandt. Nun hat ein Unbekannter sie auch noch zu einem Treffpunkt bestellt. Besteht ein Zusammenhang mit ihrem vor zehn Jahren spurlos verschwundenen Vater?

Sherlock Holmes und Dr. Watson tun ihr Bestes, den mysteriösen Fall ihrer jungen Klientin aufzuklären. Dabei geraten sie in ein gefährliches Abenteuer um einen märchenhaften Schatz. Schon bald gibt es den ersten Toten. Die Tatwaffe: ein vergifteter Dorn. Wer benutzt denn sowas?!

_Der Autor_

Sir Arthur Conan Doyle lebte von 1859 bis 1930 und gelangte mit seinen Erzählungen um den Meisterdetektiv Sherlock Holmes zu Weltruhm. Dabei begann der Mediziner, der eine eigene Praxis hatte, erst 1882 mit dem Schreiben, um seinen Einkommen aufzubessern. Neben mystischen und parapsychologischen Themen griff er 1912 auch die Idee einer verschollenen Region (mit Dinosauriern und Urzeitmenschen) auf, die von der modernen Welt abgeschnitten ist: „The Lost World“ erwies sich als enorm einflussreich und wurde schon 13 Jahre später von einem Trickspezialisten verfilmt. Bereits 1913 ließ Doyle eine Fortsetzung unter dem Titel „The Poison Belt“ (dt. als „Im Giftstrom“, 1924) folgen.

_Die Sprecher_

Sherlock Holmes, Privatdetektiv: Joachim Tennstedt (dt. Stimme von John Malkovich)
Dr. John H. Watson, Militärarzt: Detlef Bierstedt (dt. Stimme von George Clooney u.a.)
Mrs. Smith, Bootsvermietersgattin: Arianne Borbach (dt. Stimme von Uma Thurman)
Thaddeus Sholto, Privatier: Peer Augustinski (dt. Stimme von Robin Williams)
Mrs. Hudson, Holmes‘ Haushälterin: Regina Lemnitz (dt. Stimme von Kathy Bates)
Inspektor Jones: Christian Rode (dt. Stimme von Christopher Lee)
u. v. a.

Die orchestrale Musik stammt von Manuel Rösler, Ko-Produktion, Buch & Regie steuerte Marc Gruppe bei, Aufnahme und Abmischung erfolgten durch Bionic Beats.

_Handlung_

Die Chronologie der Ereignisse wird in der berühmten Erzählung bzw. im Hörspiel ziemlich verschachtelt und häppchenweise vorgelegt. Daher versuche ich, ein wenig Licht in diesen Dschungel zu bringen, ohne das Meiste zu verraten.

Es waren einmal zwei dicke Freunde, die als Gefängnisaufseher auf den anglo-indischen Andamanen-Inseln arbeiteten: Sholto und Morstan. Durch glückliche Umstände gelangten sie in den Besitz eines großen Schatzes, den sie sich brüderlich teilen wollten. Doch es kam alles ganz anders …

Am 18. April 1882 kehrt Bartholomew Sholto vom Studium in sein Elternhaus Pondycherry Lodge in der Nähe von London zurück. Sein Zwillingsbruder Thaddeus ist froh, ihn wiederzusehen, denn in letzter Zeit leidet ihr Vater an einem beunruhigenden Verfolgungswahn. Er hat zwei Preisboxer als Leibwächter eingestellt, nachdem er Eindringlinge am Fenster gesehen habe. Insbesondere Einbeinige lasse er verfolgen. Da bringt der Butler einen Brief aus Indien, der Major Sholto in Angst und Schrecken versetzt: Eine Gruppe, die sich „Das Zeichen der Vier“ nennt, hat darin gedroht, sich das, was er geraubt habe, zurückzuholen und ihn für seinen Verrat zu bestrafen. Er erleidet einen Schwächeanfall, flüstert noch ein paar letzte Worte von einem „Schatz“ und einer Mary Morstan – und gibt den Löffel ab.

1888, sechs Jahre später.

Eben jene Mary Morstan besucht Sherlock Holmes und Dr. John Watson, einen jungen mittellosen Militärarzt, in Holmes‘ Büro in London, Baker Street 221B. Holmes hat sich mal wieder eine seiner, wie Watson sagen würde, „entsetzlichen“ Kokainspritzen gesetzt und ist folglich bester Laune. Diese hebt sich noch viel mehr angesichts des wunderschönen Geschöpfes, das durch seine Tür tritt. Denn im Gegensatz zu manchen Darstellungen in gewissen Filmen ist Holmes kein Griesgram, sondern ein weltzugewandter Genießer, dem nichts lieber ist als eine Herausforderung seiner formidablen geisten Fähigkeiten. Nach Zeiten mentalen Hungers bietet Mary Morstan ihm nun eine leckere Geistes-Mahlzeit: ein Rätsel!

Die Ärmste schlägt sich seit dem Verschwinden ihres Vaters im Jahre 1878 als Gesellschafterin bei Mrs. Cecil Forrester durch, doch seit 1882 erhält sie von einem unbekannten Gönner alljährlich eine wunderschöne Perle geschickt, so dass sich ihr Lebensstandard ein wenig gehoben hat.

Watson und Holmes, die ihre daraus gefertigte Halskette in Augenschein nehmen dürfen, sind völlig von den Socken: edelste Ware, no doubt! Aber deswegen ist Miss Mary nicht hier. Sie hat eine Einladung zu einem geheimen Treffen erhalten. Sie dürfe zwei Freunde, aber keinerlei Polizeibeamte mitbringen. Ob die beiden Herren wohl so nett wären?

Und ob sie wären! Vorsichtshalber nimmt Holmes aber seinen zuverlässigen Revolver mit. Ein Kutscher sammelt sie am Treffpunkt auf und fährt sie in die schlechteren Viertel Süd-Londons. Als ein Inder sie in das Haus einlässt, staunen alle Bauklötze: ein veritabler Palast wie aus dem Orient. Wem gehört die noble Hütte? Es ist Thaddeus Sholto und er hat eine lange Geschichte zu erzählen.

Doch als sie in Pondicherry Lodge eintreffen, um Mary den ihr rechtmäßig zustehenden Schatz zu zeigen, kommen sie zu spät. Jemand ist ihnen zuvorgekommen, was dem armen Bartholomew gar nicht gut bekommen ist: In seinem Hals steckt ein Dorn mit einem tödlichen Gift …

Doch wie konnte der Täter in einen komplett abgeschlossenen Raum eindringen und – vor allem – wieder entkommen? Holmes stellt sich endlich das ersehnte Rätsel: ein klassisches |locked room mystery|!

_Mein Eindruck_

Natürlich ist es von diesem bis zur Ergreifung der Täter noch ein weiter Weg. Und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass sich auch das Anhören der restlichen Handlung lohnt. Die Gehörgänge kommen voll auf ihre Kosten – siehe meine Abschnitte „Musik“ und „Geräusche“. Endlich erfahren wir am Schluss auch, wie alles begann, irgendwo am anderen Ende des Empires, als ein unvorsichtiger Kaufmann seinem Kollegen etwas von einem Schatz zuflüsterte.

Natürlich ist eine Schatzjagd immer ein netter Aufhänger für eine flotte Story, und umso mehr für das viktorianische Publikum, das das angesehene „Strand Magazine“ las, in dem Doyle seine Storys veröffentlichen konnte. Abenteuer, Gefahr, ein waschechter Kannibale – beim Jupiter! Es gibt genügend Unterhaltsames in der Story, um einen Roman daraus zu spinnen.

Doch Doyle lässt auch eine gewisse Kritik an den erschreckenden Zuständen auf den Gefängnisinseln eben dieses British Empires einfließen. Die Schlussrede des Täters ist voller Anklagen, die offenbar allesamt gerechtfertigt sind. Er stellt sich natürlich selbst als Opfer hin, aber es war sicher nicht ungewöhnlich, dass britische Aufseher wie Sholto und Morstan den ihnen ausgelieferten Häftlingen sämtliche Habseligkeiten abnahmen, die sie besaßen. Und dazu gehörte eben auch die Information über den Schatz in der Stadt Agra, wo das Tadsch Mahal steht.

Die Gier nach dem Gold ist das ausschlaggebende Thema hinter der ganzen Schatzsuche. Und bevor die Truhe geöffnet wird, fragt sich vielleicht der eine oder andere Zuhörer, ob der Schatz nicht besser drin bleiben sollte als noch mehr Menschen ins Unglück zu stürzen, beispielsweise die liebliche Miss Morstan …

|Die Sprecher & Rollen|

Es gibt vier Hauptfiguren, die auch stimmlich herausragen. Am besten gefällt mir Joachim Tennstedt als Sherlock, denn was er in diese Figur hineinlegt, ist sehr sympathisch und humorvoll – so als würde ein strahlender John Malkovich völlig entspannt aufspielen (liegt’s am Koks?). Holmes‘ einziger Fehler ist seine Ablehnung des weiblichen Geschlechts oder vielmehr des Umgangs mit dessen Vertretern. Das soll aber weniger an latenter Homosexualität liegen, als vielmehr an seiner Abneigung gegen jede Art von emotionaler Sentimentalität. Lang lebe der reine Geist.

Dr. John Watson, 36, ist das genaue Gegenteil seines Freundes: jovial, freundlich, frauenfreundlich und durchweg emotional. Leider sind seine logischen Schlüsse von dementsprechend unzulänglicher Qualität. Das war zu erwarten. Seine wachsende Liebe gilt Miss Mary Morstan, die selbst ein patentes Frauenzimmer zu sein scheint, denn sie besteht darauf, auf die Verfolgungsjagd nach den Verbrechern mitzukommen.

Der größte Humorfaktor ist indes die eines Peter Ustinov würdige Figur des Inspektor Jones von der Londoner Kripo. Nicht nur sind Jones‘ logische Schlüsse noch wesentlich schlechter als die Watsons, obendrein hat er auch noch die sprachliche Eigenart, sich vor jedem Schlusswort eines Satzes auf merkwürdigste Weise zu räuspern – ein nach innen gewandtes Räuspern, das höchst lachhaft klingt. Ich könnte mich wegschmeißen, wenn ich den Typ höre.

Aber auch Peer Augustinski soll nicht unterschlagen werden. Er spielt in der Rolle des Thaddeus Sholto keine unerhebliche Rolle bei der Beschaffung des Schatzes für die arme Miss Morstan. Wer sich die Stimme von Robin Williams vergegenwärtigt, bekommt eine Ahnung von den vielfältigen Möglichkeiten, einen herzkranken reichen Mann von gut dreißig Jahren zu spielen, der an einer Wasserpfeife schmaucht und eine Räuberpistole aus Indien erzählt. Als Inspektor Jones ihn verhaftet, hat Sholto/Augustinski die Möglichkeit, den entsetzten Unschuldigen zu spielen – aber ist er wirklich unschuldig?

|Die Musik|

Nach einem Intro, das der Titelsequenz eines Spielfilms entspricht, hören wir die Musik laufend im Hintergrund, wenn nicht gerade Geräusche sinnvoller sind, etwa beim Abendessen oder bei einer Verfolgungsjagd im Hafen. Deshalb erklingt die Musik mit voller Kraft erst wieder im „Abspann“, quasi als Rausschmeißer. Es ist Musik, die einem kleinen Spielfilm angemessen ist: niemals aufdringlich, sondern stets unterstützend. Kein Wunder, dass viele Motive aus einem Fundus von Samples genommen wurden – siehe den Vermerk im Booklet.

|Die Geräusche|

Eine schier unglaubliche Vielfalt von Geräuschen verwöhnt das Ohr des Zuhörers. Der Eindruck einer real erlebten Szene entsteht oft, aber nicht immer. Es ist natürlich etwas schwierig, jene Wasserpfeife klanglich umzusetzen, die Thaddeus Sholto schmaucht, als er Watson, Holmes und Miss Morstan empfängt. Zum Ausgleich gibt es jedoch eine groß inszenierte Verfolgungsjagd auf der Themse, in der der Toningenieur sämtliche Register ziehen kann: vom Dampfzischen, Maschinenstampfen, Wasserplätschern und Möwengeschrei bis hin zu den Revolver-Schüssen Holmes‘ und dem Zischen eines Giftpfeils – das volle Programm. Dazu stelle man sich noch die entsprechende Schreie und Rufe der beteiligten Figuren vor, und man hat eine komplette Krimiszene.

_Unterm Strich_

„Das Zeichen der Vier“ ist eine durchweg gelungene Hörspiel-Umsetzung der klassischen Holmes-Erzählung. Die Story ist, wie nicht anders zu erwarten, durchweg spannend, witzig und bis zum Schluss tempo- und actionreich inszeniert. Hinzu kommen ein Schuss Romantik (Watson & Morstan – ob das klappt?) und erfrischende Ironie. Holmes‘ Auftritt in täuschender Verkleidung ist sicher ein Highlight der verblüffenden Effekte, und humorvolle Szenen halten das Zwerchfell auf Trab.

Wenn alle Hörspiele der Holmes-Reihe so gut inszeniert sind, kann ich sie uneingeschränkt empfehlen.

|The sign of four, ca. 1888
128 Minuten auf 2 CDs|

Arthur Conan Doyle & Herman Cyril McNeile – Tod eines Giftforschers (Sherlock Holmes Folge 54)

Rätselhafter Gifttod, nichts für Tierfreunde

Würde sich ein erfahrener Toxikologe aus Versehen selbst vergiften? Rechtsanwalt Alfred Humber, der einen Selbstmord seines Klienten kategorisch ausschließt, hat hier seine Zweifel und bittet Sherlock Holmes, sich im Laboratorium des Toten einmal genauer umzuschauen… (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 14 Jahren.

Die Serie wurde mit dem „Blauen Karfunkel“ der Deutschen Sherlock Holmes-Gesellschaft und dem HÖRKULES ausgezeichnet.
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Dickens, Charles / Gruppe, Marc – Fröhliche Weihnachten, Mr. Scrooge!

_Bewegend: Die Bekehrung des Geizhalses_

1843 am Heiligen Abend im weihnachtlichen London: Für den grimmigen Geldverleiher Ebenezer Scrooge ist Weihnachten nicht mehr als verabscheuungswürdiger „Humbug“. Erst die Besuche seines verstorbenen Teilhabers Jacob Marley sowie der Geister der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Weihnacht bewirken eine Wandlung. Aus dem stadtbekannten Geizhals wird ein liebenswerter Menschenfreund. Scrooge beginnt, den wahren Wert des Weihnachtsfestes zu erkennen.

_Der Autor_

Charles Dickens (1817-70) ist mit ziemlicher Sicherheit der bedeutendste Romanschriftsteller in der englischen Sprache (mit der Betonung auf „Roman“). Zu seinen bedeutendsten Werken zählen die verfilmten Romane „Oliver Twist“, „David Copperfield“, „A Tale of Two Cities“, „Nicholas Nickleby“ und das düstere „Bleak House“ (1853). Er veröffentlichte praktisch alle seine Romane vorab in Zeitschriften und Magazinen und machte sie so extrem populär. Dickens letzter Roman „Das Geheimnis des Edwin Droodge“ blieb unvollendet, was zu mehreren Versuchen Anlass gab, ihn zu vollenden, u. a. vom Autorenpaar Fruttero/Lucentini.

Von „A Christmas Carol“ gibt es zahllose Versionen, natürlich auch für die Bühne. Ich selbst habe einmal das gesamte Stück von nur einem Mann aufgeführt gesehen: phänomenal!

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

Erzähler und Geist 1: Friedrich Schoenfelder (dt. Stimme von Vincent Price, David Niven u.a.)
Ebenezer Scrooge: Christian Rode (dt. Stimme von Sean Connery und Christopher Lee)
Geist 2: Peer Augustinski (dt. Stimme von Robin Williams u.a.)
Geist 3 und William Fezziwig: Heinz Ostermann
Mrs. Dilber: Arianne Borbach (dt. Stimme von Uma Thurman, Catherine Zeta-Jones u.a.)
Mrs. Fezziwig: Regina Lemnitz (dt. Stimme von Kathy Bates, Whoopi Goldberg)
Annie Cratchit: Daniela Hoffmann (dt. Stimme von Julia Roberts)
Bob Cratchit: Herbert Schäfer
Martha Cratchit / Fanny Scrooge: Theresa Mertens
Tiny Tim Cratchit / Straßenjunge / Scrooge als Junge: Lucas Mertens
Belle / Julie: Manja Doering
Fred: Alexander Doering
Außerdem sind die deutschen Stimmen von Reese Witherspoon, Natalie Portman, Telly „Kojak“ Savalas, Ally McBeal und anderen zu hören.

Das Hörspiel wurde von Marc Gruppe geschrieben, der auch Regie führte. Er produzierte es zusammen mit Stephan Bosenius. Die schöne, filmische Musik trug Manuel Rösler bei, sie wurde von |Bionic Beats| aufgenommen und gemischt.

_Handlung_

London 1843. Es ist Heiligabend, der 24. Dezember, und der Geldverleiher Ebenezer Scrooge, Londons stadtbekannter Geizhals, ist ohne jeden Zweifel überzeugt davon, dass sein Teilhaber Jacob Marley seit vier Jahren unter der Erde ist. Dennoch erscheint ihm Marleys Geist an diesem Abend – mit einer besonderen Botschaft.

Alle Menschen wünschen einander „Fröhliche Weihnachten!“. Alle? Nein, Ebenezer Scrooge, 55, hält das Fest und alles, was damit zusammenhängt, für reine Geschäftemacherei und den allergrößten Humbug, den man sich vorstellen kann. Er ist eben eine Krämerseele. Seinem Buchhalter Bob Cratchit zahlt er einen Hungerlohn und der Mieterin Mrs. Wilkins droht er mit dem Rauswurf, sollte sie ihre Hypothekenrate nicht bezahlen können. Nicht nur dem Spendensammler und einem singenden Jungen weist er die Tür, sondern auch seinem eigenen Neffen Fred, der ihm einen Weihnachtsbaum bringen will. Scrooge hat gute Verwendung dafür: als Feuerholz.

Bob Cratchit erbittet von Scrooge, früher gehen zu dürfen, da es ja schließlich Weihnachten sei und er nach seinem kranken Sohn Tiny Tim und seiner Familie sehen müsse. Erst will Scrooge nichts davon hören, gibt dann aber nach. Aber Cratchit muss nacharbeiten: am 25.12., komme, was da wolle!

Nachdem alle gegangen sind, stößt Scrooge einen tiefen Seufzer aus und stöhnt erleichtert: „Endlich Ruhe!“

Zu früh gefreut. In diesem Moment taucht Jacob Marleys Geist auf. Er rasselt mit Ketten, die ihn zu einem Schreckgespenst machen. Die habe er für seine schlechten Taten verpasst bekommen. Aber er warnt Scrooge, seinen ehemaligen Teilhaber, eindringlich vor weiteren schlechten Taten, wie Scrooge sie heute begangen habe. „Bessere dich!“ Und er kündigt das Kommen dreier Geister an: um Mitternacht, um drei und um sechs Uhr morgens. Scrooge lacht ihn aus, und Marley verschwindet.

Schlag zwölfe erscheint im Wandschrank der Geist der vergangenen Weihnacht. Denn wir fragen uns natürlich, was für ein Kind Scrooge früher einmal war. Nach dem frühen Tod seiner Mutter lebte er vor allem im Internat und strengte sich an, um den Ansprüchen seines Vaters gerecht zu werden. Sogar an Heiligabend. Da holt ihn seine Schwester Fanny ab, damit er bei seiner Familie feiern kann. Jetzt kommen Scrooge erste Gewissensbisse wegen des Jungen, den er weggeschickt hat. Fanny starb als verheiratete Frau und hinterließ nur ein Kind: seinen Neffen Fred.

1811 lernte er bei dem lebenslustigen Kaufmann William Fezziwig in London. Sie feiern zusammen mit Mrs. Fezziwig und der Nichte Belle einen schönen familiären Heiligabend. Unterm Mistelzweig dürfen sich, wie es alte englische Sitte ist, Jungs und Mädels küssen – und das tun Ebenezer und Belle auch. Sie werden ein Paar, denn Mr. Fezziwig macht ihn zum Teilhaber und Partner in der Firma. Am 24.12.1817 jedoch beging Scrooge eine Riesendummheit: Er hatte seine Verlobte Belle schon fünf Jahre auf die Hochzeit warten lassen, und jetzt stellt sie ihn vor die Wahl. Er hört gar nicht richtig zu, sondern brütet über der Kasse. Ja, er fordert sogar Geld von ihrem Vater zurück, der bei ihm Schulden hat. Mit Schmerzen erinnert sich der gegenwärtige Scrooge an Belles Fortgehen.

Aber es soll für ihn noch viel schmerzhafter werden, als die Geister der gegenwärtigen und der zukünftigen Weihnacht bei ihm erscheinen und ihn mit auf die Geisterreise nehmen …

_Mein Eindruck_

Die Geschichte vom bekehrten Geizhals ist schon in ihrem Ursprung an Familien und Kinder gerichtet gewesen. Dickens schrieb sie, um die lesende, d.h. gebildete und besitzende Klasse auf die Misere der besitzlosen und ausgebeuteten Menschen in London und allgemein in ganz England aufmerksam zu machen. Zerbrochene oder unvollständige Familien, kranke oder verkrüppelte Kinder wie Tiny Tim gehören zu seinem Standardpersonal. Selbst der Straßenjunge, der Weihnachtslieder trällert, tut dies nicht aus Spaß oder Übermut, sondern um einen Penny oder zwei zusammenzukratzen – vielleicht ist das genug, um im Armenhaus zu überleben.

Dies ist das Lumpenproletariat, das die Industrielle Revolution erzeugt hat, als sie ihnen die traditionelle Landarbeit oder ihr Handwerk wegnahm, die entwurzelten Menschen in die Städte zog und dort in Elendsquartieren vegetieren ließ. Dieser Zustand dauerte nicht etwa nur fünf Jahre an, wie mancher heutige Zeitgenosse hoffen mag, sondern mindestens hundert Jahre. Überträgt man die ökonomischen Bedingungen auf Länder der Dritten Welt, so findet man sie heute in Lagos, Rio de Janeiro und Mexiko City. Und zunehmend wohl auch bei uns, denn der Bevölkerungsanteil unter der Armutsgrenze steigt nicht erst seit Hartz IV unaufhaltsam an.

|Das Patentrezept?|

Gibt es Hoffnung auf Besserung, hat sich Dickens sicherlich gefragt. Die Antwort ist sein „Christmas Carol“. Wenn sich nur ein schlechter Mensch zum Guten bekehrt, so ist das Leben und Glück von mindestens fünf oder sechs Familien gerettet. Dies ist die Wirkung, die Scrooges nächtliche Bekehrung auf seine unmittelbare Umgebung ausübt. Natürlich wird er von denkenden Menschen wie seinem Neffen Fred zunächst misstrauisch beäugt, was zu der recht lustigen Vermutung führt, dass Scrooge nun völlig durchgeknallt sein müsse.

Aber was ist es denn nun eigentlich, das Scrooges rasante Bekehrung herbeiführt? Er hat drei Grundsätze mit Marley geteilt, so etwa „Zeit ist Geld“ und „Weihnachten etc. ist Humbug“. Seine direkten und indirekt betroffenen Opfer halten ihm christliche Grundsätze entgegen, an die er zunächst nicht glaubt: „Man soll die Hoffnung nie aufgeben“, sagt Tiny Tim Cratchit, und „Es ist nie zu spät, sich zu ändern“. Denn erst Hoffnung und Liebe im Familienkreis scheinen das Glück zu garantieren. Aber was ist, wenn man nicht an sie glaubt – so wie Scrooge? Dann sind sie nämlich bedeutungslos.

|Wohl doch nicht!|

Es ist letzten Endes wohl der Schrecken, der ihm in die Glieder fährt, als er durch den Geist der künftigen Weihnacht sieht, dass er erstens selbst unbetrauert diese Welt verlassen wird und zwar schon bald – und zweitens, dass er ganz direkt am Tod von Tiny Tim, also einem unschuldigen Kind, schuld sein wird. Scrooge ist noch Christenmensch genug, um sich an einen Kern erinnern zu können, der Nächstenliebe kannte, und diesen zu reaktivieren.

Die spendablen Gesten, die er jedoch auf einmal an den Tag legt, verblüffen nicht nur seine Mitmenschen, sondern auch uns. Dieser Wandel kommt ganz schön abrupt. Aber weil die ganze Geschichte sowieso das Wesen eines Wunders und den Anstrich einer Parabel hat, kann man auch diesen plötzlichen Wandel hinnehmen, ohne sich gleich am Kopf zu kratzen.

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

Die Macher dieser Hörspiele suchen ihren Vorteil im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb der Hörbuchproduktionen offensichtlich darin, dass sie dem Zuhörer nicht nur spannende Gruselunterhaltung bieten, sondern ihm dabei auch noch das Gefühl geben, in einem Film voller Hollywoodstars zu sitzen. Allerdings darf sich niemand auf vergangenen Lorbeeren ausruhen: bloßes Namedropping zieht nicht, und So-tun-als-ob ebenfalls nicht.

Die Sprecher, die vom Starruhm der synchronisierten Vorbilder zehren, müssen selbst ebenfalls ihre erworbenen Sprechfähigkeiten in die Waagschale werfen. Zum Glück machen sie dies in hervorragender und glaubwürdiger Weise. Statt gewisse Anfänger zu engagieren, die mangels Erfahrung bei den zahlreichen emotionalen Szenen unter- oder übertreiben könnten, beruht der Erfolg dieses Hörspielverlags ganz wesentlich darauf, dass hier zumeist langjährige Profis mit schlafwandlerischer Sicherheit ihre Sätze vorzutragen wissen. (Wir wissen allerdings nicht, welche Pannen ihnen dabei unterlaufen sind. Fest steht aber, dass keine Pannen oder Fehler zu hören sind.)

|Musik und Geräusche|

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem realistischen Spielfilm erwarten würde. Da heult und seufzt der Wind durch die Ritzen der Fenster, kratzt der Gänsekiel von Bob Cratchit, klirren Ketten und klingen Gläser, läuten die Kirchenglocken.

Aber gewisse Sounds werden auch effektvoll überhöht. Da heult nämlich ständig der Wintersturm auf der Straße vor dem Haus von Scrooge. Und wenn der Furcht erregende Geist der künftigen Weihnacht auftritt wie der leibhaftige Tod, so besitzt er keine natürliche Stimme, sondern eine elektronisch verfremdete, die dem Zuhörer Schauder verursacht. Auch die Stimmen aus Scrooges Erinnerung erlangen durch Halleffekte eine ganz andere Qualität, die viel eindringlicher wirkt als normale Sprechakte.

Die Musik gibt sehr genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder; so ist sie zunächst melancholisch, als vom Tode Marleys erzählt wird, wird aber sofort fröhlich und festlich, als Heiligabend gefeiert wird – außer natürlich von Scrooge. Sie wird wehmütig, als der Geizkragen sich selbst als zehnjährigen Jungen am 24.12.1798 sehen kann. Der stimmungsmäßige Tiefpunkt wird mit der Enthüllung von Scrooges potenziellem Sterbedatum auf seinem Grabstein erreicht: 24.12.1844. Zum Glück lässt sich Scrooges durch diesen Schrecken bekehren, so dass am Schluss nicht die Trauerglocken läuten, sondern eine fröhliche und zuversichtliche Hymne das Finale bestreitet.

_Unterm Strich_

Das Hörspiel zu dem bekannten Weihnachtsklassiker von Charles Dickens, sehr aufwendig produziert, unterhält den Zuhörer wie ein schöner Spielfilm, der das Anliegen, das Gute im Zuschauer zu wecken, zu transportieren weiß. Die moralische Botschaft, die schon im Original steckt, wird auch im Hörspiel recht dick aufgetragen. Und da mögen die Schauspieler noch so gekonnt sprechen, die Geräusche noch so echt erscheinen und die Musik noch so emotional sein – dieses Werk spricht in erster Linie Familien und Kinder an, nicht aber eingefleischte Singles und Weihnachtsboykottierer. Diese dürften sich wie Scrooge wehmütig daran erinnern, wie schön es einstmals war, als sie noch Teil einer Familie waren. Vielleicht trägt das Hörspiel dazu bei, sie wieder in die menschliche Gemeinschaft zurückzuführen. Denn: „zu zweit ist man weniger allein“.

|Originaltitel: A christmas carol in prose, 1843
120 Minuten auf 2 CDs|

A.C. Doyle & Herman Cyril McNeile – Der Gezeitenstrom (Sherlock Holmes Folge 48)

Ein toter Angler und jede Menge rote Heringe

Der aufgrund seiner mürrischen Art allseits unbeliebte und verhasste Mr. Yarrow wird ertrunken seinem bevorzugten Angelplatz am Fluss Ling, einem Gezeitenstrom, aufgefunden. Zunächst geht man von einem Unfalltod aus, alsbald deutet aber alles auf Mord hin. Allzu schnell wird ein junger Verdächtiger verhaftet. Und obwohl der Meisterdetektiv diesen für unschuldig hält, findet er zunächst keine Spur zu einem anderen Täter… (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 12 Jahren.

Die Serie wurde mit dem „Blauen Karfunkel“ der Deutschen Sherlock Holmes-Gesellschaft ausgezeichnet.
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E.A. Poe & Marc Gruppe – Der Rabe (Gruselkabinett Folge 139)

Poe-Klassiker: Feindliche Seelen-Übernahme

1843 am Rhein: Auf einer Reise lernt ein Engländer in einer alten Stadt am Rhein die äußerst faszinierende Dichterin Lady Ligeia kennen und lieben. Sie arbeitet gerade an einem Werk, welchem sie den Titel „Der Rabe“ gegeben hat… (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörbuch ab 14 Jahren. Die Reihe wurde mit dem HörKules ausgezeichnet.

Der Autor

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Johann August Apel – Der Freischütz (Gruselkabinett 15)

Nur aus Liebe? Teufelspakt im Geisterwald

Gruselkabinett (15): Eine kürfürstliche Gegend um 1800: Der junge Amtschreiber Wilhelm liebt des Försters Tochter Käthchen. Die einzige Möglichkeit, den Vater dazu zu bewegen, ihm die Hand der Geliebten zu gewähren, besteht für Wilhelm darin, sich als sein würdiger Nachfolger in der Erbförsterei zu erweisen. Leider ist er alles andere als ein sicherer Schütze. Wilhelm ist jedoch jedes Mittel recht, das kurfürstliche Probeschießen zu bestehen – sogar ein Pakt mit dem Teufel …

Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab 14 Jahren.

Der Autor

Johann August Apels (1771-1816) Erzählung ist die Vorlage zu Carl Maria von Webers berühmter, gleichnamiger Oper. Ein literarischer Schatz aus der Zeit der schwarzen Romantik, der nun erstmals als atmosphärisches Hörspiel vertont wurde. (Verlagsinfo)

Die Sprecher/Die Inszenierung

Die Rollen und ihre Sprecher:

Wilhelm: Marius Clarén (u. a. dt. Stimme von Tobey Maguire)
Förster Betram: Jochen Schröder (James Cromwell)
Anne, seine Frau: Dagmar von Kurmin
Käthchen, seine Tochter: Luise Helm (Scarlett Johansson)
Rudolf, Jägerbursche: Tobias Kluckert (Tyrese Gibson, Colin Farrell in „The New World“)
Stelzfuß: Jürgen Thormann (Michael Caine, Max von Sydow)
Hexe: Inken Sommer („Lwaxana Troi“ in „Star Trek“)
Geisterkutscher: Kammerschauspieler Heinz Ostermann
Geist der Mutter: Evelyn Maron (Kim Basinger)
Samiel: Norman Matt (Jonathan Rhys-Meyers)
Kommissarius des Kurfürsten: Uwe Büschken (Matthew Broderick, Hugh Grant)
Gefängniswärter: Jürg Löw

Marc Gruppe schrieb wie stets das Buch und gemeinsam mit Stephan Bosenius setzte er es um. Die Aufnahme fand im Studio AudioCue, Rotor Musikproduktion, Scenario Studio und bei Kazuya statt. Die Illustration stammt von Firuz Askin.

Hörprobe: http://www.titania-medien.de/gruselkabinett__15.php (ohne Gewähr)

Handlung

|PROLOG|

In seinen Albträumen hört der Försterbursche Wilhelm Schüsse. Schüsse mit drei verhexten Kugeln. Und ein teuflischer Geist lacht dazu: „Du bist mein, Wilhelm!“ Der junge Mann wälzt sich auf einem Strohlager, das man ihm in einem Einzimmerapartment bereitet hat: im Kerker. Sein Gefängniswärter ist jedoch kein Unmensch, sondern erklärt sich gegen ein kleines Entgelt bereit, dem Gefangenen Papier, Feder und Tinte zu holen. Wilhelm schreibt seine Erinnerungen nieder. Wie konnte ihn das Schicksal nur in diese missliche Lage bringen? Denn am folgenden Morgen soll er öffentlich hingerichtet werden. Vorher will er wenigstens seine Seele erleichtern.

|Binnenhandlung|

Weil Wilhelm bereits mit 17 Jahren seine Eltern verloren hat, wird sein Onkel zum Vormund bestimmt. Dieser Amtmann will aus dem Jungen einen von Seinesgleichen machen, doch als er die Lehre im Jahr 1800 abschließt, steht Wilhelm der Sinn nach etwas ganz anderem als dem Herumschubsen von Aktenbergen: Er ist bis über beide Ohren in die Tochter des Försters Bertram verliebt. Käthchen würde ihm auch allzu gerne ihre Hand geben, und ihre Mutter Anna hätte auch nichts gegen den feschen Jüngling. Doch der alte Förster sorgt sich um seine Nachfolge im Revier des Kurfürsten und will partout nur einen Förster zum Schwiergersohn.

Da kann Wilhelm nur erleichtert lachen. Bevor ihn sein Vormund in die Lehre schickte, hat er zwei Jahre lang praktische Erfahrung in der Jägerei gesammelt. Käthchen hüpft das Herz in der schönen Brust, und tatsächlich dauert es nicht lange, bis Wilhelm ihre Hand versprochen bekommt. Es gibt nur noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen. Beim Abendessen erzählt man ihm von Urahn Kuno, der der erste Förster in diesem Revier war. Missgünstige Gemüter erzählen bis heute, sein Meisterschuss sei nicht von den Engeln geleitet worden, sondern vom Teufel, also ein so genannter „Freischuss“ gewesen. Seitdem sei vor der Försterwahl immer eine Schießprüfung nötig. Der Vertreter des Kurfürsten werde sie beizeiten ansetzen.

Doch wie es manchmal so seltsam geht: Mit dem Wachsen der Liebe zu Käthchen schwindet Wilhelms Glück auf der Jagd. Er bringt immer lausigere Beute heim. Das Gewehr sei verhext, sagt sein Rivale, der Försterbursche Rudolf. Um dem abzuhelfen, soll Wilhelm nachts auf den Kreuzweg und auf Samiel warten, den Seelensammler Satans. Davon hat Wilhelm noch nie gehört. Doch bei einem weiteren Fehlschuss beschwört er Samiel und ein kleines Männlein taucht auf, das sich als Stelzfuß vorstellt. Er gibt Wilhelm eine besondere Kugel, die auch prompt den gewünschten Erfolg zeitigt: Dieser Schuss holt einen schnellen Falken vom Himmel. Stelzfuß gibt Wilhelm mehr Kugeln, und dieser hofft, damit das Probeschießen beim Kurfürsten bestehen zu können.

Doch das Schicksal scheint sich gegen ihn verschworen zu haben. Das Schießen wird verschoben, und schon nach kurzer Zeit ist der Vorrat aufgebraucht, weil der Förster mehr Wild liefern soll. Was tun? Da erzählt Förster Bertram vom Freischützen Georg Schmidt, der einmal beim Kreuzweg nachts verweilte und wahnsinnig wurde. Er wollte seine eigenen Freikugeln gießen und musste einen kleinen Fehler bitter büßen. Das Ritual ist genau vorgeschrieben: Es muss ab elf Uhr nachts genau eine Stunde dauern, der Mann muss in einem Zauberkreis stehen und darf diesen nie verlassen. Doch die Geistererscheinungen jagten Georg solches Grauen ein, dass er den Bannkreis verließ – der Teufel holte seine Seele …

Na, jetzt weiß Wilhelm ja genau Bescheid, wie er es anstellen muss, 63 Zauberkugeln zu gießen. Doch erstens gibt es jede Menge warnende Vorzeichen und zweitens wollen ihn seine Schwiegereltern in spe und Käthchen von nächtlichen Ausflügen abhalten. Nur auf den letzten Drücker gelingt es ihm, in den Wald zum Kreuzweg zu gelangen und dort das Ritual zu vollziehen …

Am nächsten Tag findet das Probeschießen auf dem kurfürstlichen Schloss statt. Seine Lügen haben Käthchen, die von bösen Vorahnungen erfüllt ist, kaum beruhigen können. Doch noch immer gilt ihr Versprechen, sie werde ihn heiraten und ihm bis zum Tode treu bleiben, sobald er die Anstellung als Förster errungen habe. Sie hält ihr Versprechen aber auf eine fürchterliche Weise, die sich Wilhelm nie und nimmer vorzustellen gewagt hätte …

Mein Eindruck

Dass ein Teufelspakt eine gefährliche Sache ist, wissen wir ja spätestens seit der Sache mit Dr. Faustus. Auch bei ihm war eine Frau im Spiel: Erst das brave Gretchen, dann sogar die schöne Helena. Wilhelm, der Försterbursche, hat nicht so hochfliegende Pläne, aber auch ihm steht der Sinn nach einer Frau. Und was tut mann nicht alles für die Liebe.

Interessant ist die Erzählung durch die Art und Weise, wie sich der Teufel präsentiert und die Seelen braver Christenmenschen holt. Da gibt es zunächst den Seelensammler Stelzfuß, der sozusagen den Werber spielt und die Leimrute der Versuchung auslegt, um den Vogel zu fangen: Wilhelm geht ihm denn auch auf den Leim, wie man so bildlich sagt, und alle seine Pläne scheitern, dem Teufel ein Schnippchen zu schlagen. Obwohl ihm das Freikugelgießen formidabel gelingt, er etliche Geister abwehrt und sogar Samiel eine Nase dreht, ist sein Schicksal besiegelt. Denn er gießt drei Kugeln, die dem Satan persönlich geweiht sind. Dafür muss er einen hohen Preis zahlen.

Die Frage ist am Schluss natürlich, ob er im Augenblick seiner Hinrichtung ein Verdammter ist oder seine Seele noch eine hauchdünne Chance auf Erlösung hat. Das ist auch genau jene Kardinalfrage, auf die Goethe in seinem „Faust II“ eine Antwort gesucht und gefunden hat. „Wer ewig strebend sich bemüht, den können wir erlösen“, singen die Stellvertreter des Himmels. Ob sich Wilhelm stets redlich bemühte, lässt sich durchaus bejahen, und auch seine schrecklichen Verbrechen beging er nur aus Liebe. Dass er obendrein auch noch Reue zeigt und schriftlich Buße ablegt, sollte ihm eigentlich auf dem himmlischen Sündenkonto einen dicken Bonus eintragen. Wie die Sache ausgeht, werde ich aber nicht verraten.

Die Sprecher/Die Inszenierung

Dies ist nicht nur Kino für die Ohren, sondern auch noch Hollywoodkino. Denn hier sprechen nicht irgendwelche Sprecher, sondern die deutschen Stimmen bekannter Stars aus der amerikanischen, englischen und französischen Filmgeschichte – siehe oben. Dass diese Profis eine solide Performance abliefern, versteht sich fast von selbst, und der Hörer kann entsprechend zufrieden sein.

Einige Szenen sind für den heutigen Geschmack durchaus ansprechend gestaltet, und vor allem die Geistererscheinungen sind stilecht und wirkungsvoll aufgebaut. Allerdings ist die Story an sich bereits ziemlich melodramatisch: Es gibt jede Menge böse Omen, Fingerzeige und Vorahnungen, von Albträumen ganz zu schweigen – sie alle dienen dazu, die Spannung zu steigern. Das Finale ist natürlich entsprechend bewegend gestaltet: ein doppelte Katastrophe – und bestimmt hat dabei der Teufel seine Finger mit im Spiel. Oder?

Solche geübten und prestigeträchtigen Sprecher und Sprecherinnen einzusetzen, gehört zum Marketing von Marc Gruppe bzw. |Titania Medien|. Hinzu kommen jeweils traditionsreiche Schauergeschichten, die den nötigen emotionalen Rahmen für die Entfaltung solcher Stimmtalente liefern. Zu Anfang waren es eher unbekannte Geschichten wie etwa Launs „Totenbraut“, doch mittlerweile wagt sich Marc Gruppe an die Klassiker heran.

Nach den Weihnachtsstandards von Charles Dickens’ „Frohe Weihnachten, Mr. Scrooge“ und Burnetts „kleinem Lord“ nimmt sich der Produzent zentraler Stoffe an. „Frankenstein“ macht den Anfang, dann folgt im April 2007 „Dracula“. Wer weiß, wozu Marc Gruppe und sein Team noch fähig sind. Ich bin bereits gespannt.

Geräusche

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem realistischen Spielfilm erwarten würde, und die Geräuschkulisse wird in manchen Schlüsselszenen sehr dicht und realistisch aufgebaut. In der eröffnenden Kerkerszene raschelt das Stroh, man hört ein Keuchen und Stöhnen: Wilhelm hat einen Albtraum. Später schreibt er seine Erinnerungen nieder, und das Papier raschelt, die Gänsefeder kratzt. Die Turmuhr schlägt zwölfe – Mitternacht. Man muss genau mitzählen, um dies zu erkennen. Wilhelm hat genau sechs Stunden für seine Beichte, danach heißt es um sechs: Kopf ab!

Musik

Die Musik gibt sehr genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder, und das klingt dann etwas anders als in Webers bekannter Oper. So beginnt etwa Wilhelms Lebensgeschichte mit einer zarten und klagenden Oboe: Die Vollwaise sucht ihre Bestimmung. Sobald sich Käthchen am Fenster zeigt, erklingt heitere Orchestermusik. Sobald Vater Bertram sein Plazet gegeben hat, ertönt sogar flotte Tanzmusik.

Diese heitere Stimmung verfliegt jedoch rasch, je mehr Misserfolge sich einstellen, und vollends düster und unheilvoll wird die Musik, als Wilhelm der dunklen Seite seiner Seele und den Einflüsterungen des Stelzfußes nachgibt. Die mahnenden Stimmen in Wilhelms Kopf sind durch Hall als solche gekennzeichnet. Der dramatische Höhe- oder vielmehr Tiefpunkt ist die Szene am Kreuzweg. Hier darf sich der Leser alle möglichen Instrumente vorstellen, die eine geisterhafte Stimmung erzeugen. Wieder ruft das allgegenwärtige Käuzchen (es war schon beim Fensterln ein unheimlicher Zeuge) und die Turmuhr zeigt das Verstreichen der Zeit an (wieder heißt es hier: mitzählen).

Der Wind tost in den Bäumen, das Feuer prasselt, als Wilhelm seine Zauberkugeln gießt. Der Spuk beginnt, um ihn aus seinem Schutzkreis zu treiben: erst eine Hexe, die ihn ziemlich knusprig findet; dann eine heranbrausende Kutsche mit Geisterpferden. Wilhelm hält stand. Doch ob er auch gegen drohend knurrende Wölfe und flatternde Fledermäuse bestehen kann? Das i-Tüpfelchen bildet das höhnische Lachen Samiels selbst.

Musik, Geräusche und Stimmen wurde so fein aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Dabei stehen die Dialoge natürlich immer im Vordergrund, damit der Hörer jede Silbe genau hören kann. An keiner Stelle wird der Dialog irgendwie verdeckt.

Das Booklet

… enthält im Innenteil lediglich Werbung für das Programm von |Titania Medien|. Auf der letzten Seite finden sich die Informationen, die ich oben aufgeführt habe, also über die Sprecher und die Macher. Der Verlag empfiehlt sein Werk ab 14 Jahren.

Unterm Strich

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und Stimmen von Hollywoodstars einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen. Für den jungen Zeitgenossen, der sich scheut, eine so angestaubte Oper wie Webers „Der Freischütz“ anzuhören (allein schon die Arie „Wir winden dir den Jungfernkranz“ könnte mich in die Flucht schlagen), bildet das Hörspiel eine durchaus erträgliche Alternative.

Aber auch junge Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Hollywoodstars vermittelt das richtige Kino-Feeling. Wer jedoch mit Melodramatik absolut nichts am Hut hat, sich aber trotzdem zünftig gruseln will, der sollte zu härterer Koste greifen. Die Hörbücher der „Necroscope“-Serie von Brian Lumley dürften eine ausreichend starke Dosis verabreichen.

65 Minuten auf 1 CD
http://www.titania-medien.de
https://www.luebbe-audio.de

Das |Gruselkabinett| auf |Buchwurm.info|:

[„Carmilla, der Vampir“ 993 (Gruselkabinett 1)
[„Das Amulett der Mumie“ 1148 (Gruselkabinett 2)
[„Die Familie des Vampirs“ 1026 (Gruselkabinett 3)
[„Das Phantom der Oper“ 1798 (Gruselkabinett 4)
[„Die Unschuldsengel“ 1383 (Gruselkabinett 5)
[„Das verfluchte Haus“ 1810 (Gruselkabinett 6)
[„Die Totenbraut“ 1854 (Gruselkabinett 7)
[„Spuk in Hill House“ 1866 (Gruselkabinett 8 & 9)
[„Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ 2349 (Gruselkabinett 10)
[„Untergang des Hauses Usher“ 2347 (Gruselkabinett 11)
[„Frankenstein. Teil 1 von 2“ 2960 (Gruselkabinett 12)
[„Frankenstein. Teil 2 von 2“ 2965 (Gruselkabinett 13)
[„Frankenstein. Teil 1 und 2“ 3132 (Gruselkabinett 12 & 13)
[„Die Blutbaronin“ 3032 (Gruselkabinett 14)
[„Der Freischütz“ 3038 (Gruselkabinett 15)
[„Dracula“ 3489 (Gruselkabinett 16-19)
[„Der Werwolf“ 4316 (Gruselkabinett 20)
[„Der Hexenfluch“ 4332 (Gruselkabinett 21)
[„Der fliegende Holländer“ 4358 (Gruselkabinett 22)
[„Die Bilder der Ahnen“ 4366 (Gruselkabinett 23)
[„Der Fall Charles Dexter Ward“ 4851 (Gruselkabinett 24/25)
[„Die liebende Tote“ 5021 (Gruselkabinett 26)
[„Der Leichendieb“ 5166 (Gruselkabinett 27)

Sherlock Holmes – Spuk im Pfarrhaus (Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs 2)

Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs:

Folge 1: „Im Schatten des Rippers“
Folge 2: „Spuk im Pfarrhaus“
Folge 3: „Das entwendete Fallbeil“
Folge 4: „Der Engel von Hampstead“ (07.04.2012)

Grusel in der Idylle: Poltergeister gegen den Pfarrer

Sherlock Holmes – Spuk im Pfarrhaus (Die geheimen Fälle des Meisterdetektivs 2) weiterlesen

Marc Gruppe: Ein Skandal in Böhmen (Sherlock Holmes 12)

DIE FRAU triumphiert über den Meisterdetektiv: Wettstreit der Meister

Seit seiner Heirat ist Dr. Watson zu seinem eigenen Bedauern nur noch sporadisch zu Gast in der Baker Street 221 B. Eines Abends führt ihn sein Weg jedoch mal wieder in die Straße seiner Junggesellenzeit und er wird sogleich in den aktuellen Fall seines Freundes Sherlock Holmes hineingezogen. Dieser hatte mit der Abend-Post einen Brief bekommen, in dem ein Unbekannter seinen Besuch ankündigt … (Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt das Hörspiel ab 12 Jahren.

Marc Gruppe: Ein Skandal in Böhmen (Sherlock Holmes 12) weiterlesen