Schlagwort-Archive: Richard Morgan

Richard Morgan – Skorpion. SF-Thriller

Auf der Erde des 22. Jahrhunderts gerät die politische Lage zunehmend außer Kontrolle. Der Konflikt zwischen den Religionen droht zu einem Weltkrieg zu werden. Da fehlt es gerade noch, dass ein mit gentechnischen Mitteln erschaffener Supersoldat aus dem Gefängnis ausbricht und dem Kopfgeldjäger Carl Marsalis die Aufgabe zufällt, ihn wieder einzufangen. Denn dieser flüchtige Soldat trägt Informationen in sich, die die Zukunft der Menschheit entscheidend verändern werden. (Verlagsinfo)

Handlung
Richard Morgan – Skorpion. SF-Thriller weiterlesen

Morgan, Richard – Unsterblichkeitsprogramm, Das

Privatdetektiv Takeshi Kovacs kann sich über seinen neuen Auftrag nur freuen – hatte ihn der letzte ja eigentlich das Leben gekostet. Aber der Tod scheint inzwischen kein Problem mehr zu sein. Oder etwa doch? (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Richard Morgan wurde 1965 in Norwich, England, geboren. Er studierte Englisch und Geschichte in Cambridge und arbeitete etliche Jahre als Englischlehrer im Ausland, bevor er sich entschloss, seinen Lebensunterhalt als freier Schriftsteller zu verdienen. „Das Unsterblichkeitsprogramm“ wurde auf Anhieb ein großer Erfolg und mit dem |Philip K. Dick Award| ausgezeichnet. Die Fortsetzung trägt den Titel „Gefallene Engel“ und wurde im Mai 2005 bei Heyne veröffentlicht. „Heiliger Zorn“ ist für Februar 2005 angekündigt. Morgan lebt heute in Glasgow, Schottland.

_Handlung_

Man schreibt inzwischen das 26. Jahrhundert, und die Erde hat ihre jungen Menschen in Langstreckenschiffen zu fernen Welten ausgesät, um dort Kolonien zu errichten. Takeshi Kovacs gehörte einer gut ausgebildeten Söldner- oder Marinesoldatentruppe an, die gehirnchemisch aufgerüstet ist und über besondere Fähigkeiten verfügt: die Envoys (Abgesandte). Bei einem Spezialauftrag, den er mit seiner Kollegin Sarah auf Harlans Welt ausführt, läuft die ganze Sache jedoch schief. Nachdem er mit ansehen musste, wie Sarah draufging, wird auch er ausgeknipst.

Das macht aber nichts. Weil alle Menschen mit Ausnahme der Katholiken ihre Identität in einem Stück Hardware, dem implantierten Stack (= Stapel), gespeichert haben, lässt sich diese Identität auch wieder transferieren – in einen Körper, der als Sleeve bezeichnet wird (von engl. „Sleeve“: Ärmel). Diese Sleeves lassen sich künstlich züchten, wenn man es sich leisten kann, oder recyceln.

Der neue Körper von Takeshi scheint recycelt zu sein: Er trägt eine Narbe unter dem Auge. Dieser Bursche muss schon einiges mitgemacht haben, und die Muckis, über die er verfügt, belegen, dass er sich seiner Haut wehren kann. Die Polizei nimmt Takeshi in Empfang. Lieutenant Kristin Ortega von der Kommission für „Organische Defekte“ – was man früher einmal Mord nannte – reagiert sehr emotional auf den neuen Sleeve. Takeshi erfährt erst viel später, dass dieser Sleeve einem gewissen Elias Ryker gehört hat, der Ortegas Lover war. Also bitte, wer würde der armen Ortega so etwas antun?

Nun, ein Mann wie Laurens Bancroft beispielsweise. Der über 350 Jahre alte Multimilliardär hat Takeshi von Harlans Welt angefordert und in diesen Sleeve stecken lassen. Unter Bedingungen, die Takeshi nicht ablehnen kann, hat er einen Neutralen angefordert, um Bancrofts Ermordung aufzuklären. Der Haken daran: Die Polizei behauptet felsenfest, dass Bancrofts letzter Tod Selbstmord war. Alle Indizien sprechen dafür, behauptet Ortega.

Doch mal von dem Wie ganz abgesehen, wer könnte ein Interesse daran haben, Bancroft auszuschalten? Leider ist die Zahl seiner Feinde Legion. Eine Spur führt zu einer Prostituierten aus dem Rotlichtbezirk und zu dem Klub „Jerrys Gästezimmer“, wo Takeshi eine Sexarbeiterin namens Louise kontaktiert. Leider ist diese bei seinem zweiten Besuch mausetot. Jemand hat offenbar etwas dagegen, dass Takeshi Informationen in dieser Sache erhält.

Dass Rumschnüffeln gefährlich sein kann, war Takeshi sattsam bekannt. Neu ist ihm, der bislang nur einmal gestorben, hingegen, dass der Tod zwar der Vergangenheit angehören mag, dass man aber auf sehr viele Arten sterben kann …

_Mein Eindruck_

Ich kann gut verstehen, warum dieser Detektivroman plus Hard-boiled-Thriller einen Preis nach dem anderen eingeheimst hat – und zudem für den deutschen Kurd-Laßwitz-Preis nominiert wurde. Die Handlung glänzt durch trickreiche und gut eingebettete Einfälle sowie einem Thriller entsprechende Action. Der Held geht buchstäblich über Leichen. Aber was heißt das schon, wenn die „Seele“ aus der Speichereinheit geholt und in einen neuen Körper gesteckt werden kann (auch wenn’s nicht immer der ursprüngliche ist). Also heißt die Kardinalfrage: „Tod, wo ist dein Stachel?“, um mal die Bibel zu zitieren. (Fragt mich bitte nicht nach Vers und Kapitel.) Und die nächste Frage, die sich daraus ergibt: „Was definiert man als Verbrechen?“

|Comme Blade Runner|

Takeshis Suche beinhaltet selbstverständlich, dass er sich wie einst der gut alte Blade Runner modernster elektronischer Hilfsmittel bedient. Es gibt in Ridley Scotts Film mehrere Szenen, in denen Harrison Ford die kleinsten Details in den Untersuchungsobjekten prüfen muss, um zu einer Entdeckung zu gelangen. Takeshi ist wesentlich weniger subtil: Ihm reicht eine Sammlung Artillerie (euphemistisch „Hardware“ genannt), ein oder zwei Killerviren sowie natürlich jede Menge Unverschämtheit im Umgang mit seinen „Klienten“. Anders als der Blade Runner ist sein primäres Ziel nicht die Eliminierung „lebensunwerten Lebens“, also der Replikanten, sondern die Suche nach dem Grund, warum ein „Methusalem“ (kurz „Meth“ genannt) sich selbst den Schädel wegblasen sollte.

Zunächst sieht alles relativ vertraut aus: Das vollautomatisierte Hotel heißt „Hendrix“ und zeigt holografisch einen Gitarrespieler (guess who!). Die Pornoschuppen sehen aus wie eine Peepshow aus den Achtzigern des 20. Jahrhunderts, und die Ringkämpfe auf verbotenen Schiffen erinnern an „Rollerball“.

|Körper wie Kleenex|

Doch dann kommt endlich das eigentliche Thema zum Tragen: die vollständige und geradezu lapidare Austauschbarkeit des Körpers. Meth Laurens Bancroft, der stets ein Menge Klone als Reserve bereithält, hat kein Problem, unsterblich zu werden. Doch er pflegt ein anrüchiges Hobby: die Befriedigung durch Prostituierte in den „Häusern“, also Nobel-Bordellen. Das exklusivste dieser „Häuser“ schwebt Takeshi die ganze Zeit vor der Nase, ohne dass es ihm auffällt. Klar, dass hier ein entscheidender Showdown stattfindet.

Dass Körpertausch, Prostitution und Verbrechen in engstem Zusammenhang stehen, dürfte klar sein. Takeshi selbst ist nur zwecks Verbrechensaufklärung in einen Körper heruntergeladen worden. So eine Strafe, wie sie ihm aufgebrummt wurde, kann also unter verschiedensten Bedingungen aufgehoben werden: beispielsweise zum Zwecke der Versklavung eines Menschen in der Prostitution. Sie geschieht es mitunter den Frauen in den „Häusern“, es kann aber auchTiere treffen … Als Takeshi endlich darauf stößt, was dort geschieht, dreht es ihm den Magen um.

|Detektiv mit Gewissen|

Aber kann sich ein Detektiv ein Gewissen leisten? An diesem Punkt wird die Vergangenheit Takeshis interessant. Er stammt von Harlans Welt, wo eine junge Freiheitskämpferin namens Quell eine Denkschule gegründet hat, wie es einst Che Guevara oder Mao taten. Als Takeshi die Nase voll von den Irreführungen und Bestechungsversuchen (Miriam Bancroft verführt ihn) hat, nimmt er sich Quells Maxime als Leitspruch zu Herzen: „Nimm es persönlich!“

Fortan tritt er so vielen „maßgeblichen Leuten“ und seinem Auftraggeber auf die Füße, dass er schon bald nicht nur in größte persönliche Gefahr gerät, sondern auch seinen Auftrag viel besser ausführen kann. Er hat fortan mit den Hintermännern zu tun. Und er verändert durch dieses rücksichtlose Vorgehen die Art und Weise, wie eine UN-Resolution zur Behandlung von Sleeves zustande kommt. Was aber für ihn wichtiger ist: Er kann dadurch endlich ein vergangenes Unrecht, das Bancroft begangen hat, wiedergutmachen. Und das ist ihm mehr wert als ein vorübergehend bewohnter Körper, der eh nicht sein eigener ist.

|Der gute Rächer|

Wir haben es also mit dem Archetyp des „guten Killers“ und Rächers zu tun, wie er aus zahllosen Western und Großstadt-Thrillern vertraut ist. Und daher entspricht die Figur Takeshis sowie der Aufbau des Plots auch all den anderen Klischees, die damit einhergehen. Wie Batman und Superman hat auch Takeshi einen speziellen Erzfeind, der zu seiner Nemesis wird: Kadmin. Er trägt sogar einen Comic-Namen: der Patchwork-Mann.

Die Spannung baut sich in fünf Teilen nach klassischem Muster auf. Jeder Buchteil führt zu einem Höhepunkt, im Guten wie im Schlechten. Doch stetig bringt jeder Zwischenhöhepunkt die Handlung voran. Denn natürlich ist das ursprüngliche Ziel noch nicht erreicht: Warum sollte sich Brancroft umbringen – oder hat jemand dabei nachgeholfen? Den entsprechenden Dunkelmann zu finden und zur Strecke zu bringen, erfordert allerdings einige Tricks – und ein handfestes, persönliches Zupacken Takeshis.

|Im Clinch mit Frauen|

Der Nahkampf ist sowieso sein Ding: Er ist nicht der Hackertyp, sondern verfügt über genug Muckis, um richtig hinzulangen, etwa in der Arena. Aber auch das Bett bleibt nicht ungenutzt. Rykers frühere Geliebte Kristin Ortega braucht zwar eine Weile, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass Takeshis Körper vertraut ist, dessen derzeitiger Bewohner jedoch nicht. Als sich das einrenkt, geht die Chose richtig los – mit einem amourösen Stelldichein auf einer Jacht. Was natürlich wiederum Takeshi erpressbar macht …

_Unterm Strich_

Trotz seines imposanten Umfangs ist „Das Unsterblichkeitsprogramm“ ein keineswegs abschreckender Zukunftsthriller, der sich ziemlich kurzweilig lesen lässt. Die Action ist spannend, vielseitig und nicht nur einmal reichlich ironisch. Aber dieser Humor ist so schwarz und trocken, dass er direkt aus den |Films noirs| der vierziger und fünfziger Jahre stammt („Der Big Sleep“, „Der Malteser Falke“ und viele mehr). Dort ist auch die Vorlage für den aufrechten, knallharten Detektiv zu finden, den Takeshi Kovacs darstellt. Die Übersetzung unterstützt diesen Eindruck ausgezeichnet.

Der Roman erweist sich als eine clevere, gut durchdachte Konstruktion, die so viele Erwartungen wie möglich erfüllt, dass den Juroren der Literaturwettbewerbe nichts anderes übrig bleibt, als ihn für die vorderen Plätze zu nominieren. Und im Fall des |Philip K. Dick Award| hat das ja auch geklappt. Wer mehr vom Gleichen haben möchte, der lese die drei SciFi-Thriller, die Peter F. Hamilton am Anfang seiner Autorenlaufbahn schrieb: „Die Spinne im Netz“, „Das Mord-Paradigma“ und „Die Nano-Blume“.

Aufgrund der fehlenden Originalität und der weitreichenden Visionen, wie ich sie etwa bei Dan Simmons („Ilium“, „Hyperion“, „Endymion“) gefunden habe, schießt der Roman aber knapp an einer Spitzenwertung vorüber.

|Originaltitel: Altered Carbon, 2002
Aus dem Englischen übersetzt von Bernhard Kempen|

[NEWS] Richard Morgan – Dunkelheit. Das Zeitalter der Helden 3

Adelsspross und Schwertkämpfer Ringil Eskiath ist weit gereist – auf der verzweifelten Suche nach dem unsterblichen Zauberer, der von den mächtigen Feinden des Imperiums großgezogen wurde. Und er ist auf sich allein gestellt, denn seine Gefährten wurden von ihm getrennt. Während Ringil versucht, eine tödliche Magie zu erlernen, damit er es mit seinem Gegner aufnehmen kann, sind seine beiden Gefährten einem Geheimnis auf der Spur, das das ganze Kaiserreich in Blut und Asche zu stürzen droht … (Verlagsinfo)


Broschiert : 880 Seiten
Heyne

[NEWS] Richard Morgan – Dunkelheit (Zeitalter der Helden 3)

Adelsspross und Schwertkämpfer Ringil Eskiath ist weit gereist – auf der verzweifelten Suche nach dem unsterblichen Zauberer, der von den mächtigen Feinden des Imperiums großgezogen wurde. Und er ist auf sich allein gestellt, denn seine Gefährten wurden von ihm getrennt. Während Ringil versucht, eine tödliche Magie zu erlernen, damit er es mit seinem Gegner aufnehmen kann, sind seine beiden Gefährten einem Geheimnis auf der Spur, das das ganze Kaiserreich in Blut und Asche zu stürzen droht …
(Verlagsinfo)


Broschiert: 700 Seiten
Heyne

[NEWS] Richard Morgan – Dunkelheit (Das Zeitalter der Helden 3)

Adelsspross und Schwertkämpfer Ringil Eskiath ist weit gereist – auf der verzweifelten Suche nach dem unsterblichen Zauberer, der von den mächtigen Feinden des Imperiums großgezogen wurde. Und er ist auf sich allein gestellt, denn seine Gefährten wurden von ihm getrennt. Während Ringil versucht, eine tödliche Magie zu erlernen, damit er es mit seinem Gegner aufnehmen kann, sind seine beiden Gefährten einem Geheimnis auf der Spur, das das ganze Kaiserreich in Blut und Asche zu stürzen droht … (Verlagsinfo)


Broschiert: 700 Seiten
Heyne

[NEWS] Richard Morgan – Erwachen (Zeitalter der Helden 1)

Ringil Eskiath stammt aus einer alteingesessenen Aristokratenfamilie, die allerdings mit ihm gebrochen hat. Dennoch hat Ringil alles, was er braucht: eine gute Klinge, einen hervorragenden Ruf als Schwertkämpfer und ein gesichertes Einkommen. Dann taucht eines Tages überraschend seine Mutter, die Kaiserin, auf und verlangt von ihm, dass er seine Cousine befreit, die in Gefangenschaft geraten ist. Schnell wird Ringil klar, dass es bei diesem Auftrag nicht nur um das Schicksal seiner jungen Verwandten geht, sondern um das des ganzen Kaiserreiches. Dieser Roman ist bereits unter dem Titel »Glühender Stahl« erschienen und wurde für diese Ausgabe überarbeitet. (Verlagsinfo)


Broschiert: 576 Seiten
Heyne

[NEWS] Richard Morgan – Das Zeitalter der Helden 2 – Imperium

Ringil Eskiath ist auf der Flucht – auf der Flucht vor seiner Vergangenheit, seiner Familie und vor sich selbst. Yhelteth, die Hauptstadt des Imperiums, scheint zunächst ein sicherer Hafen für den raubeinigen Krieger zu sein, doch dann werden die Grenzen des Reiches von einem Feind bedroht, der älter und schrecklicher ist als alles, was Yhelteth jemals gesehen hat. Als die Stadt in Chaos und Schrecken versinkt, ist für Ringil die Stunde gekommen, in der er das tun muss, was er am besten kann: sich mit dem bloßen Schwert in der Hand dem Feind entgegenstellen. Dieser Roman ist bereits unter dem Titel »Das kalte Schwert« erschienen und wurde für diese Ausgabe überarbeitet. (Verlagsinfo)


Broschiert: 704 Seiten
Heyne

Richard Morgan – Das Unsterblichkeitsprogramm. Altered Carbon

Verfilmt: Hartgesottener Detektiv räumt in Babel auf

Was wäre, wenn man ewig leben könnte? Wenn das in einem Computer gespeicherte Bewusstsein immer wieder in einen neuen Körper transferiert wird? Was für eine Welt wäre das? Und was würde der Tod in dieser Welt bedeuten? Privatdetektiv Takeshi Kovacs ist kurz davor, es herausfinden. Er kann sich über seinen neuen Auftrag nur freuen – hatte ihn der letzte ja eigentlich das Leben gekostet. Aber der Tod scheint inzwischen kein Problem mehr zu sein. Oder etwa doch? (Verlagsinfo)
Richard Morgan – Das Unsterblichkeitsprogramm. Altered Carbon weiterlesen

Morgan, Richard – Skorpion

_Ein Leben nach Takeshi Kovacs._

Nach „Das Unsterblichkeitsprogramm“, „Gefallene Engel“ und „Heiliger Zorn“ hat sich Richard Morgan abermals dafür entschieden, aus dem Universum auszubrechen, das er für seinen Helden Takeshi Kovacs geschaffen hat. Stattdessen schickt Morgan mit „Skorpion“ einen genetisch modifizierten Supersoldaten auf die Jagd nach Seinesgleichen und verteilt Seitenhiebe an jegliche Form von Bigotterie und Scheinheiligkeit.

_Vom Ende allen Skrupels._

„Dreizehner“ schimpfen sie ihn, eine genetische Abnormität, gezüchtet für den Krieg, völlig ohne Skrupel, aufgeputscht mit sämtlicher Biotechnik und fast unbesiegbar. Eigentlich hätte Carl Marsalis froh über diese Unbesiegbarkeit sein können, wäre nicht die Politik auf die Idee gekommen, sich ihrer gezüchteten Werkzeuge zu entledigen, indem sie sie unter Registrierungszwang stellte. Fortan ist jeder Mensch der „Variante Dreizehn“ meldepflichtig und wird aufs schärfste bewacht. Marsalis darf sich etwas größerer Freiräume erfreuen, allerdings zu dem Preis, dass er abtrünnige Vertreter seiner „Gattung“ aufspüren und an seine Regierung verraten muss. Nach einem dieser Schlachtfeste allerdings landet Marsalis im Gefängnis und die Regierung will nichts mehr von einer Zusammenarbeit mit diesem Dreizehner wissen …

Sevgi Ertekin bekommt es derweil mit einem anderen Fall zu tun: Ein Raumschiff vom Mars verliert die Kontrolle und kracht ins Meer, sämtliche Besatzungsmitglieder sind aufs Scheußlichste verstümmelt – aufgefressen, wie es scheint – und einer der Passagiere ist verlorengegangen; ausgerechnet ein Vertreter der Variante Dreizehn. Es wird zur obersten Priorität für Ertekin, nach dem Entflohenen zu suchen, besonders, da dieser damit anfängt, scheinbar wahllos Morde zu begehen. Und was wäre besser geeignet, um einen Dreizehner zu fangen, als ein Exemplar seinesgleichen, das gerade nach einem Blutbad im Gefängnis gelandet ist und bereits sämtliche Hoffnung auf Freiheit aufgegeben hat?

Scott Osborne indes fühlt sich in seiner aktuellen Situation nicht recht wohl. Er ist aus Jesusland abgehauen, einem strikt abgetrennten Mikrostaat, der seinem Namen alle Ehre macht und Bigotterie in Reinkultur ausübt. Scott hat illegal in einer Biotech-Anlage angeheuert und spürt, wie ihn der Werteverfall mitnimmt, stärker, als er das befürchtet hätte: Er fängt an zu fluchen, beginnt andere Frauen zu begehren und sehnt sich mit der Zeit fast nach der religiösen Klarheit von Jesusland. Diese Klarheit wird ihm allerdings geboten, als ein Verrückter in die Anlage eindringt und dort ein Blutbad anrichtet. Scott bleibt am Leben, mit ihm eine Kollegin. Er sei auserwählt worden, vertraut sie ihm an, er soll den Fremden auf seiner Mission unterstützen. Denn dieser Fremde ist niemand anderer als der auferstandene Jesus Christus, mit dem Knüppel in der Hand, um das jüngste Gericht einzuberufen und die Welt von der Sünde zu befreien.

_Schleichfahrt durch den Faktendschungel._

Richard Morgan hat in „Skorpion“ ein Universum erschaffen, das einen mit Details geradezu erschlägt. Die Regierungslandschaft wird dem Leser vorgestellt, die Tatsache, dass sich die Nationen aufgespalten haben, dass es eine Menge von Instanzen gibt, die sich gegenseitig um Zuständigkeiten prügeln, und dass überall in diesem Universum Konfliktherde brodeln. Die eigentliche Hauptfigur des Romans, Carl Marsalis, bekommt diese Konflikte sehr deutlich zu spüren, ist er doch ein Spielball der politischen Mächte, der irgendwann fallengelassen wird. Aber auch Sevgi Ertekin, die Polizistin, hat unter diesen Konflikten zu leiden, hat sogar ein schweres Trauma davongetragen, das sie im Laufe des Romans vor schwere Prüfungen stellen wird. Ähnlich ergeht es Scott Osborne, dem abtrünnigen Jesusländer, der sich plötzlich mit einer rachsüchtigen Reinkarnation von Jesus Christus konfrontiert sieht und seinen alten Glauben in sich erwachen spürt.

Die Wege dieser drei Parteien kreuzen sich natürlich, ist doch das, was sie verbindet, der Kern dieses Romans und das entscheidende Geheimnis, das es herauszufinden gilt. Schade nur, dass sich die komplexe Story viel zu oft in den Details verliert. Morgan hatte schon immer eine Vorliebe für ausgefeilte Arrangements, aber in „Skorpion“ überspannt er den Bogen deutlich. Natürlich werden Figuren lebendiger, je tiefer man sie zeichnet, je genauer man ihre Vergangenheit kennt, aber auch hier geht Morgan mit einer Detailversessenheit vor, die dem Leser viel Geduld abverlangt. Sevgi Ertekin etwa stammt aus der Türkei, ist Muslimin und hat viele Konflikte mit ihrem Vater ausgetragen. Der Glaube war einer der vielen Zankäpfel, und so erfährt der Leser, wie der muslimische Glaube in dieser Zukunft beschaffen ist, welche Hauptrichtungen es gibt, welche Randströmungen, sogar, wie die Hauptvertreter jener Splittergruppen heißen und gegebenenfalls wo, wann und wie sie in Erscheinung getreten sind.

Natürlich trägt das zur Tiefe des Universums bei, aber Morgan verliert dabei den eigentlichen Handlungsstrang aus den Augen – und der Leser gleich mit. Irgendwann verliert man den Überblick und muss sich den roten Faden in dem Dauerbeschuss aus Fakten selbst herausarbeiten. Es gibt Nebenhandlungen, in diesen Nebenhandlungen gibt es nochmals Nebenhandlungen, und auch wenn manches davon für die Auflösung des Romans wichtig ist, muss der Leser immer mehr Informationsballast schleppen, der die 827 Seiten zu einer echten Durststrecke werden lässt.

Trotzdem schreibt Morgan noch so drastisch wie eh und je; er lässt Blut spritzen, Knochen brechen, Schädel zerplatzen und beschränkt sich in der Darstellung sexueller Zweisamkeit nicht auf verklemmte Betbuben-Metaphorik. Auch hat er sein Händchen für Bildsprache nicht verloren und scheint sich originelle Metaphern geradezu aus dem Ärmel zu schütteln.

Dennoch kommt „Skorpion“ nicht in Fahrt. Die Story, die Figuren und das Universum sind einfach so mit Fakten angefüllt, dass die Story kaum vorankommt. „Skorpion“ ist komplex, aber auch anstrengend, anspruchsvoll, aber auch träge. Das wäre alles zu verkraften, wenn die tatsächliche Handlung etwas hermachen würde, aber stattdessen verkommt der anfangs so spannende Kriminalfall um den Raumschiffkannibalen zu einer oft ermüdenden Reise in die Vergangenheit der Figuren; die anfängliche Faktentiefe entpuppt sich zu einer Wüste voller staubtrockener Informationen, aber ohne Spannung. Dieser Info-Overkill geht so weit, dass die Auflösung des Romans einen Bremsweg von über zweihundert Seiten hinlegt, und wenn dann endlich alle Fäden entwirrt vor einem liegen, brummt einem erst mal ordentlich der Schädel und man ist froh, dass man das Buch zuschlagen kann.

Nein, leider kann ich keine Empfehlung für „Skorpion“ aussprechen, zu zerfasert ist die Story und zu ermüdend die Odyssee bis zur letzten Seite. Gesellschaftskritisch gibt es nichts Neues zu bestaunen, und auch sonst bietet „Skorpion“ nur wenige Lichtblicke, die dem Science-Fiction-Fan ein Glänzen in die Augen zaubern. Nun gut, aber auch ein Richard Morgan darf sich ein paar schwächere Momente gönnen, und so müssen wir Fans einfach darauf warten, dass er wieder zu seiner alten Stärke zurückkehrt.

|Originaltitel: Black Man
Übersetzt von Alfons Winkelmann
Taschenbuch, 832 Seiten|
http://www.heyne.de
http://www.RichardKMorgan.com

_Richard Morgan auf |Buchwurm.info|:_
[„Das Unsterblichkeitsprogramm“ 464
[„Gefallene Engel“ 1509
[„Heiliger Zorn“ 2127
[„Profit“ 1661

Richard Morgan – Heiliger Zorn

„Heiliger Zorn“ ist ein sehr treffender Titel für Richard Morgans dritten Roman rund um den Ex-Envoy Takeshi Kovacs. Nach den Ereignissen in „Gefallene Engel“ kehrt Kovacs an den Ort seiner Geburt zurück, Harlans Welt. Dort wird er mit seiner Vergangenheit konfrontiert: einem jüngeren Doppelgänger seiner Person sowie der in den Vorgängern oft zitierten Quellcrist Falconer und seiner Envoy-Ausbilderin Virginia Vidaura.

Richard Morgan – Heiliger Zorn weiterlesen

Richard Morgan – Gefallene Engel

„Gefallene Engel“ ist der direkte Nachfolger von Richard Morgans Bestseller „Das Unsterblichkeitsprogramm“ , der unter anderem mit dem |Philip K. Dick Award| ausgezeichnet wurde. Wieder berichtet er aus der Perspektive des „Envoys“ Takeshi Kovacs aus einer düsteren Zukunft, in der körperlicher Tod kein Problem mehr darstellt: Denn das in einem kleinen, schwarzen Kästchen (der sogenannte kortikale „Stack“) im Nacken oder extern gespeicherte Bewusstsein eines Menschen ist potenziell unsterblich. Der Körper hingegen kann geklont werden, man wechselt seinen „Sleeve“, sobald er zerstört wird, und erhält einen Körper von der Stange oder mit besonderen Eigenschaften für Spezialaufgaben – oder eben auch nicht, alles eine Frage des Geldes und ob man gebraucht wird …

Richard Morgan – Gefallene Engel weiterlesen

Richard Morgan – Das Unsterblichkeitsprogramm

Ein neuer Stern leuchtet am Himmel der Cyberpunk-Literatur: Richard Morgan synthetisiert in seinem Debüt-Roman den guten alten Cyberpunk im Stile William Gibsons mit einer Detektivgeschichte, die aus der Feder Raymond Chandlers stammen könnte, zu einem exzellenten Cyberkrimi. „Das Unsterblichkeitsprogramm“ (Originaltitel: „Altered Carbon“, 2002) wurde mit dem |Phillip K. Dick Award| für den besten Roman des Jahres ausgezeichnet.

Im 26sten Jahrhundert – die Menschheit hat sich über die Galaxien ausgebreitet und ferne Planeten kolonialisiert – hat die Wissenschaft erreicht, was Religionen nur in Aussicht stellen konnten: |das ewige Leben|.

Richard Morgan – Das Unsterblichkeitsprogramm weiterlesen

Richard Morgan – Das Unsterblichkeitsprogramm

Vermutlich würde es uns geringfügig irritieren, wenn ein mehr als dreihundert Jahre alter Milliardär unsere Dienste als Privatschnüffler in Anspruch nähme, um dessen eigene Ermordung zu untersuchen – jemand hat ihm den Schädel mit einem Energieblaster weggepustet. Dass wir selbst gerade erst erschossen wurden, ließe die Situation dabei nicht gerade unkomplizierter erscheinen.

Was hier auf den ersten Blick ausgesprochen absurd wirkt, ist in einer gut vierhundert Jahre in der Zukunft liegenden Wirklichkeit weit weniger anormal, als man zunächst glauben möchte. In der Welt von Richard Morgans Debütroman „Das Unsterblichkeitsprogramm“ (Originaltitel: „Altered Carbon“, 2002) hat die Menschheit eine nahezu vollständige Kontrolle über Informationen und benutzt dieses Wissen unter anderem dazu, sämtliche Hirn-Inhalte zu extrahieren, zu speichern und bei Bedarf zurückzukopieren – in den meisten Fällen allerdings in einen anderen Menschenkörper. Diese sterblichen Hüllen sind daher auch zu |Sleeves| degradiert, sie werden getragen und gewechselt wie Anzüge, können gemietet, verkauft und eingelagert werden und haben zumeist höchstens nostalgischen und emotionalen Wert für den jeweiligen Träger.

Richard Morgan – Das Unsterblichkeitsprogramm weiterlesen