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Thomas Harris – Cari Mora. Thriller

Der Goldschatz des Verderbens

In Pablo Escobars Haus in Miami Beach müssen sich 25 Millionen Dollar in Kartellgold befinden. Viele Männer haben danach gesucht, aber keiner ist so skrupellos und furchterregend wie der Drogen- und Menschenhändler Hans-Peter Schneider. Er hat sich darauf spezialisiert, die gewalttätigen Phantasien anderer, wohlhabenderer Männer zu erfüllen.

Das Haus der leider inzwischen verblichenen Drogenbarons wird von Caridad Mora, der Haushälterin, in Schuss gehalten. Die Kolumbianerin ist der Terrormiliz FARC entflohen und lebt in Miami Beach zusammen mit Tante und Cousine, geduldet mit einer zeitweiligen Aufenthaltsgenehmigung. Sie bekommt es nicht nur mit Schneider zu tun, der ein Auge auf sie geworfen hat, sondern mit weiteren Dieben, die alle hinter dem Gold her sind. Bald müssen alle ihre Gegner feststellen, dass Cari über überraschend viele Überlebenstechniken verfügt – und sie zögert keine Sekunde, sie einzusetzen…
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Thomas Harris – Das Schweigen der Lämmer (Lesung)

Dieser Psychothriller mit Horrorelementen wird von Jodie Fosters deutscher Synchronsprecherin, der Schauspielerin Hansi Jochmann, gelesen (sie trat bereits in „Tatort“, „Lisa Falk“ und „Ein Fall für Zwei“ vor die Kamera). Jodie Foster spielte in der Verfilmung von „Das Schweigen der Lämmer“ die FBI-Agentin Clarice Starling. Sie stand auch in der Fortsetzung „Hannibal“ im Mittelpunkt.

Die Hörbuchfassung ist gegenüber dem Buch gekürzt worden. Aber das merkt man nicht, denn die wichtigsten Stellen befinden sich immer noch in all ihrer düsteren Pracht darin – unheilvoll wie der Totenkopffalter vor Jodie Fosters Gesicht (das Filmposter). Auffallend sind jedoch die Abweichungen gegenüber der Filmversion (mehr dazu unten).

_Handlung_

Clarice Starling (Jodie Foster) trainiert in Langley, Virginia, für die Abschlussprüfung für die Aufnahme ins FBI. Jack Crawford (Scott Glenn), der zuweilen Uni-Kurse gibt, leitet die Abteilung für Psychologie und legt Profile von Serienmördern an, darunter jenes von „Buffalo Bill“, der seine weiblichen Opfer zum Teil häutet. Crawford erteilt Clarice den Auftrag, dem psychotischen Mörder Dr. Hannibal Lecter einen Besuch abzustatten. Lecter habe so viele Geisteskranke in seiner psychotherapeutischen Praxis behandelt, da könne ihm auch Buffalo Bill untergekommen sein.

Starlings erster Besuch bei Lecter ist nicht sonderlich Erfolg versprechend. Lecter scheint ein neues Opfer gefunden zu haben, das er demütigen kann. Doch ihr Besuch führt zum Tod eines Mitgefangenen Lecters, einer engeren Bindung, die bei einem zweiten Besuch vertieft wird: Starling macht den Fehler, Lecter vom Tod ihres Vaters zu erzählen, eines Polizisten, und davon, wie es ihr später erging. Schon bald erblickt Lecter in ihr seine Fahrkarte in die Freiheit.

Buffalo Bill begeht den Fehler, die Tochter einer Senatorin, Catherine Martin, zu entführen und einzukerkern. Lecters oberster Anstaltsleiter und Gefängniswärter, Dr. Chilton, übt mit Senatorin Martins, Catherines Mutter, politischen Druck aus: Lecter soll als Gegenleistung für Informationen über Buffalo Bill in ein Hochsicherheitsgefängnis verlegt werden, so dass das FBI ausgebootet wird.

Zunächst kommt Lecter in Polizeigewahrsam nach Memphis. Doch die Sicherheitsmaßnahmen der Polizei sind zu lasch: Lecter kann sich befreien. Groteske Szenen folgen, in denen Lecter die Senatorin Martin demütigt (Lecter stammt aus den gleichen gehobenen Kreisen). Nachdem Starling ihn gegen jede Anweisung besucht und ihm von ihrem Bedürfnis erzählt hat, dass die Lämmer schweigen mögen, gibt er ihr einen entscheidenden Hinweis auf Bill. Sobald sie verschwunden ist, bricht er aus und hinterlässt fünf Leichen.

Dieses Desaster bekommen Starling und Crawford sehr zu spüren – das wird in der Romanfassung deutlich, nicht aber in der endgültigen Kinofassung. In Wahrheit macht sich Starling nun – dank Lecters Hinweisen – auf eigene Faust auf den Weg zu Buffalo Bill, während Crawford gleichzeitig einer parallelen Spur folgt. Beide suchen einen gewissen Transsexuellen namens Jame Gumb, der sich mal wegen einer Geschlechtsumwandlung an Kliniken gewandt hatte, aber abgelehnt wurde.

Showdown: Im gekürzten Hörbuch fehlt der geniale Parallelschnitt des Films. Jack Crawford und Clarice Starling jagen beide den gleichen Mann, Jame Gumb, aber an verschiedenen Orten: Crawford in der Nähe von Chicago, Starling in dem Ohio-Städtchen, aus dem das erste Opfer stammte. Als sie Jame Gumb antrifft und ihm Fragen stellt, taucht ein schwarzer Nachtfalter taucht. Sofort realisiert der Killer, dass die FBI-Beamtin ihn erkannt hat. Er stellt ihr im Keller eine Falle…

_Mein Eindruck_

Hansi Jochmann macht ihre Arbeit ausgezeichnet. Sie verleiht den Akteuren verschiedene Tonlagen und lässt sie sehr prononciert sprechen. Dr. Lecters Stimme hat etwas Hypnotisches, aber Kultiviertes, denn er war ja früher ein Psychotherapeut für die Wohlhabenden. Jack Crawford wirkt forsch, beinahe schon barsch. Leider fehlt die nuancierte Unsicherheit in der Stimme für Clarice Starling, die für die Polizeischülerin so charakteristisch ist. Was ich aber gut finde, ist, dass die CDs/Kassetten meist an einem Höhepunkt der Handlung aufhören. Man ist praktisch gezwungen weiterzuhören, um den Rest zu erfahren.

In der Hörbuchfassung gehen Crawford und Starling mehrmals auf einen FBI-Ermittler namens Will Graham ein, dessen Gesicht Hannibal Lecter zerfleischt hatte. Dieser Verweis auf die Ereignisse in „Roter Drache“ wurde aus dem Film „Schweigen der Lämmer“ getilgt. Die Neuverfilmung von „Roter Drache“ mit Anthony Hopkins kam im Oktober 2002 in unsere Kinos.

_Unterm Strich_

Jodie Fosters deutsche Stimme Hansi Jochmann lullt keineswegs ein, sondern schafft mit ihrer Lesung das Kunststück, auf beherrschte Weise den ganzen Horror und Wahnwitz dieses spannenden Stücks Literatur zu vermitteln, ohne zu den Stilmitteln eines Rufus Beck greifen zu müssen.

Natürlich setzt ein Hörbuch immer voraus, dass man genügend Geduld mitbringt. Es eignet sich ausgezeichnet für lange Autofahrten, wie sie beispielsweise Vertreter und Berater machen müssen. Ich höre AudioBooks am liebsten nach dem Essen beim Entspannen und am späten Abend, wenn ich nichts mehr lesen mag.

Umfang: 220 Minuten auf 3 CDs/MCs

_Michael Matzer_ © 2002ff

Thomas Harris – Hannibal Rising

Thomas Harris‘ Hannibal-Trilogie (mittlerweile muss man wohl Quatrologie sagen) schlug im Thriller-Genre ein wie eine Bombe. Hannibal Lecter ist der Prototyp des wahnsinnigen und intelligenten Bösewichts, der grausamer ist als viele seiner „Kollegen“ und oft kopiert, aber bislang selten (gar nicht?) erreicht wurde. Auch die Verfilmungen der drei Romane waren erfolgreich wie kaum andere Thrilleradaptionen, der Film zum zweiten Teil [„Das Schweigen der Lämmer“ 354 wurde nicht zu Unrecht als bester Film ausgezeichnet und hat in diesem Genre Maßstäbe gesetzt, die natürlich auch auf dem Erfolg des gelungenen Buches fußen.

Wie so oft, wollen Autoren ihre erfolgreichen Reihen fortsetzen, solange sich damit noch Geld machen lässt, doch leider können diese Fortsetzungen oder auch Sequels/Prequels oft genug nicht adäquat an die Erfolge der Vorgängerromane anknüpfen. Dies ist leider auch bei „Hannibal Rising“ der Fall. Doch beginnen wir am Anfang:

Zur Zeit des zweiten Weltkrieges leben der junge Hannibal Lecter und seine kleine Schwester Mischa zusammen mit ihren Eltern in der Burg Lecter in Litauen. Der einstige Reichtum der traditionsreichen Familie Lecter ist bereits vergangen, die Gemälde und Schätze der Burg Lecter wurden gestohlen und werden Hannibal zu späteren Zeiten erneut begegnen. Nazis treiben ihr Unwesen in der Gegend, und nachdem Hannibals Eltern ums Leben kamen, sind Hannibal und die kleine Mischa auf sich alleine gestellt. Als sich einige Deserteure bei den Lecters einquartieren, erlebt Hannibal die bislang schlimmste Zeit seines Lebens. Seine Schwester und er werden von den Deserteuren gequält, doch schließlich kann Hannibal entkommen.

Als man den inzwischen stummen und verstörten Jugendlichen findet, bringt man ihn in ein Waisenheim, wo Hannibal von schweren Albträumen heimgesucht wird. Seine Schwester Mischa dagegen ist verschwunden und Hannibal kann sich an nichts erinnern. Nachts quälen ihn böse Gedanken, die ihn zurück in eine düstere Scheune und zurück zu seiner Schwester führen. Doch tagsüber lässt Hannibal diese Gedanken nicht zu, aus Angst, mit ihnen nicht fertig werden zu können.

Hannibals Onkel und seine schöne japanische Frau, die Lady Murasaki, nehmen den Jungen zu sich nach Frankreich, wo Hannibal endlich wieder im Kreise seiner Familie leben kann. Hannibal fühlt sich immer mehr zu Lady Murasaki hingezogen und rächt die japanische Dame auf grausame Weise, als diese empfindlich beleidigt wird. Der Junge überspringt einige Jahre in der Schule und beginnt in jungen Jahren sein Medizinstudium, in dem er seine besonderen Talente in der Anatomie entdeckt. Nachdem er sich durch eine Wahrheitsdroge an die Dinge erinnern kann, die seiner geliebten Schwester angetan wurden, sinnt Hannibel auf Rache und wird zu dem uns bekannten Kannibalen …

Thomas Harris‘ Ansinnen, uns Hannibal Lecters Wandlung zum Kannibalen zu erklären, ist gar nicht so verkehrt. Natürlich interessiert es den Fan der vergangenen drei Bände, wie Hannibal Lecter zu dem brutalen und berechnenden Monster werden konnte, als das wir ihn ab dem „Roten Drachen“ antreffen. Doch leider verpackt uns Thomas Harris diese spannenden Informationen in einem Roman, der jeglichen Spannungsbogen vermissen lässt und mir schier endlos vorkam. Stilistisch fällt „Hannibal Rising“ damit völlig aus dem Rahmen und will sich so gar nicht in die Hannibal-Reihe einfügen. Harris bemüht sich in diesem Prequel, uns Hannibal als kleinen noch unschuldigen Jungen zu präsentieren, der glücklich in seiner Familie aufwächst und einen Narren an seiner kleinen Schwester gefressen hat. Doch diese menschliche Seite ist es gar nicht, die man uns noch vorstellen muss, da wir diese durchaus kennen. Immerhin hat Hannibal gegenüber Clarice Starling schon oft genug Sympathie und menschliche Gefühle gezeigt.

Hannibals schlimme Kindheit breitet uns Thomas Harris in nahezu epischer Breite aus, ohne dabei aber auf den Punkt zu kommen. Immer wieder deutet Harris an, dass Mischa etwas Schreckliches passiert sein muss, doch kann man als Leser natürlich bereits ahnen, was die Deserteure mit ihr angestellt haben müssen, um Hannibals Wandlung zu einem Kannibalen zu erklären. Die stärksten Szenen im Buch sind meiner Meinung nach diejenigen, als wir den kleinen Hannibal als verstörten und stummen Jungen im Waisenheim treffen, der von Alpträumen geplagt wird und sich ständig fragt, was bloß aus seiner Schwester geworden ist, die auf mysteriöse Weise verschwand. In manchen Situationen blitzt bereits Hannibals aggressiver Charakter hervor, doch dominiert hier noch Hannibals verletzliche Seite, die schlussendlich zu seiner grausamen Wandlung führt.

Leider häufen sich im weiteren Verlauf des Buches die Ungereimtheiten, die uns kaum oder gar nicht erklärt werden. Mir ist beispielsweise Hannibals merkwürdige Liebe zu Lady Murasaki, die scheinbar auch noch erwidert wird, nicht wirklich klar geworden. Wieso die glücklich verheiratete Lady Murasaki sich zu einem Jugendlichen hingezogen fühlt, von dem sie weiß, dass er mindestens ein Menschenleben auf dem Gewissen hat, lässt Thomas Harris weitgehend im Dunkeln.

Insgesamt zieht sich der Plot zäh wie Kaugummi und mag nicht so recht mitreißen. Hannibals spätere Seelenqualen lassen uns bei der Lektüre ziemlich kalt, seine Charakterzeichnung fand ich in allen drei anderen Romanen weitaus faszinierender und authentischer. Wie Hannibal zum Kannibalen werden konnte, lässt sich praktisch in einem Satz zusammenfassen, doch nimmt Thomas Harris sich 345 Seiten lang Zeit, um uns dies in allen Einzelheiten darzulegen. Mich konnte diese Vorgehensweise nicht überzeugen, zumal ich den Stilbruch nicht gelungen fand. Von Thomas Harris und von Hannibal Lecter erwarte ich packende und gruselige Spannung, da erwarte ich einen Roman, der mich von der ersten Seite an mitreißt und mir kalte Schauer über den Rücken laufen lässt. Nichts davon ist bei „Hannibal Rising“ eingetreten. Schade, aber ich fand Thomas Harris‘ Versuch, uns Hannibal Lecters Vergangenheit näher zu bringen, ziemlich misslungen und hoffe nun eher auf eine Fortsetzung, die sich wieder Hannibals Zukunft widmet.

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