Schlagwort-Archive: William Gibson

William Gibson – Idoru (Idoru 02)

Grenzgänger in Tokio: eine Warnung

Die Idoru- bzw. Bridge-Trilogie handelt im Allgemeinen von den Anfängen der Cyberspace-Technologie und spielt einerseits an der amerikanischen Westküste, in einem Kalifornien, das sich nach einem Erdbeben in die zwei separaten Staaten NoCal und SoCal aufgeteilt hat, andererseits in einem Tokio, das durch Nanotechnologie wiedererrichtet wurde, nachdem es ebenfalls durch ein Erdbeben Schaden genommen hatte.

Die verschiedenen Teile der Brücken-Trilogie teilen sich ein Grundrepertoire an Figuren: Die wichtigsten sind der Fahrer „Berry“ Rydell und die Fahrradkurierin Chevette Washington. Der Computerhacker Colin Laney, der die mysteriöse Fähigkeit besitzt, Muster aus weiten Datenfeldern herauszulesen, kommt in All Tomorrow’s Parties und in Idoru vor. Ein anderer wiederkehrender Charakter ist die virtuelle „Idoru“ namens Rei Toei.

Das Wort Idoru (eigentlich aidoru) ist eine japanische Umformung von „Idol“. (Wikipedia.de)

Der Erfinder des Begriffs „Cyberspace“ wirft – nach „Neuromancer“ und „Virtuelles Licht“ – einen weiteren Blick in die nahe Zukunft: diesmal in die der Medien und Virtuellen Realität.

Der Autor
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William Gibson – Virtuelles Licht (Idoru 01)

Die Bridge-Trilogie handelt im Allgemeinen von den Anfängen der Cyberspace-Technologie und spielt einerseits an der amerikanischen Westküste, in einem Kalifornien, das sich nach einem Erdbeben in die zwei separaten Staaten NoCal und SoCal aufgeteilt hat, andererseits in einem Tokio, das durch Nanotechnologie wiedererrichtet wurde, nachdem es ebenfalls durch ein Erdbeben Schaden genommen hatte.

Die verschiedenen Teile der Brücken-Trilogie teilen sich ein Grundrepertoire an Figuren: Die wichtigsten sind der Fahrer „Berry“ Rydell und die Fahrradkurierin Chevette Washington. Der Computerhacker Colin Laney, der die mysteriöse Fähigkeit besitzt, Muster aus weiten Datenfeldern herauszulesen, kommt in All Tomorrow’s Parties und in Idoru vor. Ein anderer wiederkehrender Charakter ist die virtuelle „Idoru“ namens Rei Toei.

Das Wort Idoru (eigentlich aidoru) ist eine japanische Umformung von „Idol“. (Wikipedia.de)

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William Gibson / Simon Jaspersen – Cyberspace. Drei Lesungen

Cool & bizarr: Einbruch ins Cyber-Universum

Mit seinen Erzählungen läutete der in Kanada lebende Amerikaner William Gibson Anfang der achtziger Jahre die Bewegung des Cyberpunk ein, die mit fast allen Konventionen der damals darniederliegenden Sciencefiction aufräumte und dem Genre neue Kraft einflößte. Er arbeitete dabei keineswegs allein, sondern zusammen mit maßgeblichen Autoren wie Bruce Sterling und John Shirley, die heute noch Romane und Erzählungen schreiben und regelmäßig mit Preisen und Nominierungen bedacht werden.

Ist es daher ein Wunder, dass sich Hollywood-Drehbuchautoren auf Gibsons Erfolge besinnen und Studiobosse bzw. Regisseure eine Story nach der anderen verfilmen (lassen)? „Johnny Mnemonic“ und „New Rose Hotel“ wurden bereits verfilmt, bei „Chrom brennt“ ist es nur noch eine Frage der Zeit. Diese drei Erzählungen werden von David Nathan vorgelesen.
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William Gibson – Mustererkennung. Zukunftsroman


Die Jagd des Coolhunters

Seit einiger Zeit tauchen im Internet geheimnisvolle Filmclips auf, die weltweit einen Kult ausgelöst haben. Tausende von Usern sind süchtig nach ihnen. Auch Cayce Pollard fiebert jedem neuen Clip entgegen. Sie arbeitet als Coolhunterin: Sie verfügt über die besondere Fähigkeit, bereits im Vorfeld zu erspüren, ob ein Firmenlogo dem Geschmack einer Käuferzielgruppe entspricht und dazu taugt, einen Markennamen durchzusetzen. Sie fragt sich, was hinter diesen Clips steckt. Wie gehören die einzelnen Szenen zusammen? Was bedeuten und woher stammen sie? Ihre Recherche führt sie ins Machtzentrum unserer globalisierten Gesellschaft.

Der Autor
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William Gibson / Bruce Sterling – Die Differenzmaschine. Steampunk-Roman

Die Computer-Rebellen des 19. Jahrhunderts

William Gibson hat sich einen Ruf als Moralist der Science-Fiction erworben, hier bestätigt er ihn. Zusammen mit Bruce Sterling vernichtet er den Mythos von einer heilsbringenden Herrschaft der Computer, ja die Vorstellung von einer Future History der Menschheit überhaupt. Daher sollte dieses Werk keinesfalls unterschätzt werden.

Dieser Roman ist dem so genannten „Steampunk“ zuzurechnen: Elektronik, Magie, Zeitreise, d. h. alle möglichen SF-Themen finden im 19. Jahrhundert statt in der Zukunft oder Gegenwart ihre Anwendung. Und im 19. Jahrhundert dient den Autoren das London von Charles Dickens als Schauplatz der Handlung.
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William Gibson – Agency (Jackpot-Trilogie Band 2)

Die PR-Agenten und ihre Kampfdrohne

San Francisco 2017. Die App-Flüsterin Verity Jane testet im Auftrag eines mysteriösen Start-ups ein neues Produkt: Eunice, eine Künstliche Intelligenz, die sich rasant weiterentwickelt und auch schon mal die eine oder andere Geldübergabe einfädelt.

Währenddessen arbeiten in London – ein Jahrhundert voraus – Wilf Netherton und seine Chefin Ainsley Lowbeer daran, mit Hilfe von Eunice, ihrer Software-Agentin, Veritys Welt vor einem drohenden Atomkrieg zu bewahren. Doch plötzlich ist Eunice verschwunden… (erweiterte Verlagsinfo)
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William Gibson – Neuromancer (Lesung)

„Case ist 24 und seine Karriere am Ende. Das Nervensystem des abgehalfterten Daten-Cowboys ist zerstört, er hat keinen Zugang mehr zur Matrix des Cyberspace. Bis er Molly kennen lernt, eine durch Implantate getunte Kämpferin. Ein unerwarteter Auftrag führt sie in die gefährliche Auseinandersetzung zwischen den künstlichen Zwillings-Intelligenzen Neuromancer und Wintermute …“ (Klappentext)

Der Autor

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William Gibson – Neuromancer. Zukunftsroman

William Gibson ist einer der bedeutendsten Science-Fiction-Autoren der letzten zwanzig Jahre. Er hat, wie kein anderer SF-Autor, in kürzester Zeit Kultstatus erlangt. Sein Erstlingswerk „Neuromancer“ wurde mit dem |Nebula Award|, dem |Hugo Award|, dem |Locus Award| und dem |Philip K. Dick Memorial|-Preis ausgezeichnet.

William Gibson entführt seine Leser in eine Welt immanenter, teils futuristischer Technik, die sich aber von ihrem sozialen und politischen Gefüge her kaum von unserer wirklichen Welt unterscheidet – multinationale Megakonzerne beherrschen die Wirtschaft und die Politik; die Ballungsräume haben sich zu immer größeren, geschwürartigen Gebilden entwickelt, bis sie irgendwann zusammengewachsen sind; ein sehr großer Teil der Bevölkerung lebt in den Randgebieten des Sprawl – in den Slums – und kämpft ums Überleben. Einige von ihnen haben sich die Technik zu Nutze gemacht und verdienen ihr Geld mit Datendiebstahl und Industriespionage.

|“Cyberpunks nennen sich die Computerfreaks mit implantierter Elektronik im Schädel, allesamt verrückt und süchtig nach irren Abenteuern jenseits der Realität. Die Direktschaltung von Gehirn und Computer verheißt Allgegenwart und nie dagewesene Sensationen. Eine neue Welt tut sich auf, intensiv wie ein elektrischer Schock.“| (Bruce Sterling)

Case war ein solcher Cyberpunk. Mit 22 Jahren war er einer der besten Deckjockeys im Sprawl – ein |Cowboy|, wie er es nannte. Er war ein Dieb, der für die großen, reicheren Diebe arbeitete. Seine Auftraggeber beschafften ihm die Software, die er benötigte, um in die riesigen Industrie-Komplexe mit ihren geheimen Forschungslaboratorien einzubrechen und dort all jene Daten zu stehlen, an denen sie interessiert waren.
Dann machte er den klassischen Fehler. Case behielt etwas von dem zurück, was ihm nicht gehörte. Er wollte das große Geld machen – und zwar schnell. Sie kamen ihm auf die Schliche, fanden ihn und bestraften ihn auf eine Art, die für Case schlimmer war als der Tod. |“Sie schädigten sein Nervensystem mit einem russischen Mykotoxin aus Kriegszeiten. In einem Hotel von Memphis ans Bett gefesselt, halluzinierte er dreißig Stunden lang. Mikron für Mikron brannte sein Talent aus. Der Schaden war gering, unauffällig, aber äußerst wirksam.“ (S. 14/15)| Seit dieser Nacht war der Cyberspace nur noch eine Erinnerung, ein Traum. Die Ärzte in den schwarzen Kliniken hatten seine Verstümmelung bestaunt, doch sie konnten ihn nicht heilen.

Darauf folgte der soziale und gesellschaftliche Abstieg. Er begann Drogen zu nehmen, Speed und Alkohol, und steigerte sich in eine akute Suizidgefahr hinein. Case stand mit einem Mal am Rande der Gesellschaft und agierte hart an der Grenze zur Unterwelt. Er war nur ein kleiner Gauner unter vielen.
|Heute| ist Case 24 Jahre alt. Er ist ein Punk, der orientierungslos einen Leitfaden durch sein Leben sucht. Case versucht den Eindruck zu erwecken, er habe mit seinem |früheren| Leben abgeschlossen, doch Drogen und mehr oder weniger unmotivierter Sex vermögen ihm nicht zu geben, was er außerhalb des Cyberspace entbehren muss.. |“(…) Der Körper war nur Fleisch. Case wurde ein Gefangener des Fleisches.“ (S. 15)|

Er ist einer der unzähligen Straßendealer in Ninsei, den Slums von Chiba City. Er schläft in den billigsten Absteigen und schlägt sich mit illegalen Geschäften für das organisierte Verbrechen und manchmal auch mit Mord durchs Leben. Die neuen Yen, die ihm seine Deals einbringen, investiert er direkt in den nächsten Auftrag und in Drogen.

Eines Abends tritt Molly in sein Leben. Molly ist eine kybernetisch aufgewertete Straßenkämpferin mit implantierten Linsen und Nagelmessern. Ihr Job ist es, Case zu ihrem Auftraggeber Armitage zu bringen – nur um zu reden, wie sie ihm versichert. Armitage unterbreitet ihm einen interessanten Deal. Er will Case’s Nervenschäden in einer illegalen Klinik heilen lassen, wenn dieser dafür einen Auftrag im Cyberspace übernimmt. Anfänglich zögert Case, da er zu oft enttäuscht wurde. Sein altes Leben wieder zum Greifen nah, willigt er dann aber doch ein, da er der Verlockung, endlich wieder den Cyberspace betreten zu können, nicht widerstehen kann …

Der Autor

William Gibson wurde am 17. März 1948 in Convay, South Carolina (USA), geboren. Nachdem 1966 seine Mutter starb, verließ er im Alter von 19 Jahren die USA und zog, um sich der Einberufung in den Vietnamkrieg zu entziehen, nach Toronto (Kanada). Seit 1971 wohnt er in Vancouver, British Columbia (Kanada).

Auf der |University of British Columbia| begann William Gibson zu schreiben. 1977 verkaufte er, zu Beginn der Punkbewegung, seine Kurzgeschichte „Fragments of a Hologram Rose“ (später im Heyne-Verlag veröffentlicht in der Kurzgeschichtensammlung „Cyberspace“) an die wenig verbreitete Zeitschrift UnEarth.

Er begründete den Begriff |Cyberspace| und beschrieb die |Virtuelle Realität| (VR) und das |Internet|, bevor die meisten Menschen deren Existenz auch nur erahnten.

Der Cyberspace ähnelt im Großen und Ganzen unserem heutigen Internet. Während man, um das Internet zu benutzen, vor einem Bildschirm sitzt und seine Daten via Tastatur und Maus eingibt, |’steckt’| der User in Gibsons Vorstellung jedoch nur noch |’ein’|, worauf sein Geist in den Cyberspace eintaucht und dort agiert. Die Visualisierung basiert auf der Technologie der virtuellen Realität, die auf eine abstrakte Art und Weise an die reale Welt angelehnt ist.
Der Cyberspace wird z.B. genutzt, um Geschäftsprozesse von jedem Ort auf der Welt für die berechtigten Benutzer zugänglich zu machen. Aus den Mauern der realen Industriekomplexe und Banken werden im Cyberspace unsichtbare Mauern aus EIS (Elektronisches Invasionsabwehr-System). Auch hier gibt es, wie in der Realität, technische Möglichkeiten, diese Abwehrmechanismen zu umgehen. Genau wie in der realen Welt, treiben auch im Cyberspace Gauner, Diebe und Industriespione ihr Unwesen. Ihre Werkzeuge sind nur nicht mehr Dietrich und Schneidbrenner, sondern eigens zum Durchbrechen der Mauern aus EIS geschriebene Computerviren.

In Gibsons Vorstellung kann ein Deckjockey im Cyberspace auch sterben. Die Idee, welche dahintersteht, ist, dass, wenn der Geist im Cyberspace angegriffen und |getötet| wird, eine Rückkopplung erfolgt, die das Gehirn im wahrsten Sinne des Wortes grillt. Es besteht also ein gravierender Unterschied zwischen unseren heutigen Computerspielen, z.B. in Virtual-Reality-Cafés, und Gibsons Cyberspace. Wenn ein Deckjockey im Cyberspace einen schwerwiegenden Fehler begeht, dann wird kein virtuelles Leben abgezogen und es gibt auch keinen Schriftzug |Game Over|, der in roter Schrift im Blickfeld aufblinkt, der Deckjockey stirbt einfach – sowohl in der virtuellen als auch in der realen Welt.

Als Hommage an Gibsons „Neuromancer“ entstand das Pen&Paper-Rollenspiel „Cyberpunk“, welches in der düsteren Welt von „Neuromancer“ spielt.

William Gibson gilt auch als Begründer einer neuen literarischen Strömung in der Science-Fiction, dem |Cyberpunk| oder – in Anlehnung an „Neuromancer“ – der |Neuromantik|.

Der Titel „Neuromancer“ ist ein Wortspiel zu |Necromancer| (dt.: Nekromant), was soviel wie Geisterbeschwörer bedeutet, und |neuro|, also Nervensystem. Case, der Protagonist der Geschichte, ist ein zeitgenössischer, in naher Zukunft angesiedelter Zauberer. Seine Hexerei besteht darin, das menschliche Nervensystem mit dem elektronischen neuronalen Netzwerk der Computerwelt zu |interfacen| und diese zu manipulieren bzw. von ihr manipuliert zu werden. Dieser Gedanke folgt analog dem wechselwirkenden Eintritt eines Schamanen in traditionelle mystische Bereiche (die Geisterwelt) mittels Drogen und/oder Trance.

Das Genre ist geprägt vom Lebensgefühl der Punkkultur, die sich in einer modernen, von Elektronik geprägten Welt wiederfindet. Im Mittelpunkt steht ein Computernetzwerk ähnlich unserem Internet, der Cyberspace oder auch die Matrix, welches dem Menschen mittels Interfaces ein völlig neues Terrain eröffnet.

William Gibson verbindet in seinen Romanen zwei Strömungen der Science-Fiction, die |Hard SF| und die |New Wave| der siebziger Jahre. Seine wissenschaftlich-technische Extrapolation entstammt der Hard SF, während seine stilistische Ausführung New Wave pur ist, das heißt, er schreibt gesellschaftskritisch mit einem romantischen Impuls und er bedient sich des in der New Wave verwendeten Archetypus der Protagonisten.

Die Hard SF zeichnet sich durch einen logischen Positivismus, traditionelle moralische Werte und ein wissenschaftliches Weltbild aus. Streng wissenschaftlich orientiert, werden in simpler, transparenter Erzählkunst die Geschichten gestählter Könnertypen und gefühlloser Technikmenschen dem Leser nahe gebracht. Die Archetypen dieser Stilrichtung sind beispielsweise Computerhacker oder Weltraumkommandanten, die meist aus mittelständischen oder aristokratischen Gesellschaftsschichten stammen.

Aus der Sicht der Hard-SF-Autoren vertreten die Autoren des New Wave eine nihilistische, gegen Wirtschaft und Technik gerichtete Einstellung.

Die New Wave hingegen begründet sich auf ein |gesundes| Volksempfinden, welches sich in der Rebellion gegen Establishment und Krieg manifestiert. Sie steht für sexuelle Befreiung und einen kulturellen Pluralismus, aus dem sich ein charakterologischer Realismus ergibt, der sich auch in den Archetypen, wie z. B. Hippies oder Punks widerspiegelt. Stilistische Experimente, wie z. B. Slang oder mehrere Erzählstränge und ein starker romantischer Impuls, der sich in der Einbeziehung und Beschreibung des Banden- und Straßenmilieus offen zeigt, runden das Bild der New Wave ab.
Die New-Wave-Autoren werfen den Autoren der Hard SF vor, sie seien naiv, da sie zu glauben scheinen, ein Aufschwung in Wirtschaft und Technik müsse eo ipso zur Verbesserung der menschlichen Bedingungen beitragen.

Die Merkmale dieser beiden Strömungen galten lange Zeit als unvereinbar. Doch Gibsons Werke scheinen genau den Nerv der Zeit zu treffen. Er vereinigt in seinen Romanen eine komplexe Synthese der Popkultur mit High-Tech und einem fortgeschrittenen Schreibstil. Seine Werke beheimaten dichte und bizarre Storys, eine kantige und düstere Leidenschaft und intensive Detailfreude. Hervorzuheben sind dabei neben der Neuromancer-Trilogie, welche durch „Count Zero“ (Biochips) und „Mona Lisa Overdrive“ komplettiert wird, die |Sprawl-Serie|, zu der die Kurzgeschichten „Johnny Mnemonic“, „New Rose Hotel“ und das fabelhafte „Burning Chrome“ gehören. Die Charaktere sind ein Sammelsurium aus Verlierern, Gangstern, Abtrünnigen, Ausgestoßenen und Irren, mit denen man sich durchaus zu identifizieren vermag. Gibson schreibt von |normalen| Menschen, die sich in unserer technisierten Welt zurecht finden müssen und nicht von den unfehlbaren |Super|-Helden aus gehobenen gesellschaftlichen Schichten, wie es die Hard SF bevorzugt.

Im Vorwort von „Cyberspace“ schreibt Bruce Sterling über Gibsons Erzählungen:

„(…) In seiner Welt ist die Wissenschaft kein Wunderbrunnen schrulliger Genies, sondern eine allgegenwärtige, alles durchdringende, greifbare Kraft.
Die Geschichten zeichnen ein Bild der modernen Misere, das ein jeder auf den ersten Blick erkennt. Gibsons Extrapolationen führen uns mit überspitzter Klarheit den verborgenen Teil eines Eisbergs sozialen Wandels vor. Dieser Eisberg treibt mit finsterer Majestät durchs späte zwanzigste Jahrhundert, aber seine Proportionen sind gewaltig und düster.“

Gibsons Schreibstil, die kantige und düstere Leidenschaft seiner Geschichten, spiegelt sich in der Passage auf der ersten Seite des Buches wider. Er nutzt nicht nur in der wörtlichen Rede, sondern auch bei seinem Erzählstil eine Syntax, die dem Straßenslang sehr nahe kommt. Hier zeigt sich der Impuls des New Wave, der in Gibsons Geschichten eine große Rolle spielt.

Case schloss die Augen.
Fand den geriffelten EIN-Schalter.
Und in der blutgeschwängerten Dunkelheit hinter den Augen wallten silberne Phosphene aus den Grenzen des Raumes auf, hypnagoge Bilder, die wie ein wahllos zusammengeschnittener Film ruckend vorüberzogen. Symbole, Ziffern, Gesichter, ein verschwommenes, fragmentarisches Mandala visueller Information.
Bitte, betete er, jetzt …
Eine graue Scheibe, Himmelsfarbe von Chiba.
Jetzt …
Die Scheibe begann zu rotieren, immer schneller, wurde zur hellgrauen Sphäre. Weitete sich.
Und floß, entfaltete sich für ihn. Wie ein Origami-Trick in flüssigem Neon entfaltete sich seine distanzlose Heimat, sein Land, ein transparentes Schachbrett in 3-D, unendlich ausgedehnt. Das innere Auge öffnete sich zur abgestuften, knallroten Pyramide der Eastern Seabord Fission Authority, die leuchtend hinter den grünen Würfeln der Mitsubishi Bank of America aufragte. Hoch oben und sehr weit entfernt sah er die Spiralarme militärischer Systeme, für immer unerreichbar für ihn.
Und irgendwo er, lachend, in einer weiß getünchten Dachkammer, die fernen Finger zärtlich auf dem Deck, das Gesicht mit Freudentränen überströmt.
in Liebe für Deb,
die es möglich gemacht hat

Mir liegen noch ein paar Worte zur deutschen Übersetzung auf der Seele.

Zum Einen wirkt es ein wenig befremdlich, wenn man anstelle des weit verbreiteten Begriffes |Cyberspace| immer wieder |Kyberspace| lesen muss. Noch schlimmer kann man ein englisches Wort wohl kaum verunstalten – das erste Teilwort auf Deutsch und das zweite weiterhin auf Englisch. Nun gut, diese Übersetzung ist in der Mitte der achtziger Jahre entstanden und so mag man es dem guten Reinhard Heinz nachsehen, aber ehrlich gesagt, habe ich mich da im gesamten Buch nicht dran gewöhnen können.

Dieser Hirnverdreher ist zwar in der neuen Auflage behoben, dafür ist aber der gesamte Sprachstil |geglättet| worden. Meiner Meinung nach verliert der Roman dadurch viel an Atmosphäre. Da „Count Zero“ (Biochips) und „Mona Lisa Overdrive“ nicht mehr einzeln erhältlich sind, wird sich der geneigte Leser ein Bild davon machen können, wenn er die neue Fassung mit der alten vergleicht. Ich empfehle wirklich, den ersten Roman in der älteren Übersetzung zu lesen.
Leider tritt das gleiche Phänomen auch bei der Kurzgeschichtensammlung „Cyberspace“ auf und auch hier verlieren die Geschichten an Atmosphäre.

Alles in allem ist dieses Buch in jedem Falle ein Leckerbissen für alle „Cyberpunk“- und „Shadowrun“-Rollenspieler, aber auch alle Nicht-Rollenspieler, die sich an diesem Genre erfreuen, werden ihre helle Freude daran haben.

Siehe ergänzend dazu Michael Matzers Rezension zum Hörspiel.

Pat Cadigan – Alien³ Der Roman nach dem Drehbuch von William Gibson

Mit knapper Not sind Ripley, Newt, der Androide Bishop und der schwer verletzte Corporal Hicks den Xenomorphen entkommen. Auf dem Rückweg vom Planeten LV-426 docken sie mit der Sulaco an der Raumstation Anchorpoint an, in Sicherheit sind sie deshalb aber noch lange nicht. Kaum haben die Marines die Sulaco betreten, um sie zu inspizieren, werden sie angegriffen. In höchster Bedrängnis können sich die Soldaten mit den Neuankömmlingen nach Anchorpoint zurückziehen. Doch dann kommen Gerüchte über eigenartige Experimente auf, die auf der Raumstation durchgeführt werden. Experimente, die ein Geschöpf hervorbringen könnten, das schrecklicher ist als alles, dem sich Ripley, Newt, Bishop und Hicks je entgegenstellen mussten …

Jetzt schon ein einzigartiges Werk der Science-Fiction – Hugo-Award-Preisträgerin Pat Cadigan hat aus dem nie verfilmten Drehbuch von William Gibson einen bis zur letzten Zeile fesselnden Roman gemacht.
(Verlagsinfo)

Wir erinnern uns:
Ein Facehugger verursacht einen Brand im Raumschiff Sulaco, wodurch die kälteschlafenden Passagiere in einer Rettungskapsel ausgestoßen werden und auf einem Strafplaneten notlanden. Corporal Hicks stirbt bei dieser Notlandung ebenso wie das Mädchen Newt, die in ihrer Kälteschlafkammer ertrinkt. Ripley überlebt als einzige – und natürlich der Facehugger, der seinerseits rasch ein Opfer in dem Rottweiler der Strafkolonie findet. Nun nimmt alles seinen Gang: Ripley wird von dem Alien verschont, da sie den Parasiten einer Königin trägt. Und in letzter Minute gelingt es ihr, dem Zugriff der gößenwahnsinnigen Firma Weyland-Yutani durch Tod zu entkommen.

Neu im Vergleich zu den beiden Vorgängern war hier die Erkenntnis, dass die Aliens auch Hunde befallen können, ihre Königin langsamer heran wächst und Weyland-Yutani immer noch nicht genug hat. Ansonsten ist der Film im Grunde nur ein Platzhalter zwischen Teil zwei und vier, und im krassen Gegensatz dazu siehtdas Drehbuch von William Gibson radikaleVeränderungen auf Seiten der Xenomorphen vor. Dies kann man nun in Pat Cadigans Roman nachlesen.

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