Lina Rather – Schwestern des ewigen Schwarz



Vor Jahren sandte die Erde Ordensschwestern in die weit entfernte Dunkelheit des kolonisierten Weltalls aus, bewaffnet nur mit Kruzifixen und eisernem Glauben. Jetzt befinden sich die Schwestern des Ordens der Heiligen Rita in interstellarer Mission auf einem lebenden, atmenden Schiff, das entschlossen scheint, einen eigenen Willen zu entwickeln. Als der Orden einen Notruf von einer neu gegründeten Kolonie erhält, entdecken die Schwestern, dass nicht nur das Seelenheil ihrer weit verstreuten Gemeinde auf dem Spiel steht. Es droht tödliche Gefahr – und diese geht nicht zuletzt von der eigenen Kirche aus …

(Verlagsinfo)

Missionierende Nonnen im Weltraum? Diese Idee ist nicht unbedingt neu, wurde in unterschiedlichsten Interpretationen mit unterschiedlichsten Ergebnissen nicht selten formuliert – preisgekröntes Beispiel etwa Mary Doria Russel mit „Sperling“ oder aus jüngerer Vergangenheit Kai Meyer mit der Trilogie um die Maschinengötter. Auch der vorliegende Roman wird als erster Teil beworben, erscheint mit 155 Seiten nun jedoch ziemlich schmal. Diesen Umfang benötigen manche Autoren zumindest, um ihre Prämisse zu formulieren. Was erwartet uns Lesende also in diesem dünnen Büchlein, dass es als eigenständiger Band Bestand haben kann?

LINA RATHER ist eine preisgekrönte Sci-Fi-Autorin, die sich vor allem durch zahlreiche Kurzgeschichten einen Namen machte. Für ihren Debut-Roman Schwestern des Ewigen Schwarz wurde sie mit dem Golden Crown Literary Society Goldie Award ausgezeichnet. Wenn Lina nicht gerade schreibt, kocht sie gerne übertrieben aufwendige Rezepte, studiert Geschichte und sammelt coole Steine. Man findet sie auf Twitter oder Instagram unter @LinaRather.
(Verlagsinfo)

Es entfaltet sich bereits auf den ersten Seiten ein komplexer Raum. Die Schwesternschaft ist in einem lebenden Raumschiff unterwegs, und das Eingangsproblem betrifft nicht ihre Mission oder innere Zwistigkeiten, sondern die Biologie des Raumschiffs selbst, das als geweihtes Gefährt des Klosters zuerst einmal den gleichen Regularien unterworfen zu sein scheint, wie die menschlichen Mitgliederinnen – als da an dieser Stelle am Wichtigsten wäre: Das Keuschheitsgelöbnis. Denn das lebende Raumschiff drängt es nach Fortpflanzung, und hier tut sich ein erster theologischer Konflikt auf.

Dies ist allerdings nur ein winziger Nebenschauplatz der Geschichte, hat jedoch seine Daseinsberechtigung und seine Auswirkungen, wie könnte es bei diesem dicht gewebten Erzählen auch anders sein. Jede Begegnung, jede Begebenheit flicht am engen Gewebe des Geschichtenteppichs mit und es ist nun eigentlich nicht überraschend, aber doch beeindruckend zu sehen, wie zum Ende hin alles ineinander greift und seinen Sinn für die Geschichte offenbart. So wirkt es anfangs – im Verlassen auf die Erfahrungen, die wir Lesenden im Laufe unserer Karriere machen mussten – wie ein ausschließlich der technischen Charakterisierung geschuldetes, beliebiges Merkmal, dass die Ehrwürdige Mutter ein Schweigegelübde abgelegt hat und niemand an Bord ihre Stimme kennt. Es passt schlussendlich hervorragend in das Gesamtbild und erzeugt noch den letzten Twist vor dem abschließenden Abflauen der Spannung.

Erneut nur ein Beispiel für die hohe Dichte der Erzählung. Auch bei anfänglicher Skepsis, was dieses Werk, das aus hierzulande noch unbekannter Quelle (Autorin) und auf sich erst entwickelnder Plattform (Verlag) erscheint, mit seinem untypisch geringem Umfang und dem nicht gerade strahlenden Titelbild denn inhaltlich zu bieten habe, gelingt es der Autorin damit unaufhaltsam, uns Lesende abzuholen und das Bild der Geschichte effektiv aufzurollen. Die Missionierung spielt im Übrigen nur für einen Konterpart eine Rolle, die Geschichte selbst kann als ziemlich großer Konflikt zwischen Religionen, Staatsmächten und dem Volk angesehen werden.

Technische Details der Funktion eines lebenden Raumschiffs oder der Entfernungen im Weltraum wird man allerdings hier nicht finden. Es gibt Erwähnungen auf einen Ausbreitungsstand der Menschheit auf zumindest vier Sonnensysteme, jedoch wird nicht klar, ob sich ein Raumschiff zwischen den Systemen zu bewegen vermag oder sich die gesamte Handlung innerhalb eines dieser Sonnensysteme ereignet. Die Begrifflichkeiten sind hier auch nicht einheitlich, jedoch spielt das keine außerordentliche Rolle und soll dem Erlebnis keinen Abbruch tun.

Insgesamt liegt hier ein Roman vor, der eben nicht hunderte Seiten zur Ausbreitung seiner epischen Wucht benötigt. Jedes Wort webt ein Muster, und so ist es doch eine Überraschung, gerade auch im Vergleich mit heute erscheinenden dickbäuchigen Büchern, auf diesem knappen Raum eine vollwertige und aussagekräftige Geschichte erzählt zu bekommen. Und obwohl sie abgeschlossen erscheint, freue ich mich auf den zweiten Band.

Paperback
Deutsche Erstausgabe
155 Seiten
ISBN 9783833241826
22. Februar 2022
Originaltitel: ‎
Sisters of the Vast Black (Our Lady of Endless Worlds)
Deutsch von Claudia Kern

Das Buch beim Verlag
Hier bietet der Verlag auch eine Leseprobe an.
Autorenhomepage: https://linarather.com/

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