Robert Corvus – Sternenbrücke



Bei der Detonation einer Sternenbrücke geht das Raumschiff von Yul Debarras Frau im Hyperraum verloren. Seitdem zweifelt Yul am Sinn seines Lebens, doch dann erhält er ein einmaliges Angebot: Als Bordarzt heuert er auf einem Raumschiff der Starsilver Corporation an, das die zerstörte Sternenbrücke reparieren soll. Yul nimmt den weiten Unterlichtflug in Kauf, da er hofft, so etwas über das Verschwinden seiner Frau herauszufinden. Doch wird er nach eineinhalb Jahrhunderten in einer Kälteschlafkammer wirklich das im Zielsystem vorfinden, was er sich erhofft hat?

(Verlagsinfo)

Yul lebt in einer Welt, in der es keine Nationalstaaten mehr gibt. Allerdings gibt es gigantische Konzerne, die den Status der Regierung übernommen haben. Hier wird der Angestellte nach Produktivität eingestuft, und offensichtliches Zeichen seiner Stellung ist ein farbiger Speicherkristall, der in die Stirn eines jeden Menschen eingelassen wird. So weiß jeder sofort über den Status seines Gegenüber Bescheid.

Die Implikationen dieser Situation lassen sich leicht extrapolieren aus heutiger Sicht, und so veranschaulicht Robert Corvus im ersten Abschnitt die verfahrene Situation des Protagonisten, der als Arzt eine eigentlich angesehene Stellung innehaben könnte, jedoch aufgrund persönlicher Schicksalsschläge abgestürzt ist.

Robert Corvus, geboren 1972 als Bernd Robker, lebt in Köln. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker war in verschiedenen internationalen Konzernen als Strategieberater und Projektleiter tätig. Corvus ist Metalhead, Kinofan und Tänzer. Er veröffentlichte zahlreiche Romane in den Reihen »Das schwarze Auge« und »Battletech« sowie einen apokalyptischen Vampirthriller. Mit der Trilogie »Die Schattenherren« und dem Einzelroman »Schattenkult« etablierte er sich auf der dunklen Seite der Fantasy. Zuletzt erschienen sein Science-Fiction-Roman »Das Imago-Projekt« sowie sein High-Fantasy-Epos »Berg der Macht«.
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Im vorliegenden Text wird anfangs in den bekannten seichten Gewässern des Cyberpunk gefischt und eine Situation erzeugt, in der der Protagonist ein Angebot annimmt, das ihn aus seiner Lage befördern und befähigen soll, dem realen Dasein endgültig zu entfliehen. Diese Exposition ergeht sich über gut die Hälfte des Romantextes, bis Yul mit einem Raumschiff zu den Sternen aufbricht, um die Sternenbrücke zu errichten.

In diesem Part erhalten wir einen knappen Streifzug durch das Leben an Bord eines Raumschiffs, jedoch kommt es kaum zu deutlichen Bildern, da man inzwischen das angepeilte Sonnensystem erreicht und über einen kurzen Schwenk mit Anschlägen und körperlichen Auseinandersetzungen das Raumschiff bereits wieder verlässt. Intensiver ging Corvus auf diese Aspekte in seinen vorherigen Weltraum-Romanen ein, zuletzt mit „Imago“. Wer also ein detailiertes Lebensbild in Schwerelosigkeit von Robert Corvus sucht, sollte sich eher dort umschauen – im vorliegenden Roman spielt, entgegen des Eindrucks, den das Titelbild vermittelt, die Reise im Weltraum eine unmaßgebliche Rolle. Jedoch wird deutlich, dass Corvus sich intensiv mit dem Leben in Schwerelosigkeit beschäftigt und hierzu eine fundierte Meinung entwickelt hat.

Angekommen im Zielsystem, soll nun die Sternenbrücke, die das überlichtschnelle Reisen ermöglichen soll, installiert werden. Das Problem folgt auf dem Fuß: Die durch den Zusammenbruch der ehemaligen Sternenbrücke abgeschnittenen Kolonisten haben eine auf rationale Entscheidungen basierende Gesellschaftsform entwickelt und lehnen die Rückkehr zur Konzernmacht mit allen Mitteln ab.

Dies ist nun der springende Punkt des Romans: Zwei Gesellschaftssysteme, die beide nicht gerade viel Platz zur Entwicklung der individuellen Freiheit gestatten, treffen aufeinander. Was folgt, ist natürlich eine gewaltsame Auseinandersetzung, kurz nachdem unser Protagonist Yul sich mit seiner neuen Flamme auf die Seite der Rationalisten geschlagen hat. Hier kommt Corvus der beschränkte Umfang seines Buches in die Quere, da es auf den wenigen verbleibenden Seiten aus meiner Sicht nicht in angemessener Form gelingt, diese vordergründig utopische Rationalgesellschaft und ihre gravierenden Schattenseiten darzustellen und erlebbar zu machen. Es bleiben insgesamt nur wenige Bilder, mittels derer Corvus dieses System zu etablieren versucht. Und schon muss es nämlich zur Katastrophe der Geschichte kommen, um sie zu einem inhaltlich angepassten Ende zu führen. Das passiert dann im Endeffekt doch sehr schnell, so dass die interessanten Aspekte, die dieses Aufeinandertreffen zweier Extremgesellschaften mit sich bringt, nicht in befriedigender Weise dargestellt werden können.

Strukturell wirkt der Roman dann auch sehr skizzenhaft, als habe der Autor den offensichtlichen Plan verfolgt, sich mit soziologischen Problemen zu befassen und diese aus Gründen der Veranschaulichung in eine Zukunft verlagert, die eine Prämisse wie diese Wirklichkeit werden lassen könnte. Es wirkt ferner so, als habe er sich an einer technischen Bedingung für Science-Fiction-Romane orientiert und strikt versucht, diese umzusetzen. Dazu nimmt er sich mit der Konfrontation zweier gesellschaftlicher Extremformen allerdings einen großen Happen vor und bettet ihn in eine doch sehr oberflächliche und plakative Handlung, die weder den einzelnen Charakter entwickelt noch mit außergewöhnlichen Details aufwartet. Allerdings gelingt es Corvus in diesem Rahmen, die Erzählung selbst sehr flüssig und zügig zu gestalten, so dass man sich nicht gelangweilt oder festgefahren fühlt, sondern rasch vorankommt.

Paperback
Originalausgabe
368 Seiten
ISBN 9783492706261
24. Februar 2022

Das Buch beim Verlag
Hier bietet der Verlag eine Leseprobe an.
Autorenhomepage: https://www.robertcorvus.net/

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