Andreas Brandhorst – OMNI

Ausgezeichnet mit dem Kurd-Laßwitz-Preis 2017!

Aurelius, vor zehntausend Jahren auf der legendären Erde geboren, ist einer von nur sechs Menschen, die Zugang zu Omni haben, einem Zusammenschluss von Superzivilisationen, der die Macht über die Milchstraße innehat. Nun erhält Aurelius seinen letzten Auftrag: Er soll verhindern, dass ein rätselhaftes Artefakt an Bord des im Hyperraum gestrandeten Raumschiffs Kuritania in falsche Hände gerät. Eine einflussreiche Schattenorganisation ist dem Wrack bereits auf der Spur. Der Agent Forrester und seine Tochter Zinnober sollen den Fund bergen und Aurelius entführen – denn mit seiner Hilfe könnte das Artefakt wieder aktiviert werden. Doch die Mission gerät außer Kontrolle – und Aurelius, Forrester und Zinnober finden sich in einem undurchsichtigen Spiel wieder, das die Zukunft der ganzen Menschheit bedroht …
(Verlagsinfo)

Hier ist er, der neue Roman von Andreas Brandhorst. Die letzten Jahre haben eines gezeigt: Brandhorst ist ein Garant für Spannung, groß angelegte Universen und eine Mischung aus Menschlichkeit und kosmischer Bedeutung. Damit liegt die Messlatte weit oben – und die Erwartungen werden voll erfüllt.

»Omni« öffnet den Vorhang für ein neues Universum, wie es Andreas Brandhorst zu eigen ist. Er hält sich nicht lange in einer vertrauten Umgebung auf, wie das viele seiner Kollegen tun, die einmal einen großen Wurf hingelegt haben. Bei Brandhorst kann man stets unentdecktes Land erwarten. Seine »Kantaki«-Reihe umfasst sechs Romane und ist damit die umfangreichste zusammenhängende Geschichte seit dem Beginn seiner neuen Karriere. Wohin der Weg mit Omni führt, steht noch in den Sternen; sicher ist nur, dass es im Frühjahr 2017 mit »Das Arkonadia-Rätsel« einen Folgeband geben wird. Und das ist gut so.

Der neue Hintergrund, nennen wir es einmal »Omniversum«, wartet mit einer Vielzahl neuer Begrifflichkeiten auf, doch wer Brandhorsts Romane kennt, wird hier und dort Parallelen entdecken. Für den offenen Leser entwickeln die Begriffe schnell ihre Bedeutung, oft auch schon aus ihrer Wortbedeutung heraus, so dass es nicht wirklich schwer ist, sich in dieser Welt zurecht zu finden. Allgemeine Konzepte, wie KI-gesteuerte Raumschiffe, Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit und besondere geistige Fähigkeiten bei bestimmten intelligenten Spezies sind inzwischen aus der Science Fiction, vor allem der Untergattung der sogenannten »Space Opera«, nicht mehr wegzudenken. Hier bewegt sich Brandhorst auch auf einem ihm wohlgeläufigen Terrain, denn mit den Themen verschiedener FTL- oder Überlichtantriebe, verschiedener KI-Konzepte und allerlei außerirdischer Lebensformen hat er sich intensiv auseinander gesetzt – man denke nur zum Beispiel an seine Maschinenzivilisationen in »Die Kinder der Ewigkeit«. Die Chronologie des Omniversums, die dem Roman angehängt ist, verrät auch die Existenz einer solchen Zivilisation in dieser großen Welt – begegnet sind wir ihr hier noch nicht. So bleiben die »Intellekt« genannten KI-Systeme der hier beschriebenen Menschheit und ähnlicher Zivilisationen recht anschaulich und im typischen Rahmen.

Anders sieht es mit den besonderen Aspekten der hiesigen Überlichtschnellen Raumfahrt aus: In einem anderen Kontinuum, hier »Sprawl« genannt, ist sowohl der schnelle Flug, als auch der direkte Aufenthalt und Handlungen möglich – ja, es existiert sogar eine Art Leben in diesem Kontinuum. Das ist für Brandhorst in dieser Ausprägung neu, und es ist ein zentraler Aspekt des Romans.

Die Geschichte entwickelt sich in Form eines verzweigten Kriminalgeschehens, wobei die Erkundung des Universums die eigentliche Hauptrolle spielt. Ziel des Ganzen ist ein ominöses Artefakt, Pandora-Maschine genannt, Produkt einer übergeordneten Zivilisation, eben dem Omni. Es gerät in die Hände eines machtgierigen, verblendeten Rassisten – wie und warum, ist Teil der Aufklärungsarbeit des Romans, ebenso wie die Gefahren, die sich daraus ergeben. Außerdem setzt sich der Roman mit einer in der Science Fiction oft postulierten »Höheren Zivilisation« auseinander, mit ihren moralischen Ansprüchen und möglichem Machtmissbrauch. Brandhorst formuliert in seiner Erzählung deutlich die Frage, wie weit eine solche Macht ihrer Verantwortung gegenüber dem einfachen, vermeintlich rückständigen Leben gerecht werden kann, ohne übergriffig oder selbstherrlich zu werden – eine Frage, in deren Zusammenhang sofort auch das Problem der Pandora-Maschine auftaucht.

Löst man die eigentliche Handlung aus dem Geflecht der unterschiedlichen Betrachtungsweisen und begradigt gedanklich den Weg der Protagonisten, bleibt ein Konstrukt zurück, das die Protagonisten Vinzent Forrester und seine Tochter Zinnober – und damit den Leser – zu einem gemeinsamen Startpunkt führt, dem Beginn der Erkundung dieses umfassenden Universums, voller Wunder und Rätsel. Der tragende Konflikt gliedert sich in seine einzelnen Aspekte und formt einen eigenen Konflikt zwischen der Verantwortung Forresters für das Universum und den ganzen Rest sowie der Liebe und erstrangigen Verantwortung seinem Kind gegenüber. Und nicht zuletzt bietet Brandhorst seinen Figuren verschiedene Möglichkeiten der Langlebigkeit an, die einen zerstörerischer als andere, aber jeweils nur für einen kleinen Personenkreis erreichbar.

Insgesamt erzählt der Roman eine wendungsreiche Geschichte und entfaltet die Vielfalt dieses Universums mit seinen faszinierenden Eigenheiten. Deutlicher als andere Romane des Autors verlangt das Ende des vorliegenden nach Fortsetzung, ohne dabei die eigene Geschichte unbeendet zu lassen. Für Leser komplexer Universen, fremder Welten, faszinierender Wesen und Abenteuer im Weltraum ist dieses Buch mit Sicherheit ein Highlight des Jahres!

Broschiert: 560 Seiten
Originalausgabe
ISBN: 9783492703598
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