Seidel, Wolfgang – Wie kam der Sturm ins Wasserglas? Zitate, die zu Redewendungen wurden

Wolfgang Seidel hat sich wieder einmal auf Spurensuche unserer Redegewohnheiten gemacht. In seinem neuesten Buch „Wie kam der Sturm ins Wasserglas?“ untersuchte er Sprichworte, Redewendungen und sprichwörtliche Figuren, die ihren Ursprung in der – im weitesten Sinne des Wortes – literarischen Welt haben. So beackert der Autor Literatur und Musik, Film und Bühne. Dabei wechselt er unbekümmert zwischen den Bereichen E und U, so dass auch in die Alltagssprache eingegangene Zitate aus Comics und Werbung vorgestellt werden.

Da Seidel auch bei diesem Titel wieder kein Fachbuch, sondern ein Sach- und Stöberbuch für ein breites Publikum verfasst hat, hat er sich auch hier die Freiheit genommen, beliebig Beispiele aus den gewählten Bereichen auszusuchen und zwischen Bedeutung, Rezeption und weitergehenden Informationen zur Quelle zu springen.

Eine gute Idee war es, die meistzitierten Schriftsteller und Dichter in einem eigenen Kapitel zu behandeln, so dass dem Leser die Bedeutung herausragender Köpfe bewusst wird. Einzelne Werke, vor allem Schillers „Wilhelm Tell“ und Goethes „Faust“, werden als Fundgruben in Erinnerung gerufen, die allein in ihrer Nachwirkung ganze Bibliotheken in den Schatten stellen. Die Kapitel über jüngere Unterhaltungsmusik stellen so manche wenig bekannten Komponisten und Texter vor, die doch mit Schlagern, Gassenhauern, Filmmusik und Werbemelodien im Alltag präsent sind.

Nachdem in „Es geht um die Wurst“, dem vorherigen Buch Seidels aus der Serie, Fachbegriffe verschiedener Wissenschaften und Berufe den Schwerpunkt bildeten, erforderte der jetzige Fokus auf „Literatur mit viel Raum für Alltags- und Unterhaltungskultur“ sicher weniger Rechercheaufwand für den Autor und macht das Buch auch für Leser ohne viel Vorwissen leichter zugänglich. Allerdings hat diese „Lockerheit“ einige auffällige Lücken hinterlassen: Zu John Tolkiens Mittelerde hätte man sicher den Einfluss von Midgard aus der germanischen Mythologie erwähnen sollen. Auch den Satz „Geht nicht gibt’s nicht“ hat sich schon so mancher Bundeswehr-Rekrut von seinen Ausbildern anhören dürfen, lange bevor er durch die Werbung popularisiert worden ist.

Leider haben sich auch ein paar Fehler eingeschlichen: So hätte es dem Autor oder einem Lektor doch auffallen sollen, dass der römische Schriftsteller Plinius d. Ä., der als Mann mittleren Alters beim berühmten Vulkanausbruch des Vesuv (Pompeji) zu Tode kam, kaum über 100 Jahre alt geworden sein kann. Und wer sich ein wenig in der Populärmusik der letzten Jahrzehnte auskennt, wird verwundert lesen, dass das Lied ‚Irgendwie, irgendwo, irgendwann‘, in den 80ern von der Band „Nena“ geschrieben und gespielt, hier einem erst 1976 geborenen Komponisten zugeschrieben wird, das dann später von „Nena“ gecovert worden sei!

Wenn man nicht so strenge Ansprüche anlegt und das Buch einfach als lockere Lektüre zur Alltagssprache hinnimmt, so kann man „Wie kam der Sturm ins Wasserglas?“ einige interessante und lustige Anekdoten zu feststehenden Ausdrücken unserer Sprache entnehmen und auch zu bekannten Zitaten noch ein paar Hintergrundinformationen finden.

|Taschenbuch: 304 Seiten
ISBN-13: 978-3-423-34666-5|
[www.dtv.de]http://www.dtv.de

_Wolfgang Seidel bei |Buchwurm.info|:_
[„Es geht um die Wurst“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6075

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